Erstreckung einer Verfügung über einen Miteigentumsanteil auf das damit verbundene Sondereigentum
letzte Aktualisierung: 04.03.2020
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.6.2019 – 3 Wx 153/18
Erstreckung einer Verfügung über einen Miteigentumsanteil auf das damit verbundene
Sondereigentum
Beim Erwerb von Wohnungseigentum, der nach den für Miteigentumsanteile an Grundstücken
geltenden Vorschriften durch Auflassung und Eintragung erfolgt, ist Verfügungsgegenstand allein
der Miteigentumsanteil. Zur Vermeidung der Entstehung eines nicht zulässigen isolierten
Sondereigentums erstreckt sich die Verfügung kraft Gesetzes auf das mit dem Miteigentum
verbundene Sondereigentum. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)
G r ü n d e :
I.
A… war aufgrund notariellen Kaufvertrags vom 10. Januar 1983 eingetragene
Eigentümerin des im Grundbuch des Amtsgerichts Düsseldorf von B… Blatt 1204
verzeichneten 194,94/1.000 Miteigentumsanteils an dem Grundbesitz der Gemarkung B…,
Flur 4, Flurstücke 254, 255, 394, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im
1. Obergeschoss, nebst Kellerraum, alles Nr. 4 des Aufteilungsplans, und der im
Aufteilungsplan mit Nr. 8 bezeichneten Garage. Das Sondereigentum an der Garage
gehörte zunächst zu einer anderen Wohnung und wurde dem vorbezeichneten
Miteigentumsanteil erst anlässlich des Erwerbs durch A… zugeordnet.
Der Beteiligte zu 1 und C… haben A… zu je ½ Anteil beerbt. Aufgrund
Vorausvermächtnisses und eines Erbauseinandersetzungsvertrages mit C… ist der
Beteiligte zu 1 Eigentümer des vorbenannten Grundbesitzes geworden. Aufgrund weiterer
testamentarischer Verfügungen ist der Beteiligte zu 1 verpflichtet, dem Beteiligten zu 2 das
im Aufteilungsplan mit Nr. 4 bezeichnete Wohnungseigentum zu übereignen. Die Garage
(Nr. 8) ist im Testament nicht erwähnt. Ob die Verpflichtung des Beteiligten zu 1 auch die
Übereignung der Garage an den Beteiligten zu 2 umfasst, ist zwischen den Beteiligten
streitig.
Das Landgericht Düsseldorf verurteilte den Beteiligten zu 1 mit Anerkenntnisurteil vom 20.
Mai 2015 (7 O 309/14), das im Aufteilungsplan als Nr. 4 bezeichnete Wohnungseigentum
an den Beteiligten zu 2 aufzulassen und die entsprechende Eigentumsänderung im
Grundbuch zu bewilligen.
In einem Rechtsstreit, in dem der Beteiligte zu 2 die Voreintragung des Beteiligten zu 1
erstrebte, verurteilte das Landgericht Düsseldorf (7 O 19/16) den Beteiligten zu 1 mit
Versäumnisurteil vom 21. März 2016, das Wohnungseigentum verbunden mit dem
Sondereigentum an der im Aufteilungsplan als Nr. 4 bezeichneten Wohnung und
verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan als Nr. 8 bezeichneten
Garage, auf sich aufzulassen.
Nach dem Einspruch des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht Düsseldorf mit am 28. März
2017 verkündetem Urteil das Versäumnisurteil aufgehoben und festgestellt, der Beteiligte
zu 2 habe gegen den Beteiligten zu 1 einen Anspruch auf Übertragung der
Eigentumswohnung ohne Garage. Die Erfüllung dieser Leistung sei dem Beteiligten zu 1
so lange unmöglich, wie die Teilungserklärung noch nicht geändert sei.
Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (I-7 U 82/17) haben die
Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beteiligte zu 1
Umschreibung des Eigentums auf sich selbst beantragt hatte und seit 17. August 2017 als
Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.
Unter dem 30. Mai 2018 hat der Beteiligte zu 2 unter Vorlage einer vollstreckbaren
Ausfertigung des Anerkenntnisurteils und der unter UR-Nr. 1299/2015 beurkundeten
Annahme der Auflassung Eigentumsumschreibung beantragt.
Mit Zwischenverfügung vom 25. Juni 2018 hat das Grundbuchamt mitgeteilt, der
Erledigung des Antrags stünden Hindernisse entgegen. Es bedürfe der Vorlage einer
vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 21. März 2016 (LG Düsseldorf 7
O 19/16), durch das der Beteiligte zu 1 zur Auflassung des Wohnungseigentums sowie der
zum Sondereigentum gehörenden Garage Nr. 8 verurteilt worden sei. Die vom Beteiligten
zu 2 in der Urkunde 1299/2015 T erklärte Entgegennahme der Auflassung sei hinsichtlich
der dort nicht erfassten Garage zu ergänzen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2. Er macht geltend, es bedürfe
keiner gesonderten Erwähnung der Garage im Tenor. Diese sei in den Tenor einbezogen,
weil der Tenor vom Sondereigentum spreche, das im Aufteilungsplan als Nr. 4 bezeichnet
werde. Damit nehme die durch den Tenor fingierte Auflassungserklärung auf die Nummer
i.S.v.
