OLG Nürnberg 02. Juli 2020
15 W 985/20
GBO §§ 19, 47; BGB § 883

Eintragung einer Auflassungsvormerkung für einen Ehegatten allein bei Gütergemeinschaft ausländischen Rechts

letzte Aktualisierung: 30.07.2020
OLG Nürnberg, Beschl. v. 2.7.2020 – 15 W 985/20

GBO §§ 19, 47; BGB § 883
Eintragung einer Auflassungsvormerkung für einen Ehegatten allein bei Gütergemeinschaft
ausländischen Rechts

Eine Auflassungsvormerkung für einen erwerbenden Ehegatten allein kann auch dann in das
Grundbuch eingetragen werden, wenn das Grundbuchamt weiß, dass das Grundstück in eheliches
Gesamtgut fällt. Dies gilt für Ehegatten, die Miteigentumsanteile erwerben, entsprechend. Bei einer
korrespondierenden vertraglichen Verpflichtung kann eine Auflassungsvormerkung zugunsten
beider Ehegatten als Miteigentümer eingetragen werden.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 3) hat einen 2/5 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Fl.Nr. …/x, G-Straße, Wohnhaus,
Nebengebäude, Garten, Hof- und Gebäudeflächen, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im
ersten Stock, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, Flur und Balkon, sowie Kellerraum und Garage, im
Aufteilungsplan je Nr. 2, eingetragen im Grundbuch von K., Band …, Blatt …. Mit notariellem Kaufvertrag
vom 27.02.2020 verkaufte er diesen Miteigentumsanteil an die Beteiligten zu 1) und 2) zum Miteigentum je
zur Hälfte.

Unter Ziffer II.2. des Kaufvertrages ist u.a. folgendes vereinbart: „Nach den in Ziffer I. näher aufgeführten
Informationen dürften die Käufer im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach
weißrussischem Recht verheiratet sein. Die Beteiligten weisen die Notarin daher an, die Eintragung der
Käufer als Eigentümer im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach weißrussischem
Recht im Grundbuch zu bewilligen und beantragen. Auf eine Zwischeneintragung wird verzichtet. Es wird
klargestellt, dass die Käufer an den Miteigentumsanteilen kein Vorbehaltsgut begründen.“

Unter Ziffer II.3. des Vertrages bewilligt der Verkäufer zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des
Eigentums die Eintragung einer Vormerkung gemäß § 883 BGB zugunsten der Käufer zum Miteigentum je
zur Hälfte im Grundbuch.
Mit Schreiben vom 28.02.2020 legte die Urkundsnotarin den Vertrag vom 27.02.2020 mit dem Antrag auf
Vollzug der Vormerkung im Rang nach der Grundschuld dem Amtsgericht - Grundbuchamt - Nürnberg vor.
Am 09.03.2020 erließ das Grundbuchamt unter Fristsetzung eine Zwischenverfügung. Mit dieser führte es
aus, es sei die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Käufer zu je ½ beantragt. Es sei
aber davon auszugehen, dass die Erwerber im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft
nach weißrussischem Recht leben und den Ehegatten während der Ehe erworbenes Vermögen damit zur
gesamten Hand zustehe. Ein Erwerb zu ½ sei nicht möglich.

Dagegen wandte sich die Urkundsnotarin „im eigenen Namen und im Namen der Vertragsparteien“ mit
Schreiben vom 16.03.2020. Zur Begründung der Beschwerde ist ausgeführt, die Eintragung von Ehegatten
zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft sei allein durch einen Grundbuchberichtigungsantrag möglich. Die
Auflassung an die Ehegatten als Berechtigte zu Bruchteilen sei wirksam; das Grundbuch könne durch
bloßen Antrag berichtigt werden. Dieser Grundbuchberichtigungsantrag sei bereits in der Urkunde enthalten.

Falls die Gesamthandsgemeinschaft nicht bestehen sollte, hätten die Käufer zumindest wirksam
Miteigentum erworben. Das Grundbuchamt habe nicht zu prüfen, ob das Güterrecht den Erwerb von
Miteigentum zulasse. Ausschlaggebend sei nur, ob der durch die Vormerkung zu sichernde Anspruch
jedenfalls auch dem Erwerber zustehe.

Mit Beschluss vom 20.03.2020 half das Amtsgericht der Beschwerde nicht ab mit der Begründung, es könne
nicht sehenden Auges der Berechtigte im falschen Berechtigungsverhältnis eingetragen werden. Die
Eintragung sei daher nicht vorzunehmen.

II.

