Registeranmeldung: Gleichwertigkeit einer im Ausland erfolgten Beglaubigung
letzte Aktualisierung: 17.7.2023
OLG Celle, Beschl. v. 28.12.2022 – 9 W 104/22
Registeranmeldung: Gleichwertigkeit einer im Ausland erfolgten Beglaubigung
1. Die öffentliche Beglaubigung einer Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister kann auch
von einer ausländischen Urkundsperson vorgenommen werden, wenn die
Beglaubigung dem entsprechenden Beurkundungsvorgang nach deutschem Recht gleichwertig
ist.
2. Die Gleichwertigkeit ist nicht deshalb zu verneinen, weil die Beglaubigungsvermerke der
ausländischen Urkundspersonen nicht erkennen lassen, auf welche Weise sich diese von der
Identität der Erklärenden überzeugt haben.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe
I.
Mit Anmeldung vom 18. Dezember 2020 (Bl. 21 f. d.A.) meldete der Alleingeschäftsführer unter
Verweis auf einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss vom 27. März 2020 und beigefügte
beglaubigte Übernahmeerklärungen der Übernehmer eine Erhöhung des Stammkapitals der
betroffenen Gesellschaft um € 4.623,- auf € 162.965,- zur Eintragung in das Handelsregister an.
Die vom verfahrensbevollmächtigten Notar der betroffenen Gesellschaft elektronisch
eingereichten Erklärungen der Inferenten sind im Ausland abgegeben und beglaubigt worden:
Die Anmeldung der Kapitalerhöhung selbst sowie die Übernahmeerklärung des finnischen
Unternehmens D. O. hat eine belgische Notarin, die Übernahmeerklärung des Übernehmers M.
L. hat ein Beamter der Stadtverwaltung der Stadt Luxemburg und die Übernahmeerklärungen
der übrigen Übernehmer haben jeweils finnische Notare beglaubigt; wegen der Einzelheiten der
jeweiligen Erklärungen und der Beglaubigungsvermerke nebst beglaubigter Übersetzungen wird
auf deren ausgedruckte Fassungen in gesonderter Heftung verwiesen.
Das Registergericht hat - nach Erledigung einer Mehrzahl vorangegangener Beanstandungen -
mit der angefochtenen Zwischenverfügung (Bl. 69 f. Bd. II d.A.) beanstandet, den
Beglaubigungsvermerken lasse sich nicht entnehmen, auf welche Weise sich die beurkundende
Person jeweils von der Identität des Erklärenden überzeugt habe; insoweit seien noch
Bestätigungen der beurkundenden Personen erforderlich, wodurch diesen die Identität der
Erklärenden offenbart worden sei. Anderenfalls fehle es an der rechtlichen Gleichwertigkeit der
im Ausland erfolgten Beglaubigungen zu entsprechenden inländischen Beglaubigungen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der betroffenen Gesellschaft vom 11. Juli 2022 (Bl. 75 f.
Bd. II d.A.), der das Registergericht mit Beschluss vom 29. November 2022 nicht abgeholfen
hat (Bl. 77 f. Bd. II d.A.).
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere frist- und formgerecht erhobene
Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1.) Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister sind gemäß
elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Die daraus folgenden Anforderungen
(vgl.
ausländische Urkundsperson erfüllt werden, wenn die von diesen vorgenommenen
Beglaubigungen dem entsprechenden Beurkundungsvorgang nach deutschem Recht gleichwertig
sind (vgl. nur KG, Beschluss vom 1. Juli 2022 - 22 W 31/22 -, juris Rn. 20 m.w.N.).
Gleichwertigkeit ist gegeben, wenn die ausländische Urkundsperson nach Vorbildung und
Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeit des deutschen Notars entsprechende Funktion ausübt
und für die Errichtung der Urkunde ein Verfahrensrecht zu beachten hat, das den tragenden
Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspricht (vgl. BGH, Beschluss vom
17. Dezember 2013 - II ZB 6/13 -, juris Rn. 14; BGH, Beschluss vom 16. Februar 1981 - II ZB
8/80 -, juris; MünchKomm/Krafka, HGB, 5. Aufl. 2021, § 12 Rn. 16).
2.) Gemessen an diesem Maßstab kann die Gleichwertigkeit der im Ausland erfolgten
Beglaubigungen im Streitfall nicht verneint werden.
a) Mit Blick auf die tätig gewordenen Urkundspersonen (finnische und belgische Notarinnen
und Notare, Beamter der Stadt Luxemburg) hat das Registergericht keine Zweifel an der
Gleichwertigkeit zu entsprechenden Beglaubigungen eines deutschen Notars geäußert. Sie
drängen sich auch dem Senat nicht auf, zumal bei bloßer Beglaubigung der Echtheit von
Unterschriften einschließlich der Identität der Unterzeichnenden keine allzu hohen
Anforderungen zu stellen sind (vgl. MünchKomm/Spellenberg, BGB, 8. Aufl. 2020, Art. 11
EGBGB Rn. 100; Staub/Koch, HGB, 5. Aufl. 2009, § 12 Rn. 76; Ebenroth/Boujong/
Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, Anh. zu § 12 Rn. 130), weshalb auch die Beglaubigung durch
einen städtischen Beamten der Stadt Luxemburg im konkreten Fall als (noch) ausreichend
anzusehen ist.
b) Soweit das Registergericht sodann aber gemeint hat, die Beglaubigungen seien nicht als
gleichwertig anzusehen, weil die Beglaubigungsvermerke nicht erkennen ließen, dass und wie
sich die Urkundspersonen von der Identität des jeweils Erklärenden überzeugt hätten, und weil
die Erklärenden nicht hinreichend individualisiert worden seien, kann dies keinen Bestand
haben.
