LG Saarbrücken 15. September 2003
5 T 408/03
BGB §§ 874; 1021 Abs. 1; 1041; 1047; 1090 Abs. 2; 1093

Kostentragungspflicht als dinglicher Inhalt eines Wohnungsrechts

danach nicht, so dass seinerseits auch kein Interesse an
einer Beschränkung der Finanzierungsvollmacht besteht.
Der Interessenlage der Bet. wird man daher eher gerecht,
wenn man die hier vereinbarte Finanzierungsvollmacht
als uneingeschränkt auslegt. Dies ist auch mit dem Wortlaut der vertraglichen Regelung in Einklang zu bringen.
Soweit dort nämlich festgehalten wird, dass die Vollmacht nur dann gilt, wenn die Grundschuldbestellung bei
dem amtierenden Notar beurkundet oder entworfen wird
und in der Bestellungsurkunde die getroffene Sicherungsabrede wiedergegeben wird, werden hierdurch
nämlich evtl. noch vorhandene Restrisiken des Eigentümers gemindert, da er sich zum einen jederzeit über die
Vollmachtsausübung informieren kann und andererseits
auch der – bei einer Pflichtverletzung haftende – Notar
die Kontrolle über die Finanzierungsabwicklung behält.
Weitergehende Einschränkungen können der von den
Bet. vereinbarten Finanzierungsvollmacht weder dem
Wortlaut, noch Sinn und Zweck nach entnommen werden, so dass das GBA unter Aufhebung seiner Zwischenverfügung anzuweisen war, von den erhobenen Bedenken Abstand zu nehmen.
3. Liegenschaftsrecht – Kostentragungspflicht als dinglicher Inhalt eines Wohnungsrechts
(LG Saarbrücken, Beschluss vom 15. 9. 2003 – 5 T 408/
03 – mitgeteilt von Notar Dr. Jörg Lindemeier, Bexbach)
BGB §§ 874; 1021 Abs. 1; 1041; 1047; 1090 Abs. 2; 1093
1. Der Inhalt eines Wohnungsrechts kann im Einzelnen
auch mit dinglicher Wirkung insoweit geregelt werden, als das Wesen dieser dinglichen Belastung nicht
geändert und nicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen wird.
2. Es kann zulässig sein, die Pflicht zur Kostentragung
im Einzelnen mit dinglicher Wirkung zu vereinbaren.
(Leitsätze nicht amtlich)
Zum Sachverhalt:
A. Die Bet. haben einen Übertragungsvertrag beurkunden lassen, in dem die Bet. zu 1) und zu 2) erklären, ihr Grundstückseigentum nebst aufstehenden Gebäuden und allen Rechten,
Bestandteilen und Zubehör an die dies annehmende Bet. zu 3)
zu übertragen.
Des Weiteren haben die Bet. vereinbart, dass den Bet. zu 1) und
2) als Gesamtberechtigten ein lebenslängliches unentgeltliches
Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht gemäß § 1093 BGB an dem
Vertragsgegenstand nach folgender Maßgabe verbleiben soll:
„1. Zur Alleinbewohnung und -benutzung unter Ausschluss des
Eigentümers die abgeschlossene Wohnung im 1. Obergeschoss,
bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad sowie zur Mitbenutzung alle übrigen dem gemeinsamen Gebrauch aller Hausbewohner dienenden Räumlichkeiten und Einrichtungen, wie
Hausflur, Treppenaufgang im Erdgeschoss zum 1. Obergeschoss
und Garten etc.
2. Die Ausübung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechtes
kann Dritten nicht überlassen werden.
3. Als dinglicher Inhalt des Wohnungsrechtes wird weiter vereinbart:
Kosten für Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Heizung und Müllabfuhr trägt der/die Wohnungsberechtigte anteilig. Soweit diese
Kosten nicht durch gesonderte Zähl- oder Messeinrichtungen
für die dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume festgestellt
werden können, hat der/die Wohnungsberechtigte Kosten für
Strom, Gas und Heizung im Verhältnis der qm-Größe der ihr
zukommenden Wohnräume zu tragen. Die Verteilung der Kosten für Wasser, Abwasser und Müllabfuhr erfolgt nach Köpfen.
Kosten der gewöhnlichen Instandsetzung tragen die Wohnungsberechtigten. Sonstige Kosten sind vom Eigentümer zu
tragen.
4. Für den Fall, dass der Wohnungsberechtigte die Wohnung
verlässt, werden jegliche Ersatzansprüche der Berechtigten
ausgeschlossen, soweit nicht der Eigentümer den Auszug
schuldhaft veranlasst hat.
Für das vorstehend eingeräumte Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht bestellt der Erwerber eine beschränkt persönliche
Dienstbarkeit an dem Grundstück zu Gunsten der Eheleute A.
und B.
Die Vertragsteile bewilligen und beantragen die Eintragung in
das Grundbuch mit dem Vermerk, dass zur Löschung des Rechtes der Nachweis des Todes des Berechtigten genügt. . . .“
Der beurkundende Notar hat die Eintragung des bewilligten
Eigentumswechsels sowie die Eintragung des bewilligten Wohnungs- und Mitbenutzungsrechtes zu Gunsten der Bet. zu 1) und
zu 2) beantragt.
Das GBA hat daraufhin durch Zwischenverfügung dem Notar
mitgeteilt, der beantragten Eintragung stünden Hinderungsgründe entgegen.
Den Antrag auf Eintragung des Löschungserleichterungsvermerks hat der Notar zunächst zurückgezogen und dann erneut gestellt.
Durch weitere Zwischenverfügung hat das GBA dem Notar
mitgeteilt, die Vereinbarung, dass der Eigentümer „sonstige
Kosten“ zu tragen habe, widerspreche dem Bestimmtheitsgrundsatz im Grundbuchverfahren.
Daraufhin hat der Notar Beschwerde gegen die Zwischenverfügungen des GBA eingelegt.
Das GBA hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Aus den Gründen:
B. Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RpflG, §§ 71, 73 GBO zulässige Beschwerde der Bet. ist begründet.
Die in den angefochtenen Zwischenverfügungen enthaltenen Beanstandungen des GBA sind nicht gerechtfertigt.
I. Die in der notariellen Urkunde getroffene Vereinbarung der Parteien über die Kostentragung ist als dinglicher Inhalt des bestellten Wohnungsrechtes zulässig.
Obwohl auf dem Gebiet des Sachenrechts die Gestaltungsfreiheit weitgehend eingeschränkt ist, kann der
Inhalt eines Wohnungsrechts im Einzelnen durch Vereinbarung der Parteien auch mit dinglicher Wirkung –
und damit im Grundbuch eintragungsfähig – insoweit
geregelt werden, als das Wesen dieser dinglichen Belastung nicht geändert und nicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen wird (vgl. BayObLG
DNotZ 1981, 124, 126; Staudinger/Mayer, 2002, § 1093
BGB Rn. 44). Die Möglichkeit einer dinglich wirkenden
Vereinbarung der Bet. ist durch gesetzliche Regelung in
Rechtsprechung RNotZ 2003, Heft 12 615


