Identitätswahrende Umwandlung von GbR in OHG; Nachweis der Identität des Rechtsträgers zum Zwecke der Zwangsvollstreckung
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 12.8.2016
LG Kassel, Beschl. v. 15.6.2016 - 3 T 273/16
Identitätswahrende Umwandlung von GbR in OHG; Nachweis der Identität des
Rechtsträgers zum Zwecke der Zwangsvollstreckung
Eine OHG (im konkreten Fall die FKH OHG) darf die zugunsten einer GbR (hier der FKH GbR) titulierte
Forderung durch Zwangsvollstreckung betreiben, wenn sie nachweist, dass sie im Wege einer
identitätswahrenden Umwandlung aus der GbR hervorgegangen ist. Für den Nachweis einer solchen
identitätswahrenden Umwandlung genügt eine Bescheinigung i. S. v.
Nachweis ist nicht erbracht, wenn sich aus der notariellen Bescheinigung lediglich ergibt, dass die OHG
zuvor unter diversen Bezeichnungen als GbR tätig geworden ist, sich unter den aufgeführten Namen aber
nicht der Name der Titelgläubigerin findet (andere Auffassung LG Paderborn, Beschluss vom 19. Januar
2016, 5 T 17/16, LG Dresden, Beschluss vom 31. März 2016, 2 T 198/16, LG Koblenz, Beschluss vom
16. März 2016, 2 T 222/16; Rechtsbeschwerde ist zugelassen).
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin möchte die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des
Amtsgerichts Mayen vom 25.03.2013 betreiben. Darin wurde der Schuldner verurteilt, an die
"....." eine Hauptforderung in Höhe von 20,70 € nebst Zinsen und Kosten zu zahlen.
Mit Schreiben vom 17.03.2016 hat die Beschwerdeführerin deshalb den Erlass eines Pfändungsund
Überweisungsbeschlusses wegen einer Forderung von insgesamt 245,20 € beantragt. Auf den
Hinweis des Amtsgerichts, der Name der Beschwerdeführerin sei nicht mit dem Namen der im
Vollstreckungstitel bezeichneten Gläubigerin identisch, führte die Beschwerdeführerin mit
Schriftsatz vom 07.04.2016 aus, sie sei nicht Rechtsnachfolgerin der ".....", vielmehr habe im
Wege der identitätswahrenden Umwandlung ein Rechtsformwechsel stattgefunden.
Daraufhin hat das Amtsgericht den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass eines Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses durch Beschluss vom 12.05.2016, auf den Bezug genommen wird,
zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Personenidentität sei auch bei
Berücksichtigung der vorgelegten Notarbescheinigung vom 10.11.2015 nicht ausreichend
nachgewiesen.
Gegen die Entscheidung wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Rechtsmittel vom
17.05.2016, zu dessen Begründung sie auf Entscheidungen der Landgerichte Dresden und Koblenz
verweist.
Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel am 08.06.2016 nicht abgeholfen und die Verfahrensakte
der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die nach
S. 2 ZPO erfolgten Übertragung in ihrer durch
hat in der Sache keinen Erfolg.
Rechtsfehlerfrei hat das Amtsgericht den Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen, weil
diese eine Personenidentität zwischen ihr, also der ".....", und der im Vollstreckungstitel als
Gläubigerin bezeichneten "....." nicht zweifelsfrei nachgewiesen hat.
Die Zwangsvollstreckung darf nur begonnen werden, wenn die Parteien, für die und gegen die das
Vollstreckungsorgan Maßnahmen ergreifen soll und will, mit den durch den Vollstreckungstitel bzw.
die diesem beigefügte Klausel ausgewiesenen Personen identisch sind. Erforderlich ist
Personenidentität, nicht Namensgleichheit. Diese allgemeine Voraussetzung jeder
Zwangsvollstreckung kann nicht durch materiell-rechtliche Erwägungen oder Gesichtspunkte der
Billigkeit außer Kraft gesetzt werden. Der Gläubiger hat die zur Prüfung notwendigen Belege
beizubringen; die Vollstreckungsorgane sind keine Ermittlungsorgane, wenngleich sie zu eigenen
Ermittlungen berechtigt sind. Verbleibende Identitätszweifel gehen zu Lasten des Gläubigers. Ist
die Personenidentität zweifelsfrei gegeben, steht die bloße Änderung des Namens einer Partei der
Vollstreckung jedoch nicht entgegen; anderenfalls ist eine Beischreibung erforderlich (BeckOK
ZPO/Ulrici ZPO, § 750, Rn. 7, beck-online).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht die bloße Änderung des Namens oder der
Firma einer Partei der Vollstreckung eines Titels dann nicht entgegen, wenn der Gläubiger die
Personenidentität dem zuständigen Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden
zweifelsfrei nachweist; dass die Namensänderung bzw. Umfirmierung einer Partei in der
Vollstreckungsklausel nicht vermerkt wird, führt lediglich dazu, dass das zuständige
Vollstreckungsorgan, das zu eigenen Ermittlungen hinsichtlich der Parteiidentität zwar berechtigt,
aber nicht verpflichtet ist, die Durchführung der Vollstreckung mit der Begründung verweigern
kann, die Identität lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen (BGH Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZB
93/10 -, Rn. 6, juris; Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZB 94/10 -, Rn. 6, juris; Beschluss vom
12. April 2012 - VII ZB 65/11 -, Rn. 7, juris; Beschluss vom 26. September 2013 - V ZB 42/13 -,
Rn. 8, juris).
