Bedingte Ausübungsbefugnis (hier: Zahlung eines Nutzungsentgelts) als Inhalt einer Dienstbarkeit; Erlöschen durch Verjährung des Beseitigungsanspruchs bzgl. einer baulichen Anlage
letzte Aktualisierung: 10.6.2021
BGH, Urt. v. 19.3.2021 – V ZR 44/19
BGB §§ 902 Abs. 1, 1018, 1028 Abs. 1 S. 2
Bedingte Ausübungsbefugnis (hier: Zahlung eines Nutzungsentgelts) als Inhalt einer
Dienstbarkeit; Erlöschen durch Verjährung des Beseitigungsanspruchs bzgl. einer
baulichen Anlage
Die Befugnis zur Ausübung der Dienstbarkeit kann mit dinglicher Wirkung unter die Bedingung der
Zahlung eines Entgelts gestellt werden. Eine solche Bedingung muss – anders als eine den Bestand
des Rechts betreffende Bedingung – nicht in das Grundbuch selbst eingetragen werden; es genügt
die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (Fortführung von Senat, Beschluss vom 1. Oktober
2020 – V ZB 51/20,
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht verneint eine Duldungspflicht der Beklagten, weil
die Ausübung der Grunddienstbarkeit durch die Zahlung einer angemessenen
Nutzungsgebühr bedingt und die Bedingung nicht eingetreten sei. Aus dem
Grundbuch und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, aber auch
aus der Handhabung der Grunddienstbarkeit durch die jeweiligen Grundstückseigentümer
ergebe sich für einen unbefangenen Betrachter, dass die Entrichtung
einer Nutzungsgebühr nicht Bedingung für die Bestellung der Grunddienstbarkeit,
sondern für deren Ausübung sein solle. Dieses Verständnis werde von dem
Wortlaut gedeckt. Auch das Verhalten der Beteiligten nach der Bestellung der
Grunddienstbarkeit spreche dafür, dass die Entrichtung einer Nutzungsgebühr
nur bei einer konkreten Inanspruchnahme der Stellplätze gewollt gewesen sei.
Denn eine konkrete Nutzungsvereinbarung sei 1979 und auch später nicht getroffen
worden. Alle Beteiligten hätten die wirksame Entstehung der Grunddienstbarkeit
und deren Entgeltlichkeit nicht in Zweifel gezogen. Bis 2012 sei weder
eine unentgeltliche Einstellung von Kraftfahrzeugen noch eine Nutzungsgebühr
verlangt worden. Die in der Ausübung durch die Gewährung eines Entgelts bedingte
Grunddienstbarkeit sei wirksam unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung
in das Grundbuch eingetragen und in dieser Form erworben worden.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung
kann eine Pflicht der Beklagten, infolge der Grunddienstbarkeit das unent-
geltliche Einstellen von 30 Kraftfahrzeugen auf ihrem Grundstück durch die Klägerin
bzw. durch die von dieser ermächtigten Personen zu dulden (§ 1004 Abs. 2,
1. Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, dass die
Ausübung der Dienstbarkeit von der Zahlung eines Nutzungsentgelts abhängig
gemacht werden kann.
a) In der Vereinbarung über die Bestellung einer Dienstbarkeit können weitere
Regelungen getroffen werden. Das gilt insbesondere für die Abrede über
eine Gegenleistung des Berechtigten (Senat, Urteil vom 20. September 1974
- V ZR 44/73,
Zeitabschnitten zu entrichtenden Entgelt vereinbart werden kann (Senat, Urteil
vom 10. Mai 1968 V ZR 221/64,
- V ZR 51/13,
zur Zahlung eines Entgelts kann aber nicht Inhalt einer Grunddienstbarkeit
sein (vgl. Senat, Beschluss vom 7. April 2011 - V ZR 201/10, juris
Rn. 4 mwN;
einer solchen Gegenleistungspflicht ist die Eintragung einer Reallast (§ 1105
BGB) oder einer Rentenschuld (§ 1199 BGB) auf dem herrschenden Grundstück
(vgl. OLG Karlsruhe,
Rn. 7; kleine Holthaus/Keiser,
b) Ob die Ausübung der Dienstbarkeit auch mit dinglicher Wirkung unter
die Bedingung der Zahlung eines Nutzungsentgeltes gestellt werden kann, ist
allerdings umstritten.
aa) Die überwiegende Ansicht nimmt an, die Ausübung der Grunddienstbarkeit
könne unter die Bedingung gestellt werden, dass der Berechtigte eine
Gegenleistung erbringe mit der Folge, dass bei Nichteintritt der Bedingung das
dingliche Recht nicht durchsetzbar sei (vgl. OLG Karlsruhe,
433 f.; OLG Frankfurt,
4. Aufl., AT C Rn. 337, 475; Herrler in BeckNotar-Hdb, 7. Aufl., § 7 Rn. 31; Schöner/
Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 1160; Dehner, Nachbarrecht
[September 2013], B § 30 III 7; BeckOGK/Reymann, BGB [1.11.2020], § 158
Rn. 120; BeckOK BGB/Reischl [1.2.2021], § 1018 Rn. 47; Erman/Grziwotz, BGB,
16. Aufl., Vor § 1018 Rn. 9, § 1093 Rn. 4; MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl., § 158
Rn. 26; MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl., § 1018 Rn. 7, 69; Staudinger/Reymann, BGB
[2017], § 1093 Rn. 14; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1018 Rn. 14; Amann,
Dammertz,
in einer älteren Entscheidung ausgegangen (Urteil vom 27. April 1970
- III ZR 226/68,
bb) Ein Teil des Schrifttums lehnt das mit der Begründung ab, die Bedingung
für die Ausübung der Dienstbarkeit sei nichts anderes als die Bedingung
des Rechts selbst. Die Rechtsausübung sei nicht Inhalt, sondern Auswirkung eines
Rechts, und bestimme sich deshalb nach seinem Inhalt. Werde die Rechtsausübung
rechtsgeschäftlich mit dinglicher Wirkung beschränkt, bedeute dies
eine Beschränkung des Rechts selbst. Damit werde der Inhalt des dinglichen
Rechts unzulässig an das Schuldrecht geknüpft (vgl. NK-BGB/Otto, 4. Aufl.,
§ 1018 Rn. 102 und § 1093 Rn. 14; Wolff/Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., § 107
Fn. 3; Ripfel,
13. Aufl., § 1018 Rn. 40).
cc) Der Senat hält die zuerst genannte Auffassung für zutreffend. Die Befugnis
zur Ausübung der Dienstbarkeit kann mit dinglicher Wirkung unter die Bedingung
der Zahlung eines Entgelts gestellt werden. Wenn, was allgemein aner-
kannt ist, die Grunddienstbarkeit in ihrem Bestand von der Erbringung der schuldrechtlichen
Gegenleistung abhängig sein kann (vgl. NK-BGB/Otto, 4. Aufl.,
§ 1018 Rn. 102; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1018 Rn. 14; Soergel/Stürner,
BGB, 13. Aufl., § 1018 Rn. 40; kleine Holthaus/Keiser,
das erst recht für die geringere Beschränkung der Ausübungsmöglichkeit des
Rechts. Das Abstraktionsprinzip verbietet eine solche Verknüpfung zwischen der
Ausübung der Dienstbarkeit und der Obliegenheit zur Zahlung eines Entgelts
nicht (Umkehrschluss aus § 925 Abs. 2 BGB). Es besteht auch ein anerkennenswertes
praktisches Bedürfnis dafür, eine Dienstbarkeit inhaltlich so beschränken
zu können, dass die Zahlung eines Entgelts Bedingung für ihre Ausübung ist. Auf
diese Weise wird dem Eigentümer die Möglichkeit eingeräumt, bei Nichtzahlung
des Entgelts die Ausübung der Dienstbarkeit zu unterbinden, ohne dass die
Dienstbarkeit in ihrem dinglichen Bestand zu Fall kommt. Die Entgeltpflicht selbst
wird durch die Vereinbarung einer solchen Bedingung aber nicht verdinglicht. Sie
bleibt Obliegenheit zur Ausübung des Rechts.
2. Die Bedingung der Zahlung eines Entgelts für die Ausübung der Dienstbarkeit
muss nach zutreffender Ansicht des Berufungsgerichts nicht in das
Grundbuch selbst eingetragen werden. Es genügt - anders als für eine den
Bestand des Rechts betreffende Bedingung (vgl. Senat, Beschluss vom
1. Oktober 2020 - V ZB 51/20,
Eintragungsbewilligung (so auch OLG Karlsruhe,
Bauer/Schaub/Weber, GBO, 4. Aufl., § 44 Rn. 46; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Aufl., Rn. 1160; Dehner, Nachbarrecht [Oktober 2020], B § 30 III 7;
BeckOGK/Reymann, BGB [1.11.2020], § 158 Rn. 120; BeckOGK/Kazele, BGB
[1.2.2021], § 1093 Rn. 59.3; Erman/Grziwotz, BGB, 16. Aufl., § 1093 Rn. 4; NKBGB/
Otto, 4. Aufl., § 1093 Rn. 13; Palandt/Herrler, BGB, 80. Aufl., § 874 Rn. 5;
Staudinger/C. Heinze, BGB [2018], § 874 Rn. 21). Die gegenteilige Ansicht (OLG
Frankfurt,
Holthaus/Keiser,
muss nur der wesentliche Inhalt des Rechts ersichtlich sein. Wegen der weiteren
inhaltlichen Ausgestaltung des Rechts kann auf die Eintragungsbewilligung gemäß
§ 874 Satz 1 BGB Bezug genommen werden (vgl. Senat, Urteil vom
29. September 2006 V ZR 25/06,
Ausgestaltung des Rechts handelt es sich bei der Obliegenheit zur Zahlung
eines Entgelts für die Ausübung des Rechts.
3. Die Auslegung der Grunddienstbarkeit durch das Berufungsgericht hält
jedoch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es stellt maßgeblich auf die
Handhabung der Dienstbarkeit durch die Beteiligten sowie auf deren Vorstellung
und inneren Willen ab. Diese Umstände sind jedoch für die Auslegung des Inhalts
eines im Grundbuch eingetragenen Rechts unbeachtlich. Zur Ermittlung des Inhalts
einer Dienstbarkeit ist vielmehr vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung
und der nach § 874 BGB in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung
abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende
Bedeutung des Eingetragenen ergibt; Umstände außerhalb dieser Urkunden
dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen
Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind
(st. Rspr. vgl. nur Senat, Urteil vom 12. Juli 2019 V
ZR 288/17,
es sich bei der Handhabung der Dienstbarkeit durch die Beteiligten sowie deren
Vorstellung und innerer Willen nicht.
4. Der Senat kann die Grundbucheintragung selbst auslegen (vgl. Senat,
Beschluss vom 17. Januar 2019 - V ZB 81/18,
Bei nächstliegender Betrachtung ergibt sich aus der in der Grundbucheintragung
in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung vom 22. November 1979, dass
die Ausübung des Kraftfahrzeugeinstellrechts nicht mit dinglicher Wirkung von
der Bedingung der Zahlung eines Entgelts abhängig gemacht, sondern die Entgeltpflicht
nur schuldrechtlich vereinbart worden ist. Die schuldrechtliche Verpflichtung
zur Zahlung eines Nutzungsentgelts hat die Klägerin nicht übernommen.
a) Soll die Ausübung der Grunddienstbarkeit von der Zahlung einer Nutzungsgebühr
abhängig sein, muss das in der Grundbucheintragung deutlich zum
Ausdruck kommen. Die Vereinbarung einer Entgeltzahlung für die Ausübung der
Dienstbarkeit ist nämlich auf zwei Wegen möglich. Die Entgeltpflicht kann zum
einen als Bedingung für die Ausübung der Dienstbarkeit vereinbart werden, die
zu einer inhaltlichen Beschränkung des Rechts führt. Sie kann zum anderen als
rein schuldrechtliche Pflicht des Vertragspartners begründet werden.
b) Die zuletzt genannte schuldrechtliche Lösung ist hier gewählt worden.
Die Eintragungsbewilligung vom 22. November 1979 ist nächstliegend dahin auszulegen,
dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsgebühr nicht als Inhalt
der Dienstbarkeit vereinbart worden ist.
aa) Der Wortlaut der Eintragungsbewilligung, wonach der Berechtigte eine
angemessene und ortsübliche Nutzungsgebühr „[f]ür die Einräumung des
Rechts“ zu entrichten hat, ist nicht eindeutig. Ihm kann nur entnommen werden,
dass für die Gewährung der Nutzungsmöglichkeit eine Nutzungsgebühr gezahlt
werden soll.
bb) Die Systematik der Regelung in Ziffer 6 der Eintragungsbewilligung
spricht gegen eine Bedingung und für eine nur schuldrechtlich wirkende Vereinbarung.
Unter Buchstabe a) wird der Inhalt der Grunddienstbarkeit beschrieben,
wonach der Eigentümer des herrschenden Grundstücks berechtigt ist, dreißig
Kraftfahrzeuge einzustellen und zu diesem Zweck die vorhandenen Zufahrten zu
benutzen. Es folgt - im Anschluss an eine hier nicht interessierende Unterlassungsverpflichtung
des Käufers - die Bewilligung und Beantragung der Eintragung
der Grunddienstbarkeit in das Grundbuch. Diese den Vollzug der Eintragung
betreffenden Erklärungen beziehen sich nach der systematischen Stellung
auf das unter Buchstabe a) beschriebene dingliche Recht und beenden die dazu
getroffenen dinglichen Regelungen. Erst im Anschluss daran und in einem gesonderten
Absatz folgt die Vereinbarung über die Entrichtung einer angemessenen
Nutzungsgebühr. Diese kann sich schon wegen ihrer systematischen Stellung
nicht auf den unter Buchstabe a) beschriebenen Inhalt der Grunddienstbarkeit
beziehen.
cc) Auch die weitere Regelung in Ziffer 6 der Eintragungsbewilligung, wonach
„der Verkäufer“ für die Entrichtung der Nutzungsgebühr „zu sorgen und einzustehen“
hat, spricht bei nächstliegender Auslegung dagegen, dass der Inhalt
der Dienstbarkeit so beschränkt worden ist, dass die Zahlung eines Entgelts Bedingung
für ihre Ausübung ist. Die Vereinbarung der Verpflichtung des Verkäufers,
für die Entrichtung der Nutzungsgebühr zu sorgen und einzustehen, soll die
Zahlung an den Eigentümer des dienenden Grundstücks sicherstellen. Der Regelung
hätte es nicht bedurft, wenn bereits der Inhalt der Dienstbarkeit beschränkt
worden wäre. „Sorgen“ für die Entrichtung der Nutzungsgebühr kann
der Verkäufer im Fall eines Weiterverkaufs des herrschenden Grundstücks nur,
indem er die Verpflichtung zur Zahlung eines Nutzungsentgelts schuldrechtlich
an den Käufer weitergibt und auch diesem eine Weitergabeverpflichtung auferlegt.
Dass, wie die Beklagten meinen, der damalige Verkäufer des dienenden
Grundstücks eine Ausfallhaftung übernommen habe, die neben die Obliegenheit
des jeweiligen Dienstbarkeitsberechtigten zur Entgeltzahlung treten solle, ist
nicht als nächstliegend anzusehen. Denn es erschließt sich nicht, warum der Verkäufer
eine dauerhafte und unbeschränkte Einstandspflicht übernommen haben
sollte, wenn schon die Ausübung der Dienstbarkeit von der Zahlung des Entgelts
abhängig, dieses also im praktischen Ergebnis gesichert war.
III.
Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig
(
nicht verwirkt.
1. Die Verwirkung eines Anspruchs aus einem dinglichen Recht, das der
Verjährung nicht unterliegt (§ 902 Abs. 1 Satz 1 BGB), kann nur in Ausnahmefällen
angenommen werden (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06,
Rn. 117). Der Rechtsverkehr kann darauf vertrauen, dass ein im Grundbuch eingetragenes
Recht fortbesteht. Die Verwirkung einer Grunddienstbarkeit kommt
deshalb allenfalls aufgrund des Verhaltens des aktuell dinglich Berechtigten und
nur im Verhältnis zu ihm in Betracht. Andernfalls würde der Grundbuchinhalt entwertet.
2. Danach sind die Voraussetzungen der Verwirkung nicht gegeben. In der
Person der Klägerin fehlt es schon an dem erforderlichen Zeitmoment. Sie ist erst
seit 2010 Eigentümerin des herrschenden Grundstücks und hat das Recht aus
der Dienstbarkeit bereits 2012 gegenüber den Beklagten geltend gemacht.
IV.
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1
ZPO). Die Sache ist nicht entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht - aus seiner
Sicht folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Grund-
dienstbarkeit infolge der Errichtung des Bauwerks mit Tiefgarage auf dem Grundstück
der Beklagten gemäß
ist deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Verhandlung und erneuten
Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1
ZPO). Hierzu weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Zunächst ist festzustellen, ob das Kraftfahrzeugeinstellrecht auf dem
Grundstück der Beklagten auch außerhalb des vorhandenen Bauwerks ausgeübt
werden kann, ohne den Rahmen einer schonenden Rechtsausübung zu überschreiten
(
- V ZR 164/07,
2. Sollten der Klägerin keine ausreichenden Flächen auf dem Grundstück
der Beklagten zum Einstellen von Fahrzeugen zur Verfügung stehen, hätte das
nicht zwingend zur Folge, dass das auf dem Grundstück der Beklagten errichtete
Bauwerk eine Anlage darstellt, durch die die Dienstbarkeit beeinträchtigt wird
(
nunmehr auf die Tiefgarage bezieht.
a) Die Tiefgarage als solche ist nach dem objektiven Inhalt der Grunddienstbarkeit
keine störende Anlage im Sinne des
Dienstbarkeit berechtigt ihrem Wortlaut nach dazu, 30 Kraftfahrzeuge auf dem
dienenden Grundstück einzustellen. Ein Ausübungsbereich des Rechts ist, was
möglich gewesen wäre (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 16. Februar 1984
- V ZB 8/83,
2016, 1089 Rn. 36), nicht als Inhalt der Grunddienstbarkeit festgelegt worden. Ihr
Ausübungsbereich erstreckt sich deshalb auf das ganze Grundstück und damit
auch auf die Tiefgarage. „Eingestellt“ werden können Fahrzeuge bei nächstliegendem
Verständnis des Begriffs nämlich sowohl oberirdisch als auch unterirdisch
in einer Tiefgarage.
b) Allerdings könnte die Ausübung der Dienstbarkeit in der Vergangenheit
dadurch beeinträchtigt gewesen sein, dass die Tiefgarage mit einer Zugangsbeschränkung
- z.B. einem Tor, einer Schranke oder einer ähnlichen Vorrichtung -
versehen ist, wie es üblicherweise der Fall ist. Gibt es ein solches Zugangshindernis,
konnte der Dienstbarkeitsberechtige Kraftfahrzeuge nicht ohne Mitwirkung
des Eigentümers des dienenden Grundstücks in die Tiefgarage einstellen.
War nicht gewährleistet, dass der Dienstbarkeitsberechtigte die Zugangsbeschränkung
überwinden und von seinem Einstellrecht Gebrauch machen konnte,
ging und geht von der Tiefgarage eine Beeinträchtigung der Dienstbarkeit aus,
die, wenn sie 30 Jahre oder länger angedauert haben sollte, zum Erlöschen der
Dienstbarkeit geführt hat (
störende Anlage Senat, Urteil vom 18. Juli 2014 - V ZR 151/13,
Rn. 13 und 16).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:19.03.2021
Aktenzeichen:V ZR 44/19
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Reallast
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundpfandrechte
BGB §§ 902 Abs. 1, 1018, 1028 Abs. 1 S. 2