Auslegung einer Pflichtteilsstrafklausel
Ausgestaltung hinsichtlich der vorgenommenen Bruchteilsübertragungen dahinstehen kann.
3. Auf diese infolge rechtsgeschäftlichen Erwerbs der Erbanteile – bzw. Teilen von diesen – entstandene Gesamthandsgemeinschaft ist die eingangs dargestellte Rechtsprechung
zur rechtlichen Zulässigkeit der Fortführung eines ererbten
einzelkaufmännischen Unternehmens durch die Miterben in
ungeteilter Erbengemeinschaft auch nicht entsprechend anwendbar. Denn der wesentliche Grund für die Bejahung ihrer
Zulässigkeit liegt in dem Umstand, daß das Unternehmen auf
die mehreren Erben kraft Gesetzes – ohne ihr eigenes Zutun –
übergeht und seine Fortführung durch die Erbengemeinschaft
im Rahmen der Verwaltung des Nachlasses ohne zeitliche
Begrenzung gesetzlich vorgesehen ist, wobei ein gesetzlicher
Zwang zur Vereinbarung einer der im Handelsrecht vorgesehenen Gesellschaftsformen nicht besteht. Dieser Grund
trifft auf rechtsgeschäftliche Erwerber von Miterbenanteilen
nicht zu. Ihr Erwerb beruht auf ihrem eigenen Willensentschluß. Es ist ihnen daher zuzumuten, die ihnen gegebene
privatautonome Gestaltungsfreiheit durch Wahl einer Gesellschaftsform zu betätigen (vgl. dazu a. MünchKomm-HGB/
Lieb, §27 Rdnr. 71, 95 f.).
Dies gilt auch dann, wenn der Erwerb der Erbanteile in vorweggenommener Erbfolge erfolgen soll, da auch dieser auf
Rechtsgeschäft beruht. Daher kann vorliegend auch dahingestellt bleiben, ob die Annahme der Beteiligten, es handele
sich bei den Beteiligten zu 3. bis 7. um die berufenen Nacherben, im Hinblick auf den Inhalt des Testamentes des Erblassers, wonach das Vermögen im Falle des Versterbens eines
seiner Söhne ohne leibliche Abkömmlinge auf den überlebenden Sohn übergeht, zutrifft.
Nach alledem ist die angemeldete Fortführung des Handelsgeschäfts durch die Beteiligten zu 3. bis 7. in der Rechtsform
der ungeteilten Erbengemeinschaft rechtlich nicht möglich.
Die Zurückweisung der Anmeldung vom 19.9.1996 ist damit
mit Recht erfolgt.
14.
Zur Auslegung einer Pflichtteilsstrafklausel, wonach die
Berufung der Abkömmlinge des Erstversterbenden zu
Schlußerben des Längerlebenden davon abhängt, daß die
Abkömmlinge ihren Pflichtteil nach dem Erstverstorbenen nicht „geltend gemacht und erhalten“ haben, wenn
die Abkömmlinge des Erstversterbenden nach dessen Tod
den Pflichtteil zwar verlangt haben, dieser aber bis zum
Tod des Letztversterbenden nicht ausgezahlt wurde.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Zweibrücken, Beschluß vom 30.10.1998 – 3 W 116/98
Aus dem Tatbestand:
Die Beteiligten zu 1 und 2) sind die einzigen Kinder der Erblasserin.
Sie sind aus deren erster Ehe hervorgegangen. In zweiter Ehe war die
Erblasserin mit dem vorverstorbenen B. verheiratet, für den es sich
ebenfalls um die zweite Ehe handelte. Seine einzigen Kinder sind die
Beteiligten zu 3 bis 5), die seiner ersten Ehe entstammen.
Die Erblasserin und B. hatten am 19.12.1989 einen notariellen Erbvertrag geschlossen und darin u.a. folgendes bestimmt:
„(I)
1. Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu Alleinerben ein, ohne
Rücksicht darauf ob und welche pflichtteilsberechtigte Personen vorhanden sind.
