BGH 25. Januar 2022
II ZB 15/21
HGB § 18

Unzulässige Kennzeichnung einer Firma mit vorangestellten Sonderzeichen „//“

letzte Aktualisierung: 18.5.2022
BGH, Beschl. v. 25.1.2022 – II ZB 15/21

HGB § 18
Unzulässige Kennzeichnung einer Firma mit vorangestellten Sonderzeichen „//“

Die einer Firma vorangestellten Sonderzeichen „//“ sind nicht zu ihrer Kennzeichnung geeignet.

Gründe:

I.
Die Antragstellerinnen sind Komplementärin und Kommanditistin der
//CRASH Service Gesellschaft mbH & Co. KG. Sie meldeten die Gesellschaft
unter dem 20. Januar 2021 zur Eintragung ins Handelsregister an.

Das Amtsgericht - Registergericht - hat den Eintragungsantrag zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Antragstellerinnen ist erfolglos geblieben. Mit
ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die
Antragstellerinnen ihr auf die Eintragung der Gesellschaft gerichtetes Begehren
weiter.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht meint, die Firma der zur Eintragung ins Handelsregister
angemeldeten Gesellschaft besitze nicht die für eine Sachfirma
erforderliche Kennzeicheneignung. Dazu müsse der Firma Namensfunktion zukommen,
d. h. grundsätzlich eine wörtliche und aussprechbare Bezeichnung
darstellen. Die Zulässigkeit von Sonderzeichen hänge daher von ihrer Artikulierbarkeit
ab. Diese sei etwa bei den Sonderzeichen "&" bzw. "+" zu bejahen,
weil ihre Aussprache ("und") eindeutig sei. Die in der zur Eintragung angemeldeten
Firma verwendeten Sonderzeichen "//" seien jedoch nicht in eine artikulierbare
Buchstabenreihenfolge eingebettet, sondern ihr vorangestellt. Ihre wörtliche
Bezeichnung ("Schrägstrich" bzw. "Doppelschrägstrich") solle erkennbar
nicht in der Firma ausgesprochen werden, sondern lediglich als Bildzeichen
verwendet werden.

2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und
auch im Übrigen zulässig.

a) Ihrer Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass in der Rechtsbeschwerdeschrift
die //CRASH Service Gesellschaft mbH & Co. KG fälschlich als
Rechtsbeschwerdeführerin bezeichnet ist (§ 71 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
Allerdings führt die Falschbezeichnung des Rechtsmittelführers in einer
Rechtsmittelschrift grundsätzlich zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Die
Rechtsmittelschrift muss entweder für sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer
Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen,
wer Rechtsmittelführer und wer gegebenenfalls Rechtsmittelgegner sein soll
(vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09, NJW-RR 2010, 281
Rn. 9; Urteil vom 15. Dezember 2010 - XII ZR 18/09, NJW-RR 2011, 359
Rn. 10; Beschluss vom 12. April 2011 - II ZB 14/10, ZIP 2011, 1587 Rn. 10). An
die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers sind dabei strenge Anforderungen
zu stellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
muss bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung
jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelführers ausgeschlossen
sein. Dabei sind jedoch, wie allgemein bei der Auslegung von Prozesserklärungen,
alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu berücksichtigen (BGH,
Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09, NJW-RR 2010, 281 Rn. 10; Urteil
vom 15. Dezember 2010 - XII ZR 18/09, NJW-RR 2011, 359 Rn. 11; Beschluss
vom 12. April 2011 - II ZB 14/10, ZIP 2011, 1587 Rn. 10). Hiernach kann der bei
einer falschen oder ungenauen Bezeichnung des Rechtsmittelführers in der
Rechtsmittelschrift im Hinblick auf seine Identifizierbarkeit bestehende Mangel
behoben werden, wenn der richtige Rechtsmittelführer aufgrund weiterer
Erkenntnismöglichkeiten innerhalb der Rechtsmittelfrist zweifelsfrei erkennbar
wird, beispielsweise im Wege der Auslegung der Rechtsmittelschrift sowie der
etwa sonst im Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist vorliegenden Unterla-
gen und Umstände (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 332/18,
NJW-RR 2020, 472 Rn. 18 mwN).

