BGH 22. März 2024
V ZR 141/23
WEG §§ 12 Abs. 1, 18 Abs. 1

Veräußerungsbeschränkung; Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer; Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Anspruchsgegnerin; Altvereinbarungen

letzte Aktualisierung: 1.8.2024
BGH, Urt. v. 22.3.2024 – V ZR 141/23

WEG §§ 12 Abs. 1, 18 Abs. 1
Veräußerungsbeschränkung; Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer;
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Anspruchsgegnerin; Altvereinbarungen

Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines
Wohnungseigentums „der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer“ bedarf, ist eine Klage
auf Zustimmung zur Veräußerung stets gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu
richten; dies gilt auch dann, wenn die Vereinbarung vor dem 1. Dezember 2020 getroffen wurde.

Entscheidungsgründe:

I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung u.a. in NZM
2023, 771 veröffentlicht ist, ist die Klage bereits deshalb unbegründet, weil die
Beklagte für die Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung nicht passivlegitimiert
ist. Im Falle einer Zustimmungsverweigerung müsse die GdWE gerichtlich
in Anspruch genommen werden, wenn - wie hier - die Vereinbarung nicht ausdrücklich
regele, für wen der Zustimmungsberechtigte handele. Die Teilungserklärung
aus dem Jahr 2001 sei objektiv-normativ im Lichte der Neufassung des
Gesetzes (§ 47 WEG) auszulegen. Zwar spreche der Wortlaut zunächst für eine
individuelle Zustimmung sämtlicher anderer Wohnungseigentümer. Die Regelung
sei aber objektiv unklar. Die Zustimmung der GdWE habe im Jahr 2001 noch
nicht vorgesehen werden können, da deren Rechtsfähigkeit zu diesem Zeitpunkt
noch nicht anerkannt gewesen sei. Vereinbarungen, die mit den Neuregelungen
des Verwaltungssystems des Wohnungseigentumsgesetzes nicht mehr in Übereinstimmung
zu bringen seien, seien an das neue Recht anzupassen. Bei der
Zustimmung zu einer Veräußerung des Wohnungseigentums handele es sich im
Zweifel um eine Maßnahme zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums,
für die alleine die GdWE zuständig sei (§ 18 Abs. 1 WEG). Von der Veräußerung
betroffen sei maßgeblich auch die Gemeinschaft, die durch das Zustimmungserfordernis
davor geschützt werde, dass das Wohnungseigentum in die Hand eines
unzuverlässigen Erwerbers gerate. Für eine Zuständigkeit der GdWE spreche
schließlich neben § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG auch ein Vergleich mit gesellschaftsrechtlichen
Vorschriften.

II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Beklagte war im Verhandlungstermin
vor dem Senat nicht vertreten. Gleichwohl ist über die Revision der
Klägerin nicht durch Versäumnisurteil, sondern durch Endurteil (unechtes Versäumnisurteil)
zu entscheiden, da sich die Revision auf der Grundlage des von
dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist (vgl.
Senat, Urteil vom 18. Juni 2021 - V ZR 146/20, NZM 2021, 722 Rn. 4).
1. Das Berufungsgericht geht ohne Rechtsfehler davon aus, dass die Beklagte
für den von der Klägerin geltend gemachten Zustimmungsanspruch nicht
passivlegitimiert ist.

a) Gemäß § 12 Abs. 1 WEG kann als Inhalt des Sondereigentums vereinbart
werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums
der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf.
Eine solche Vereinbarung findet sich hier in § 6 der Teilungserklärung, der
die Veräußerung des Wohnungseigentums von der Zustimmung der anderen
Wohnungseigentümer abhängig macht. Die Frage, wer zustimmungsberechtigt
im Sinne des § 12 Abs. 1 WEG ist, wenn die Teilungserklärung die Zustimmung
der anderen Wohnungseigentümer verlangt, wird in Rechtsprechung und Literatur
nicht einheitlich beantwortet.

aa) Bereits unter der Geltung des bisherigen Rechts war umstritten, ob alle
Wohnungseigentümer individuell zustimmen mussten oder ob ein Mehrheitsbeschluss
der übrigen Wohnungseigentümer ausreichte (vgl. zum Meinungsstand
Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl. 2018, § 12 Rn. 23).

bb) Nach dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes
(WEMoG) zum 1. Dezember 2020 setzt sich der Streit fort.