1. Soweit die Beteiligte zu 4) im eigenen Namen Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des
Amtsgerichts Nürnberg vom 09.03.2020 eingelegt hat, ist diese unzulässig. Denn auch bei Vorliegen der
Voraussetzungen des § 15 GBO hat der Notar weder ein eigenes Antragsrecht noch ein eigenes
Beschwerderecht. Der Notar kann vielmehr aufgrund einer gesetzlich vermuteten Vertretungsbefugnis den
Antrag nur “im Namen eines Antragsberechtigten” stellen; in gleicher Weise kann er auch eine Beschwerde
nicht im eigenen Namen, sondern nur namens eines Beteiligten einlegen (BayObLG, Beschluss vom
02.08.1989 - 2 Z 86/89 -).

2. Soweit die Beteiligte zu 4) die Beschwerde im Namen der Vertragsparteien eingelegt hat, ist die gegen die
Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO gerichtete Beschwerde statthaft (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 71 Abs. 1
GBO) und auch im Übrigen zulässig (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO, § 10 Abs. 2 Nr. 3 FamFG).

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) hat auch in der Sache Erfolg. Das Grundbuchamt darf vorliegend
den Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Ehegatten im Bruchteilsverhältnis
nicht beanstanden. Insofern kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die angegriffene
Entscheidung bereits aus formellen Gründen aufzuheben wäre, weil für den Erlass einer Zwischenverfügung
das Vorhandensein eines mit rückwirkender Kraft behebbaren Eintragungshindernisses erforderlich ist.
a) Entsprechend der vertraglichen Verpflichtung soll eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten
zu 1) und 2) als Miteigentümer zu gleichen Teilen eingetragen werden. Das Vorliegen der erforderlichen
Eintragungsvoraussetzungen, insbesondere einer entsprechenden Auflassung an sie (§ 20 GBO), steht nicht
in Frage; Anhaltspunkte für Zweifel sind insoweit nicht gegeben. Die dem Grundbuchamt nachgewiesene
Auflassung ist unabhängig davon wirksam ist, ob sie letztlich zum Erwerb von Bruchteilseigentum oder
Gesamthandseigentum auf Grund Gütergemeinschaft führt (Böhringer in Meikel, GBO, 11. Auflage 2015, §
47 Rn. 335; Limmer in Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015, B. Grundstückskauf,
Bauträgervertrag Rn. 6.890).

b) Dennoch muss das Grundbuchamt die beantragte Eintragung ablehnen, wenn feststeht, dass durch die
Eintragung das Grundbuch inhaltlich unrichtig würde. Dies wäre dann der Fall, wenn die Beteiligten zu 1)
und 2) nach dem für sie maßgeblichen Ehegüterrecht eine Eigentumswohnung nicht als
Bruchteilseigentümer, sondern nur als Eigentümer in Gütergemeinschaft (Errungenschaftsgemeinschaft)
erwerben könnten. Eine Eintragung der Ehegatten als Bruchteilseigentümer darf freilich nur dann abgelehnt
werden, wenn das Grundbuchamt sichere Kenntnis davon hat, dass das Grundbuch dadurch wegen des
maßgeblichen Güterrechts unrichtig würde; die bloße Möglichkeit, dass dies geschieht, genügt nicht. Besteht
auf Grund der gemachten Angaben und des sonstigen Kenntnisstandes des Grundbuchamtes bezüglich des
anwendbaren Rechts die nicht nur theoretische Möglichkeit, dass die Ehegatten, wie beantragt Eigentümer
werden könnten, hat das Grundbuchamt die Eintragung vorzunehmen (Bayerisches Oberstes Landesgericht,
Beschluss vom 06. Dezember 2000 - 2Z BR 5/00; Wiegand in Staudinger/Pfeifer/Diehn BGB, 2017, § 925
Rn. 57; Reithmann/Martiny a.a.O.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, Rn. 1500 und Rn.
3421b).

c) Zwar ist aufgrund der Ausführungen im Vorspann des Kaufvertrages vom 27.02.2020 davon auszugehen,
dass die Beteiligten zu 1) und 2) im Güterstand der Errungenschaftgemeinschaft nach weißrussischem
Recht leben. Die Beteiligte zu 1) und 2) haben am 09.09.2017 in Weißrussland die Ehe geschlossen. Die
Ehefrau ist weißrussische Staatsangehörige. Der Ehemann hat jetzt die deutsche Staatsangehörigkeit, war
aber zum Zeitpunkt der Eheschließung weißrussischer Staatsangehöriger. Nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F.
in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 EGBGB ist damit auf den Güterstand das Recht des Staates anzuwenden,
dem die Verlobten zum Zeitpunkt der Eheschließung angehören, hier also weißrussisches Recht. Nach Art.
23 Abs. 1 S. 1 des weißrussischen FGB bildet das während des Bestehens der Ehe erworbene Vermögen
unabhängig davon, auf wessen Namen oder durch wessen Mittel es erworben wurde,
Gesamthandseigentum der Ehegatten.

d) Trotz Kenntnis dieser Umstände kann das Grundbuchamt aber die Vormerkung zugunsten der Käufer zum
Miteigentum je zur Hälfte im Grundbuch eintragen.

