OLG Karlsruhe 25. August 2022
19 W 7/21 (Wx)
BauGB § 144; GBO §§ 15, 17, 18; BGB § 878; GNotKG §§ 13, 22

Zu den Voraussetzungen, unter denen im Grundbuchverfahren ein Gerichtskostenvorschuss verlangt werden kann

letzte Aktualisierung: 15.12.2022
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.8.2022 – 19 W 7/21 (Wx)

BauGB § 144; GBO §§ 15, 17, 18; BGB § 878; GNotKG §§ 13, 22
Zu den Voraussetzungen, unter denen im Grundbuchverfahren ein Gerichtskostenvorschuss
verlangt werden kann

1. Ein Vorschuss auf Gerichtskosten nach § 13 GNotKG kann im Grundbuchverfahren nur im
Ausnahmefall verlangt werden, nämlich wenn konkrete Einzelfallumstände ernsthafte Zweifel an der
Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswilligkeit des Kostenschuldners begründen. Anhaltspunkte dafür
können eingetragene Zwangsversteigerungsvermerke oder Sicherungshypotheken sein.
2. § 878 schützt lediglich vor den Gefahren der Dauer des Eintragungsverfahrens, nicht jedoch vor
den Risiken sonstiger ausstehender Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts.
Liegen diese Voraussetzungen bei Eintritt der Verfügungsbeschränkung noch nicht vollständig vor,
so ist das Vertrauen noch nicht hinreichend schutzwürdig.

(Leitsätze der DNotI-Redaktion)

Gründe

I.
Der Betroffene zu 1 ist als Eigentümer (im Folgenden „Eigentümer“) einer 1149 qm großen Gebäude- und
Freifläche im Grundbuch von I. Nr. X1, Flurstück X2, eingetragen. Die Auflassung erfolgte am 16. Juni 2015.
Eingetragen wurde der Eigentümer am 14. Oktober 2015. Vorheriger Eigentümer des Grundstücks war der
Vater des Eigentümers, Herr E. K.

Mit Urkundenrolle Nr. … vom 19. August 2020 des Notars W. aus F. bestellte der Eigentümer zugunsten des
Beteiligten zu 2, Herrn B. A., eine Grundschuld ohne Brief in Höhe von 350.000 EUR. Der Eigentümer
bewilligte und beantragte die Eintragung der Grundschuld in das Grundbuch.

Mit Schreiben vom 8. September 2020 an das Amtsgericht Mannheim – Grundbuchamt – (im Folgenden
„Grundbuchamt“) übersandte der Notar die Grundschuldbestellungsurkunde und beantragte - auch namens
des Gläubigers - deren Vollzug nach § 15 GBO.

Mit Schreiben vom 14. September 2020 wies das Grundbuchamt den Notar darauf hin, dass es zum Vollzug
des Antrags sowohl einer Genehmigung der Sanierungsbehörde nach § 144 BauGB als auch des Nachweises
über die Zahlung des Kostenvorschusses bedürfe.

Auf Antrag der Insolvenzverwalterin über das Vermögen des Herrn E. K., des Vaters des Eigentümers und
vormaligen Grundstückseigentümers, erließ das Amtsgericht Heidelberg unter dem Az. 22 C 311/20 am 17.
September 2020 einen Beschluss, in dem es dem Eigentümer verbot, über seinen Grundbesitz I., F. Straße 58,
Grundbuch I. Nr. X1, Flurstück X2, zu verfügen, und die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des
Rückübertragungsanspruchs der Insolvenzverwalterin im Grundbuch anordnete. Hintergrund war die
Anfechtung der Grundstücksübertragung vom Vater des Eigentümers auf den Eigentümer im Jahr 2015 im
Wege einer vorweggenommenen Erbfolge. Da die Forderung, die der noch im Grundbuch eingetragenen
Grundschuld der Sparkasse V. in Höhe von 244.000 EUR zugrundegelegen habe, bereits bedient gewesen sei
und die Sparkasse bereits die Bewilligung der Löschung der Grundschuld angekündigt habe, sei nach Ansicht
der Insolvenzverwalterin in der vom Eigentümer erklärten Schuldübernahme nebst Haftungsfreistellung des
Vaters keine Gegenleistung zu sehen gewesen. Als unentgeltliche Leistung sei die Eigentumsübertragung
nach § 134 InsO anfechtbar.

