OLG Zweibrücken 27. Januar 2010
3 W 14/10
GBO § 18; GrEStG § 22

Eigentumsumschreibung: Erlass einer Zwischenverfügung bei Fehlen der steuerrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 19.9.2014
OLG Zweibrücken, 17.1.2010 - 3 W 14/10

GBO § 18; GrEStG § 22

Eigentumsumschreibung: Erlass einer Zwischenverfügung bei Fehlen der
steuerrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung
Das Fehlen der steuerrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung der Finanzbehörde nach § 22
GrErwStG rechtfertigt grundsätzlich nicht die Zurückweisung eines Antrags auf
Eigentumsumschreibung im Grundbuch. In diesem Fall ist regelmäßig eine Zwischenverfügung
gem. § 18 GBO angemessen, um dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, die
Unbedenklichkeitsbescheinigung binnen angemessener Frist nachzureichen.

Gründe

I.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 9. Dezember 2009 erwarb der Beteiligte zu 2) von dem
Beteiligten zu 1) die im Eingang näher bezeichneten Miteigentumsanteile an einem Grundstück.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2010 beantragte der von den Vertragsparteien hierzu
bevollmächtigte Notar die Eigentumsumschreibung im Grundbuch sowie die Löschung der
zuvor eingetragenen Vormerkungen.
Mit dem angegriffenen Beschluss hat der Rechtspfleger bei dem Grundbuchamt den Antrag
wegen Fehlens einer grunderwerbsteuerrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung
zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die von dem Notar eingelegte Beschwerde, der der Rechtspfleger nicht
abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

1. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat ist nach
§§ 72, 81 Abs. 1 GBO für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig.
2. Die Beschwerde führt in der Sache zu dem angestrebten Erfolg.
Das Fehlen der steuerrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung der Finanzbehörde nach § 22
GrErwStG rechtfertigt nicht die Zurückweisung des Antrags. Vielmehr hält der Senat in diesen
Fällen regelmäßig eine Zwischenverfügung gem. § 18 GBO für angemessen, um den
Antragstellern Gelegenheit zu geben, die Unbedenklichkeitsbescheinigung binnen angemessener
Frist nachzureichen. Im Einzelnen gilt folgendes:
Gemäß § 22 Abs. 1 GrEStG darf der Erwerber eines Grundstücks in das Grundbuch erst dann
eingetragen werden, wenn eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamts vorgelegt wird, dass
der Eintragung steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen.
Steht einem Umschreibungsantrag ein behebbares Eintragungshindernis entgegen, hat das
Grundbuchamt die Entscheidung gem. § 18 Abs. 1 GBO, ob es eine Zwischenverfügung erlässt
oder den Antrag sogleich zurückweist, nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (RGZ 126,
107; OLG Hamm, DNotZ 1970, 661 (663); OLG Düsseldorf, NJW 1986, 1819 m.w.N.). Dabei
ist zu berücksichtigen, dass die Zwischenverfügung dem Antragsteller die mit dem
Eintragungsantrag verbundenen Wirkungen erhält; indem sie dem einzutragenden Recht den
zeitlichen und damit auch inhaltlichen Vorrang vor später beantragten Eintragungen (vgl. §§ 17,
45 GBO) sichert, wenn und soweit dem Antrag ein mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der
Antragstellung heilbares Hindernis entgegen steht. Dies trifft für die steuerliche
Unbedenklichkeitsbescheinigung zu. Aus diesem Grund haben Antragsteller regelmäßig ein
berechtigtes Interesse daran, einen Umschreibungsantrag frühzeitig zu stellen, auch wenn diesem
Sicherungsinteresse schon weitgehend – wie hier - durch die Eintragung von
Auflassungsvormerkungen entsprochen ist. Im Weiteren ist bei der Ermessensentscheidung zu
berücksichtigen, das die Antragszurückweisung nach § 130
Abs. 1 KostO Kosten verursacht und dass die Behebung des hier alleine anstehenden Mangels –
des Fehlens der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung – ohne weiteres kurzfristig
möglich sein sollte.
Das in dem angegriffenen Beschluss sowie in dem Nichtabhilfebeschluss zur Begründung
angeführte Argument, der Eintragungsantrag sei nicht „ernsthaft gestellt“ bzw. der
Umschreibungsantrag könne überhaupt nur dann wirksam gestellt werden, wenn die
Unbedenklichkeitsbescheinigung vorliege, ist unzutreffend und legt nahe, dass die erforderliche
Ermessensausübung nicht stattgefunden hat. Tatsächlich ist die Kenntnis des Antragstellers von
einem seinem Antrag anhaftenden, aber behebbaren Mangel kein Umstand, der Zweifel an der
Ernsthaftigkeit des Antrages begründen oder dessen alsbaldige Zurückweisung rechtfertigen
kann (OLG Düsseldorf, NJW 1986, 1819).
Soweit das Grundbuchamt in einer Anlage zu dem Nichtabhilfebeschluss (Zwischenverfügung
vom 3. Dezember 2009 aus einem anderen Verfahren) darauf abstellt, dass die Einreichung eines
zunächst unvollständigen Antrags zusätzliche und vermeidbare Arbeitsbelastungen für die Justiz
mit sich bringt, ist dies allerdings nicht von der Hand zu weisen und durchaus ein Kriterium,
welches bei der nach § 18 Abs. 1 GBO erforderlichen Ermessensentscheidung Berücksichtigung
finden darf. Abgesehen davon, dass mit einer die Justiz nicht unnötig belastenden Praxis der
Notare letztlich auch diesen und ihren Mandanten gedient wäre, kommt dem gegenüber den
vorgenannten Umständen aber kein solches Gewicht zu, dass dies dem Erlass einer weitgehend
standardisierbaren und rechtlich einfachen Zwischenverfügung entscheidend entgegen stünde.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Zweibrücken

Erscheinungsdatum:

27.01.2010

Aktenzeichen:

3 W 14/10

Rechtsgebiete:

Grunderwerbsteuer
Grundbuchrecht

Normen in Titel:

GBO § 18; GrEStG § 22