…
3. Der Überlebende von uns beruft hiermit die Abkömmlinge
der Ehefrau aus deren erster Ehe sowie die Abkömmlinge des
Ehemannes aus dessen erster Ehe als Berechtigte zu gleichen
Teilen zu seinen Erben.
…
4. …
Sollte ein Abkömmling beim Tode des Zuerstversterbenden
von uns seinen Pflichtteil geltend machen und erhalten, so
scheidet er für sich und seine Rechtsnachfolger als Erbe des
Überlebenden von uns aus.
…
(III)
Zur Klarstellung der Regelung in Ziffer 1.3 wird folgendes nachgetragen:
Zu Schlußerben sind die Kinder des Ehemannes und der Ehefrau
zu gleichen Teilen, d.h. zu je einem Fünftel berufen.
…“
Nachdem die Erblasserin das Erbe nach ihrem verstorbenen Ehemann angetreten hatte, verlangten die Beteiligten zu 3 bis 5) jeweils
den Pflichtteil nach ihrem Vater. Zu diesem Zweck machte der Beteiligte zu 5) vor dem Landgericht Zweibrücken einen Zivilprozess
rechtshängig. Die Beteiligten zu 3) und 4) beschränkten sich auf eine
außergerichtliche Geltendmachung. Zahlungen auf seinen Pflichtteil
hat bislang keiner der Beteiligten zu 3 bis 5) erhalten.
Die Beteiligten zu 3 bis 5) haben die Erteilung eines Erbscheines beantragt, nach dem sie die Erblasserin zusammen mit den Beteiligten
zu 1 und 2) jeweils zu 1/5 beerbt haben. Dem sind die Beteiligten zu
1 und 2) entgegengetreten und haben die Stellung eines Erbscheinsantrages in Aussicht gestellt, nach dem allein sie zu je 1/2 Erben ihrer
Mutter geworden seien.
Der Nachlaßrichter hat einen Vorbescheid erlassen, mit dem er die
Erteilung eines Erbscheins entsprechend dem Antrag der Beteiligten
zu 3 bis 5) angekündigt hat. Die dagegen gerichtete Beschwerde der
Beteiligten zu 1 und 2) hat das Landgericht zurückgewiesen. Unter
dem 4.5.1998 hat das Nachlaßgericht den angekündigten Erbschein
erteilt.
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß
des Landgerichts, mit der sie die Einziehung des Erbscheins begehrt
hatte, war erfolgreich.
Aus den Gründen:
1. (…)
2. a) Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist aus § 2306
BGB gegen ein Eingreifen der in Ziffer 1.4 des Erbvertrages
vom 19.12.1989 enthaltenen Pflichtteilsklausel nichts herzuleiten. Nur dann, wenn ein Pflichtteilsberechtigter als Nacherbe eingesetzt ist und das ihm zugewandte Nacherbenrecht in
seiner Größe den gesetzlichen Erbteil übersteigt, hängt die
Geltendmachung des Pflichtteils gemäß § 2306 Abs. 2 i.V.m.
Edenhofer a.a.O. 2306 Rdnr. 16;
jeweils m.w.N.). Im hier zu entscheidenden Falle sind keine
Tatsachen festgestellt oder sonst ersichtlich, die eine Auslegung des Erbvertrages vom 19.12.1989 rechtfertigen könnten,
nach der die Beteiligten zu 3 bis 5) für den Nachlaß ihres erstverstorbenen Vaters zu Nacherben berufen sind. Sowohl nach
der ausdrücklichen Klarstellung in Ziffer III des Erbvertrages
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als auch nach der Auslegungsregel in §§ 2280, 2269 Abs. 1
BGB ist vielmehr davon auszugehen, daß die Beteiligten zu 3
bis 5) lediglich zu Schlußerben des zuletzt verstorbenen Ehegatten, hier also der Erblasserin eingesetzt werden sollten.
