Keine Anfechtung wegen teilweise unentgeltlicher Leistung bei beiderseitiger Überzeugung von der Gleichwertigkeit der ausgetauschten Leistungen
letzte Aktualisierung: 17.3.2021
BGH, Urt. v. 22.10.2020 – IX ZR 208/18
InsO § 134 Abs. 1
Keine Anfechtung wegen teilweise unentgeltlicher Leistung bei beiderseitiger
Überzeugung von der Gleichwertigkeit der ausgetauschten Leistungen
a) Veräußert der Schuldner einen Vermögensgegenstand, dessen objektiver Wert denjenigen der
vereinbarten Gegenleistung erheblich übersteigt, scheidet eine Anfechtung wegen einer teilweise
unentgeltlichen Leistung aus, wenn beide Teile nach den objektiven Umständen der
Vertragsanbahnung, der Vorüberlegungen der Parteien und des Vertragsschlusses selbst von
einem Austauschgeschäft ausgehen und zudem von der Gleichwertigkeit der ausgetauschten
Leistungen überzeugt sind (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 15. September 2016 = WM 2016,
2312).
b) Beruft sich der Anfechtungsgegner einer Schenkungsanfechtung darauf, die Vertragsparteien
seien von einem gleichwertigen Leistungsaustausch ausgegangen, muss der Insolvenzverwalter
beweisen, dass die Fehlvorstellung keine Grundlage in den objektiven Umständen des
Vertragsschlusses hatte. Nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast muss jedoch der
Anfechtungsgegner solche Umstände substantiiert darlegen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils
(
(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif
ist (
I.
Das Berufungsgericht hat gemeint, dem Kläger stehe ein Rückgewähranspruch
gemäß
(teil-)unentgeltliche Leistung handele, auch wenn die klägerische Behauptung,
das streitgegenständliche Grundstück habe beim Abschluss des Kaufvertrags einen
Wert von wenigstens 600.000 Eine Anfechtung
wegen einer unentgeltlichen Leistung scheide aus, weil beide Teile
nach den objektiven Umständen von einem Austausch-Marktgeschäft ausgegangen
und in gutem Glauben von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung
überzeugt gewesen seien. Denn die Vertragsparteien hätten vor Vertragsschluss
ein Wertgutachten eingeholt. Dass der Sachverständige womöglich den
Verkehrswert des Grundstücks fehlerhaft ermittelt habe, hätten sie nicht erkennen
können. Das Gutachten sei nachvollziehbar begründet und in sich widerspruchsfrei
gewesen. Dafür, dass der Schuldner mit dem Beklagten einen unan-
gemessen niedrigen Verkaufspreis habe vereinbaren wollen, gebe es keine Anhaltspunkte.
Eine teilweise Unentgeltlichkeit liege auch nicht deshalb vor, weil die
Bank den Schuldner zunächst nicht aus der Schuld entlassen habe. Die vom
Schuldner erbrachte Zuwendung könne nicht schon deshalb als unentgeltlich angefochten
werden, weil die Gegenleistung ausgeblieben sei. Zudem sei im Kaufvertrag
vereinbart gewesen, dass der Beklagte den Schuldner zumindest im Innenverhältnis
freizustellen habe. Dies habe der Beklagte spätestens ab Juli 2012
gemacht. Dass der Schuldner sein Wohnrecht jedenfalls bis November 2015
nicht ausgeübt habe, sei ebenfalls irrelevant, weil allein durch die Einräumung
des Wohnrechts der dem Beklagten zugefallene Vorteil um 180.847,50
dert gewesen sei. Ergänzend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass es sich
bei dem Wertgutachten um ein Gefälligkeitsgutachten gehandelt habe, sei eine
reine Behauptung des Klägers, für die es keine tragfähigen Hinweise gebe. Soweit
die Berufung als weiteres Indiz für die bewusste Herabsetzung des Verkehrswerts
nunmehr die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im August 2011
behaupte, stehe diesem Vortrag § 531 Abs. 2 ZPO entgegen. Sei der Kläger aber
mit diesem neuen Vortrag ausgeschlossen, könne er seine Anfechtung auch
nicht auf § 133 InsO stützen.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten
stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lassen sich die Voraussetzungen
einer Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung nicht verneinen.