Denn eine Eigentumsvormerkung für einen erwerbenden Ehegatten allein kann auch dann eingetragen
werden, wenn das Grundbuchamt weiß, dass das Grundstück in eheliches Gesamtgut fällt (BayObLG,
Beschluss vom 09.01.1986 - 2 Z 122/85 -, für den Fall des Grundstückserwerbs durch einen Ehegatten als
Alleineigentümer, der im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem
Recht lebt; Meikel a.a.O. Rn. 121; Staudinger a.a.O.; Schöner/Stöber a.a.O.; Reithmann/Martiny a.a.O. Rn.
6.891). Dies gilt für Ehegatten, die Miteigentumsanteile erwerben, entsprechend. Die
Auflassungsvormerkung ist nur eine vorläufige Eintragung, welche die beabsichtigte dingliche
Rechtsänderung vorbereiten will, eine bloße Zwischenerscheinung im Grundbuch, die mit der Eintragung der
Auflassung wieder gelöscht werden soll (BayObLG, Beschluss vom 04.06. 1957 - BReg. 2 Z 172/56 -).
Überdies ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Erwerber trotz des inhaltlich falschen Antrags auf
Eintragung zu Miteigentümern je zur Hälfte dennoch wirksam als Eigentümer des Wohnungseigentums
eingetragen werden können.

Wird Ehegatten, die in Gütergemeinschaft leben, ein Grundstück “in Miteigentum zu gleichen Teilen“
aufgelassen, so können sie auf ihren Antrag als Eigentümer in Gütergemeinschaft in das Grundbuch
eingetragen werden; eine (erneute) Auflassung des Grundstücks an sie als Eigentümer zur gesamten Hand
ist nicht erforderlich. Die Bruchteilsgemeinschaft der Ehegatten dauert nur eine logische Sekunde und
erschöpft sich darin, den gesamthänderischen Erwerb der Ehegatten zu ermöglichen. Aus dem Grundbuch
wird dieser “Zwischenerwerb” gar nicht ersichtlich (BGH, Beschluss vom 10.12.1981 - V ZB 12/81 -).

Unter Ziffer II.2. des Kaufvertrages haben die Beteiligten zu 1) und 2) die Notarin angewiesen, ihre
Eintragung als Eigentümer im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach
weißrussischem Recht zu bewilligen und zu beantragen. Dieser als Berichtigungsantrag auszulegende
Antrag ermöglicht es, die Beteiligten zu 1) und 2) trotz der Auflassung an sie als Miteigentümer zu ½
unmittelbar als Eigentümer im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach
weißrussischem Recht in das Grundbuch einzutragen.

Dem Eintragungsersuchen der Beschwerdeführer ist damit nachzukommen.

3. Eine Entscheidung in der Sache kann der Senat nicht treffen, weil Gegenstand des
Rechtsmittelverfahrens nur die Zwischenverfügung und nicht das Eintragungsersuchen selbst ist (BGH,
Beschluss vom 26.09.2013 - V ZB 152/12 -, juris Rn. 11).

III.
1. Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der Beschwerde der Beteiligten zu 4) ist nicht veranlasst, weil sich
die Kostenfolge angesichts der Beschwerdeverwerfung aus dem Gesetz ergibt (§§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1, 3
GNotKG, KV Nr. 14510 GNotKG).

Die Höhe des Geschäftswerts richtet sich nach § 47 GNotKG.

2. Die Kostenfolge der zulässigen und begründeten Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) ergibt sich aus
dem Gesetz (§§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG). Für eine Kostenerstattungsanordnung zugunsten der
Beschwerdeführerin auf der Grundlage von §§ 81 ff. FamFG bestand kein Anlass. Die Staatskasse kommt in
Grundbuchsachen grundsätzlich nicht als Beteiligte in Betracht, der bei erfolgreicher Beschwerde die
außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer auferlegt werden könnten (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 77
Rn. 33).

IV.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):

Übergabe an die Geschäftsstelle am 02.07.2020.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Nürnberg

Erscheinungsdatum:

02.07.2020

Aktenzeichen:

15 W 985/20

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Kostenrecht
Vormerkung
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GBO §§ 19, 47; BGB § 883