Dann aber gab es für die Beteiligten zu 3 bis 5) nichts auszuschlagen. Sie waren nach dem Tode ihres Vaters enterbt und
konnten aus dessen Nachlass ohne weiteres ihren Pflichtteil
fordern (vgl. nur etwa Palandt/Edenhofer a.a.O. § 2269
Rdnr. 12; MüKo zum BGB/Frank, 3. Aufl. § 2306 Rdnr. 5).
b) Soweit das Landgericht die Auslegungsfähigkeit des notariellen Erbvertrages vom 19.12.1989 in jeder Hinsicht verneint hat, ist dies ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern. Bei
der Frage, ob eine letztwillige Verfügung der Auslegung fähig
und bedürftig ist, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die
vom Gericht der weiteren Beschwerde nachzuprüfen ist und
deren Verkennung eine Gesetzesverletzung i.S.v. §§ 27 Abs. 1
FGG, 550 ZPO begründet (BayObLG
m.w.N.). Im hier vorliegenden Fall hat das Landgericht dem
Erbvertrag die Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit teilweise vorschnell und damit zu Unrecht abgesprochen.
aa) Im Einklang mit den Vorinstanzen sieht der Senat allerdings keinen Anlaß, den Erbvertrag für den hier vorliegenden
Fall, in dem der Pflichtteil zwar geltend gemacht, aber bis
zum Tode des letztversterbenden Ehegatten nicht ausgezahlt
worden ist, in einem so weitgehenden Sinne auszulegen, daß
bereits die alleinige Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs
zur Verwirkung führt.
Ein solches Verständnis der Pflichtteilsklausel kann auch
nicht im Wege der ergänzenden Auslegung des Erbvertrages
vom 19.12.1989 gewonnen werden; denn dafür fehlen die
Voraussetzungen. Zwar mag es sein, daß die Parteien des Erbvertrages die Auswirkungen der Pflichtteilsklausel für die hier
eingetretene Fallkonstellation nicht in allen Punkten bedacht
hatten. Daraus folgt aber noch nicht, daß unter den gegebenen
Umständen der Eintritt der Verwirkung bereits für den Fall
des bloßen Pflichtteilsverlangens gewollt gewesen sein
könnte. Für einen solchen hypothetischen Willen der Vertragsparteien müßte der Wortlaut der Erbvertragsurkunde zumindest geringe oder unvollkommene Anhaltspunkte enthalten (vgl. dazu etwa BayObLG
der Fall. Wie die Vorinstanzen in diesem Punkte zutreffend
ausgeführt haben, ist der Wortlaut insoweit klar und eindeutig,
als er die Verwirkung der Schlußerbenstellung in jedem Falle
vom Erhalt des Pflichtteils nach dem Erstversterbenden abhängig macht.
bb) Allein aus dem Wortlaut der Pflichtteilsklausel kann
andererseits aber auch nur entnommen werden, daß derzeit
(noch) keine Verwirkung eingetreten ist, weil die geltend gemachten Pflichtteilsansprüche (noch) nicht zur Auszahlung
gelangt sind. Daraus folgt nicht ohne weiteres, daß auch für
die Zukunft keine Verwirkung mehr eintreten kann und nunmehr die Beteiligten zu 3 bis 5) neben den Beteiligten zu 1
und 2) endgültig zu Schlußerben berufen sind. Dies hat das
Landgericht bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen und sich dadurch den Blick dafür verstellt, daß sich der
Erbvertrag in einer anderen Richtung als auslegungsbedürftig
erweist.
(1) Mit einer Pflichtteilsklausel, wie sie in Ziffer 1.4 des
Erbvertrages vom 19.12.1989 enthalten ist, wird die Schlußerbeneinsetzung der Abkömmlinge des erstversterbenden
Ehegatten an eine auflösende Bedingung i.S.v.
MittBayNot 1999 Heft 3
geknüpft, die mit der Zuwiderhandlung gegen die Klausel
eintritt (vgl.