1. Nach § 134 Abs. 1 InsO ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners
anfechtbar, die innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
vorgenommen worden ist. Als Leistung im Sinne des § 134
Abs. 1 InsO ist jede Rechtshandlung zu verstehen, die dazu dient, einen zugriffsfähigen
Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners zu entfernen (BGH, Urteil
vom 15. September 2016 - IX ZR 250/15,
des streitgegenständlichen Grundstücks an den Beklagten ist wegen der
damit verbundenen Vermögensminderung als Leistung einzustufen. Für die
Frage der Unentgeltlichkeit ist auf den Zeitpunkt des Rechtserwerbs des Anfechtungsgegners
in Folge der Leistung des Schuldners abzustellen, also auf den
gemäß § 140 InsO zu bestimmenden Zeitpunkt, zu dem die rechtlichen Wirkungen
der Rechtshandlung eintreten (BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 - IX ZR 296/17,
a) In einem Zwei-Personen-Verhältnis - wie vorliegend - ist eine Leistung
als unentgeltlich anzusehen, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten
einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender
Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll (BGH, Urteil
vom 15. September 2016 - IX ZR 250/15,
- IX ZR 307/16,
Schuldner für seine Leistung etwas erhalten hat, was objektiv ein Ausgleich für
seine Leistung war oder jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein
sollte (BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 - IX ZR 296/17,
Für die Bewertung ist in erster Linie die objektive Wertrelation zwischen
der Leistung des Schuldners und der Gegenleistung des Empfängers ausschlaggebend.
Andernfalls könnten die Beteiligten allein dadurch, dass sie einer für den
Schuldner objektiv wertlosen Leistung in ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen
einen subjektiven Wert beimessen, den Zweck des Gesetzes vereiteln (BGH, Urteil
vom 15. September 2016, aaO Rn. 21). Bei einem Ungleichgewicht von Leistung
und Gegenleistung ist § 134 Abs. 1 InsO nicht anwendbar, wenn beide Teile
nach den objektiven Umständen der Vertragsanbahnung, der Vorüberlegungen
der Parteien und des Vertragsschlusses selbst von einem Austauschgeschäft
ausgehen und zudem in gutem Glauben von der Werthaltigkeit der dem Schuldner
gewährten Gegenleistung überzeugt sind, die sich erst aufgrund einer nachträglichen
Prüfung als wertlos erweist (BGH, Urteil vom 15. September 2016,
aaO Rn. 22). In gleicher Weise ist eine Fehlvorstellung der Beteiligten über den
Wert der vom Schuldner zu erbringenden Leistung nur dann erheblich, wenn sie
ihre Grundlage in den objektiven Umständen des Vertragsschlusses findet.
b) Den Insolvenzverwalter trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Unentgeltlichkeit
der Leistung des Schuldners (BGH, Beschluss vom 9. März 2017
- IX ZA 16/16,
21. Januar 1999 - IX ZR 429/97,
darauf, beide Teile seien von einem gleichwertigen Leistungsaustausch
ausgegangen, reicht es nicht aus, dass der Insolvenzverwalter ein Missverhältnis
des objektiven Werts von Leistung und Gegenleistung darlegt und beweist. Vielmehr
muss er dartun und beweisen, dass keine objektiven Umstände vorgelegen
haben, die eine solche Annahme der Vertragsparteien erlaubten (vgl. BeckOKInsO/
Raupach, 2020, § 134 Rn. 18.1; Ganter,
Pape,
Fehlen objektiver Umstände handelt es sich um negative Tatsachen; dem
Insolvenzverwalter kommen daher Erleichterungen nach den Grundsätzen der
sekundären Darlegungslast zugute (vgl. Kunz,
seiner Darlegungs- und Beweislast zu genügen, nicht alle theoretisch denkbaren
Umstände ausräumen, welche einen guten Glauben an die Gleichwertigkeit von
Leistung und Gegenleistung begründen könnten; es reicht vielmehr aus, die von
dem Anfechtungsgegner substantiiert dargelegten Umstände auszuräumen. Gelingt
dies, ist der Beweis der negativen Tatsache erbracht (vgl. BGH, Urteil vom
14. Juli 2016 - IX ZR 291/14,
2020 - V ZR 2/19,
2. Nach diesen Maßstäben durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen,
dass der Schuldner und der Beklagte nach den objektiven Umständen
der Vertragsanbahnung, der Vorüberlegungen der Vertragsparteien und des Vertragsschlusses
selbst von einem Austauschgeschäft ausgegangen sind und zudem
in gutem Glauben von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung
überzeugt waren.