(1) Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Zustimmung der anderen
Wohnungseigentümer nur im Sinne einer eigenständigen Zustimmungserklärung
eines jeden Wohnungseigentümers verstanden werden könne. Die
rechtsgeschäftlichen Zustimmungserklärungen könnten nicht durch einen Mehrheitsbeschluss
ersetzt werden. Hierfür fehle der GdWE die Beschlusskompetenz.
§ 12 Abs. 1 WEG sehe die Vereinbarung der Zustimmung durch Beschluss nicht
vor (vgl. AG Heidelberg, ZWE 2021, 269, 270; Grüneberg/Wicke, BGB, 83. Aufl.,
§ 12 WEG Rn. 6; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 12 Rn. 36; jurisPK-BGB/Lafontaine,
10. Aufl., § 12 WEG Rn. 25; MüKoBGB/Krafka, 9. Aufl., § 12 WEG Rn. 20;
Hügel, ZMR 2023, 517, 518; Schneider, ZfIR 2021, 93, 97).

(2) Nach der Gegenauffassung, der auch das Berufungsgericht folgt, ist
eine Teilungserklärung dieser Art dahin zu verstehen, dass die Erteilung der Zustimmung
Aufgabe der GdWE ist, über welche die Gesamtheit der Wohnungseigentümer
mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließt (vgl.
Bärmann/Suilmann, WEG, 15. Aufl., § 12 Rn. 24; BeckOGK/Skauradszun, WEG
[1.3.2024], § 12 Rn. 17; BeckOK WEG/Hogenschurz [2.4.2024], § 12 Rn. 72; NKBGB/
Brücher/Schultzky, 5. Aufl., § 12 WEG Rn. 25; Staudinger/Wobst, BGB
[2023], § 12 WEG Rn. 37; Greiner, IMR 2023, 388; Rüscher, ZfIR 2024, 76, 77).

b) Die zuletzt genannte Ansicht verdient den Vorzug. Sieht die Gemeinschaftsordnung
vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines
Wohnungseigentums der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer bedarf,
ist eine Klage auf Zustimmung zur Veräußerung stets gegen die GdWE zu
richten. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Klage auf Zustimmung zur
Veräußerung des Wohnungseigentums für den Fall einer in der Gemeinschaftsordnung
vereinbarten Verwalterzustimmung seit dem 1. Dezember 2020 stets
gegen die GdWE zu richten ist, weil nunmehr die Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums sowohl im Außen- als auch im Innenverhältnis ausschließlich
dem Verband obliegt (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 90/22, NJW
2023, 3654 Rn. 5, 11). Nichts anderes gilt, wenn die Gemeinschaftsordnung die
Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer fordert. Auch hier entspricht es
seit dem 1. Dezember 2020 der gebotenen objektiven und nächstliegenden Auslegung
der Teilungserklärung (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 90/22,
aaO Rn. 12), die GdWE als zuständig und damit als passivlegitimiert anzusehen.
aa) Allerdings legt der Wortlaut des seit 1951 unverändert geltenden § 12
Abs. 1 WEG, an den sich § 6 der Teilungserklärung anlehnt, eher das Erfordernis
einer individuellen Zustimmungsberechtigung eines jeden Wohnungseigentümers
nahe, weil er als Zustimmungsberechtigte neben einem Dritten nur andere
Wohnungseigentümer vorsieht und nicht ausdrücklich die GdWE. Auf der anderen
Seite schließt er es aber auch nicht aus, die Willensbildung zu bündeln und
folgerichtig die GdWE als zustimmungsberechtigt im Sinne der Vorschrift anzusehen.

