BGH 22. September 2016
V ZB 177/15
BNotO § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3; GBO § 34

Nachweis der Bevollmächtigung bei Vollmachtsketten

BNotO § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3; GBO § 34
Nachweis der Bevollmächtigung bei Vollmachtsketten

a) Eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht, die auf die gesetzlichen Vertreter einer im Handelsregister eingetragenen juristischen Person zurückgeht, kann dem Grundbuchamt durch eine notarielle Vollmachtsbescheinigung nur nachgewiesen werden, wenn der Notar sämtliche Einzelschritte der Vollmachtskette nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bzw. Abs. 3 BNotO bescheinigt.

b) Die Bescheinigung einer Vollmachtskette kann in einem Vermerk zusammengefasst werden, in dem der Notar die von ihm geprüften Einzelschritte aufführt. Eine Kombination von notariellen Bescheinigungen nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 3 BNotO ist zulässig.

BGH, Beschl. v. 22.9.2016 – V ZB 177/15

Problem
Nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BNotO sind Notare dafür zuständig, Bescheinigungen über eine Vertretungsberechtigung auszustellen, wenn sich diese Umstände aus einer Eintragung im Handelsregister ergeben. § 21 Abs. 3 S. 1 BNotO erlaubt es Notaren, Bescheinigungen über eine durch Rechtsgeschäft begründete Vertretungsmacht auszustellen. Eine Bescheinigung über die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht darf der Notar nur ausstellen, wenn er sich zuvor durch Einsichtnahme in eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Vollmachtsurkunde über die Begründung der Vertretungsmacht vergewissert hat (§ 21 Abs. 3 S. 2 BNotO). In der Bescheinigung ist anzugeben, in welcher Form und an welchem Tag die Vollmachtsurkunde dem Notar vorgelegen hat (§ 21 Abs. 3 S. 3 BNotO).

Die GBO regelt ausdrücklich, dass diese Bescheinigungen auch im Grundbuchverfahren taugliche Vertretungsnachweise sind. § 32 Abs. 1 S. 1 GBO bestimmt, dass die Vertretungsberechtigungen von Gesellschaften durch eine Bescheinigung nach § 21 Abs. 1 BNotO geführt werden können. Nach § 34 GBO gilt entsprechendes für eine Bescheinigung nach § 21 Abs. 3 BNotO.

Gegenstand der BGH-Entscheidung war nun die Frage, welche Anforderungen eine solche Bestätigung bei Vollmachtsketten erfüllen muss. Eine GmbH war Eigentümerin eines Grundstücks. Auf dem Grundstück sollte eine Grundschuld eingetragen werden. Die Bewilligungserklärung gab ein rechtsgeschäftlicher Vertreter (T) der GmbH ab. Der Notar bescheinigte unter dem Beglaubigungsvermerk die Vertretungsmacht des T wie folgt:

„Des Weiteren bescheinige ich gemäß § 21 Abs. (3) BNotO, dass die vorerwähnte Vollmacht heute bei Unterzeichnung in Ausfertigung vorgelegen hat, dass ich diese eingesehen habe und mir so Gewissheit über die Vertretungsmacht des Herrn T. verschafft habe.“

Das Grundbuchamt hielt diese Bescheinigung für nicht ausreichend, da sich diese nicht auf die Vertretungsberechtigung des organschaftlichen Vertreters der GmbH bezog, der dem T die Vollmacht im Namen der GmbH erteilt hatte.

Entscheidung
Der BGH bestätigte diese Rechtsauffassung. Die vorgelegte Notarbescheinigung (§ 21 Abs. 3 BNotO) sei nicht geeignet, um gegenüber dem Grundbuchamt den Nachweis der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht von T zu führen (§ 34 GBO).

Da die Antragstellerin eine GmbH sei, müsse die dem T erteilte Vollmacht auf einen organschaftlichen Vertreter der Gesellschaft zurückgehen. Der Nachweis von dessen Vertretungsberechtigung fehle jedoch.