a) Das Berufungsgericht ist der zwischen den Parteien streitigen Frage,
welchen Wert das Grundstück zum maßgeblichen Zeitpunkt hatte, weil nach seiner
Ansicht unerheblich, nicht nachgegangen. Revisionsrechtlich ist deswegen
vom Vortrag des Klägers auszugehen, dass der Wert des Grundstücks mindestens
600.000 betrug. Von diesem Wert ist der Wert des dem Schuldner eingeräumten
lebenslangen dinglichen Wohnrechts abzuziehen, sei es, wie das Berufungsgericht
angenommen hat, weil sich der dem Beklagten durch die Grundstücksübertragung
zufallende Vorteil infolge des lebenslangen Wohnrechts verringert
(vgl. BGH, Urteil vom 4. März 1999 - IX ZR 63/98,
sei es, weil in der Bestellung des Wohnrechts durch den Beklagten, wie die Vertragsparteien
es vereinbart haben, neben der Übernahme der Schulden die vereinbarte
Gegenleistung liegt. Den Wert des Wohnrechts hat das Berufungsgericht
entsprechend der vertraglichen Vereinbarung mit 180.847,50
men. Unstreitig stand das durch die Grundschuld abgesicherte Darlehen zum
Zeitpunkt des Grundstückkaufvertrags noch in Höhe von 214.152,50
Dann aber floss dem Schuldner nach objektivem Maßstab jedenfalls in Höhe von
205.000
Leistung ist gemäß
- IX ZR 229/17,
b) Der Beklagte stützt den Glauben an die Gleichwertigkeit von Leistung
und Gegenleistung auf das vor Vertragsschluss eingeholte Gutachten über den
Grundstückswert. Demgegenüber hat der Kläger objektive Umstände vorgetragen,
welche gegen einen aus dem Gutachten abgeleiteten gemeinsamen Irrtum
des Schuldners und des Beklagten sprechen.
aa) Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass es
sich um ein Geschäft unter Verwandten handelte. Bei Austausch-Marktgeschäften
ist davon auszugehen, dass jeder Vertragsteil zum Schutz gegen eine Übervorteilung
seine eigenen Interessen bei der Bewertung von Leistung und Gegenleistung
hinreichend wahrnimmt (BGH, Urteil vom 15. September 2016 - IX ZR
250/15,
zwischen nahestehenden Personen, insbesondere Verwandten, aufgrund
des häufig fehlenden Interessengegensatzes nicht ohne Weiteres angenommen
werden. Solche Verträge sind oft durch persönliche Verhältnisse beeinflusst, weil
wegen der verwandtschaftlichen Beziehungen ein anderer Preis als unter Fremden
vereinbart werden kann (Rössler/Troll/Halaczinsky, BewG, 2019, § 9 Rn. 14
zu
zudem die Gefahr, dass sie bloße Scheingeschäfte darstellen, um Gegenstände
vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen (vgl.
bb) Der Kläger hat auf den vom Beklagten nicht bestrittenen Umstand hingewiesen,
dass am 28. Juni 2011, mithin zwei Monate vor dem Kaufvertrag, das
zuständige Finanzamt bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an welcher der
Schuldner als Gesellschafter beteiligt war, eine Umsatzsteuersonderprüfung angeordnet
hat und noch im Juni 2011 eine Durchsuchung und Beschlagnahme
von Geschäftsunterlagen durch die Steuerfahndung stattgefunden haben, sowohl
in den Geschäftsräumen der Gesellschaft als auch in den privaten Räumen
der Gesellschafter, so auch beim Schuldner. Hiermit hat der Insolvenzverwalter
ein mögliches Motiv für diesen dargelegt, das Grundstück durch den Verkauf an
den Beklagten und durch die Eintragung eines dinglichen Wohnrechts dem Zugriff
der Finanzverwaltung zu entziehen.
cc) Auffallend war die Eile zwischen Gutachtenerstellung und Vertragsschluss.