Die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Heidelberg ist dem Eigentümer am 18. September 2020
zugestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt lag der Sanierungsbehörde noch kein Antrag auf Erteilung der
sanierungsrechtlichen Genehmigung seitens des Eigentümers vor. Die sanierungsrechtliche Genehmigung zur
Grundschuldbestellung wurde am 29. September 2020 unter Bezugnahme auf ein Schreiben vom 21.
September 2020 erteilt.

Auf den Hinweis des Grundbuchamts vom 24. September 2020, dass eine Eintragung der Grundschuld nicht
vorgenommen werden könne, weil ein absolutes Verfügungsverbot bestehe, und dass Gelegenheit zur
Antragsrücknahme gegeben werde, teilte das Notariat mit, dass eine Antragsrücknahme nicht erfolgen werde.
Es möge entschieden werden.

Mit Zurückweisungsbeschluss vom 2. Oktober 2020 wies das Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung der
Grundschuld zurück, da es Kenntnis von einem aus dem Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg
resultierenden Veräußerungsverbot erlangt habe zu einem Zeitpunkt, als die Genehmigung der
Sanierungsbehörde nach § 144 BauGB und der Kostenvorschuss noch nicht vorgelegen hätten. Hiervon sei
die Eintragung abhängig gewesen. Die Voraussetzungen des § 878 BGB seien nicht erfüllt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit Schreiben des Notars für den Eigentümer sowie den Beteiligten
zu 2 eingelegte Beschwerde, die entgegen der Ankündigung nicht näher begründet wurde.

Durch Beschluss vom 18. Januar 2021, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, half die zuständige
Rechtspflegerin nicht ab. Zugleich legte sie die Sache zur Entscheidung vor.

II.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Gegen den Zurückweisungsbeschluss des Grundbuchamtes, mit dem es den Antrag des Eigentümers auf
Eintragung der Grundschuld abgelehnt hat, ist die - einer Frist grundsätzlich nicht unterliegende -
unbeschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft.

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Grundbuchamt hat dem auf Eintragung der Grundschuld zielenden Antrag der Beteiligten zu Recht nicht
entsprochen und sich dabei auf zutreffende Erwägungen gestützt. Zum einen durfte die Eintragung von der
Zahlung eines Vorschusses abhängig gemacht werden (a)). Zum anderen lag die kraft gesetzlicher
Bestimmung erforderliche behördliche Genehmigung nach § 144 BauGB nicht vor (b)).

a) Das Grundbuchamt hat die Antragserledigung nach § 13 GNotKG in zulässiger Weise an die Zahlung eines
Vorschusses geknüpft.

aa) Die formellen Anforderungen an die Verknüpfung der Antragserledigung mit der Vorwegleistung der Kosten
sind gewahrt (vgl. OLG München, Beschluss vom 30. September 2015 – 34 Wx 293/15 -, BeckRS 2015,
18688). Die für die Eintragung anfallenden Kosten hat die Kostenbeamtin betragsmäßig berechnet; die
Kostennachricht ist dem Hinweis vom 14. September 2020 beigegeben gewesen. Die Bankverbindung ist
mitgeteilt.

bb) Nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Grundbuchrechtspflegerin die Antragszurückweisung für den Fall
der Nichtleistung des Vorschusses angekündigt hat, denn im Grundbucheintragungsverfahren kommt ein
Ruhen des Verfahrens nicht in Betracht (vgl. §§ 17, 18 GBO; OLG München, FGPrax 2019, 44 (45)).
18 cc) Nach § 13 GNotKG kann in erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren, in denen – wie hier – der
Antragsteller die Kosten schuldet (§ 22 GNotKG), die beantragte gerichtliche Handlung von der Zahlung eines
Vorschusses in Höhe der hierfür bestimmten Gebühr abhängig gemacht werden (Satz 1), in Grundbuchsachen
aber nur dann, wenn dies im Einzelfall zur Sicherung des Eingangs der Gebühr erforderlich erscheint (Satz 2).