1997, 232, 234; Palandt/Edenhofer a.a.O. § 2269 Rdnr. 13,
jew. m.w.N.). Dabei ist anerkannt, daß der Eintritt der Bedingung noch nach dem Tode des letztversterbenden Ehegatten
herbeigeführt werden kann (vgl. dazu etwa OLG Stuttgart
Lübbert
Abkömmlinge des Erstversterbenden bis zum Eintritt der Bedingung mit den ihnen auf den Tod des zweitversterbenden
Ehegatten zugewendeten Schlußerbteilen Vorerben, während
die übrigen Schlußerben insoweit zu Nacherben berufen sind
(OLG Stuttgart a.a.O;
Edenhofer a.a.O. § 2074 Rdnr. 10 und § 2075 Rdnr. 3; MüKo
zum BGB/Leipold, 3. Aufl. § 2074 Rdnr. 9 und 30; Soergel/
Loritz, BGB 12. Aufl. § 2075 Rdnr. 21).
(2) Nach dem Wortlaut des Erbvertrages vom 19.12.1989 ist
auch vorliegend ein Eintreten der Bedingung, unter der die
Verwirkung der Schlußerbeneinsetzung der Beteiligten zu 3
bis 5) stattfinden soll, noch möglich. Die Beteiligten zu 3 bis
5) haben nach den vom Landgericht getroffenen und von keiner Seite angegriffenen Feststellungen bereits zu Lebzeiten
der Erblasserin den Pflichtteil gefordert; der Beteiligte zu 5)
hat seinen Anspruch sogar eingeklagt. Dem Wortlaut des Erbvertrages zufolge hängt der Eintritt der Verwirkung somit nur
noch davon ab, daß der bereits mit dem Tode des Vaters der
Beteiligten zu 3 bis 5) entstandene (
Pflichtteilsanspruch durch die Beteiligten zu 1 und 2) als Miterben nach der Erblasserin erfüllt wird (
Erblasserin berufen; Nacherben wären insoweit die Beteiligten zu 1 und 2). Der den Beteiligten zu 3 bis 5) erteilte unbeschränkte Erbschein wäre unrichtig, weil er die gemäß § 2363
BGB erforderlichen Angaben über die mit der Vorerbschaft
verbundenen Beschränkungen nicht enthält und müßte deshalb eingezogen werden (vgl. dazu etwa Firsching/Graf,
Nachlaßrecht 7. Aufl. Rdnr. 1.309; Palandt/Edenhofer a.a.O.
Einf. vor § 2100 Rdnr. 17 und § 2363 Rdnr. 8; MüKo zum
BGB/Promberger a.a.O. § 2361 Rdnr. 3 und § 2363 Rdnr. 9,
jeweils m.w.N.).
cc) Eine andere Betrachtungsweise, von der möglicherweise
das Nachlassgericht ausgegangen ist, kann dann veranlaßt
sein, wenn mit der Pflichtteilsklausel in Ziffer 1.4 des Erbvertrages eine Verwirkung der Schlußerbeneinsetzung nur für
den Fall angeordnet werden sollte, daß ein geltend gemachter
Pflichtteil spätestens bis zum Tode des Letztversterbendenausgezahlt ist. Gerade dazu bedürfte es aber einer Auslegung
des Erbvertrages, deren Möglichkeit das Landgericht verneint
hat. Eine solche Auslegung führt zwar zu Zufälligkeiten,
wenn wie vorliegend die vertragsschließenden Eheleute relativ kurz hintereinander versterben (vgl. dazu Lübbert a.a.O.
S. 2713). Gleichwohl erscheint sie aber nicht von vorn herein
ausgeschlossen. Sie kann dann in Betracht kommen, wenn die
Vertragspartner des Erbvertrages mit der Pflichtteilsklausel
letztlich nur Sorge dafür tragen wollten, daß der Längerlebenden von ihnen der Nachlaß bis zum zweiten Erbfall ungeschmälert zur Verfügung steht (vgl. dazu v. Olshausen DNotZ
1979, 707, 719 f.). Dazu bedarf es allerdings näherer Feststellungen zum Erblasserwillen, die in den Vorinstanzen bislang
nicht getroffen worden sind.
