Löschung eines Rechts aus dem Grundbuch für eine im Handelsregister gelöschte OHG; Vertretung einer gelöschten OHG im Grundbuchverfahren
letzte Aktualisierung: 3.6.2024
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.9.2023 – 19 W 40/23 (Wx)
GBO §§ 19, 46 Abs. 1;
Löschung eines Rechts aus dem Grundbuch für eine im Handelsregister gelöschte OHG;
Vertretung einer gelöschten OHG im Grundbuchverfahren
1. Die Eintragung der Löschung einer Personenhandelsgesellschaft hat zur Folge, dass ein zum
maßgeblichen Zeitpunkt der Löschungsbewilligung fortbestehendes Liquidatorenamt nicht mehr
durch Vorlage eines Handelsregisterauszugs nachgewiesen werden kann.
2. Die Bestellung eines Nachtragsliquidators würde auch für eine Personenhandelsgesellschaft –
wenn man dies für eine nicht für das allgemeine Publikum geöffnete OHG zuließe – durch das
(Register-)Gericht erfolgen.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1 bis 8 waren zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung als Eigentümer des im
Rubrum näher bezeichneten Grundbesitzes eingetragen. Auf diesem lastet (Abteilung Il Nr. 10)
ein Nießbrauch zugunsten der G. Grundstücksverwaltungsgesellschaft H. dbR und der G. H.
OHG als Gesamtberechtigte (Hauptakte As. 48 ff.).
Gesellschafter G. H. OHG waren ursprünglich G. H. und K. H.; Im März 1994 und Juni 1997
wurde in das Handelsregister die Aufnahme von insgesamt neun weiteren Gesellschaftern
eingetragen, Ausweislich des Handelsregisters (Amtsgericht H. HRA […] Teilakte […]
Grundakte […]; nachfolgende Angaben zu beziehen sich - soweit nicht anders angegeben - auf
diese Teilakte) wurde die G. H. OHG durch Beschluss vom 22 Juni 1996 aufgelöst. Unter dem
26. April 2000 wurde die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma im
Handelsregister eingetragen.
Am 19. Januar 2023 gab K. H. (As. 340) folgende unterschriftsbeglaubigte Erklärung ab
[Schreibweise wie im Original]:
„Unter Vorlage eines historischen Registerauszuges betreffend vormalig HRA […] wird erklärt,
dass die vorstehende OHG im Registergericht gelöscht worden ist und damals unter anderem
als Abwickler K. H., der auch die Bücher und Papiere der Gesellschaft verwahrt, vertreten
wurde. Im Nachgang zu der Löschung der OHG ist nunmehr aufgefallen, dass zugunsten der
gelöschten OHG vorstehendes Recht noch Im Grundbuch eingetragen ist was nunmehr
gelöscht werden soll. K. H. als Abwickler bewilligt und beantragt die Löschung vorstehenden
Rechts unter der Versicherung, dass die OHG nicht wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde
und es sich dabei ebenfalls um keine Publikums OHGF gehandelt hat und demnach nach der
Rechtsprechung die Bestellung eines Nachtragsliquidators weder erforderlich noch zulässig ist.
G. H. ist nach Angabe und Versicherung nicht mehr geschäftsfähig, sodass er als Abwickler
nicht in der Lage ist diese Löschungsbewilligung zu unterschreiben.
Die Löschungsbewilligung kann auch von demjenigen abgegeben werden, der die Bücher und
Papiere gem.
H..“
Der Notar legte diese Urkunde im Namen der Beteiligten zum Vollzug vor (As. 346). Das
Grundbuchamt beanstandete daraufhin, dass die Wahrnehmung des Verwahreramtes durch K.
H. nicht nachgewiesen sei. Daher bedürfe es der Löschungsbewilligung durch einen
Nachtragsliquidator unter Vorlage der Ausfertigung eines Bestallungsbeschlusses oder - nach
Wiedereintragung - durch die bisherigen Liquidatoren. Sei dies nicht möglich müsse von einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgegangen werden; in diesem Falle bedürfe es des
Nachweises des Gesellschafterbestandes durch Vorlage des Gesellschaftsvertrages mit etwaigen
Nachträgen, einer Versicherung über die alleinige Gesellschafterstellung und die
Löschungsbewilligung aller Gesellschafter.