bb) Für letztere Sichtweise spricht jedenfalls seit dem 1. Dezember 2020
entscheidend, dass der Gesetzgeber die Aufgaben und Befugnisse der GdWE
grundlegend neu ausgestaltet hat. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums obliegt sowohl im Außenverhältnis als auch im Innenverhältnis nunmehr
ausschließlich der GdWE (§ 18 Abs. 1 WEG; vgl. Senat, Urteil vom 16. Dezember
2022 - V ZR 263/21, ZWE 2023, 139 Rn. 26). Der Begriff der Verwaltung
im Sinne von § 18 Abs. 1 WEG ist weit zu verstehen (vgl. bereits zum alten Recht
Senat, Urteil vom 20. September 2019 - V ZR 258/18, NZM 2020, 67 Rn. 16;
Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 75/15, NJW 2016, 2177 Rn. 26). Er umfasst jede
Entscheidung und Maßnahme mit rechtlicher oder tatsächlicher Beziehung zum
Gemeinschaftseigentum oder Gemeinschaftsvermögen (vgl. Bärmann/Dötsch,
WEG, 15. Aufl., § 18 Rn. 40). Zutreffend nimmt daher das Berufungsgericht an,
dass nach diesen Grundsätzen die Prüfung und Erteilung bzw. Nichterteilung der
Zustimmung zu einer Veräußerung eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums darstellt (vgl. BeckOGK/Skauradszun, WEG [1.3.2024],
§ 12 Rn. 15). Diese Aufgabe obliegt im Innenverhältnis der GdWE. Eine Vereinbarung
nach § 12 Abs. 1 WEG dient allein dem Schutz der Wohnungseigentümer
gegen den Eintritt unerwünschter Personen in die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Durch das Erfordernis der Zustimmung sollen sich die übrigen Wohnungseigentümer
dagegen schützen können, dass Wohnungseigentum in die Hand eines
persönlich oder finanziell unzuverlässigen Erwerbers gerät (vgl. Senat, Beschluss
vom 11. Oktober 2012 - V ZB 2/12, BGHZ 195, 120 Rn. 13). Damit ist ein
Zustimmungsvorbehalt maßgeblich im Interesse der GdWE vereinbart. Denn die
GdWE ist betroffen, wenn sich der Erwerber als persönlich oder finanziell unzuverlässig
erweist (vgl. BeckOGK/Skauradszun, WEG [1.3.2024], § 12 Rn. 15).

Daher kommt es auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zustimmung aus einem
wichtigen Grund versagt werden darf (§ 12 Abs. 2 Satz 1 WEG), nicht auf
die Interessen einzelner Wohnungseigentümer an, sondern darauf, ob die Veräußerung
bei objektiver Betrachtung eine gemeinschaftswidrige Gefahr für die
übrigen Wohnungseigentümer darstellt (vgl. BayObLG, NJW 1973, 152, 153).

cc) Ist die Entscheidung über die Zustimmung zur Veräußerung nach alledem
Aufgabe der GdWE, wirkt sich dies auf die Auslegung einer Bestimmung in
der Teilungserklärung aus, nach der die anderen Wohnungseigentümer einer
Veräußerung zustimmen müssen. Nächstliegender Auslegung vergleichbarer
Regelungen im Zusammenhang mit § 12 Abs. 1 WEG entspricht es deshalb, die
in der Teilungserklärung vorgesehene Zustimmungspflicht der anderen Wohnungseigentümer
nicht im Sinne einer eigenständigen Zustimmungsberechtigung
eines jeden Wohnungseigentümers zu verstehen, sondern als Aufgabe der
GdWE. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass nach § 12 Abs. 1 WEG ein Zustimmungserfordernis
auch zugunsten nur einzelner Wohnungseigentümer begründet
werden kann (vgl. Staudinger/Wobst, BGB [2023], § 12 WEG Rn. 36).
Das besagt jedoch nichts darüber, wie eine Teilungserklärung zu verstehen ist,
Im Zweifel
ist der Verband für die Entscheidung über die Regelung zum Schutz der Wohnungseigentümer
bei der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums berufen.
§ 19 Abs. 1 WEG räumt der GdWE die hierfür notwendige Beschlusskompetenz
ein. Infolgedessen ist, ebenso wie bei einer Zustimmung durch den Verwalter,
wenn die vorgesehen ist, die
Klage auf Zustimmung stets gegen die GdWE zu richten.

c) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Vereinbarung - wie hier -
vor dem 1. Dezember 2020 getroffen wurde.

aa) Nach der Senatsrechtsprechung ist bei der Auslegung der Teilungserklärung
allein eine objektive Sicht maßgebend, so dass sich der Inhalt der Teilungserklärung
im Lauf der Zeit ändern kann, wenn in der Erklärung verwendete
Begriffe einen Bedeutungswandel erfahren haben. Daher ist eine ergänzende
Auslegung der Teilungserklärung in den Fällen möglich, in denen eine Lücke
durch eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse entsteht (vgl. Senat, Urteil vom
21. Juli 2023 - V ZR 90/22, NJW 2023, 3654 Rn. 15). Dementsprechend ist es
jedenfalls ab der Geltung des neuen Rechts nächstliegend, nicht die einzelnen
Wohnungseigentümer als zustimmungsberechtigt anzusehen, sondern die
GdWE.

bb) Dieses Ergebnis wird - entgegen der Ansicht der Revision - bestätigt
durch § 47 WEG, der einen Anwendungsfall der ergänzenden Vertragsauslegung
von Vereinbarungen darstellt, so dass die allgemeinen Grundsätze der Auslegung
von Grundbucherklärungen gelten (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 2023
- V ZR 90/22, NJW 2023, 3654 Rn. 16; Bärmann/Göbel WEG, 15. Aufl., WEG
§ 47 Rn. 4). Nach § 47 Satz 1 WEG stehen Vereinbarungen, die vor dem 1. Dezember
2020 getroffen wurden und die von solchen Vorschriften dieses Gesetzes
abweichen, die durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom
16. Oktober 2020 geändert wurden, der Anwendung dieser Vorschriften in der
vom 1. Dezember 2020 an geltenden Fassung nicht entgegen, soweit sich aus
der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt. Ein solcher Wille ist in der Regel
nicht anzunehmen (§ 47 Satz 2 WEG). Auch wenn § 47 WEG im vorliegenden
Zusammenhang nicht unmittelbar anwendbar ist, weil der Wortlaut des § 12
Abs. 1 WEG unverändert geblieben ist, kommt hierin jedenfalls der eindeutige
Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, bei der Auslegung von Vereinbarungen
im Zweifel dem neuen Recht zur Geltung zu verhelfen. Ermöglicht wird dies durch
eine dynamische Auslegung anhand der neuen Rechtslage. Deshalb müssen
auch Altvereinbarungen auf der Grundlage der durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz
vorgegebenen Systematik verstanden werden (vgl.
Senat, Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 90/22, aaO). Dem widerspräche es, legte
man die Vereinbarung dahingehend aus, dass jeder Wohnungseigentümer zustimmungsberechtigt
ist, obwohl die Verwaltung gemäß § 18 Abs. 1 WEG der
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt.

d) Diese Auslegung entspricht bei typisierender Betrachtungsweise auch
den Interessen der Wohnungseigentümer. Eine Bündelung der sich im Zusammenhang
mit der Zustimmung zu einer Veräußerung stellenden Fragen durch die
GdWE führt gegenüber der Inanspruchnahme aller weiteren Wohnungseigentümer
zu einer deutlichen Verfahrensvereinfachung. Dies trägt auch dem Anliegen
des Gesetzgebers Rechnung, der mit dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz
das gerichtliche Verfahrensrecht modernisieren wollte, um schwer
handhabbare Prozesse mit einer Vielzahl von Beteiligten und entsprechenden
Kostenrisiken zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 31, 83). Entgegen der
Ansicht der Revision gilt auch in einer Zweiergemeinschaft - wie hier - nichts
anderes. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkennt, unterliegt die Zweiergemeinschaft
den üblichen Verwaltungsregeln des Wohnungseigentumsgesetzes
(vgl. Senat, Urteil vom 25. September 2020 - V ZR 288/19, NZM 2021, 146
Rn. 15). Richtig ist zwar, dass der andere Wohnungseigentümer ohnehin - ent-
- die Zustimmung erklären müsste. Hat die GdWE keinen
Verwalter, führt der Ausschluss des oder der klagenden Wohnungseigentümer in
einem Beschlussklageverfahren von der nach § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG angeordneten
Gesamtvertretung aber dazu, dass die GdWE in diesem Prozess durch die
übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten wird (vgl. Senat, Urteil
vom 9. Februar 2024 - V ZR 6/23, BeckRS 2024, 6395 Rn. 18). Verbleibt nur ein
Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er die
verwalterlose GdWE im Prozess allein (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2022 - V ZR
202/21, NJW 2022, 3003 Rn. 36). Dies gilt sinngemäß auch für die auf die Zustimmung
zur Veräußerung gerichtete Klage.