Der durch die Falschbezeichnung begründete Zweifel an der Person der
Rechtsbeschwerdeführerinnen wird durch bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist
vorliegende Unterlagen ausgeräumt. Aus der innerhalb der bis zum 19. Juli
2021 laufenden Rechtsmittelfrist am 13. Juli 2021 beim Bundesgerichtshof eingegangenen
Instanzakte ergibt sich, dass es sich bei der Benennung //CRASH
Service Gesellschaft mbH & Co. KG in der Rechtsbeschwerdeschrift um eine
offenbare Unrichtigkeit handelt, die durch die offenbare Unrichtigkeit des deshalb
gemäß § 42 Abs. 1 FamFG zu berichtigenden Rubrums des Beschlusses
des Beschwerdegerichts verursacht worden ist (zur Rubrumsberichtigung durch
das Rechtsmittelgericht vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2017 - V ZR 72/16,
NZM 2017, 853 Rn. 17 mwN). Gemäß § 161 Abs. 2, § 108 Satz 1 HGB ist nicht
die Kommanditgesellschaft selbst, sondern sind ihre Gesellschafter antragsund
damit (§ 59 Abs. 2 FamFG) beschwerdebefugt (BGH, Beschluss vom
21. Juli 2020 - II ZB 26/19, ZIP 2020, 1658 Rn. 23 mwN). Dementsprechend
weist die Beschwerdeschrift die Beteiligten zu 1 und 2 zutreffend als Beschwerdeführerinnen
aus. Für einen Wechsel von diesen beschwerdebefugten Personen
zu einer nicht beschwerdebefugten Person im zweiten und dritten Rechtszug
fehlt jeder Anhalt.

Hinzu kommt, dass im Eingang der Rechtsbeschwerdebegründung beide
Beteiligte namentlich aufgeführt sind. Die Begründungsschrift ging zwar nach
Ablauf der Einlegungsfrist ein. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
ist jedoch anerkannt, dass ein Berichtigungsbeschluss zwar grundsätzlich
keinen Einfluss auf den Lauf der Rechtsmittelfrist hat, eine Ausnahme aber
dann zu machen ist, wenn die richtige Partei erst aus der berichtigten Entschei-
dung zweifelsfrei zu erkennen ist; in einem solchen Fall beginnt die Frist ausnahmsweise
erst mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses (BGH, Urteil
vom 18. Dezember 2019 - VIII ZR 332/18, NJW-RR 2020, 472 Rn. 20 mwN).
Dass die Unrichtigkeit später offenbar wird, ändert nichts daran, dass ein Fehler
des Gerichts, dessen Entscheidung angefochten wird, für die unrichtige Bezeichnung
des Rechtsmittelführers in der Rechtsmittelschrift ursächlich war.

b) Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Antragstellerinnen ergibt sich daraus,
dass ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts zurückgewiesen
wurde (BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10,
BGHZ 191, 84 Rn. 5; Beschluss vom 26. Juni 2018 - II ZB 12/16, ZIP 2018,
1591 Rn. 7; Beschluss vom 13. April 2021 - II ZB 13/20, ZIP 2021, 1165 Rn. 5
mwN).

3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts
hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Eine Firma muss nach § 18 Abs. 1 HGB zur Kennzeichnung geeignet
sein, damit sie ihre Namensfunktion (§ 17 Abs. 1 HGB) erfüllen kann. Hierfür
reicht als notwendige, aber zugleich hinreichende Bedingung die Aussprechbarkeit
der Firma im Sinne der Artikulierbarkeit aus (BGH, Beschluss vom
8. Dezember 2008 - II ZB 46/07, ZIP 2009, 168 Rn. 5, 10). Damit sind reine
Bildzeichen, deren Artikulation in der Sprachgemeinschaft nicht etabliert ist, als
Bestandteil der Firma nicht zulässig.
Nach dem Kriterium der Aussprechbarkeit beurteilt sich auch die Zulässigkeit
von Sonderzeichen als Firmenbestandteil. Sie ist zu bejahen, soweit das
Sonderzeichen im allgemeinen Sprachgebrauch als Wortersatz verwendet wird.
Danach begegnet etwa die Verwendung der Sonderzeichen "&" und "+" in einer
Firma keinen rechtlichen Bedenken, weil sie im kaufmännischen Verkehr als
"und" bzw. "plus" gesprochen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 1997
- II ZB 14/96, BGHZ 135, 257, 260; ferner BayObLGZ 2001, 83, 84 f.; BeckOK
HGB/Bömeke, Stand: 15. Juli 2021, § 18 Rn. 7; Staub/Burgard, HGB, 5. Aufl.,
§ 18 Rn. 9; MünchKommHGB/Heidinger, 5. Aufl., § 18 Rn. 12; Lamsa in Heidel/
Schall, HGB, 3. Aufl., § 18 Rn. 11; BeckOGK HGB/Lüken/Natzel, Stand: 15. Juli
2021, § 18 Rn. 37; Ries in Röhricht/Graf v. Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl.,
§ 18 Rn. 16; Roth in Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, 9. Aufl., § 18 Rn. 3;
Oetker/Schlingloff, HGB, 7. Aufl., § 18 Rn. 8; Wamser in Henssler/Strohn,
GesR, 5. Aufl., § 18 HGB Rn. 2). Auch die firmenrechtliche Zulässigkeit des als
"at" ausgesprochenen Sonderzeichens "@" wird aufgrund der zunehmenden
Digitalisierung des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs mittlerweile weithin bejaht,
sofern es nach seiner Stellung im Schriftbild der Firma nicht als bloßer Ersatz
und besondere Schreiweise des Buchstabens "a" verwendet wird (LG Berlin,
NJW-RR 2004, 835; LG Cottbus, CR 2002, 134; LG München I,
MittBayNot 2009, 315; BeckOK HGB/Bömeke, Stand: 15 Juli 2021, § 18 Rn. 8;
Staub/Burgard, HGB, 5. Aufl., § 18 Rn. 10; MünchKommHGB/Heidinger,
5. Aufl., § 18 Rn. 14; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 215; Lamsa in Heidel/
Schall, HGB, 3. Aufl., § 18 Rn. 11; BeckOGK HGB/Lüken/Natzel, Stand: 15. Juli
2021, § 18 Rn. 38 f.; Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, 40. Aufl., § 18 Rn. 4; Ries
in Röhricht/Graf v. Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl., § 18 Rn. 16; Roth in Koller/
Kindler/Roth/Drüen, HGB, 9. Aufl., § 18 Rn. 3; Oetker/Schlingloff, HGB, 7. Aufl.,
§ 18 Rn. 8; Wamser in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 18 HGB Rn. 2; anders
noch BayObLGZ 2001, 83, 84 f.; OLG Braunschweig, OLGR 2001, 31).