Der Notar legte daraufhin eine weitere Löschungsbewilligung vom 2. März 2023 (As. 356) vor,
die von Herrn Dr. A. H. aufgrund notarieller Generalvollmacht für Herrn G. H. (As. 360)
abgegeben worden war. Er machte geltend, die OHG sei weiterhin existent da sich bei dieser
weiterhin Vermögenswerte befinden würden. Die Löschung führe nicht zur Auflösung der
OHG so dass diese weiterhin von den beiden Abwicklern vertreten werden könne.
Das Grundbuchamt hat den Antrag mit dem angefochtenen Beschluss (As 371) zurückgewiesen.
Eine formgerechte Löschungsbewilligung liege nicht vor. Wurden Rechte im Rahmen der
Liquidation einer Gesellschaft "vergessen" führe diese nicht bereits mit Löschung der Firma aus
dem Handelsregister sondern erst mit vollständiger Beendigung der Gesellschaft zum Erlöschen.
Wer nach Löschung einer im Handelsregister bereits gelöschten Personengesellschaft zur
Abgabe der Löschungsbewilligung für ein nach Liquidation verbliebenes Recht berechtigt ist, sei
in Literatur und Rechtsprechung umstritten. In Betracht gezogen werde die Abgabe der
Löschungsbewilligung durch die Verwahrer i.S.v. § 157 Il HGB, durch die bisherigen
Liquidatoren oder durch gerichtlich bestellte Nachtragsliquidatoren, Die Vertretungsmacht bei
Abgabe der Löschungsbewilligung sei dem Grundbuchamt in der Form des
nachzuweisen. Dem Grundbuchamt sei nicht nachgewiesen, dass es sich bei K. H. um den
Verwahrer i.S.v. § 157 Absatz 2 HGB handelt. Die Bestellung von K. H. und/oder G. H. H.
zu(m) Nachtragsliquidator/Nachtragsliquidatoren sei ebenfalls nicht nachgewiesen.
Auch die wirksame Abgabe der Erklärungen durch K. H. und G. H. H. aufgrund Fortbestand
des Liquidatorenamtes, sei nicht nachgewiesen. Erachte man die vorgelegte General-
Vorsorgevoltmacht als ausreichend zur Abgabe von Erklärungen für G. H. H. in seiner
Eigenschaft als Gesellschafter, so fehle es hier mangels Wiedereintragung im Handelsregister
dennoch am formgerechten Nachweis über den Fortbestand des Liquidatorenamtes. Selbst
wenn im vorliegenden Fall entsprechend der für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts geltenden
Grundsätze die Mitwirkung aller Gesellschafter als möglich erachtet würde seien die hierzu
erforderlichen Löschungsbewilligungen und Gesellschafterstellungen nicht nachgewiesen. Zum
Nachweis des Gesellschafterbestandes könne - wie sich aus der Entscheidung des
Kammergerichts vom 24. September 2020 (1 W 1347/20) ergebe - das bereits geschlossene
Handelsregister nicht herangezogen werde. Weitere Nachweise oder Löschungsbewilligungen
seien nicht vorgelegt worden.
Gegen den Zurückweisungsbeschluss richtet sich die vom Urkundsnotar eingelegte Beschwerde.
Zum Nachweis des Gesellschafterbestandes könne auf das geschlossene Handelsregister Bezug
genommen werden. Bei der vom Grundbuchamt herangezogenen Entscheidung des
Kammergerichts handele es sich um eine nicht allgemein anwendbare Einzelfallentscheidung.
Im Abhilfeverfahren legte der Notar mehrere unterschriftsbeglaubigte Erklärungen vor, die
unter anderem folgenden Wortlaut hatten (As. 387 ff.):
„Sämtliche Unterzeichnenden erklären die alleinigen und ausschließlichen Gesellschafter der
mittlerweile liquidierten und von Amts wegen erloschenen G. H. OHG mit dem vormaligen Sitz
in H., vormals eingetragen beim Registergericht H. unter HRA […] zu sein. Gegenüber dem
Registergericht wird durch Vorlage der mit Eröffnungsvermerk versehenen Verfügung von
Todes wegen (Erbvertrag) das die Mitgesellschafterin, Frau H. H., geb. K. vorverstorben ist und
von ihrem Ehemann, Herrn G. H. alleine beerbt wurde. sämtliche Gesellschafter fassen unter
Verzicht auf Form- und Fristerfordernisse nachfolgenden Gesellschafterbeschluss und
beschließen einstimmig mit allen Stimmen was folgt:
Zum Nachtragsliquidator wird Herr Dr. A. H. geb. am […] bestellt. Der Nachtragsliquidator soll
nach registerrechtlichem Vollzug die Löschung des zu Gunsten der vorstehenden Firma im
Grundbuch eingetragenen Nießbrauchtsrecht zur Löschung bewilligen und beantragen. Im
Nachhinein hat sich herausgestellt dass diese Buchposition noch zu Gunsten der vorstehende
Firma besteht.“
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen (As. 505).