(1) Danach ist in Grundbuchsachen eine Ermessensentscheidung nach § 13 Satz 1 GNotKG eröffnet, wenn
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kosteneingang im jeweiligen Verfahren gefährdet ist. Dieser
Ausnahmeregelung liegt die Überlegung zugrunde, dass in Grundbuchsachen das Vorhandensein von
Vermögenswerten auf der Hand liegt, eine etwaige Kostenbeitreibung in der Regel also nicht ins Leere ginge.
Vorschuss kann daher nur im Ausnahmefall verlangt werden, nämlich dann, wenn auf Tatsachen gegründete
Anhaltspunkte für einen drohenden Gebührenausfall im konkreten Fall vorliegen.

Dies ist der Fall, wenn konkrete Einzelfallumstände ernsthafte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit oder
Zahlungswilligkeit des Kostenschuldners begründen (vgl. Klahr, in: BeckOKKostenR, 01.07.2022, § 13
GNotKG Rn. 68; Volpert/Büringer, in: Schneider/Volpert/Fölsch, KostenR, 3. Auflage, 2021, § 13 GNotKG Rn.
14) und die Gefahr besteht, dass die Gebühr nicht zwangsweise eingezogen werden kann (OLG München,
FGPrax 2019, 44 (45)).

(2) Vorliegend rechtfertigen konkrete Umstände die Annahme, dass der Eingang der Gebühr gefährdet ist.

Im Grundbuch war bereits im Jahr 2013 und im Jahr 2019 Zwangsversteigerungsvermerke eingetragen, für
das Land B. waren im Jahr 2017 und im Jahr 2018 Zwangssicherungshypotheken in fünf- und sechsstelliger
Größenordnung eingetragen worden, die fortdauernd eingetragen sind. Bereits hierauf lässt sich die Annahme
eines drohenden Gebührenausfalls stützen.

dd) Bei der Ausübung des somit eröffneten Ermessens sind das im Vordergrund stehende Sicherungsinteresse
des Staates gegen die mit der Verzögerung verbundenen Nachteile für den Kostenschuldner und gegen den
zusätzlichen Arbeitsaufwand des Gerichts abzuwägen (Klüsener, in: Korintenberg, GNotKG, 22. Auflage, 2022,
§ 13 Rn. 28).

Bei einem Betrag von 685 EUR ist der Kostenvorschuss durchaus erheblich. Er kann nicht mehr als klein
bezeichnet werden. Der zusätzliche Arbeitsaufwand für das Grundbuchamt fällt nicht wesentlich ins Gewicht.
Demgegenüber war das Verfahren nicht von besonderer Eilbedürftigkeit gekennzeichnet. Die Verzögerung, die
der Vollzug des Eintragungsantrags durch die Vorschussanforderung erfährt, erscheint bei wertender
Betrachtung gegenüber dem erkennbar bestehenden staatlichen Sicherungsinteresse als nachrangig.
Die Abhängigmachung der Eintragung von der Vorschusszahlung ist daher nicht zu beanstanden.

b) Infolge der fehlenden Genehmigung seitens der Gemeinde nach § 144 BauGB lag ein Eintragungshindernis
nach § 18 GBO vor (Volmer, in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht-Kommentar, 8. Auflage, 2019, § 18 GBO
Rn. 11), so dass das Grundbuchamt zu Recht von einer Eintragung Abstand genommen hatte.