dd) Denkbar wäre es schließlich auch, die Pflichtteilsklausel
dahin auszulegen, daß ein Verwirkungseintritt zwar grundsätzlich auch nach dem Tode des Längstlebenden möglich ist,
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den Abkömmlingen des Erstversterbenden aber bis zur
tatsächlichen Auszahlung des Pflichtteils die Möglichkeit verbleiben soll, einseitig von der Geltendmachung des Pflichtteils Abstand zu nehmen. Die Annahme eines solchen Wegfalls der Sanktionswirkung einer Pflichtteilsklausel, die das
Nachlaßgericht in erster Instanz wohl ebenfalls in Erwägung
gezogen hatte, kann dann gerechtfertigt sein, wenn weder das
Vermögen, über das der überlebende Ehepartner zu seinen
Lebzeiten verfügt hat noch der Nachlaß, der den Schlußerben
zufließt, gemindert wird (vgl. dazu Lübbert a.a.O. S. 713).
Auch insoweit bedarf es aber näherer Feststellungen zur Zielrichtung der Pflichtteilsklausel nach dem Willen der Parteien
des Erbvertrages. Gegebenenfalls wird zu berücksichtigen
sein, daß die Beteiligten zu 3 bis 5) in ihrem Schriftsatz vom
19.8.1997 erklärt haben, aus ihrem Erbscheinsantrag ergebe
sich, daß sie keinen Pflichtteil mehr geltend machen. Hinsichtlich des Beteiligten zu 5) muß dabei aber auch im Hinblick auf
werden deshalb Feststellungen dazu zu treffen sein, ob das
Verhalten des Beteiligten zu 5) im Zivilprozeß mit seinen
Erklärungen im Nachlaßverfahren im Einklang steht.
3. Die angefochtene Entscheidung beruht darauf, daß das
Landgericht die Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit des
Erbvertrages verkannt hat. Auf der Grundlage des bisherigen
Verfahrensstandes ist es nicht auszuschließen, daß der erteilte
Erbschein wieder eingezogen werden muß. Andererseits ist
die Sache aber auch nicht zur Endentscheidung reif, so daß
das Nachlaßgericht nicht schon auf der Grundlage der bisher
getroffenen Feststellungen zur Einziehung des Erbscheins angewiesen werden kann.
Ein Erbschein ist dann unrichtig i.S.v.
wenn die Voraussetzungen für seine Erteilung bereits ursprünglich nicht gegeben waren oder nachträglich entfallen
sind. Die Einziehung muß angeordnet werden, wenn die zur
Begründung des Erbscheinsantrages notwendigen Tatsachen
nicht mehr als festgestellt zu erachten sind, weil die gemäß
von dem bezeugten Erbrecht über einen bloßen Zweifel hinaus erschüttert ist. Ob dies der Fall ist, kann aber erst nach
vollständiger Aufklärung des Sachverhalts und abschließender Würdigung des dabei gewonnenen Ergebnisses beurteilt
werden (
OLG Stuttgart BwNotZ 1986, 36; Senatsbeschluß vom
4.7.1995 – 3 W 76/95; Müko zum BGB/Promberger a.a.O.
§ 2361 vom 4. Rdnr. 20 f.; Staudinger/Firsching, BGB
13. Aufl. § 2361 Rdnr. 15, jeweils m.w.N.).
4. Der angefochtene Beschluß ist nach alledem aufzuheben.
Im Hinblick darauf, daß beide Vorinstanzen bislang keine
Ermittlungen zu dem mit der Pflichtteilsklausel verfolgten
Willen der Vertragsparteien des Erbvertrages vom 19.12.1989
getroffen haben, macht der Senat dabei von der Möglichkeit
Gebrauch, die Sache an das Nachlaßgericht zurückzuverweisen (vgl. dazu Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O. § 27 Rdnr. 66 c
m.w.N.), das gemäß
eine etwaige Einziehung des Erbscheins funktionell zuständig
wäre.
Hinweis der Schriftleitung:
Vgl. hierzu auch den Beitrag von Dr. J. Mayer, in diesem
Heft S. 265 ff.
15. BGB § 2079 S. 1 und 2 (Anfechtung eines Testaments
wegen Übergehung von Pflichtteilsberechtigten)
1. Ein Pflichtteilsberechtigter ist nicht übergangen worden, wenn der Erblasser ihn mit einem Vermächtnis
bedacht hat in dem Bewußtsein, daß die Pflichtteilsberechtigung des Bedachten binnen kurzem eintreten
werde.
