OLG Celle 13. Juli 2006
4 U 84/06
BGB § 919

Kein Kostenersatz des Nachbarn bei Freilegung einer verschütteten, aber an der richtigen Stelle befindlichen Grenzabmarkung

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 4u84_06
letzte Aktualisierung: 13.07.2006
OLG Celle , 13.07.2006 - 4 U 84/06
BGB § 919
Kein Kostenersatz des Nachbarn bei Freilegung einer verschütteten, aber an der richtigen
Stelle befindlichen Grenzabmarkung
Die Freilegung eines verschütteten, aber zutreffend positionierten Grenzsteins rechtfertigt
keinen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Kostenbeteiligung zur Wiederherstellung
eines Grenzzeichens gemäß § 919 Abs. 1 und 3 BGB.


Gründe:
Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des
Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung erscheint nicht erforderlich zu sein. Die Berufung der Klägerin hat
auch keine Aussicht auf Erfolg.
Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Klägerin von den Beklagten
nicht die Erstattung der Hälfte der Kosten in Höhe von 1.801,47 EUR für die von ihr in
Auftrag gegebene Abmarkung des unstreitigen Grenzverlaufs zwischen den
benachbarten Grundst ücken der Parteien verlangen kann.
Ein Anspruch auf eine entsprechende Kostenbeteiligung nach § 919 Abs. 3 BGB steht
der Klägerin unabhängig davon nicht zu, ob die Klägerin zunächst Klage auf
Mitwirkung der Beklagten an der Abmarkung hätte erheben oder mit Rücksicht auf den
behaupteten fehlenden Widerspruch der Beklagten die Abmarkung im Wege der
freiwilligen Gerichtsbarkeit nach Maßgabe des durch Landesrecht geregelten
Verfahrens hätte betreiben m üssen (vgl. dazu auch MünchKommSäcker, BGB, 4.
Aufl. § 919 Rdnr. 7).
Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Mitwirkung der Beklagten
bei bzw. Zustimmung zur Abmarkung mit dem Ziel der Wiederherstellung der
Grenzzeichen gemäß § 919 Abs. 1 BGB lagen nämlich auch nach dem tatsächlichen
Vorbringen der Berufungsbegr ündung nicht vor. Der Abmarkungsanspruch setzt
voraus, dass ein Grenzzeichen verrückt, d. h. verschoben oder unkenntlich geworden
ist. Die Verrückung kann auf einem Erdrutsch, Bodensenkungen, Bauarbeiten etc.
beruhen, für das Unkenntlichwerden kommen Verwitterung oder mechanische
Beschädigungen in Frage (vgl. StaudingerRoth, BGB, 2002 § 919 Rdnr. 9). Die
Klägerin macht lediglich geltend, dass die Grenzsteine A und B ca. 40 cm bzw. 20 cm
tief unter der Erde gelegen hätten. Dabei ist unstreitig, dass sich diese Grenzsteine
exakt an den für sie bestimmten Stellen befunden haben. Die Aufdeckung von
Grenzzeichen, also die bloße Freilegung eines noch vorhandenen aber derzeit
verdeckten bzw. durch Erde zugeschütteten Grenzzeichens fällt indessen nicht unter §
919 Abs. 1 BGB, so dass auch die Kostenregelung des § 919 Abs. 3 BGB nicht
eingreifen kann (vgl. StaudingerRoth a. a. O. Rdnrn. 1, 9). Von der Wiederherstellung
eines Grenzzeichens im Sinne von § 919 Abs. 1 BGB kann nicht die Rede sein, wenn
lediglich die Freilegung eines verschütteten, aber zutreffend positionierten Grenzsteins
verlangt wird, damit er als solcher wieder kenntlich wird.
Zwar schließt § 919 BGB einen Anspruch auf Freilegung eines noch vorhandenen,
jedoch derzeit verdeckten zugeschütteten Grenzzeichens aus § 823 Abs. 2 BGB i. V.
m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 NVermG bzw. auf Ersatz der Kosten für die Freilegung nicht aus,
wenn der Nachbar durch die Bedeckung des Grenzzeichens mit Erde eine nach dem
Landesrecht verbotene Veränderung der Vermessungsmarken bewirkt. Indessen setzt
ein derartiger Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 Satz 2 BGB ein Verschulden voraus. Im
B bereits beim Einzug der Beklagten mit Erde bedeckt waren. Lediglich der Grenzstein
C war von den Beklagten anlässlich der Errichtung eines Gartenhäuschens kurzzeitig
entfernt und später wieder genau an der alten Stelle platziert worden. Eine
Wiederherstellung bzw. Freilegung dieses Grenzzeichens macht die Klägerin auch
nicht geltend.
Tatsächliche Anhaltspunkte für ein Verschulden der Beklagten im Hinblick auf die
Verdeckung der Grenzsteine A und B hat die Klägerin in beiden Rechtszügen nicht
dargelegt. Darüber hinaus begehrt die Klägerin nicht den Ersatz der Kosten f ür die
Freilegung dieser beiden Grenzsteine, sondern die Erstattung der ihr in den
Gebührenbescheiden vom 12. November und 21. Dezember 2004 (Bl. 40, 42 d. A.) in
Rechnung gestellten Kosten für die Neuabmarkung des Grundstücks mit fünf
Grenzsteinen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Celle

Erscheinungsdatum:

13.07.2006

Aktenzeichen:

4 U 84/06

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein

Normen in Titel:

BGB § 919