aa) Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO soll die Eintragung nur vorgenommen werden, wenn die
Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder
öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen sind. In förmlich festgelegten Sanierungsgebieten bedarf die
rechtsgeschäftliche Belastung eines Grundstücks zu ihrer Wirksamkeit nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 BauGB der
schriftlichen Genehmigung der Gemeinde (vgl. Hügel, in: BeckOK GBO, 46. Edition, 01.06.2022,
Verfügungsbeeinträchtigungen, Rn. 47). So lag es auch hier.

bb) Im Eintragungsantragsverfahren ist das Grundbuchamt zur Anstellung eigener Ermittlungen weder
berechtigt noch verpflichtet. Es ist vielmehr Sache des Antragstellers, alle erforderlichen
Eintragungsunterlagen formgerecht beizubringen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 9. Dezember 1996 – 20 W
479/95 -, juris Rn. 6 mwN). Ausweislich der vom Grundbuchamt eingeholten Auskunft hatte der Antragsteller
bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Verfügungsverbots durch das Amtsgericht Heidelberg keinen Antrag nach
§ 144 BauGB gestellt.

Auf den Schutz vor Beeinträchtigungen seiner Verfügungsbefugnis durch § 878 BGB kann sich der Eigentümer
daher nicht berufen. Denn nur wenn die Verfügungsbeeinträchtigung – hier in Form des Verfügungsverbots
aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Heidelberg vom 17. September 2020 – hinweggedacht werden
kann und die Verfügungserklärung eines Antragstellers als solche im Übrigen vollständig wirksam ist, greift der
Schutz dieser Vorschrift. § 878 schützt lediglich vor den Gefahren der Dauer des Eintragungsverfahrens, nicht
jedoch vor den Risiken sonstiger ausstehender Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts.
Liegen diese Voraussetzungen bei Eintritt der Verfügungsbeschränkung noch nicht vollständig vor, so ist das
Vertrauen noch nicht hinreichend schutzwürdig. Andernfalls würde derjenige bessergestellt, der nicht
vollzugsreife Erklärungen beim Grundbuchamt einreicht, als der, der (richtigerweise) vorher alle
Voraussetzungen abwartet (Eckert, in: BeckOK BGB, 62. Edition, 01.05.2022, § 878 Rn. 16; Krause, in:
Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch, NK-BGB, Band 3, 5. Auflage 2022, § 878 Rn. 15).

Das Grundbuchamt hat daher zu Recht wegen der zwischenzeitlich zur Kenntnis gelangten
Verfügungsbeschränkung aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Heidelberg eine Eintragung der
Grundschuld versagt.

3. Einer ausdrücklichen Kostenentscheidung bedurfte es im Hinblick auf die gesetzlich geregelte Kostenfolge
(§ 22 Abs. 1 GNotKG) nicht. Die beiden Antragsteller und Beschwerdeführer haften gemäß § 32 Abs. 1
GNotKG als Gesamtschuldner.

4. Die Rechtsbeschwerde war mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 78 Abs. 2 Satz 1 GBO)
nicht zuzulassen.

5. Die Entscheidung über die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 53 Abs. 1 GNotKG, der zu
Grundpfandrechten, d.h. Hypotheken und Grundschulden an Grundbesitz bestimmt, dass deren
kostenrechtlicher Wert ihrem Nennbetrag entspricht. Für die Wertfindung bei den nach dieser Vorschrift
erfassten Rechten kommt es nach der ausdrücklichen Auswahlentscheidung des Gesetzgebers also nicht etwa
auf den Valutierungsstand oder den Wert des belasteten Grundbesitzes an (Leiß, in: Schneider/Volpert/Fölsch,
Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage, 2021, § 53 GNotKG Rn. 9 f.).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Karlsruhe

Erscheinungsdatum:

25.08.2022

Aktenzeichen:

19 W 7/21 (Wx)

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Öffentliches Baurecht
Insolvenzrecht

Normen in Titel:

BauGB § 144; GBO §§ 15, 17, 18; BGB § 878; GNotKG §§ 13, 22