Gemessen daran liegen hier die Voraussetzungen für den Erlass des begehrten Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses nicht vor. Das Amtsgericht hatte Zweifel an der Identität der
Beschwerdeführerin (".....") mit der in dem Vollstreckungstitel bezeichneten Gläubigerin (".....").
Auch die Kammer vermag eine Parteiidentität nach eigener Prüfung nicht zweifelsfrei festzustellen.
Zwar unterliegt der Beweiswert einer von einem Notar aufgrund Einsicht in das Handelsregister
des zuständigen Amtsgerichts erstellten Bescheinigung über die dortigen Akteneintragungen
keinen grundsätzlichen Bedenken (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZB 93/10 -, Rn. 8, juris;
LG Detmold, Beschluss vom 26. November 2015 - 3 T 199/15 -, Rn. 26, juris), weil nach § 21 I 1
Nr. 2 BNotO die Notare zuständig sind, Bescheinigungen über das Bestehen oder den Sitz einer
juristischen Person oder Handelsgesellschaft, die Firmenänderung, eine Umwandlung oder sonstige
rechtserhebliche Umstände auszustellen, wenn sich diese Umstände aus einer Eintragung im
Handelsregister oder in einem ähnlichen Register ergeben. Eine solche notarielle Bescheinigung
hat nach
Allerdings vermag die Kammer eine erforderliche Personenidentität zwischen der
Beschwerdeführerin und der im Vollstreckungstitel bezeichneten Gläubigerin nicht zweifelsfrei
festzustellen.
Aus der zur Akte gereichten Notarbescheinigung vom 10.11.2015 geht zunächst lediglich hervor,
dass die Beschwerdeführerin in der Rechtsform einer GbR schon bisher bestanden hat. Sie wurde
nach ihrer Gründung als ""....."" geführt, der Name wurde später in ""....."" und sodann in
""....."" geändert, und unter diesen Bezeichnungen wurden zu ihren Gunsten
Vollstreckungsbescheide ausgestellt. Danach ist die in der Bescheinigung genannte GbR
offenkundig unter verschiedenen Bezeichnungen aufgetreten, die im Vollstreckungsbescheid
bezeichnete Gläubigerin (".....") findet sich darunter namentlich hingegen nicht.
Es lässt sich deshalb auch anhand der vorgelegten Notarbescheinigung nicht mit der notwendigen
Gewissheit feststellen, dass die Beschwerdeführerin "....." aus der Titelgläubigerin "....."
hervorgegangen ist, ebenso gut kann es sein, dass es sich bei der "....." um eine andere, von der
Beschwerdeführerin personenverschiedene, Rechtspersönlichkeit handelt. Für letzteres könnte
sogar der Umstand sprechen, dass es im Rahmen der Anmeldung der Beschwerdeführerin zum
Handelsregister ohne weiteres möglich gewesen wäre, neben den angeführten Bezeichnungen
auch auf die frühere Verwendung des Namens "....." hinzuweisen. Dabei scheidet eine mögliche
Berufung darauf, dass Vollstreckungstitel nur in Ausnahmefällen zugunsten der "....." erwirkt
worden seien, aus; denn allein der Kammer sind inzwischen etwa ein Dutzend
Beschwerdeverfahren bekannt, in denen die Beschwerdeführerin die Vollstreckung von
Forderungen betreiben will, die zugunsten der "....." tituliert sind. Vor diesem Hintergrund erweist
es sich als im Ergebnis unbeachtlich, dass der geschäftsführende Gesellschafter der
Beschwerdeführerin identisch mit dem gesetzlichen Vertreter der "....." und auch der Firmensitz
beider Gesellschaften jeweils "....." sein dürfte.
Darauf, dass eine GbR unter Wahrung ihrer Identität durch Rechtsformwechsel zu einer
Personenhandelsgesellschaft (in der Regel OHG) wird, sobald sie die zusätzlichen gesetzlichen
Voraussetzungen dieser Gesellschaftsform (Eintragung im Handelsregister oder bei gewerblichen
Unternehmen Erfordern eines kaufmännischen Geschäftsbetriebes) erfüllt (BGH, Urteil vom
29. Januar 2001 - II ZR 331/00 -,
Anders als die von der Beschwerdeführerin angeführten Landgerichte vermag die Kammer nämlich
schon eine Personenidentität zwischen der Beschwerdeführerin und der Titelgläubigerin nicht
festzustellen.
Nach alldem hat das Amtsgericht den Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht zurückgewiesen.
Danach war dem gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 12.05.2016 erhobenen Rechtsmittel
der Erfolg zu versagen.
Die hieran knüpfende Kostenfolge ergibt sich aus
Den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren hat die Kammer vorsorglich gemäß
dem wirtschaftlichen Interesse der Beschwerdeführerin an einer Abänderung der angefochtenen
Entscheidung festgesetzt, wenngleich für die Gerichtskosten eine Festgebühr vorgesehen ist (KV
2121 zu
Die Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil die
Kammer insbesondere von der Rechtsprechung der Landgerichte Paderborn (Beschluss vom
19.01.2016 - 5 T 16/16), Dresden (Beschluss vom 31.03.2016 - 2 T 198/16) und Koblenz
(Beschluss vom 16.03.2016 - 2 T 222/16) abweicht.
Entscheidung, Urteil
Gericht:LG Kassel
Erscheinungsdatum:15.06.2016
Aktenzeichen:3 T 273/16
Rechtsgebiete:
Beurkundungsverfahren
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BNotO § 21 Abs. 1 Nr. 2; ZPO §§ 829, 727