Unbeschränkte Vollmacht im Außenverhältnis; Missbrauch der Vertretungsmacht; Prüfungskompetenz des Grundbuchamts
letzte Aktualisierung: 27.07.2020
OLG Köln, Beschl. v. 18.5.2020 – 2 Wx 61/20
BGB § 167; GBO §§ 19, 29
Unbeschränkte Vollmacht im Außenverhältnis; Missbrauch der Vertretungsmacht;
Prüfungskompetenz des Grundbuchamts
1. Bei einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vorsorgevollmacht darf das Grundbuchamt eine
Grundbucheintragung nur dann ausnahmsweise ablehnen, wenn es sichere Kenntnis von einem
Missbrauch der Vollmacht im Innenverhältnis hat (hier: Beschränkung auf den Vorsorgefall im
Innenverhältnis).
2. Sichere Kenntnis von einem Missbrauch besteht nur dann, wenn für das Grundbuchamt aufgrund
von vorgelegten Urkunden oder freier Beweiswürdigung die dem Missbrauch zugrunde liegenden
Tatsachen (hier: Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers) zur vollen Überzeugung feststehen.
3. Die nach Eingang eines Eintragungsantrags beim Grundbuchamt erlangte Kenntnis vom Widerruf
der Vorsorgevollmacht durch den Vollmachtgeber hindert die Grundbucheintragung nicht.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1), die Mutter der Beteiligten zu 2), ist Eigentümerin des im Rubrum näher
bezeichneten Grundbesitzes.
Mit Schriftsatz vom 7. November 2019 – beim Grundbuchamt am 8. November 2019
eingegangen - hat der Notar eine beglaubigte Abschrift eines notariell beurkundeten
Übertragungsvertrages vom 7. November 2019 (UR-Nr. x1/2019 M des Notars A in B)
eingereicht und die Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligte zu 2) sowie die
Eintragung eines Wohnungs- sowie Nießbrauchrechts für die Beteiligte zu 1) beantragt. In
der eingereichten Urkunde überträgt die Beteiligte zu 1), vertreten durch die Beteiligte zu
2), den im Rubrum bezeichneten Grundbesitz auf sich im Wege der vorweg genommenen
Erbfolge. Zudem behält sich die Beteiligte zu 1), vertreten durch die Beteiligte zu 2), ein
Wohnungsrecht sowie ein Nießbrauchrecht an dem streitbefangenen Grundstück vor. Der
notariellen Urkunde ist eine Kopie der Ausfertigung einer von der Beteiligten zu 1) ihrem
Ehemann sowie der Beteiligten zu 2) erteilten notariellen Vollmacht vom 22. März 2012
(UR.-Nr. x2/2012 des Notars C in D) beigefügt, in der es u.a. heißt:
„I.
Ich erteile hiermit meinem Ehemann ….
GENERALVOLLMACHT
Der Bevollmächtigte ist dementsprechend befugt, mich in allen persönlichen und
vermögensrechtlichen Angelegenheiten, soweit dies gesetzlich zulässig ist, gerichtlich und
außergerichtlich zu vertreten.
Diese Vollmacht soll als allgemeine Vorsorgevollmacht auch dann fortgelten, wenn ich –
gleich aus welchen Gründen – nicht mehr imstande bin, eigene Entscheidungen zu treffen.
……
Der Bevollmächtigte ist befugt, Rechtsgeschäfte mit sich im eigenen Namen und als
Vertreter Dritter vorzunehmen; er ist also von den Beschränkungen des
Soweit sie sich auf vermögensrechtliche Angelegenheiten bezieht, kann diese Vollmacht
für einzelne von dem Bevollmächtigten zu bestimmende Rechtsgeschäfte auf Dritte
übertragen werden. In persönlichen Angelegenheiten ist die Vollmacht dagegen nicht
übertragbar.
Diese Vollmacht soll durch meinen Tod nicht erlöschen.
Die gleiche Vollmacht erteile ich meiner Tochter …. [= die Beteiligte zu 2)]
Meine Tochter …. soll von dieser Vollmacht jedoch nur Gebrauch machen, wenn mein
Ehemann …. verstorben oder aus sonstigen Gründen dauerhaft oder vorrübergehend
nicht in der Lage ist, die Vollmacht auszuüben. Die Verhinderung meines Ehemannes …
ist Dritten gegenüber nicht nachzuweisen. Im übrigen gelten die nachfolgend unter III. 1)
im Innenverhältnis getroffenen Anweisungen auch für die Ersatzbevollmächtigte.
….
II.
Patientenverfügung
….
III.
Schlussbestimmungen
1) Anweisungen im Innenverhältnis
Die Bevollmächtigten werden angewiesen, von der Vollmacht in persönlichen
Angelegenheiten erst dann Gebrauch zu machen, wenn der Vorsorgefall
(Geschäftsunfähigkeit, Betreuungsbedürftigkeit) eingetreten ist. Gleiches gilt grundsätzlich
für die Verwendung der Vollmacht in vermögensrechtlichen Angelegenheiten; unabhängig
vom Eintritt des Vorsorgefalls darf jeder Bevollmächtigte aber auch schon dann aufgrund
der Vollmacht in vermögensrechtlichen Angelegenheiten für mich handeln, wenn er von
mir entsprechend beauftragt worden ist. Die vorstehenden Anweisungen berühren nur das
Auftragsverhältnis zwischen mir und dem Bevollmächtigten; sie haben daher keinen
Einfluss auf die Gültigkeit und Wirkung der Vollmacht nach außen gegenüber Dritten.
…..“
Mit Schreiben vom 15. November 2019, beim Grundbuchamt am 18. November 2019
eingegangen, haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) der Eintragung
widersprochen. Sie haben sich auf den fehlenden Eintritt des Vorsorgefalls sowie einen
Missbrauch der Vollmacht durch die Beteiligte zu 2) berufen, da die Beteiligte zu 1) voll
geschäftsfähig sei. Zudem habe die Beteiligte zu 1) die Vollmacht gegenüber der
Beteiligten zu 2) am 8. November 2019 widerrufen. Mit weiterem Schriftsatz ihrer
Verfahrensbevollmächtigten vom 28. November 2019 hat die Beteiligte zu 1) ein Schreiben
vom 7. November 2019, indem sie die erteilte Generalvollmacht widerruft, sowie ein
ärztliches Attest eines Facharztes für innere Medizin vom 7. November 2019 zu den Akten
gereicht. In dem Attest heißt es u.a.: „Zu Person, Ort und Zeit voll orientiert, Fr. …. [=
Beteiligte zu 1)] ist vollauf geschäftsfähig.
Die Beteiligte zu 2) hat sich mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 18.
Dezember 2019 darauf berufen, die Bedingung für ihre Bevollmächtigung sei eingetreten.
Der Ehemann der Beteiligten zu 1) sei am 13. November 2013 verstorben. Die Beteiligte
zu 1) sei dement und nicht in der Lage, ihre eigenen persönlichen und wirtschaftlichen
Interessen wahrzunehmen. Sie lasse sich von außenstehenden Dritten kritiklos
beeinflussen. Zudem habe die Beteiligte zu 1) sie, die Beteiligte zu 2), ausdrücklich mit
einer Eigentumsübertragung beauftragt. Die Umschreibung des Eigentums liege im
Interesse der Beteiligten zu 1), da eine Sekte bzw. sektenähnliche Vereinigung versuche,
sich ihres Vermögens zu bemächtigen.
Mit Beschluss vom 11. Februar 2020 hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag vom
7. November 2019 mit der Begründung zurückgewiesen, es liege eine im Außenverhältnis
unbeschränkte Vollmacht vor. Die beantragte Eintragung scheide indes deshalb aus, weil
sichere Kenntnis vom Missbrauch der Vollmacht aufgrund eines Verstoßes im
Innenverhältnis bestehenden Beschränkungen vorliege. Bezüglich der weiteren
Einzelheiten der Begründung des Grundbuchamtes wird auf den Inhalt des Beschlusses
vom 11. Februar 2019 Bezug genommen. Hiergegen hat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz
ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 19. Februar 2020 beim Oberlandesgericht
Beschwerde mit dem sinngemäßen Antrag eingelegt,
den Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 11. Februar 2020 (RG-x-15) aufzuheben
und
das Grundbuchamt anzuweisen, den Eintragungsantrag vom 7. November 2019 auf
Umschreibung des Eigentums und Eintragung eines Wohnungs- sowie Nießbrauchrechts
zu vollziehen.
II.
Die gem.
Beteiligten zu 2) hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der Entscheidung des
Grundbuchamtes.
1.
Vorab ist das Grundbuchamt – auch für künftige Verfahren - erneut darauf hinzuweisen,
dass in der Regel nicht der Notar, wie in dem Beschluss des Amtsgericht ausgeführt wird,
sondern die Urkundsbeteiligten Antragsteller sind. Dem Notar steht hinsichtlich der
Vollziehung einer Urkunde weder ein eigenes Antragsrecht zu, noch ist er Beteiligter des
Grundbuchverfahrens.
2.
Das Grundbuchamt hat die Eintragungsanträge zu Unrecht zurückgewiesen.
a)
Bei der Auflassung eines Grundstücks hat das Grundbuchamt vor der Eintragung eines
Eigentumswechsels gem. § 20 GBO zu prüfen, ob die erforderliche Einigung der
Beteiligten erklärt und in der grundbuchmäßigen Form des
öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen ist, wie es nach
materiellem Recht erforderlich ist, um die Rechtsänderung herbeizuführen (Senat, FGPrax
2007, 102; vgl. auch BayObLG,
Demharter, GBO, 31. Auflage 2018, § 20 Rn. 38). Wird die Erklärung über die Einigung für
den Eigentümer des Grundstücks – wie hier – durch einen Vertreter abgegeben, muss das
Grundbuchamt und im Beschwerdeverfahren der an seiner Stelle tretende Senat die
Erteilung der Vollmacht und den Umfang der Vertretungsmacht (§§ 164 Abs. 1, 167 Abs. 1
BGB) als Eintragungsvoraussetzung selbstständig prüfen, ohne an die Auffassung des
beurkundenden Notars gebunden zu sein (vgl. nur BGH,
Grundbuchrecht, 8. Auflage 2019, § 19 GBO Rn. 162). In einem solchen Fall bedürfen
deshalb auch das Bestehen und die Wirksamkeit der Vollmacht des Nachweises in der
Form des § 29 GBO (vgl.
Vollmacht unter einer Bedingung erteilt worden, muss zudem der Eintritt der Bedingung,
von der nach dieser Erklärung die Vertretungsmacht abhängt, dem Grundbuchamt in der
Form des § 29 GBO nachgewiesen werden (Senat,
b)
Der Senat teilt die Auffassung des Grundbuchamts, dass die von der Beteiligten zu 1)
notariell erteilte Vollmacht nach § 167 BGB im Außenverhältnis, bezogen sowohl auf die
Regelung zur ersatzweise Bevollmächtigung der Beteiligten zu 2) als auch hinsichtlich der
Befugnis, Rechtsgeschäfte mit sich im eigenen Namen und als Vertreter Dritter
vorzunehmen, keiner Beschränkung unterliegt. Sie deckt alle Rechtsgeschäfte und
Rechtshandlungen ab, die die Bevollmächtigte für die Vollmachtgeberin vornimmt.
Für die Auslegung einer Vollmacht gelten die für Grundbucherklärungen aufgestellten
Grundsätze. Es ist also auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie es sich für
einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (OLG
Frankfurt,
Darauf, was die Beteiligten tatsächlich gewollt haben, kommt es in diesem
Zusammenhang nicht an (Demharter, GBO, 31. Auflage 2018, § 19 Rn. 28). Der Text der
Vollmacht ist eindeutig, und es bestehen keine Zweifel an dem Fehlen einer Beschränkung
im Außenverhältnis. Zwar soll die Beteiligte zu 2) von der ihr eingeräumten Vollmacht nur
Gebrauch machen, wenn der Ehemann der Beteiligten zu 1) verstorben oder aus
sonstigen Gründen dauerhaft oder vorübergehend nicht in der Lage ist, die Vollmacht
auszuüben. Indes ist in der notariellen Urkunde zusätzlich ausdrücklich seitens der
Vollmachtgeberin angeordnet, dass diese Beschränkung Dritten gegenüber und damit im
Außenverhältnis nicht nachzuweisen ist, so dass die Voraussetzungen der
Ersatzbevollmächtigung keines Nachweises in der Form des § 29 GBO (zB durch Vorlage
einer Sterbeurkunde) bedürfen.
Zudem enthält die dem Ehemann notariell erteilte Vollmacht den Hinweis auf eine
Beschränkung der Bevollmächtigung durch die Vollmachtgeberin ausschließlich im
Innenverhältnis. Die in der Urkunde erteilten Anweisungen betreffen damit nur das
Auftragsverhältnis zwischen der Vollmachtgeberin und dem Ehemann als
Bevollmächtigtem und sollen keinen Einfluss auf die Gültigkeit und Wirkung der Vollmacht
nach außen gegenüber Dritten haben. Auch diese Regelung gilt nach dem Wortlaut der
Vollmachtsurkunde und damit dem Willen der Vollmachtgeberin für die Beteiligte zu 2) als
Ersatzbevollmächtigte.
c)
Die der Beteiligten zu 2) im Außenverhältnis uneingeschränkt erteilte Vollmacht deckt
ihrem eindeutigen Wortlaut zufolge die von der Beteiligten zu 2) in der notariellen Urkunde
vom 7. November 2019 für die Beteiligte zu 1) abgegebenen Erklärungen, zumal die
Bevollmächtigte von den Beschränkungen des
d)
Der Senat teilt nicht die Auffassung des Grundbuchamts, dass aufgrund des
Legalitätsprinzips die beantragten Eintragungen ausscheiden.
Zwar soll das Grundbuchamt ausnahmsweise auch bei einer im Außenverhältnis
unbeschränkten Vollmacht eine Eintragung ablehnen können und müssen, wenn es
sichere Kenntnis vom Missbrauch einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht
aufgrund von Verstößen gegen im Innenverhältnis bestehende Beschränkungen der
Vollmacht hat. Solche Kenntnis kann sich aus ihm bekannten offensichtlichen und
eindeutig gefassten internen Bindungsklauseln ergeben. Begründet wird diese Auffassung
damit, dass das Grundbuchamt aufgrund des Legalitätsprinzips nicht bewusst daran
mitwirken darf, das Grundbuch unrichtig zu machen (OLG München,
Jedoch steht entgegen der Auffassung des Grundbuchamts vorliegend eine sichere
Kenntnis des von der Beteiligten zu 1) behaupteten Missbrauchs der Vollmacht nicht fest.
Aus der objektiven Urkundslage ergibt sich keine Evidenz einer Vollmachtsüberschreitung
seitens der Beteiligten zu 2). Aus der Regelung unter I. der Vollmachtsurkunde folgt, dass
die dem Ehemann der Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 2) als
Ersatzbevollmächtigter erteilte Generalvollmacht dazu dienen soll, Vorsorge für den Fall zu
treffen, dass die Beteiligte zu 1) – gleich aus welchen Gründen – nicht mehr imstande ist,
eigene Entscheidungen zu treffen. Ergänzend hierzu wird in III.1 eine ausschließliche
Beschränkung dieser Vollmacht im Innenverhältnis geregelt. Insoweit ist eine in der
kautelarjuristischen Praxis gebräuchliche Gestaltung der Vollmacht gewählt worden. Durch
die im Außenverhältnis unbeschränkte Bevollmächtigung soll dem Bevollmächtigten der
oftmals schwierige Nachweis des Bedingungseintritts erspart werden (vgl. z.B. Senat,
Form des § 29 GBO).
Vor diesem Hintergrund sind an die sichere – nicht unmittelbar durch die Urkunde
vermittelte – Kenntnis von dem fehlenden Eintritt der nur im Innenverhältnis angeordneten
Beschränkung und damit von einem Missbrauch der Vollmacht strenge Anforderungen zu
stellen. Die Vollmachtgeberin ist mit der Erteilung einer entsprechenden Vollmacht das
Risiko einer Nutzung der Vollmacht im Außenverhältnis ohne Vorliegen der Beschränkung
im Innenverhältnis bewusst eingegangen.
Sichere Kenntnis von einem Vollmachtsmissbrauch setzt damit hier voraus, dass die
Geschäftsfähigkeit bzw. die fehlende Betreuungsbedürftigkeit der Beteiligten zu 1) für das
Grundbuchamt bzw. nunmehr den Senat aufgrund von vorgelegten Urkunden oder freier
Beweiswürdigung zur Überzeugung feststeht. Hiervon kann indes nicht ausgegangen
werden. Die Beteiligten sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob die Bedingung für
eine Bevollmächtigung der Beteiligten zu 2) eingetreten sind. Während die Beteiligte zu 1)
unter Vorlage eines allgemein gehaltenen ärztlichen Attestes den Eintritt der Bedingung
verneint, beruft sich die Beteiligte zu 2) auf eine Demenz und eine Beeinflussbarkeit der
Beteiligten zu 1). Für eine umfassende Aufklärung dieser streitigen Tatsachen ist indes im
Grundbuchverfahren kein Raum. Zudem wird bereits in der notariellen Urkunde die interne
Beschränkung nicht eindeutig geregelt. Der Wortlaut stellt neben der
„Geschäftsunfähigkeit“ auf eine „Betreuungsbedürftigkeit“ ab, ohne näher zu umschreiben,
ob damit eine rechtliche Betreuungsbedürftigkeit i.S.d.
tatsächliche Notwendigkeit der Unterstützung der Vollmachtgeberin gemeint ist. Auch die
Art der Bedürftigkeit, an den der Vorsorgefall und damit der Eintritt der Bedingung anknüpft
(z.B. Notwendigkeit der Vermögensvorsorge, der Aufenthaltsbestimmung, der
Gesundheitsvorsorge etc.) wird nicht näher beschrieben. Damit scheidet eine rechtliche
Bewertung der internen Beschränkung mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens und
damit eine sichere Kenntnis von einem Vollmachtmissbrauch aus.
e)
Die beantragten Grundbucheintragungen scheitern auch nicht an dem von der Beteiligten
zu 1) erklärten Widerruf der Vollmacht.
Grundsätzlich ist vom Fortbestand einer erteilten Vollmacht auszugehen, wenn im
Grundbuchverfahren in dem für den Grundbuchvollzug maßgeblichen Zeitpunkt keine auf
Tatsachen gestützten Zweifel bestehen. Wird zu dem maßgeblichen Zeitpunkt ein Widerruf
einer Vollmacht bekannt, so ist das Grundbuchamt berechtigt und verpflichtet, den dadurch
bedingten Zweifeln am Bestand der Vollmacht nachzugehen. Es hat dann unter
Berücksichtigung der ihm bekannten Tatsachen und Umstände in freier Beweiswürdigung
darüber zu befinden, ob die Vollmacht noch fortbestanden hat (OLG München, FGPrax
2019, 61).
Als verfahrensrechtliche Erklärung wird die Bewilligung wirksam, wenn die Urkunde in
Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift mit dem Willen des Erklärenden dem
Grundbuchamt zur Herbeiführung einer Eintragung im Grundbuch zugeht (KG FGPrax
2015, 10; Deutsches Notarinstitut,
Voraussetzungen vor, die für die Begünstigten einen Anspruch gem.