b) Nach diesen Maßgaben ist die Firma der von den Antragstellerinnen
zur Eintragung angemeldeten Gesellschaft nicht zu ihrer Kennzeichnung geeignet
(§ 18 Abs. 1 HGB).

Die der Firma vorangestellten Sonderzeichen "//" sind zunächst nicht als
Satzzeichen bloß zusätzlicher Bestandteil einer artikulierbaren Buchstabenfolge
(wie z.B. ",", ".", "!", "?"; vgl. dazu BayObLGZ 2001, 83, 84 f.; Krafka, Registerrecht,
11. Aufl., Rn. 215). Denn anders als Satzzeichen, die nicht mit ausgesprochen
werden, also in dieser Hinsicht stumm sind, sind die vor dem Wort
"crash" stehenden Sonderzeichen, wie die Rechtsbeschwerde hervorhebt, gerade
auf Artikulation angelegt (" "). In dieser Verbindung
liegt der Sprachwitz und damit das Charakteristische der Firma. Die Lautfolge
weist infolge ihrer Rhythmisierung Merkmale eines Verses auf. Zudem reimt
sich "crash" auf die Sonderzeichen, wenn sie in englischer Sprache ausgesprochen
werden. Eine über ihre Artikulierbarkeit hinausgehende Satzfunktion der
Sonderzeichen macht die Rechtsbeschwerde auch nicht geltend.
Soweit die Sonderzeichen "//" in der angemeldeten Firma aber auf Artikulation
angelegt sind, lässt sich nicht feststellen, dass sie im allgemeinen
Sprachgebrauch bereits als Wortersatz verwendet werden. Der kaufmännische
Verkehr billigt ihnen bislang keine den &- oder auch +-Zeichen vergleichbare
Wortersatzfunktion zu. Die Sonderzeichen dürften dem Rechts- und Wirtschaftsleben
in erster Linie aus der digitalen Datenträger- und Internet-
Navigation geläufig sein, ohne dass sie freilich eine dem @-Zeichen vergleichbare
Sprachbedeutung erlangt haben. Ihre Aussprache ist zumindest außerhalb
dieser Verkehrskreise objektiv mehrdeutig und kontextgeprägt. So ergibt sich
die englische Aussprache, der in der digitalen Welt durchaus die Rolle einer
Verkehrssprache zukommen mag, hier erst aus dem englischen Wort "crash",
das den Sonderzeichen unmittelbar nachgesetzt ist. Auch die Rechtsbeschwerde
räumt ein, dass die Sonderzeichen darüber hinaus als "double slash",
"Schrägstrich, Schrägstrich" oder auch "Doppelschrägstrich" ausgesprochen
werden können. Daneben hat der Schrägstrich in der //-Zeichenfolge zahlreiche
weitere Bedeutungen, die einem eindeutigen Verständnis der Sonderzeichen
als Wortersatz entgegenstehen. Nach § 106 der Rechtschreibregeln von 2018
(Aktualisierte Fassung des amtlichen Regelwerks entsprechend den Empfehlungen
des Rats für deutsche Rechtschreibung 2016) kennzeichnet der
Schrägstrich, dass Wörter (Namen, Abkürzungen), Zahlen oder dergleichen
zusammengehören. Die Zusammengehörigkeit kann sich wiederum ganz unterschiedlich
ausdrücken, als Verbindung (z.B. "Wamser in Henssler/Strohn"), als
Gliederung (z.B. "II ZB 15/21") oder auch Verhältnis (z.B. "trägt die Kosten zu
7/10").

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

25.01.2022

Aktenzeichen:

II ZB 15/21

Rechtsgebiete:

Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Kommanditgesellschaft (KG)
OHG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

HGB § 18