RNotZ 2003, Heft 12
§§ 1090 Abs. 2 i. V. m. 1021 BGB gesetzlich eröffnet (vgl.
dazu Staudinger/Mayer, § 1093 BGB Rn. 45). Nach
§ 1021 Abs. 1 S. 1 kann bestimmt werden, dass der Eigentümer des Grundstücks die auf seinem Grundstück
befindliche Anlage, auf die sich die Grunddienstbarkeit
bezieht, zu unterhalten hat, soweit das Interesse des Berechtigten es erfordert.
Andererseits hat der Wohnberechtigte gemäß § 1041
BGB, der durch die Verweisung in § 1093 BGB auf das
Wohnungsrecht Anwendung findet, für die Erhaltung der
Wohnung in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen.
Dies bedeutet, dass der Wohnberechtigte die Kosten der
gewöhnlichen Unterhaltung selbst zu tragen hat (vgl.
MünchKomm/Joost, 3. Aufl., § 1093 BGB Rn. 8; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rn. 1250). Die in
der Wohnung erforderlich werdenden Reparaturen hat
der Wohnberechtigte demnach auf eigene Kosten auszuführen (vgl. Schöner/Stöber, a. a. O.). Die Kosten für
Ausbesserungen und Erneuerungen obliegen ihm nur
insoweit, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der
Wohnung gehören (vgl. § 1041 S. 2 BGB). Zur Vornahme
außergewöhnlicher Reparaturen oder Erneuerungen ist
dagegen weder der Wohnberechtigte noch der Eigentümer verpflichtet, wohingegen gemäß § 1044 BGB beide
dazu berechtigt sind (vgl. MünchKomm/Joost, § 1093
BGB Rn. 8).
Dazu haben die Bet. die Vereinbarung getroffen, dass die
Kosten der gewöhnlichen Instandsetzung von der Wohnungsberechtigten und die sonstigen Kosten von dem
Eigentümer zu tragen sind. