BGH 28. Oktober 1988
V ZR 14/87
BGB § 185 Abs. 1

Ermächtigung des Grundstückskäufers zur Grundstücksbelastung im Rahmen der Kaufpreisfinanzierung

iv.
Rechtsprechung
A. Aus den Gründen:
Bürgerliches Recht
1. BGB § 185 Abs. 1 (Ermächtigung des Grundstückskäufers
zur Grundstücksbelastung im Rahmen der Kaufpreisfinanzierung)
Zur Frage der dinglichen Wirkung einer Ermächtigung,
durch die dem Käufer eines Grundstücks (nur) gestattet
wird, „im Rahmen der Finanzierung des Kaufpreises" noch
vor Umschreibung des Eigentums das Grundstück im eigenen Namen mit Grundpfandrechten zu belasten.
BGH, Urteil vom 28.10.1988 — V ZR 14/87 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Richter `am BGH
Aus dem Tatbestand.
Durch notariellen Vertrag vom 16. Januar 1980 verkaufte der Kläger
seine Eigentumswohnung an Wolfgang H. zum Preis von 75.000 DM,
der auf Notaranderkonto gezahlt werden sollte. Zugleich wurde die
Auflassung erklärt. Im Vertrag heißt es u. a.:
„Der Verkäufer bevollmächtigt den Käufer, bereits jetzt im Rahmen
der Finanzierung des Kaufpreises die Eintragung von Grundpfandrechten auf dem veräußerten Wohnungseigentumsrecht zu bewilliUnmittelbar nach Abschluß dieses Vertrages unterzeichnete H. eine
Urkunde vor demselben Notar, in der es heißt, daß „Herr Wolfgang
H;` auf dem Grundeigentum des Klägers eine Grundschuld in Höhe
von 75.000 DM zugunsten der Beklagten bestellt „zur Sicherung aller
bestehenden und künftigen — auch bedingten und befristeten — Ansprüche aus der Geschäftsverbindung" der Beklagten mit H. Die Beklagte zahlte an H. und auf dessen Anweisung an einen Dritten darlehensweise 30.940 DM, nachdem ihr am 18. Januar 1980 vom Notar
bestätigt worden war, sie erhalte eine erstrangige Grundschuld.
Die Grundschuld wurde am 23. Januar 1981 eingetragen. Der Kläger
erhielt den Kaufpreis nicht. H. leistete am 14. Juli 1982 die Offenbarungsversicherung.
Mit Schreiben vom 14. September 1981 forderte die Beklagte den Kläger unter Androhung der Zwangsvollstreckung auf, die Grundschuld
bis zum 30. September 1981 abzulösen. Am 29. Oktober 1981 zahlte
der Kläger 38.647,45 DM „auf die Grundschuld zu deren Ablösung".
In Höhe dieses Betrages nahm er bei der Volksbank M. ein Darlehen
auf und wies die Beklagte an, zur Sicherung dieses Kredits die
zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld an die Volksbank M.
abzutreten; dies geschah.
Der Kläger hält die Grundschuldbestellung für unwirksam, weil H.
seine Befugnis überschritten habe. Er hat von der Beklagten Zahlung
der ihm im Zusammenhang mit seiner Darlehensaufnahme entstandenen Kosten in Höhe von 60.427,14 DM nebst Zinsen ab 1. Oktober
1986 gefordert. Das Landgericht hat ihm 38.647,50 DM nebst Prozeßzinsen zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Das
Oberlandesgericht hat auf die Berufungen beider Parteien das Urteil
des Landgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt,
an den Kläger 38.647,50 DM nebst verschiedener gestaffelter Zinsen
sowie weitere 28,98 DM und weitere Zinsen auf gewisse aufgeschlüsselte Beträge zu zahlen.
Die Revision der Beklagten blieb erfolglos.
II. Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Zu Unrecht bekämpft sie die Ansicht des Berufungsgerichts, daß die Grundschuld nicht wirksam bestellt worden
sei.
a)Es ist schon zweifelhaft, ob die Beklagte im vorliegenden
Rechtsstreit noch mit ihrer gegenteiligen Rechtsansicht gehört werden kann oder ob der Senat nicht an die im Vorprozeß des Klägers gegen den Notar vertretene Beurteilung des
Oberlandesgerichts gebunden ist, wonach H. die ihm erteilte Ermächtigung überschritten habe und die Grundschuld
daher nicht entstanden sei (§§ 72 Abs. 1, 74 Abs. 3, 68 Satz 1
ZPO). (Wird ausgeführt).
b)Die Frage der Interventionswirkung braucht indessen hier
nicht vertieft zu werden, denn im vorliegenden Rechtsstreit
haben sich beide Parteien das Ergebnis des Vorprozesses insofern zu eigen gemacht, als sie in den Tatsacheninstanzen
übereinstimmend davon ausgegangen sind, H. habe die ihm
erteilte Ermächtigung (oder Vollmacht) überschritten und
die Grundschuld sei daher (zunächst) nicht wirksam entstanden. Nur in der Frage einer Genehmigung der Verfügung
H.'s durch den Kläger hat die Beklagte einen anderen Standpunkt als die Gerichte des Vorprozesses eingenommen. Ist
es aber zwischen den Parteien in den Tatsacheninstanzen
unstreitig gewesen, daß die Bestellung der Grundschuld
durch die Ermächtigung (oder Vollmacht) H:s-nicht gedeckt
war, so ist für eine abweichende Auslegung der gewollten
Tragweite der Ermächtigung in der Revisionsinstanz kein
Raum mehr. Insofern ist auch nicht entscheidend, ob der
Kläger dem H. eine Ermächtigung oder eine Vollmacht (zur
Grundschuldbestellung) erteilt hatte und ob H. im eigenen
oder in des Klägers Namen verfügt hat (vgl. Thiele, Die Zustimmungen in der Lehre vom Rechtsgeschäft, 1966, S. 146,
153, 154; Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, 1933, S. 295). Ausschlaggebend ist vielmehr, daß die auf
H. übertragene Rechtsmacht inhaltlich begrenzt war und
in zur Bestellung von Grundpfandrechten nur „im Rahmen
der Finanzierung des Kaufpreises" befugte.
c) Die vom Berufungsgericht gezogene Folgerung, daß die
Überschreitung. der Ermächtigung bestellte Grundschuld —
zumindest zunächst — nicht entstanden sei, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Die Verfügungsermächtigung begründet nach § 185 Abs. 1
BGB die aus dem Recht des Ermächtigenden abgeleitete
Zuständigkeit des Ermächtigten, über ein subjektives Recht
des Ermächtigenden im eigenen Namen zu verfügen (vgl.
MünchKomm/Thie/e, 2. Aufl. § 185 Rdnrn. 34, 41; Doris, Die
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rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, 1974,
S. 35, 155, 174). Diese Verfügungsbefugnis kann der Ermächtigende — wie eine Vollmacht - beliebig begrenzen und
dadurch das „Können" des Ermächtigten dem „Dürfen"
(nach Maßgabe der schuldrechtlichen Absprachen) anpassen (Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis,
1933, S. 295; Nipperdey, Festschrift für Nikisch, 1958, S. 323;
Doris, aaO S. 49, 173, 179). Bei einer Überschreitung der
Ermächtigung seitens des Ermächtigten wird der Verfügungsempfänger nur im Rahmen der Vorschriften über den
gutgläubigen Rechtserwerb geschützt.
Für die Weiterveräußerung von Waren, die unter (verlängertem) Eigentumsvorbehalt stehen, ist in diesem Sinne von der
Rechtsprechung anerkannt, daß ein Dritter aufgrund der
vom Vorbehaltsverkäufer erteilten Ermächtigung nur dann
Eigentum erwirbt, wenn sich der Vorbehaltskäufer bei der
Weiterveräußerung in den Grenzen der Ermächtigung gehalten hat (vgl. statt vieler BGH Urt. v. 30. März 1988, VIII ZR
340186, WM 1988, 740 m. w. N.). Hat sich der Vorbehaltsverkäufer z. B. die Forderung gegen den Zweitkäufer im voraus
abtreten "lassen, so deckt die Ermächtigung nicht eine Veräußerung, bei der die Unabtretbarkeit der Kaufpreisforderung vereinbart wird (BGHZ 27, 306, ,309 f.; 51, 113, 116
m. w. N.). Ebensowenig deckt eine Ermächtigung zum Weiterverkauf „im normalen Geschäftsgang" die Übereignung,
wenn unter dem Einstandspreis weiterverkauft wird (BGH
Urt. v. 5. November 1969, VIII ZR 247/67, LM BGB § 455 Nr. 23).
Im Liegenschaftsrecht hat die Verfügungsermächtigung
bisher hauptsächlich insofern Bedeutung erlangt, als die
Auflassungserklärung des Veräußerers u. U. zugleich als
Ermächtigung an den Auflassungempfänger ausgelegt
werden kann, noch vor dem Eigentumsübergang über das
Grundstück zu verfügen, insbesondere es weiterzuveräußern
(vgl. RGZ 54, 362, 366 f.; 89, 152, 157 f.; 129, 150, 153 f.; 135,
378, 382 f.; MünchKomrn/Kanzleiter, 2. Aufl. § 925 Rdnr. 41;
Erman/Ronke, BGB 7. Aufl. § 925 Rdnr. 24; Palandt/
Bassenge, BGB 47. Aufl. § 925 Anm. 5 c, jeweils m. w. N.).
Die Ermächtigung kann aber auch bei Grundstücken auf
bestimmte Verfügungen beschränkt und insoweit den
schuldrechtlichen Absprachen angepaßt werden. Dies ist
hier geschehen.
H. war zur Belastung des Kaufgrundstücks nur „im Rahmen
der Finanzierung des Kaufpreises" ermächtigt. Er hat die
Grundschuld jedoch zur Sicherung aller bestehenden und
künftigen Ansprüche aus seiner Geschäftsverbindung mit
der Beklagten bestellt. Durchgreifende Bedenken gegen die
Wirksamkeit der Sicherungsabrede sind weder vorgetragen
noch sonst ersichtlich. Denn diese Abrede begründet
Rechte und Pflichten grundsätzlich nur zwischen den Parteien des Sicherungsvertrages; ihre Tragweite und Wirksamkeit ist grundsätzlich unabhängig davon, ob es dem Sicherungsgeber gelingt, dem Sicherungsnehmer das sicherungshalber versprochene Recht zu verschaffen. Das Verfügungsgeschäft ist daher durch die Ermächtigung nicht
gedeckt und die Grundschuld deshalb — mindestens zunächst — nicht entstanden.
Die Grundschuldbestellung läßt sich auch nicht in einen
von der Ermächtigung gedeckten und einen ungedeckten Teil
zerlegen und nach § 139 BGB teilweise aufrechterhalten (vgl.
zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 139 BGB in Fällen
.der Vollmachtsüberschreitung etwa das Senatsurteil vom
14. November 1969, V ZR 97/66, NJW 1970, 240, 241 m. w. N.).
MittBayNot 1989 Heft 1
Da die Sicherungsabrede wirksam ist, hätte die Grundschuld nämlich, wenn sie wirksam entstanden wäre, nach
Maßgabe dieser Abrede der Beklagten uneingeschränkt zur
Verfügung gestanden. Die Frage des Entstehens der Grundschuld kann auch nicht etwa — rückblickend — davon
abhängig gemacht werden, zu welchem Zweck das Grundpfandrecht später tatsächlich verwendet worden ist.
Der Senat verkennt nicht, daß der Sicherungsnehmer ein
gewisses Risiko eingeht, wenn er auf den Umfang der Ermächtigung eines Grundschuldbestellers vertraut, der noch
nicht als Eigentümer im Grundbuch verzeichnet ist, so daß
der gute Glaube an die Verfügungsmacht nicht geschützt ist
(vgl. § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dem Sicherungsnehmer bleibt
es überlassen, dieses Risiko dadurch zu begrenzen, daß er
den Umfang der Verfügungsermächtigung überprüft. Insoweit gilt im Grundstücksrecht grundsätzlich nichts anderes
als im Fahrnisrecht. Es braucht hier auch nicht beurteilt zu
werden, ob und unter welchen Umständen generell Anlaß besteht, im Wege der Auslegung anzunehmen, daß eine Ermächtigung, das Kaufgrundstück vor dem Eigentumsübergang zu belasten, im erörterten Sinne inhaltlich beschränkt
ist; denn hier ist diese Beschränkung — offenbar aufgrund
des Verlaufes des vorangegangenen Amtshaftungsprozesses gegen den Notar — -unstreitig, so daß für eine Auslegung der Ermächtigungserklärung kein Raum bleibt.
2. Im Ergebnis hält auch die Würdigung des Berufungsgerichts, daß die Grundschuldbestellung nicht durch eine
Genehmigung des Klägers wirksam geworden sei (§ 185
Abs. 2 Satz 1 BGB), den Angriffen der Revision stand.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht
bei der Bildung seiner Überzeugung, der Kläger habe nicht
das Bewußtsein gehabt, ein schwebend unwirksames Geschäft zu genehmigen, Tatsachenstoff übergangen hat;
denn auf eine Kenntnis des Klägers von der Unwirksamkeit
des Verfügungsgeschäfts kommt es hier nicht an: Nach den
insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger den Ablösebetrag von 38.647,50 DM
allein zur Abwendung der drohenden Zwangsvollstreckung
aus der Grundschuld an die Beklagte gezahlt. Bei dieser
Sachlage brauchte das Berufungsgericht die Zahlung. nicht
zugleich als Genehmigung der Grundschuldbestellung zu
deuten. Wer unter dem Druck angedrohter Zwangsvollstreckung leistet, gibt nach der Lebenserfahrung dadurch
nicht einmal. ohne weiteres zu erkennen, daß er damit endgültig eine Leistung erbringen und das zugrundeliegende
Schuldverhältnis erfüllen will; erst recht bringt er dadurch
nicht zum Ausdruck, daß er ein — etwa — unwirksames Verfügungsgeschäft genehmigen will.
Anmerkung:
Dieses für Notare und Kreditinstitute lehrreiche Urteil ist zur
Veröffentlichung in BGHZ und Lindenniaier/Möhring (LM)
vorgesehen und befaßt sich mit dem im Grundstücksverkehr
alltäglichen Vorgang, daß der Käufer das Kaufobjekt (Grundstück, Wohnungseigentum) zur Finanzierung des Kaufpreises beleihen muß. Die große praktische Bedeutung
dieses Vorgangs ist der Anlaß für einen Beitrag zum Thema
„Grundschuld zur Kaufpreisfinanzierung`; der erst in MittBayNot 1989 Heft 2 veröffentlicht werden kann. Auf die Besonderheiten des BGH-Falles und auf die Lehren, die aus
ihm gezogen werden können, will ich mit folgenden Bemerkungen aufmerksam machen:
In dem vom BGH entschiedenen Fall hat der Käufer mit Hilfe
der im Urteil wörtlich wiedergegebenen Vollmacht des Verkäufers am Kaufobjekt eine Grundschuld bestellt, den Kaufpreis nicht bezahlt und die Bank veranlaßt, die Grundschuld
statt zur Kaufpreisfinanzierung anderweitig zu verwenden.
Der Verkäufer (= Kläger) hat zur Abwendung der ihm angedrohten Zwangsvollstreckung die Grundschuld abgelöst und
von der Bank (= Beklagte) den Ablösungsbetrag zurückverlangt, nach Auffassung des BGH mit Recht. Diesem Ergebnis ist zuzustimmen, der Begründung im vorliegenden
Rechtsstreit auch, weil der BGH als Revisionsinstanz an den
übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien gebunden war,
der Käufer habe die auf Bestellung einer Kaufpreisfinanzierungsgrundschuld beschränkte Ermächtigung überschritten
und deshalb eine jedenfalls zunächst nicht wirksame Grundschuld bestellt.
2. Beurteilung im Grundbuchverfahren
Das Grundbuchamt hat die Belastungsvollmacht des Verkäufers für den Käufer nicht so eng auslegen dürfen wie
später im Prozeß das OLG und der BGH, jedenfalls nicht
ohne konkreten Anlaß, für den im vorliegenden Fall keine
Anhaltspunkte ersichtlich sind. Denn für die Auslegung von
Grundbucherklärungen (§§ 19, 29 GBO), wozu auch Vollmachten zur Abgabe der Eintragungsbewilligung gehören
(vgl. KEHE/Ertl Einl. A 45), ist vom Regelfall auszugehen
oder mit den Worten des BGH (DNotZ 1976, 16) „von der für
einen unbefangenen Betrachter nächstliegenden Bedeutung" (dazu Horber/Demharter GBO § 19 Anm. 8; KEHE/Ertf
Einl. C 25 ff. Je m.w.N.). Die Grundschuld ist nach dem
Gesetz ein abstraktes dingliches Recht (§ 1191 BGB),
dessen Wirksamkeit weder von einem schuldrechtlichen
Sicherungsvertrag zwischen dem Grundstückseigentümerund dem Grundschuldgläubiger noch von einer Forderung
abhängig ist, die durch die Grundschuld gesichert werden
soll. Das Grundbuchamt hat demnach unter Beachtung der
Verfahrensvorschriften die Grundschuld ordnungsgemäß
eingetragen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn
— wie hier — der BGH später aus Gründen, die das Grundbuchamt nicht zu beachten hatte und mit dem ihm zugänglichen Beweismitteln nicht nachprüfen konnte, im Urteil
festgestellt hat, daß die Grundschuld vom Käufer materiell
nicht wirksam bestellt worden ist. Erst in der späteren
Anweisung des Grundstückseigentümers an die unrichtig
(§ 894 BGB) eingetragene Grundschuldgläubigerin, die
Grundschuld an die Volksbank abzutreten und die neue
Gläubigerin im Grundbuch eintragen zu -lassen, ist die
(materiell formlos zulässige) . Genehmigung des Grundstückseigentümers zu erblicken, die die Grundschuldbestellung wirksam (§ 185 Abs. 2 BGB) und das Grundbuch richtig
gemacht hat (KEHE/Ert/ § 22 Rdnr. 8).
3. Materielle Rechtslage im Regelfall
Nach materiellem Recht wird man im Regelfall, wenn noch
kein.Prozeß geführt wird oder die Prozeßlage es erlaubt, die
Grundschuldbestellung aus einer anderen Sicht, die dem
BGH aus prozessualen Gründen verwehrt war, prüfen und
beurteilen müssen. Dabei wird man zum gleichen Ergebnis,
aber mit einer anderen Begründung kommen.
a) Die Grundschuld ist aufgrund der Ermächtigung des Verkäufers vom Käufer wirksam bestellt worden (§ 185 Abs. 1,
§§ 1191, 873 BGB). Auf die Frage, ob und auf welche Weise
der Grundstückseigentümer die Grundschuldbestellung
nachträglich genehmigt hat (§ 185 Abs. 2 BGB), kommt es
deshalb nicht an.
b) Kernstück des Sicherungsvertrages ist die Vereinbarung,
welche Forderungen durch die Grundschuld gesichert sind.
