Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs und dadurch Unrichtigkeit des Grundbuchs
letzte Aktualisierung: 20.10.2021
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.3.2021 – 3 Wx 192/20
GBO §§ 40, 82 S. 1 u. 2;
Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs und dadurch Unrichtigkeit des Grundbuchs
1. Ist das Grundbuch im Hinblick auf die Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang
außerhalb des Grundbuchs – vor allem, wie hier, aufgrund Erbgangs – unrichtig geworden und hat
das Grundbuchamt deshalb dem jetzigen Eigentümer – mithin hier dem/den Erben – nach § 82
Satz 1 GBO die Verpflichtung auferlegt, den Antrag auf Grundbuchberichtigung zu stellen und die
dazu erforderlichen Unterlagen zu beschaffen, so soll das Grundbuchamt auf die (unbeschränkte)
Grundbuchbeschwerde eines Miterben gegen die gerichtliche Entschließung hin Maßnahmen des
Grundbuchberichtigungszwangs nach
vorliegen (namentlich, wenn der Erbe – wie hier mit Blick auf einen nach Eingang des Rechtsmittel
vorgelegten, notariell beurkundeten Vermächtniserfüllungs- und Auseinandersetzungsvertrag –
durch seine Eintragung mit im Hinblick auf
2. Zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses nach
Umstände mit Blick auf im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigende neue Tatsachen (hier:
notariell beurkundeter Vermächtniserfüllungs- und Auseinandersetzungsvertrag).
Gründe :
1.Die Eltern der Beteiligten waren – teils als Mit-, teils als jeweils alleinige – Eigentümer
sehr umfangreichen Grundbesitzes, darunter des im hiesigen Beschlusseingang
bezeichneten. Der Vater verstarb 2017, die Mutter 2019.
Durch den angegriffenen Beschluss – sowie einen inhaltsentsprechenden an die Beteiligte
zu 1. – hat das Grundbuchamt unter Berufung auf
sei bekannt geworden, dass der eingetragene Eigentümer verstorben und der Beteiligte zu
2. Miterbe sei. Wegen der eingetretenen Unrichtigkeit müsse das Grundbuch durch
Eintragung der Erben als neue Eigentümer berichtigt werden. Der Beteiligte zu 2. werde
aufgefordert, die Eintragung aller Erben in allen betroffenen Grundbüchern binnen
bestimmter Frist zu beantragen. Zum Nachweis der Erbberechtigung sei ein Erbschein
vorzulegen. Es werde darauf hingewiesen, dass ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 €
festgesetzt werden könne, wenn die Aufforderung nicht fristgemäß befolgt werde.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2. mit seinem am 25. September 2020 bei Gericht
eingegangenen Rechtsmittel.
Am 19. Oktober 2020 haben die Beteiligten einen notariell beurkundeten
Vermächtniserfüllungs- und Auseinandersetzungsvertrag geschlossen. In dessen
Präambel wird dargestellt, dass beide Erblasser nach der vorhandenen letztwilligen
Verfügung jeweils von beiden Beteiligten zu je 1/2 Anteil beerbt worden seien und, den
Immobiliarbesitz betreffend, umfangreiche Vorausvermächtnisse angeordnet seien; zu
deren Erfüllung und der Auseinandersetzung des Nachlasses im Übrigen werde der
Vertrag geschlossen. In die Regelungen sind Grundstücke einbezogen, die auf insgesamt
17 Grundbuchblättern bei verschiedenen Grundbuchämtern gebucht sind. Mit Schrift vom
17. Dezember 2020 hat der beurkundende Notar die genannte Urkunde gegenüber dem
hiesigen Grundbuchamt zum Vollzug eingereicht, hierbei namentlich die Eintragung der
Eigentumswechsel beantragt und (unter anderem) hinsichtlich der Blätter 1316 und 434
erklärt, insoweit werde das auf den Eigentumswechsel bezogene Antragsrecht
vorbehalten, weil noch eine Vermessung ausstehe. Mit Eintragungen vom 1. Februar 2021
ist den Anträgen entsprochen worden.
2.
a)
Das gegen den Beschluss vom 10. September 2020 gerichtete Rechtsmittel des
Beteiligten zu 2., dem Senat zur Entscheidung angefallen infolge der mit Beschluss des
Grundbuchamts vom 12. Oktober 2020 erklärten Nichtabhilfe (vgl. § 75 GBO), ist als
sogenannte unbeschränkte Grundbuchbeschwerde zulässig. Gemäß
findet sie gegen Entscheidungen des Grundbuchamts statt. Zu diesen zählen, wie
jedenfalls inzwischen in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, auch
gerichtliche Entschließungen nach § 82 Satz 1 GBO (OLG München
– juris-Version Tz. 11 m.w.Nachw.; Senat, in neuerer Zeit z.B. Beschluss vom 30. Januar
2019 i.S. I-3 Wx 245/18). Darum geht es hier. Denn nach § 82 Satz 1 GBO soll, wenn das
Grundbuch im Hinblick auf die Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang
außerhalb des Grundbuchs – vor allem, wie hier, aufgrund Erbgangs – unrichtig geworden
ist, das Grundbuchamt dem jetzigen Eigentümer – mithin hier dem/den Erben – die
Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Grundbuchberichtigung zu stellen und die dazu
erforderlichen Unterlagen zu beschaffen. Dass das Grundbuchamt im gegebenen Fall
diesen Verpflichtungsausspruch mit dem wegen
sich genommen nicht anfechtbaren Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung
verbunden hat, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts (vgl. Keidel – Meyer-Holz,
FamFG, 20. Aufl. 2020, § 35 Rdnr. 14).
b)
In der Sache ist die Beschwerde begründet. Mit Abschluss des Vermächtniserfüllungs- und
Auseinandersetzungsvertrages ist nämlich ein Zurückstellungsgrund eingetreten.
aa)
Gemäß
Grundbuchberichtigungszwangs zurückstellen, solange berechtigte Gründe vorliegen.