Welche Prüfungskompetenzen das Grundbuchamt mit Blick auf die inhaltliche Richtigkeit der Vollmachtsbescheinigung des Notars hat, ist umstritten (vgl. hierzu KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 7. Aufl. 2015, § 34 GBO Rn. 11 f.; Zimmer NJW 2014, 337, 341). Der BGH konnte diese Frage offen lassen. Ist die Reichweite der notariellen Vollmachtsbescheinigung betroffen, ist die Prüfungskompetenz des Grundbuchamts unzweifelhaft eröffnet.

Eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht, die auf die gesetzlichen Vertreter einer im Handelsregister eingetragenen juristischen Person zurückgeht, kann dem Grundbuchamt durch eine notarielle Vollmachts-bescheinigung nur nachgewiesen werden, wenn der Notar sämtliche Einzelschritte der Vollmachtskette nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bzw. Abs. 3 BNotO bescheinigt.

Ist der Bevollmächtigte seinerseits bevollmächtigt worden, muss dem Grundbuchamt jede einzelne Vollmacht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Der Nachweis kann durch die Vorlage der Ausfertigung (§ 47 BeurkG) oder des Originals einer unterschriftsbeglaubigten Vollmacht geführt werden. Die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Vollmachtsurkunde genügt grundsätzlich nicht, weil zum Nachweis der Vertretungsmacht der Besitz der Vollmachtsurkunde erforderlich ist.

Eine notarielle Vollmachtsbescheinigung ist nur auf Basis solcher Vollmachten zulässig, die ihrerseits den Anforderungen des § 29 GBO genügen. Ist der Bevoll-mächtigte seinerseits durch einen Dritten bevollmächtigt worden (sog. Vollmachts- oder Legitimationskette), darf der Notar sich nicht auf die Einsichtnahme in die letzte Vollmachtsurkunde beschränken, sondern er muss sich alle Glieder der Vollmachtskette, die zu der Vollmacht führen, in der Form des § 29 GBO nachweisen lassen.

Nach Auffassung des BGH habe der Notar daher nicht nur das Endergebnis der Prüfung der ihm vorgelegten Nachweise der rechtsgeschäftlichen Vertretungsberechtigung zu bescheinigen. Das folge aus § 21 Abs. 3 S. 3 BNotO; danach hat der Notar in der Bescheinigung anzugeben, in welcher Form und an welchem Tag ihm die Vollmachtsurkunde vorgelegen hat. Hintergrund dieser Vorschrift, so der BGH, sei die in § 172 BGB geregelte Wirkung der Vollmachtsurkunde. Die bisherigen Anforderungen an den Nachweis einer Vollmacht seien nicht verringert worden; es sei nur die Möglichkeit geschaffen worden, den Nachweis gegenüber dem Notar zu erbringen.

Durch die Notarbescheinigung nach § 21 Abs. 3 BNotO könnten überdies organschaftliche Vertretungsverhältnisse nicht nachgewiesen werden. Für sie sei eine notarielle Bescheinigung nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BNotO erforderlich (§ 32 GBO). Eine solche Bescheinigung werde durch diejenige nach § 21 Abs. 3 BNotO weder ersetzt noch entbehrlich gemacht. Gehe die Vollmacht bzw. die Vollmachtskette auf einen organschaftlicher Vertreter zurück, müsse der Notar deshalb zusätzlich dessen Vertretungsmacht nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BNotO bescheinigen. Allerdings sei nicht erforderlich, dass der Notar für jede einzelne Vollmacht bzw. für die organschaftliche Vertretungsmacht separate notarielle Bescheinigungen nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 u. Abs. 3 BNotO erstelle. Die Bescheinigung einer Vollmachtskette könne in einem Vermerk zusammengefasst werden, in dem der Notar die von ihm geprüften Einzelschritte, die die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht ergeben, aufführe. Für jede in einem Vermerk bescheinigte Vertretungsmacht falle allerdings eine Gebühr nach Nr. 25214 KV-GNotKG an.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

22.09.2016

Aktenzeichen:

V ZB 177/15

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2017, 5-6
MittBayNot 2017, 178-180
RNotZ 2017, 334-337
ZNotP 2017, 25-27

Normen in Titel:

BNotO § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3; GBO § 34