Ausweislich des notariellen Kaufvertrags haben die Vertragsparteien bei
der Bestimmung des Kaufpreises das von ihnen eingeholte Gutachten zugrunde
gelegt. Der Gutachter soll das Grundstück am 29. August 2011, einen Tag vor
der notariellen Beurkundung, begutachtet haben. Das Gutachten selbst trägt hingegen
das Datum vom 31. August 2011. Diese zeitliche Diskrepanz lässt sich
- ohne erklärende Ausführungen durch den Beklagten - nur dadurch erklären,
dass den Vertragsparteien zum Zeitpunkt der notariellen Beurkundung lediglich
die mündlichen Angaben des Gutachters zum Verkehrswert vorlagen. Dann aber
wurde der Beurkundungstermin in nicht nachvollziehbarer Eile angesetzt, weil die
Vertragsparteien nicht das schriftliche Gutachten abwarten wollten. Das Gutachten
bezeichnet im Übrigen den ermittelten Verkehrswert als "überschlägig", das
Wohnrecht wird nicht bewertet und die Grundlagen der Beauftragung werden
nicht mitgeteilt. Insbesondere hat der Beklagte das Gutachten nur unvollständig
- ohne die erste Seite - vorgelegt.
dd) Der Kläger hat behauptet und unter Vorlage des Protokolls der Gläubigerversammlung
vom 22. Juni 2016 und Hinweis auf die dort protokollierten
Angaben des Schuldners unter Beweis gestellt, der Beklagte sei zum Zeitpunkt
des Kaufvertragsabschlusses Student gewesen und habe keine Einnahmen gehabt.
Noch in dem letztlich im Juni 2015 geschlossenen Kreditvertrag wird der
Beklagte als "Student" bezeichnet. Der Beklagte hat nie vorgetragen, welchem
Beruf er bei Vertragsschluss nachgegangen ist und welche Einnahmen er hatte.
ee) Es kommt hinzu, dass die inhaltlichen Regelungen des Kaufvertrags
Zweifel erwecken, dass der Schuldner ihn mit einem Dritten und ein Dritter ihn
mit dem Schuldner geschlossen hätte. Denn einerseits erscheint es fraglich, ob
sich ein Dritter auf eine überschlägige mündliche Verkehrswertbestimmung ohne
Bewertung des dinglichen Wohnrechts eingelassen hätte. Andererseits ließ sich
der Schuldner keine Sicherheiten vom Beklagten dafür geben, dass dieser ihn
tatsächlich von den Kreditverbindlichkeiten befreien würde. Er musste also mit
der Möglichkeit rechnen, dass der Beklagte die Kreditraten nicht übernehmen
und die Bank deswegen aus der erstrangigen Grundschuld in das Grundstück
vollstrecken und er sein Wohnrecht verlieren würde.
III.
Die Entscheidung ist nicht aus anderen Gründen richtig (
Ansicht der Revisionserwiderung, dass der Antrag des Klägers auf Übertragung
des Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundstück auch dann abzuweisen
sei, wenn sich die Veräußerung als teilweise unentgeltlich erweise und keine
verschleierte Schenkung vorliege, trifft nicht zu. Als Rechtsfolge einer teilweise
unentgeltlichen Leistung ist vorrangig der Wertüberschuss der schuldnerischen
Leistung an die Insolvenzmasse zurückzuerstatten. Soweit die Leistung teilbar
ist, bleibt die Rechtsfolge der Anfechtung gemäß
Teil, der als unentgeltlich gilt, beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni
1992 - IX ZR 4/91,
vorliegend die Eigentumsübertragung an dem Grundstück - unteilbar, richtet sich
die Anfechtung auf Rückgewähr der Leistung insgesamt, allerdings Zug um Zug
gegen Rückgabe der erbrachten Gegenleistung (BGH, Urteil vom 7. April 1989
- V ZR 252/87,
vgl. für § 4 Abs. 1 AnfG BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 - IX ZR 113/15,
§ 134 Rn. 61; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 7. Aufl., § 134 Rn. 29; Bork in
Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2016, § 134 Rn. 53 f; MünchKomm-InsO/Kayser/
Freudenberg, 4. Aufl., § 134 Rn. 42; Uhlenbruck/Borries/Hirte, InsO,
15. Aufl., § 134 Rn. 34 f).
IV.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Das Berufungsgericht hat nicht bedacht, dass nach dem klägerischen
Vortrag auch eine verschleierte Schenkung vorliegen kann.
a) Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts trifft allerdings zu. Die von
einem Schuldner erbrachte Zuwendung kann nicht schon deshalb als unentgeltlich
angefochten werden, weil es zu einer Störung des Austauschverhältnisses
gekommen ist und die vereinbarte Gegenleistung nicht erbracht wurde. Denn
wenn der Schuldner mit dem Anfechtungsgegner eine angemessene Gegenleistung
für die von ihm erbrachte Zuwendung vereinbart hat, kann diese nicht schon
deshalb als unentgeltlich angefochten werden, weil die Gegenleistung ausgeblieben
ist. Es genügt für die Annahme der Entgeltlichkeit, dass in diesem Fall der
Schuldner seine Leistung zurückfordern (
oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann (BGH, Urteil vom 13. Oktober
2016 - IX ZR 184/14,
296/17,
Etwas Anderes gilt jedoch, wenn beide Vertragsparteien von vornherein
davon ausgehen, dass der Zuwendungsempfänger die vereinbarten Gegenleistungen
nicht erbringen soll. Dann sind die rechtsgeschäftlichen Erklärungen der
Beteiligten nur vorgeschoben und es liegt in Wahrheit eine verschleierte Schenkung
vor (Scheingeschäft, § 117 BGB; BAG,
Willenserklärungen auszugehen ist, trägt für das Vorliegen eines Scheingeschäfts
derjenige die Beweislast, der sich darauf beruft (BGH, Beschluss vom
21. April 2010 - IV ZR 172/09, juris Rn. 10), für das Vorliegen einer verschleierten
Schenkung mithin der Insolvenzverwalter. Dabei kann dem nachträglichen Verhalten
der Vertragsparteien für die Ermittlung des tatsächlichen Vertragswillens
der Beteiligten Bedeutung zukommen (BGH, Urteil vom 29. Oktober 1996 - XI ZR
319/95,
b) Diesen rechtlichen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht verkannt
und deswegen den entsprechenden Vortrag des Klägers und seine Beweisangebote
unberücksichtigt gelassen. Der Kläger hat Indizien für eine verschleierte
Schenkung vorgetragen, welchen der Beklagte teilweise nur unzureichend entgegengetreten
ist. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte
von Juli 2012 bis Oktober 2015 für die Kreditraten aufgekommen ist, sei es, dass
er sie auf das Konto des Schuldners überwiesen hat, sei es, dass die Bank die
Kreditraten von seinem Konto eingezogen hat. In diesem fraglichen Zeitraum
nahm der Schuldner jedoch sein dingliches Wohnrecht nicht wahr, so dass der
Beklagte das Anwesen vermieten konnte und unbestritten die Mieten einzog, welche
zumindest so hoch waren, dass aus ihnen die Kreditraten gezahlt werden
konnten. Weiter ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte ab November
2015 bis zur Umschuldung im April 2016 und danach die Darlehensraten
aufgebracht hat; dies aber war zu einem Zeitpunkt, zu dem das Insolvenzverfahren
über das Vermögen des Schuldners bereits eröffnet war und der Kläger den
Kaufvertrag angefochten hatte. Streitig ist zwischen den Parteien, ob der Beklagte
die Darlehensraten ab 1. September 2011 bis zum Juni 2012 gezahlt hat;
den beidseits angebotenen Beweis über diese Frage hat das Berufungsgericht
nicht erhoben. Deswegen ist revisionsrechtlich zu unterstellen, dass der Beklagte
die Kreditraten gegenüber der Bank bis zur Insolvenzanfechtung nie aus eigener
Kraft aufgebracht und der Schuldner sein Wohnrecht über einen langen Zeitraum
bis zur Insolvenzanfechtung nicht ausgeübt hat. Diese Indizien sind bei der Beantwortung
der Frage zu berücksichtigen, ob der Schuldner und der Beklagte bei
Vertragsschluss überhaupt die Absicht hatten, dass der Beklagte an den Schuldner
irgendeine Gegenleistung für die Eigentumsübertragung erbringen sollte.