II.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
A.
Rechtsmittel ist nach § 71 Absatz I GBO in Verbindung mit § 11 Absatz 1 RPflG zulässig Als
Beschwerdeführer sind die zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung eingetragenen Eigentümer
des Grundstücks - mithin die Beteiligten zu 1 bis 8 – anzusehen. Legt der Notar - wie hier - das
Rechtsmittel ohne Benennung eines Rechtsmittelführers ein, ist regelmäßig davon auszugehen,
dass das Rechtsmittel im Namen sämtlicher Antragsberechtigten im Sinne von § 13 Absatz 1
Satz 2 GBO erhoben sein, soll wenn nicht besondere Umstände dagegen sprechen (BGH
Beschluss vom 10. Juni 2010 — V ZB 22/10,
§ 13 Absatz 1 Satz 2 GBO sind die Grundstückseigentümer, zu deren Gunsten die (Teil-)
Löschung des Nießbrauchs erfolgen soll.
B.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das Grundbuchamt hat es zu Recht
abgelehnt, dem Antrag auf Löschung des Nießbrauchs zugunsten der G. H. OHG Folge zu
geben Die Löschung eines Rechts durch Eintragung eines Löschungsvermerks (§ 46 Absatz 1
GBO) setzt - neben einem hier vorliegenden Antrag nach § 13 Absatz 1 Satz 1 GBO – voraus,
dass sie gemäß
Eintragung betroffen ist. Letzteres ist nicht in der gebotenen Form nachgewiesen. Es liegt weder
eine wirksame Löschungsbewilligung eines Buchverwahrers (nachfolgend 1.), eines Liquidators
oder Nachtragsliquidators (nachfolgend 2.) oder aller Gesellschafter der früheren OHG
(nachfolgend 3.) vor
1. Aus dem vorgelegten Handelsregisterauszug ergibt sich dass die G. H. OHG durch Beschluss
der Gesellschafterversammlung vom 22. Juni 1996 aufgelöst und nach Beendigung der
Liquidation gelöscht worden ist. Für derartige Fälle geht das Schrifttum davon aus, dass
derjenige, dem gemäß § 157 Absatz 2 HGB die Aufbewahrung der Bücher und Papiere der
Gesellschaft übertragen ist, zu einzelnen Abwicklungshandlungen - unter anderem zu einer
Löschungsbewilligung - berechtigt ist (Lüke in: HesselmannfTillmann/Mueller-Thuns,
Handbuch GmbH und Co. KG, Abschnitt f) „Vollbeendigung und Handelsregisteranmeldung"
Rn. 9.86). Der die Löschungsbewilligung abgebende Herr K. H. hat in seiner Erklärung vom 19.
Januar 2023 zwar angegeben, dass die Gesellschaft „damals unter anderem [durch den]
Abwickler Herr K. H., der auch die Bücher und Papiere der Gesellschaft verwahrt, vertreten
wurde". Ein formgerechter Nachweis über seine Bestellung zum Verwalter im Sinne von § 157
Absatz 2 HGB ist jedoch auch auf den Hinweis des Grundbuchamts in dessen Schreiben vom
13. Februar 2023 (As. 348) - nicht beigebracht worden.
2. Es liegt auch eine keine wirksame Löschungsbewilligung eines Liquidators oder
Nachtragsliquidators vor.
a) Die Löschung konnte nicht wirksam durch die früheren Liquidatoren - die Herren G. H. und
K. H. - bewilligt werden. Zu Recht verweist das Grundbuchamt auf die Erwägungen in der
Entscheidung des Kammergerichts vom 24. September 2020 (I W 1347/20, juris-Rn, 15 ff.),
wonach die Eintragung der Löschung einer Personenhandelsgesellschaft zur Folge hat, dass ein
zum maßgeblichen Zeitpunkt der Löschungsbewilligung fortbestehendes Liquidatorenamt nicht
mehr durch Vorlage eines Handelsregisterauszugs nachgewiesen werden kann. Soweit die
Beschwerde die Auffassung vertritt, der Beschluss des Kammergerichts sei eine
„Einzelentscheidung und nicht allgemein anwendbar" (As. 449), ist dies nicht näher begründet;
es sind auch sonst keine Abweichungen des Sachverhalts erkennbar, die eine andere
Handhabung rechtfertigen würden.