Einzelräume gekennzeichnet worden seien.
Mit weiterem Beschluss vom 24. Juli 2018 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht
abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.
Es hat ausgeführt, eine Eigentumsumschreibung könne nicht erfolgen, weil die Garage
weder im Anerkenntnisurteil noch in der Entgegennahmeurkunde UR 1299/2015 T
aufgeführt sei, so dass sich die Auflassung nicht auf das vollständige Sondereigentum
beziehe. Einer Auslegung des Tenors in dem Sinne, dass auch die Garage umfasst sei,
stehe der Bestimmtheitsgrundsatz entgegen. Das Grundbuchamt dürfe der
materiellrechtlichen Entscheidung, ob das zugunsten des Beteiligten zu 2 ausgesprochene
Vermächtnis auch die Garage umfasse, nicht vorgreifen. Gegen eine entsprechende
Auslegung spreche auch, dass die Garage erst nachträglich zum Bestandteil des
Sondereigentums erklärt worden sei und mit einer eigenen Nummer bezeichnet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundbuchakten Bezug
genommen.
II.
1.
Die gemäß
Amtsgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung
angefallen, § 75 GBO.
2.
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil das Amtsgericht nicht in Form der
Zwischenverfügung hätte entscheiden dürfen.
Die Zwischenverfügung ist schon deshalb inhaltlich unzulässig, weil der Beteiligte zu 2 in
seiner Stellungnahme zu der hier angefochtenen Zwischenverfügung ernsthaft und
endgültig zu erkennen gegeben hat, dass er nicht gewillt sei, die vom Grundbuchamt
bezeichneten Eintragungshindernisse zu beheben. Das Grundbuchamt hätte deshalb – auf
der Basis seiner eigenen Rechtsauffassung – seine Zwischenverfügung nicht
aufrechterhalten dürfen, sondern über den Antrag auf Eigentumsumschreibung
entscheiden müssen (vgl. Senat,
3.Vorsorglich sei in der Sache – ohne Bindungswirkung – bemerkt:
Der Antrag des Beteiligten zu 2 dürfte im Ergebnis Aussicht auf Erfolg haben.
Der Erwerb von Wohnungseigentum erfolgt nach den für Miteigentumsanteile an
Grundstücken geltenden Vorschriften durch Auflassung und Eintragung (
und erstreckt sich gem.
Miteigentumsanteil verbundene Sondereigentum (Pfeifer/Diehn, in: Staudinger, BGB,
Neubearbeitung 2017, § 925 Rn. 64). Der Gesetzgeber hat in § 6 WEG eine Verbindung
von Miteigentumsanteil und Sondereigentum festgelegt. Verfügungsgegenstand ist der
Miteigentumsanteil. An diesem begründete Rechte erstrecken sich auf das
Sondereigentum. Eine von diesen sachenrechtlichen Grundsätzen abweichende
Verfügung wäre absolut unwirksam (Keil, in: jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 6 WEG Rn. 1).
Über den Miteigentumsanteil getroffene Verfügungen erstrecken sich demnach kraft
Gesetzes auf das dazugehörige Sondereigentum, auch wenn es sich – wie hier – um
hinzuerworbenes Sondereigentum handelt (vgl. Keil, a.a.O., Rn. 8). Etwas anderes gilt nur
für Verfügungen innerhalb einer Wohnungseigentumsgemeinschaft, die nicht die
Entstehung isolierten Sondereigentums zur Folge haben (vgl. Keil, a.a.O., Rn. 4 ff.; OLG
München
vorliegenden Fall, dass sich die durch das Anerkenntnisurteil des Landgerichts Düsseldorf
vom 20. Mai 2015 (7 O 309/14) gem. § 6 WEG fingierte Auflassungserklärung ohne
Weiteres auch auf das Sondereigentum an der Garage erstrecken dürfte. Denn eine
Übertragung des Wohnungseigentums ohne die Garage hätte die Entstehung eines –
sachenrechtlich nicht zulässigen – isolierten Sondereigentums an der Garage zur Folge.
Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Tenor des Anerkenntnisurteils sowie das
Vermächtnis der A… entgegen der gesetzlichen Regelung im Sinne einer (unwirksamen)
isolierten Übertragung des Miteigentumsanteils auszulegen wären. Vielmehr dürfte das
Vermächtnis der A… in dem Sinne zu verstehen sein, dass der Beteiligte zu 2 die
Wohnung einschließlich der von ihr dazuerworbenen und zum Gegenstand des
Sondereigentums gemachten Garage erhalten sollte. Gründe, warum sie die Garage vom
Miteigentumsanteil hätte absondern wollen, sind nicht erkennbar. Es ist vielmehr davon
auszugehen, dass die Grundbuchbezeichnung in der testamentarischen Verfügung alle
Teile des Sondereigentums umfasste. In diesem Sinne dürfte auch der Tenor des
Anerkenntnisurteils zu verstehen sein.
Eine Kostenentscheidung durch den Senat ist nicht veranlasst, §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1
GNotKG.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:07.06.2019
Aktenzeichen:3 Wx 153/18
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
WEG
FGPrax 2019, 250-251
Normen in Titel:WEG § 6 Abs. 2; BGB §§ 872, 925; GBO § 18 Abs. 1