2. Das Berufungsgericht wird erforderlichenfalls zusätzlich zu prüfen haben,
ob der Rückgewähranspruch nach
aF gerechtfertigt ist. Auf den Streitfall findet § 133 InsO in der bis zum 4. April
2017 geltenden Fassung des Gesetzes vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866)
Anwendung, weil das Insolvenzverfahren am 18. Dezember 2014 und damit vor
dem 5. April 2017 eröffnet wurde (vgl.
des Berufungsgerichts lässt sich der erforderliche Gläubigerbenachteiligungsvorsatz
nicht verneinen.
a) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Kenntnis von der (drohenden)
Zahlungsunfähigkeit nur ein - wenn auch gewichtiges - Indiz für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz
des Schuldners ist. Im Streitfall hat der Kläger andere
Indizien für einen Benachteiligungsvorsatz vorgetragen, welche das Berufungsgericht
nicht berücksichtigt hat. Der von
Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der
Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen
als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es
auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils -
erkannt und gebilligt hat (BGH, Urteil vom 12. September 2019 - IX ZR 264/18,
sind die maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu prüfen, welche als Erfahrungswerte
für und gegen den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners sprechen
(BGH, Urteil vom 16. April 2015 - IX ZR 68/14,
Bedeutung können der Eintritt einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung
und das besondere Ausmaß der Beeinträchtigung haben. Auch kommt erhebliche
Bedeutung für die Annahme eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes
dem Umstand zu, dass eine Grundstücksübertragung im unmittelbaren zeitlichen
Zusammenhang mit der Erhebung von Untreuevorwürfen von dritter Seite steht.
Dieses Beweisanzeichen kann durch das Näheverhältnis zwischen dem Schuldner
und dem Anfechtungsgegner noch verstärkt werden (BGH, Urteil vom
16. April 2015, aaO Rn. 20 zu § 3 Abs. 1 AnfG). Gewichtiger Anhaltspunkt kann
zudem sein, wenn der Schuldner seinen letzten werthaltigen Vermögensgegenstand
auf einen Dritten überträgt (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 50/12,
gegen die Annahme des guten Glaubens von dem Wert des Grundstücks sprechen,
können auch Indizien für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des
Schuldners und gegebenenfalls für die Kenntnis des Beklagten von diesem sein.
Mit der Belastung des Grundstücks mit einem dinglichen Wohnrecht zugunsten
des Schuldners wurde zumindest objektiv ein Verwertungshindernis geschaffen
(vgl. Lüdtke/Schulz,
vom 16. April 2015 - IX ZR 68/14,
ein Indiz für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis des Beklagten
davon sein.
b) Insoweit ist der Kläger auch nicht präkludiert. Allerdings hat er sich erstinstanzlich
nicht auf die Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO berufen. Doch schadet
ihm dies nicht. Die Klage aus § 133 InsO ist schon dann begründet, wenn der
Insolvenzverwalter den seinen Antrag rechtfertigenden Sachverhalt vorgetragen
hat und seine Anfechtungsabsicht erkennbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. September
1999 - IX ZR 204/98,
209/06,
und die Kenntnis des Beklagten davon ableitet,
wurden entweder bereits erstinstanzlich vorgetragen oder hat der Beklagte nicht
bestritten. Der Ausschluss neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsrechtszug
gilt, auch soweit sie im ersten Rechtszug aus Nachlässigkeit nicht gel-
tend gemacht worden sind, nicht für unstreitige Tatsachen (BGH, Beschluss vom
23. Juni 2008 - GSZ 1/08,
- VIII ZR 247/06,
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:22.10.2020
Aktenzeichen:IX ZR 208/18
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Insolvenzrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundstücksübergabe, Überlassungsvertrag
InsO § 134 Abs. 1