Prüfung der Vaterschaft im vereinfachten Verfahren gem. §§ 249 ff. FamFG
letzte Aktualisierung: 21.4.2021
OLG Hamm, Beschl. v. 14.10.2020 – 2 WF 138/20
FamFG §§ 249, 252 Abs. 2, 256 S. 2
Prüfung der Vaterschaft im vereinfachten Verfahren gem.
1. Im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (
Einwendung, nicht der Vater des betroffenen Kindes zu sein, § 252 Abs. 2 FamFG („andere
Einwendungen“), und ist daher im erstinstanzlichen Verfahren geltend zu machen. Andernfalls ist
der Antragsgegner mit diesem Vorbringen im Beschwerdeverfahren gem. § 256 Satz 2 FamFG
ausgeschlossen (im Anschluss an OLG Köln, Beschluss vom 30.04.2012 – 4 WF 46/12 –, FamRZ
2012, 1822).
2. Das Familiengericht ist im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 249 ff.
FamFG) nicht gehalten, von Amts wegen die Vaterschaft des Antragsgegners zu überprüfen.
Gründe:
I.
Oberlandesgericht Hamm, 2 WF 138/20 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2020/2_WF_138_20_Besch...
Mit Antrag vom 10.02.2020 hat die antragstellende Behörde im vereinfachten Verfahren
nach den
wegen bereits erbrachter sowie zukünftiger Leistungen nach dem SGB II für das am
00.00.2017 geborene Kind D des Antragsgegners (nachfolgend: das Kind) in Höhe von
monatlich 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen
Kindergeldes geltend gemacht. Der Antrag ist dem Antragsgegner am 03.03.2020 förmlich
zugestellt worden. Einwendungen gegen die beantragte Unterhaltsfestsetzung hat er
innerhalb der ihm gesetzten Monatsfrist nicht geltend gemacht.
Daraufhin hat das Familiengericht mit am 30.04.2020 erlassenen Beschluss den vom
Antragsgegner ab März 2020 zu zahlenden laufenden Unterhalt auf monatlich 100 % des
Mindestunterhalts nach § 1612a BGB abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein erstes
Kind sowie den zu zahlenden rückständigen Unterhalt für den Zeitraum von November
2018 bis Februar 2020 auf 4.090,00 € festgesetzt. Der Beschluss ist dem Antragsgegner
nach Aktenlage am 06.05.2020 förmlich zugestellt worden.
Mit seiner am 29.06.2020 beim Familiengericht eingegangenen Beschwerde macht der
Antragsgegner geltend, er sei nicht der Vater des Kindes. Weder sei er mit der
Kindesmutter verheiratet noch habe er die Vaterschaft anerkannt.
Mit Verfügung vom 23.07.2020 hat der Berichterstatter des Senats darauf hingewiesen,
dass die Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG
unzulässig sei.
Dem ist der Antragsgegner mit der Behauptung entgegengetreten, der angefochtene
Beschluss sei ihm entgegen der bei der Akte befindlichen Postzustellungsurkunde
tatsächlich erst am 04.06.2020 zugestellt worden. In dieser Woche sei er nicht zu Hause
gewesen. Nach seiner Rückkehr habe er den Briefumschlag, auf dem als Zustelldatum der
04.06.2020 vermerkt sei, in seinem Briefkasten vorgefunden.
Der Senat hat den Beteiligten daraufhin mit Beschluss vom 08.09.2020, auf den Bezug
genommen wird, mitgeteilt, wie er zu entscheiden beabsichtigt und ihnen gleichzeitig
Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben. Außerdem hat der Senat
mit dem vorgenannten Beschluss angekündigt, dass er beabsichtigt, nach Ablauf der
gesetzten Frist gem. § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
Dem vorgenannten Beschluss tritt der Antragsgegner entgegen und macht geltend, das
Gebot effektiven Rechtsschutzes gebiete es, seine Einwendungen im vorliegenden
Verfahren zuzulassen. Es sei unstreitig, dass er (rechtlich) nicht der Vater des Kindes sei,
weil er nicht mit der Kindesmutter verheiratet (gewesen) sei und die Vaterschaft auch nicht
anerkannt habe. Insofern habe sich die antragstellende Behörde den Titel durch
vorsätzlich falsche Behauptungen erschlichen. Er, der Antragsgegner, habe bei dieser
Sachlage nicht davon ausgehen müssen, dass der angefochtene Beschluss ohne weitere
Prüfung der Vaterschaft erlassen werde.
Mit der Einwendung, nicht der Kindesvater zu sein, sei er im Beschwerdeverfahren nicht
präkludiert, weil es sich hierbei nicht um eine sonstige Einwendung i. S. v. § 252 Abs. 2
FamFG handele, sondern um eine Einwendung i. S. v.
betreffend die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens.
II.
Die statthafte Beschwerde des Antragsgegners ist ungeachtet der Frage, ob die
Monatsfrist des
Der Senat hält insofern an seiner bereits im Beschluss vom 08.09.2020 zum Ausdruck
gebrachten Auffassung fest. Die Stellungnahme des Antragsgegners aus dem Schriftsatz
seines Verfahrensbevollmächtigten vom 23.09.2020 führt zu keiner anderen Beurteilung.
Gem. § 256 Satz 1 FamFG können mit der Beschwerde gegen den
Unterhaltsfestsetzungsbeschluss nur die dort aufgeführten Einwendungen geltend
gemacht werden. Gem. § 256 Satz 2 FamFG ist die Beschwerde unzulässig, wenn sie sich
auf Einwendungen nach § 252 Abs. 2 bis 4 FamFG stützt, die nicht erhoben waren, bevor
der Festsetzungsbeschluss erlassen war (vgl. auch Keidel/Giers, 20. Aufl. 2020, § 256
FamFG, Rdnrn. 1, 9).
1.
Nach der vorgenannten Vorschrift ist die Beschwerde des Antragsgegners unzulässig, weil
er seine Einwendungen gegen den angefochtenen Beschluss erstmals im
Beschwerdeverfahren auf die Behauptung stützt, er sei nicht der Vater des Kindes. Diese
Einwendung unterfällt entgegen der Ansicht des Antragsgegners § 252 Abs. 2 FamFG
(„andere Einwendungen“, vgl. Bömelburg in: Prütting/Helms, 5. Aufl. 2020,
Rdnr. 19; OLG Köln, Beschluss vom 30.04.2012 – 4 WF 46/12 –, Tz. 3, FamRZ 2012,
1822, zit. nach juris) und wäre daher nach der am 03.03.2020 erfolgten Zustellung des
verfahrenseinleitenden Antrags im erstinstanzlichen Verfahren geltend zu machen
gewesen, was indes nicht erfolgt ist. Mit diesem Vorbringen ist der Antragsgegner somit im
Beschwerdeverfahren ausgeschlossen, was aus der strengen Formgebundenheit des
vereinfachten Verfahrens folgt, die der Beschleunigung dienen soll (vgl. auch Keidel/Giers,
aaO., § 256 Rdnr. 9 mwN.).
a)
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist die vorstehend zitierte Rechtsprechung des
OLG Köln auch einschlägig. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt
hatte der in Anspruch genommene Kindesvater seine Einwendung, er habe Zweifel an
seiner Vaterschaft, zwar bereits erstinstanzlich vorgetragen, jedoch nicht in der
vorgesehen Form. Er war deshalb so zu behandeln, als habe er erstmals im
Beschwerdeverfahren bestritten, Vater des Kindes zu sein und mit diesem Einwand
präkludiert. Dem entsprechend ist erst recht der Antragsgegner, der erstinstanzlich
überhaupt nicht zu dem Antrag Stellung genommen hat, im Beschwerdeverfahren mit
seinem Vorbringen ausgeschlossen.
b)
Der Senat verkennt hierbei nicht, dass es nach Aktenlage derzeit unstreitig ist, dass eine
rechtliche Vaterschaft des Antragsgegners i. S. v. § 1592 BGB nicht besteht. Das ändert
aber nichts daran, dass es Sache des Antragsgegners war, dies erstinstanzlich geltend zu
machen. Hierauf ist er mit der Verfügung vom 26.02.2020, welche ihm zusammen mit dem
Antrag am 03.03.2020 förmlich zugestellt worden ist, ausdrücklich hingewiesen worden.
Das Familiengericht war – zumal im streng formalisierten vereinfachten Verfahren, das
systematisch zu den u. a. vom Beibringungsgrundsatz geprägten Familienstreitsachen
gehört und geschaffen worden ist, um dem Unterhaltsgläubiger auf schnellem Weg einen
Titel zu verschaffen (vgl. Bömelburg in: Prütting/Helms, aaO.,
nicht gehalten, etwa von Amts wegen die Vaterschaft des Antragsgegners zu überprüfen.
2.
Der Antragsgegner ist gleichwohl nicht rechtlos gestellt. Vielmehr steht ihm die Möglichkeit
offen, gem.
Vorschrift des
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Abs. 2, 51 FamGKG.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:14.10.2020
Aktenzeichen:2 WF 138/20
Rechtsgebiete:
Verein
Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Kindes- und Verwandtenunterhalt
FamFG §§ 249, 252 Abs. 2, 256 S. 2