e) Schließlich ist die Beklagte entgegen der Annahme der Revision nicht
nach Treu und Glauben mit ihrem Einwand fehlender Passivlegitimation ausgeschlossen.
aa) Richtig ist allerdings, dass es unter bestimmten Umständen einen Verstoß
gegen Treu und Glauben darstellen kann, wenn sich der in Anspruch Genommene
zunächst auf den Anspruch einlässt und sich erst später zum Nachteil
des Anspruchstellers auf das Fehlen seiner Passivlegitimation beruft (vgl. Senat,
Urteil vom 30. September 2005 - V ZR 185/04, BeckRS 2005, 12336; BGH, Urteil
vom 11. Juni 1996 - VI ZR 256/95, NJW 1996, 2724 f., jeweils mwN). Es handelt
sich hierbei jedoch um Fälle der Rechtsscheinhaftung als Unterfall widersprüchlichen
Verhaltens, in denen der in Anspruch Genommene zurechenbar den
Rechtsschein gesetzt hat, Schuldner der behaupteten Forderung zu sein, und
der vermeintliche Gläubiger gutgläubig darauf vertraut (vgl. BGH, Urteil vom
15. Mai 2018 - XI ZR 548/16, BeckRS 2018, 14423 Rn. 14; Urteil vom 10. Oktober
2017 - XI ZR 443/16, NJW-RR 2018, 118 Rn. 21).

bb) Die Voraussetzungen einer solchen Rechtsscheinhaftung sind hier
nicht erfüllt. Zwar hat sich die Beklagte nach dem Vorbringen der Revision vorprozessual
und zu Beginn des Rechtsstreits in der Sache auf den geltend gemachten
Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung eingelassen.
Dadurch hat sie jedoch nicht zurechenbar den Rechtsschein gesetzt, Schuldnerin
der behaupteten Forderung zu sein, da sie sich in der bestehenden Zweiergemeinschaft
- wenn auch im Rahmen der Willensbildung innerhalb der GdWE -
ohnehin mit dem Begehren der Klägerin auseinanderzusetzen hatte. Der nicht
rechtskundigen Beklagten mussten ferner keine Bedenken hinsichtlich ihrer fehlenden
Passivlegitimation kommen. Selbst das Amtsgericht hat die umstrittene
Frage der Passivlegitimation nicht problematisiert. Erst das Berufungsgericht hat
schon vor der mündlichen Verhandlung die Parteien nach Darstellung der Revision
auf Bedenken hinsichtlich der Passivlegitimation der Beklagten hingewiesen,
wozu es im Rahmen seiner materiellen Prozessleitungspflicht nach § 139
Abs. 2 ZPO zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung auch verpflichtet
war. Mangels zuvor zurechenbar verursachten Rechtsscheins war es der Beklagten
nicht verwehrt, sich im Anschluss an den gerichtlichen Hinweis auf ihre fehlende
Passivlegitimation zu berufen. Dies ist auch nicht unbillig, denn es hätte
der Klägerin offen gestanden, einen Parteiwechsel zu erklären, der ohne weiteres
zulässig gewesen wäre.

2. Da hiernach bereits die Passivlegitimation der Beklagten fehlt, kommt
es auf die von dem Berufungsgericht nicht entschiedene Frage, ob wichtige
Gründe im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG für die Versagung der Zustimmung
vorliegen, nicht an.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

22.03.2024

Aktenzeichen:

V ZR 141/23

Rechtsgebiete:

WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG §§ 12 Abs. 1, 18 Abs. 1