Erteilung einer Ausfertigung der Bewilligungsurkunde begründen (vgl. dazu BGH, RNotZ
2012, 112), wird die Bewilligung bereits mit Abschluss des Beurkundungsvorgangs
wirksam (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, Rn. 107; Deutsches
Notarinstitut, DNotl-Report 2019, 153 (154), so dass ein danach erklärter Widerruf der
Erklärung eines der Urkundsbeteiligten keine Wirkungen mehr entfaltet.
Umstritten ist, inwieweit diese Grundsätze bei der Abgabe einer Bewilligung durch einen
Vertreter Anwendung finden. Teilweise wird darauf abgestellt, dass das Erlöschen der
Vollmacht zwischen notarieller Beurkundung oder Beglaubigung der Bewilligung und
Eingang beim Grundbuchamt sich nicht auf die Wirksamkeit der Erklärung auswirke
(Schöner/Stöber, Grundbuchrecht. 15. Auflage 2012, Rn. 102a, 102e, 3581). Nach anderer
Ansicht muss eine wirksame Vollmacht noch im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
verfahrensrechtlichen Erklärung – etwa durch Vorlage beim Grundbuchamt – bestehen.
Der Wegfall der Vollmacht vor diesem Zeitpunkt hindere das Wirksamwerden der
Bewilligung als verfahrensrechtlicher Erklärung (KG,
München (
dann wirksam wird, wenn ein Anspruch gem. § 51 Abs. 1 BeurkG auf Erteilung einer
Ausfertigung bestand. Welche der Auffassungen (vgl. dazu Deutsches Notarinstitut, DNotIReport,
2019, 153 (155)) zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Der von der
Beteiligte zu 1) erklärte Widerruf der Vollmacht ist nach allen in Rechtsprechung und
Literatur vertretenen Auffassungen zu spät zugegangen, um die Eintragung zu hindern.
Der Vollmachtswiderruf ist dem Grundbuchamt erst durch das Schreiben der
Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) vom 15. November 2019, eingegangen
am 18. November 2019, bekannt geworden. Auch gegenüber der Beteiligten zu 2) ist die
Vollmacht erst am 8. November 2019 und damit nicht vor Eingang des
Eintragungsantrages beim Grundbuchamt widerrufen worden. Dieser Widerruf hat zudem
keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Vertretung der Beteiligten zu 1) bei der
notariellen Beurkundung, da dem Widerruf keine rückwirkende Kraft zukommt (BGH, MDR
2017, 987; OLG München,
f)
Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass mit der im Grundbuchverfahren ergangenen
Entscheidung keine abschließende Aussage darüber getroffen worden ist, ob und
inwieweit die Beteiligte zu 2) die ihr eingeräumte Vollmacht im Innenverhältnis missbraucht
hat. Ebenfalls musste der Senat nicht prüfen, ob - wie die Beteiligte zu 1) geltend macht -
unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (
Pflicht des Notars bestand, bei der Beurkundung des Übertragungsvertrages das
Vorliegen eines Missbrauchs der Vollmacht durch die Beteiligte zu 2) zu prüfen.
Die Beteiligte zu 1) wird durch diese im Grundbuchverfahren ergangene Entscheidung
nicht vollständig rechtschutzlos gestellt. So weist der beurkundende Notar in seiner im
Rahmen des Grundbuchverfahrens eingereichten Stellungnahme darauf hin, dass der
Beteiligten zu 1) der Weg zum Prozessgericht mit der Möglichkeit des einstweiligen
Rechtsschutzes offen steht (vgl. auch OLG München,
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil Gerichtskosten nicht anfallen (§§ 22, 25
GNotKG) und die Anordnung von Kostenerstattung nicht billigem Ermessen entspricht (§
81 Abs. 1 FamFG).
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gem.§ 78 Abs. 2
GBO nicht vorliegen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Köln
Erscheinungsdatum:18.05.2020
Aktenzeichen:2 Wx 61/20
Rechtsgebiete:
Beurkundungsverfahren
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
In-sich-Geschäft
Kostenrecht
Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
RNotZ 2020, 337-341
BWNotZ 2020, 295-299
FGPrax 2020, 111-114
NJW-RR 2020, 898-901
BGB § 167; GBO §§ 19, 29