Zwischen dem Verkäufer als Eigentümer des belasteten
Grundstücks und der Bank als Grundschuldgläubigerin besteht kein wirksamer Sicherungsvertrag, der die Bank berechtigen würde, die Grundschuld vor der Bezahlung des gesamten Kaufpreises anders als zur Kaufpreisfinanzierung zu
verwenden oder zu verwerten. Selbst wenn der Käufer beim
Abschluß des Sicherungsvertrages mit der Bank auch den
Verkäufer vertreten haben sollte, dann hätte dieser Vertrag
insoweit wegen Überschreitung der Vollmacht keine Wirkungen gegen den Verkäufer. Ein Gutglaubensschutz der Bank
kommt hier nicht in Betracht, weil der Sicherungsvertrag
schuldrechtlichen Charakter hat. Der Verkäufer muß deshalb eine Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld auch
dann nicht dulden, wenn die Grundschuld wirksam ist (vgl.
BGH LM § 366 BGB Nr. 10 = WM 1975, 1206; WM 1981 333,
335; OLG Frankfurt WM 1973, 1150; OLG Bamberg ZIP 1984,
1213).
4. Gefahren für den Verkäufer
Zu den Gefahren, die dem Verkäufer aus seiner Mitwirkung
bei der Grundschuldbestellung drohen können, gehört auch
das Risiko der Verwendung der Grundschuld für andere
Zwecke als zur Zahlung des Kaufpreises. Der BGH-Fall zeigt,
daß sich der Verkäufer gegen das Risiko der abredewidrigen
Verwertung der Grundschuld mit Erfolg wehren kann. Wichtig ist dazu allerdings, daß der Verkäufer das Eigentum am
verkauften Grundstück nicht verliert, bevor er den Kaufpreis
erhält, und daß er nicht einen Sicherungsvertrag mit der
Bank schließt oder durch einen Bevollmächtigten schließen
läßt, der ihn zur Duldung einer anderweitigen Verwertung
der Grundschuld verpflichtet. Dem Verkäufer hätten vielleicht die Sorgen eines durch drei Instanzen geführten Prozesses erspart werden können, wenn im Kaufvertrag oder in
der Grundschuldurkunde oder noch besser in beiden die in
der Fachliteratur für die Fälle der Mitwirkung des Verkäufers
bei der Kaufpreisfinanzierung empfohlenen Vorsorgemaßnahmen getroffen worden wären (vgl. Reithmann/Rö///Gesse/e Rdnr. 324 ff.; Haege/e/Schöner/Stöber Rdnr. 3158 ff.).
5. Beleihungsrisiko für die Bank
Kreditinstitute sollten aus dem BGH-Fall die Lehre ziehen,
daß sie vor Verwendung einer Grundschuld die Wirksamkeit
und den Inhalt des schuldrechtlichen Sicherungsvertrages
genau prüfen müssen und keine Auszahlungen vornehmen
sollten, die durch diesen Vertrag nicht oder jedenfalls nicht
eindeutig gedeckt sind.
Notar Rudolf Ert/, Kempten (Allgäu)
2. Gesetz, das Unschädlichkeitszeugnis betreffend Art. 2
Abs. 3, Art. 8 (Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über
das Unschädlichkeitszeugnis)
1. Die Regelung in Art. 2 Abs. 3 UnschZG, wonach die Erteilung des Unschädlichkeitszeugnisses für die lastenfreie Veräußerung eines Grundstücksteils ohne Ausgleich der Wertminderung zulässig ist, wenn diese den Betrag von 300 DM
nicht übersteigt, verstößt nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 103 Abs. 1 BV.
2. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, eine im Popularklageverfahren angefochtene
MittBayNot 1989 Heft 1

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

28.10.1988

Aktenzeichen:

V ZR 14/87

Erschienen in:

MittBayNot 1989, 20-22

Normen in Titel:

BGB § 185 Abs. 1