Kein Negativattest erforderlich beim Verkauf aller Wohnungseigentumseinheiten
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: i15w476_11
letzte Aktualisierung: 16.3.2012
OLG Hamm, 14.12.2011 - I-15 W 476/11
Kein Negativattest erforderlich beim Verkauf aller Wohnungseigentumseinheiten
1. Die Freistellung der Veräußerung von Wohnungseigentum vom Erfordernis der Beibringung
eines Negativattestes der Gemeinde über das Nichtbestehen bzw. die Nichtausübung eines
Vorkaufsrechts gilt auch dann, wenn sämtliche Miteigentumsanteile einer Wohnungseigentumsanlage veräußert werden. (amtlicher Leitsatz)
2. Vgl. dagegen OLG Saarbrücken, Beschluss vom 07.11.2011, 5 W 214/11 (keine
Verwalterzustimmung bei gleichzeitiger Veräußerung aller Einheiten). (Leitsatz der DNotIRedaktion)
Tenor:
Die Beanstandung, dass noch die Vorlage einer Vorkaufsrechtsverzichtserklärung der Stadt I2
gemäß
Gründe:
Die Beschwerde richtet sich nur gegen die in der Zwischenverfügung vom 10.11.2011
erhobene Beanstandung, dass noch die Vorlage einer Vorkaufsrechtsverzichtserklärung der
Stadt I2 gemäß
Die Beschwerde ist nach den
Beanstandung nicht berechtigt ist.
Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen darf, wenn ihm die Nichtausübung oder
das Nichtbestehen des Vorkaufrechts der Gemeinde (
Dieser Nachweis ist in der Regel durch ein Negativattest der Gemeinde gemäß § 28 Abs. 1 S. 3
BauGB zu führen. Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich schon aus dem zu vollziehenden
notariellen Vertrag selbst ergibt, dass kein Vorkaufsrecht der Gemeinde besteht; dann kann das
Grundbuchamt die Vorlage eines Negativattestes der Gemeinde nicht verlangen (BGH NJW
1979, 875, 876; OLG Frankfurt
Rn. 4130). So liegt der Fall hier.
Gegenstand des notariellen Kaufvertrags vom 20.12.2010 sind die im Rubrum genannten
Wohnungseigentumsrechte. Bei dem Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz
ist ein gemeindliches Vorkaufsrecht ausdrücklich ausgeschlossen, §§ 24 Abs. 2, 25 Abs. 2 S. 1
BauGB. Dementsprechend bedarf es bei der Veräußerung von Wohnungseigentum nach dem
oben Gesagten auch nicht der Vorlage eines Negativattestes nach
(OLG Frankfurt a.a.O.; Schöner/Stöber a.a.O., Rn. 4109; Schlichter/Paetow, Berliner
Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 28, Rn. 24; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB,
Stand: 1. Juni 2011, § 24, Rn. 49; Battis/Krautzberger, BauGB, 10. Aufl., § 24, Rn. 19;
Brügelmann/Roos, BauGB, Stand: Juli 2011, § 24, Rn. 36; Ferner/Kröninger, BauGB, 2. Aufl.,
§ 24, Rn. 12). Die von dem Grundbuchamt angeführte BGH-Entscheidung vom 16.02.1984
(
Dass hier alle Wohnungseigentumseinheiten der Wohnungseigentumsanlage F-Straße in I2
verkauft worden sind, ist unerheblich, da
"Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz" und somit maßgeblich auf die rechtliche
Einordnung des Kaufgegenstandes abgestellt, ohne für Fälle der vorliegenden Art eine
Einschränkung zu machen. Es kann nicht Aufgabe der grundbuchrechtlichen Rechtsprechung
sein, die in der gesetzlichen Vorschrift ausnahmslos verfügte Freistellung der Veräußerung von
Wohnung-eigentumsrechten einschränkend mit dem Ziel zu interpretieren, Veräußerungsfälle,
die bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Verkauf des gesamten Grundstücks gleichstehen,
weiterhin dem gemeindlichen Vorkaufsrecht zu unterwerfen. Eine solche Gesetzesanwendung
müsste zu einer Vielzahl weiterer Abgrenzungsprobleme
führen, die etwa die sukzessive Veräußerung sämtlicher Einheiten oder die
Veräußerung nahezu sämtlicher Einheiten bis auf einen geringen Rest betreffen könnten. Wenn
der Gesetzgeber solche Abgrenzungsprobleme im Interesse der Verwaltungsvereinfachung bei
wollen, hat die Rechtsprechung keinen Anlass, solche Probleme künstlich zu schaffen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:13.12.2011
Aktenzeichen:I-15 W 476/11
Rechtsgebiete:
WEG
Öffentliches Baurecht
DNotZ 2012, 376-377
NotBZ 2012, 112-113
WEG § 1; BauGB §§ 24, 28