2. Eine Anfechtung nach
dann nicht zur Gesamtnichtigkeit der letztwilligen
Verfügung, wenn ein hypothetischer Erblasserwille
dahingehend festzustellen ist, daß der übergangene
Pflichtteilsberechtigte seinen gesetzlichen Erbteil
erhält und es bei den letztwilligen Verfügungen im
übrigen verbleibt.
OLG Düsseldorf, Beschluß vom 11.5.1998 – 3 Wx 89/98 –,
mitgeteilt von Johannes Schütz, Richter am OLG Düsseldorf
Aus dem Tatbestand:
Die Beteiligte zu 1 ist die zweite Ehefrau des Erblassers. Der Beteiligte zu 2 ist das aus dieser Ehe hervorgegangene Kind. Die Beteiligten zu 3 und 4 sind die Kinder des Erblassers aus seiner geschiedenen
ersten Ehe.
Der Erblasser errichtete am 22.11.1983 ein notarielles Testament.
Darin setzte er die Beteiligten zu 3 und 4 als seine Erben zu gleichen
Teilen ein. Weiter heißt es in der Urkunde:
„Für den Fall, daß ich bei Eintritt des Erbfalles wieder verheiratet
sein sollte, setze ich meiner Ehefrau folgendes Vermächtnis aus:
a) Meiner Ehefrau vermache ich die Grundbesitzung … eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts O.
b) Meine Ehefrau erhält bei Eintritt des Erbfalles fünf Jahre mietfreies Wohnen im Hause … und zwar hinsichtlich der Wohnung,
die ich jetzt innehabe.
Sollte meine Ehefrau nach Ablauf dieser fünf Jahre die Wohnung
weiterbenutzen wolIen, ist sie verpflichtet, die ortsübliche Miete
an meine Erben zu zahlen.
c) Meine Ehefrau erhält die gesamte Wohnungseinrichtung, so,
wie sie sich im Zeitpunkt des Erbfalles befindet.
d) Meine Ehefrau erhält 33 1/3% der bei Eintritt des Erbfalles vorhandenen privaten Bankguthaben und Barvermögen.“
Ebenfalls am 22.11.1983 schloß der Erblasser mit der Beteiligten zu
1 einen notariellen Güter- und Eherechtsvertrag, in dem unter anderem vereinbart wurde:
„Wir sind miteinander verlobt und beabsichtigen, die Ehe miteinander einzugehen …
Für unsere künftige Ehe schließen wir hiermit den gesetzlichen
Güterstand der Zugewinngemeinschaft aus und vereinbaren Gütertrennung.
Desweiteren schließen wir für unsere künftige Ehe den Versorgungsausgleich aus.“
Am 25.11.1983 heirateten der Erblasser und die Beteiligte zu 1. Der
Beteiligte zu 2 wurde am 7.5.1988 geboren. Im Juli 1996 verstarb der
Erblasser.
Am 18.10.1996 erklärte die Beteiligte zu 1 die Anfechtung des Testaments gemäß
zu 2, vertreten durch seinen Ergänzungspfleger, das Testament nach
Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,
einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligten zu 1 bis 4 als
gesetzliche Erben zu je 1/4 ausweist.
Das Amtsgericht hat angekündigt, einen Erbschein zu erteilen, der
die Beteiligten zu 2, 3 und 4 als Erben zu je 1/3-Anteil ausweist. Dabei
ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß die Anfechtung des
Beteiligten zu 2 wirksam, die Anfechtung der Beteiligten zu 1 hingegen unwirksam ist.
MittBayNot 1999 Heft 3
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Zweibrücken
Erscheinungsdatum:29.10.1998
Aktenzeichen:3 W 116/98
Erschienen in:
MittBayNot 1999, 294-296
FGPrax 1999, 62-63
NJW-RR 1999, 374-376
ZEV 1999, 108-110
ZEV 1999, 187
BGB §§ 133, 157, 2075, 2269 Abs. 1, 2280, 2303