b) Der Beteiligte K. H. hatte in seiner Erklärung vom 19. Januar 2023 die Auffassung vertreten,
dass die Bestellung eines Nachtragsliquidators für offene Handelsgesellschaften, die keine
Publikums-OHG sind, nicht in Betracht komme (As. 340), was offenbar auf die entsprechende
Unterscheidung im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Juni 2003 (II ZR 102/02 NZG 2003
769) zurückgeht. In der Folgezeit sind dann Erklärungen mehrerer im früheren
Handelsregisterblatt eingetragener Gesellschafter vorgelegt worden, in denen diese Herrn Dr. A.
H. zum Nachtragsliquidator bestellen (vgl. etwa As. 387). Die Bestellung eines
Nachtragsliquidators würde indes auch für eine Personenhandelsgesellschaft - wenn man dies
für eine nicht für das allgemeine Publikum geöffnete OHG zuließe (vgl. OLG Saarbrücken
NZG 2018 1 185) - durch das (Register-) Gericht erfolgen (vgl. im einzelnen Neumann NZG
2015 1018). Eine entsprechende Entscheidung oder eine Handelsregistereintragung eines
Nachtragsliquidator sind hier aber nicht vorgelegt worden.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie vom Grundbuchamt in dessen Schreiben vom 13.
Februar 2023 (As. 348) angenommen - eine Löschungsbewilligung auch von den Gesellschaftern
der (früheren) OHG in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts abgegeben werden kann, wenn der Gesellschafterbestand durch Vorlage des
Gesellschaftsvertrages und etwaigen Nachtragen, Versicherung aller Gesellschafter über den
Gesellschafterbestand und eine Löschungsbewilligung aller Gesellschafter bewirkt werden kann.
Dies ist jedenfalls nicht vollständig geschehen.
a) Allerdings sind dem Grundbuchamt von mehreren Beteiligten Erklärungen darüber
abgegeben worden, dass sie die „alleinigen und ausschließlichen Gesellschafter der mittlerweile
liquidierten und von Amts wegen erloschenen G. H. OHG" seien. Die Erklärung ist aber nicht
von oder unter Vorlage einer Vollmacht - für alle zuletzt im Handelsregister eingetragenen
Gesellschafter der OHG abgegeben worden; es fehlt beispielsweise eine Erklärung des Herrn H.
H.. Dieser ist zwar - wie sich aus dem Grundbuch ergibt (vgl. Hauptakte As. 48) - aus der G.
Grundstücksverwaltungsgesellschaft H. dbR ausgeschieden, dass dasselbe auch für die (frühere)
G. H. OHG gilt ist aber nicht ersichtlich
b) Es kommt hinzu, dass die Gesellschafter in ihrer unterschriftsbeglaubigten Erklärung nicht
selbst die Löschung bewilligt, sondern (lediglich) einen Nachtragsliquidator mit dem Auftrag
bestellt haben die Löschung zu bewilligen.
c) Schließlich ist auch nicht der Gesellschafterbestand durch ergänzende Vorlage der Nachträge
zum Gesellschaftsvertrag nachgewiesen.
1. Einer Entscheidung über die Kosten bedarf es nicht, weil sich die Kostentragungspflicht der
beschwerdeführenden Beteiligten unmittelbar aus dem Gerichts- und Notarkostengesetz ergibt
2. Die Voraussetzungen einer Rechtsbeschwerdezulassung 78 Absatz 2 Satz 1 GBO) liegen nicht
vor insbesondere berührt die Sache keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung.
3. Da der Nießbrauch einen Unterfall der Dienstbarkeit darstellt (Korintenberg/Schwarz 22.
Aufl. 2022 GNotKG § 52 Rn. 27), bestimmt sich der Wert des - nicht auf eine bestimmte Zeit
eingeräumten - Rechts an sich nach § 52 Absatz 3 GNotKG. Da hier indes ein Nutzen des
Rechts für die im Handelsregister gelöschte mitberechtigte OHG nicht feststellbar ist, legt der
Senat den Auffanggeschäftswert nach § 36 Absatz 3 GNotKG zugrunde.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Karlsruhe
Erscheinungsdatum:12.09.2023
Aktenzeichen:19 W 40/23 (Wx)
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Grundbuchrecht
OHG
GBO §§ 19, 46 Abs. 1; HGB § 157 a. F.