Hierzu gehört es anerkanntermaßen (statt aller: Demharter, GBO, 32. Aufl. 2021, §§ 82-83
Rdnr. 12), wenn der Erbe durch seine Eintragung mit im Hinblick auf
entbehrlichen Kosten belastet würde. Durch den vorliegenden notariellen Vertrag vom
Oktober 2020 sind, was keiner näheren Ausführung bedarf, die Voraussetzungen des § 40
Abs. 1, 1. Fall GBO gegeben; dass das Grundbuchamt dies genauso gesehen hat, zeigt
sich darin, dass es den Anträgen auf Eintragung der Eigentumswechsel umstandslos
entsprochen hat. Für einen Ausnahmefall, in dem eine Versagung der Zurückstellung
gleichwohl gerechtfertigt sein könnte, ist nichts ersichtlich.
Nach
des notariellen Vertrages Berücksichtigung zu finden und führt zur Aufhebung des
angegriffenen Beschlusses wegen veränderter Umstände. (Sollte man wegen der „Nähe“
der vorliegenden Grundbuchbeschwerde zur Zwangsgeldfestsetzung insoweit § 35 Abs. 5
FamFG heranziehen wollen, ergäbe sich nach
Abweichendes.)
bb)
Nicht hingegen ist das Berichtigungszwangsverfahren als in der Hauptsache erledigt
anzusehen.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist bereits vertreten worden (OLG München NJW17
RR 2010, 672 f – juris-Version Tz. 4, dort im Rahmen des § 18 GBO), im
Grundbuchverfahrensrecht sei vom Eintritt eines erledigenden Ereignisses der Fall zu
unterscheiden, in dem sich der Sachverhalt ändert und deshalb die Voraussetzungen für
das gerichtliche Tätigwerden neu zu prüfen sind. Das muss zumindest gelten, wenn die in
Rede stehende getroffene gerichtliche Entscheidung die Grundlage für weitere
Zwangsmaßnahmen bilden soll. Dann gebietet es die Klarstellung, bei einer
Sachverhaltsänderung gegebenenfalls die Aufhebung der Grundlage etwaigen künftigen
zwangsweisen Vorgehens ausdrücklich auszusprechen und den Betroffenen nicht darauf
zu verweisen, die handelnde Gerichtsperson werde seine Sichtweise teilen, eine
Fortsetzung des Zwangsverfahrens für nicht geboten erachten und insoweit lediglich noch
über die Kosten entscheiden.
Im Sinne einer Änderung des Sachverhalts liegen die Dinge, wie gezeigt, hier. Diese
Änderung trat bereits mit Abschluss des Vertrages ein, so dass schon zu diesem Zeitpunkt
der Beschluss des Grundbuchamtes aufzuheben gewesen ist. Die nachfolgend
grundbuchlich vollzogenen Eigentumswechsel haben (keine Erledigung herbeigeführt,
sondern) bewirkt, dass die Zurückstellung zu einem endgültigen Unterbleiben des
Berichtigungszwanges führt, der Erfolg der Beschwerde mithin nicht nur ein vorläufiger ist.
3.
Im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels bedarf es weder einer Kostenentscheidung,
noch einer Wertfestsetzung von Amts wegen. Dem steht der Rechtsgedanke des § 97 Abs.
2 ZPO nicht entgegen. Danach sind dem Obsiegenden die Kosten des
Rechtsmittelverfahrens gleichwohl aufzuerlegen, wenn er aufgrund eines neuen
Vorbringens obsiegt, das er im ersten Rechtszug geltend zu machen imstande war. Hier ist
der zum Erfolg der Beschwerde führende notarielle Vertrag aber erst nach Erlass der
angefochtenen Entscheidung und auch des Nichtabhilfe- und Vorlagebeschlusses
geschlossen worden, hat mithin gegenüber dem Grundbuchamt nicht mehr geltend
gemacht werden können. Selbst wenn man – was sehr zweifelhaft erscheint – den
besagten Rechtsgedanken dahin ausdehnen könnte, ein schuldhaft verspäteter
Vertragsabschluss sei dem gleichzustellen, ergäbe sich nichts anderes; denn angesichts
dessen, dass die jetzigen Regelungen sinnvoll erst nach dem Tode beider Erblasser
getroffen werden konnten und, unter anderem im Hinblick auf die Vorbereitung der
Beurkundung, äußerst aufwendig sind, gibt es für eine dilatorische Behandlung der
Angelegenheit durch die Beteiligten keinen Anhalt.
Schon mangels Beschwer erübrigt sich auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:05.03.2021
Aktenzeichen:3 Wx 192/20
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GBO §§ 40, 82 S. 1 u. 2; FamFG § 65 Abs. 3