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Registergericht zwar angenommen, dass die Erlangung
von Gewissheit über die Person des Erklärenden wesentlicher Zweck des Beglaubigungserfordernisses
ist und daher eine Identitätsprüfung desjenigen, dessen Unterschrift
beglaubigt werden soll, vorgenommen werden muss (vgl. insoweit nur MünchKomm/Krafka,
a.a.O., § 12 Rn. 14).
bb) Zu Unrecht ist das Registergericht aber davon ausgegangen, dass die Gleichwertigkeit im
Streitfall deshalb zu verneinen sei, weil die Beglaubigungsvermerke der ausländischen
Urkundspersonen nicht erkennen ließen, auf welche Weise sich diese von der Identität der
Erklärenden überzeugt hätten. Denn die bloße Abweichung in der Fassung des
Beglaubigungsvermerks gegenüber dessen Gestaltung in Deutschland ist unschädlich (vgl. unter
ausdrücklicher Bezugnahme auf u.a. das belgische Notariat Staudinger/Hertel, BGB,
Neubearbeitung 2017, § 129 Rn. 158a; ebenso Hausmann/Odersky/Schäuble, Internationales
Privatrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 4. Aufl. 2021, § 16 Rn. 123). Dass die
Urkundspersonen bei Vornahme der Beglaubigung die jeweils für sie geltende Form, die sich
nach dem Recht des Staates richtet, in dem die Beglaubigung vorgenommen wurde, nicht
eingehalten hätten, kann nicht angenommen werden: Vielmehr spricht ein Erfahrungssatz des
internationalen Rechtsverkehrs dafür, dass öffentliche Behörden und Notare die für sie
maßgebenden Zuständigkeits- und Formvorschriften beachten, sofern nur die (hier jeweils nicht
angezweifelte) Echtheit der ausländischen öffentlichen Urkunde feststeht und keine gewichtigen
Anhaltspunkte für ihre fehlerhafte oder kompetenzwidrige Errichtung vorliegen (vgl. OLG
Zweibrücken, Beschluss vom 22. Januar 1999 - 3 W 246/98 -, juris Rn. 4; BeckOGK/Scheller,
BGB Stand: 1. Februar 2022, § 129 Rn. 32). Dafür, diesen Erfahrungssatz nicht zur Anwendung
zu bringen, besteht, da konkrete, für eine fehlerhafte oder kompetenzwidrige Vornahme der hier
in Rede stehenden Beglaubigungen sprechende Umstände nicht ersichtlich sind, im Streitfall
kein Anlass.
cc) Anderes folgt schließlich auch nicht aus dem vom Registergericht angeführten Umstand,
dass die Beglaubigungsvermerke jeweils - ohne weitere individualisierende Merkmale - nur die
Namen der jeweiligen Erklärenden wiedergeben. Denn dies wird regelmäßig dann als
unschädlich angesehen, wenn sich die Personalien des Unterzeichnenden aus dem darüber
stehenden Text oder anderweitig einwandfrei feststellen lassen (vgl. Hausmann/Odersky/
Schäuble, a.a.O.; Staudinger/Hertel, a.a.O.). So liegt der Fall hier, weil sich die Erklärenden
entweder über die von ihnen ausgeübte Funktion als vertretungsberechtigtes Organ einer
(ausländischen) Gesellschaft (für die sich das Registergericht jeweils eine
Vertretungsbescheinigung hat vorlegen lassen) oder, soweit es sich um Privatpersonen handelt,
durch die Angabe ihres jeweiligen Wohnortes in den Übernahmeerklärungen und die weiteren
personenbezogenen Angaben in der mit der Anmeldung der Kapitalerhöhung vorgelegten
neuen Gesellschafterliste (noch) hinreichend individualisieren lassen.
dd) Anderes folgt schließlich auch nicht aus dem Umstand der Strafbewehrung der Anmeldung
des Geschäftsführers der betroffenen Gesellschaft gemäß
insoweit für den Fall der Bestellung eines Liquidators und die Strafvorschrift des § 82 Abs. 1
Nr. 5 GmbHG KG, Beschluss vom 1. Juli 2022 - 22 W 31/22 -, juris Rn. 20). Denn nach den
vorstehenden Ausführungen ist im Streitfall von einer hinreichenden Identifizierung der
Erklärenden und deren ausreichender Individualisierung auszugehen, während eben dies im den
Gegenstand der vorgenannten Entscheidung bildenden Fall nicht angenommen werden konnte.
3.) Eine Kostenentscheidung ist derzeit nicht veranlasst.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Celle
Erscheinungsdatum:28.12.2022
Aktenzeichen:9 W 104/22
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Beurkundungsverfahren
GmbH
HGB § 12; BGB § 129; BeurkG § 40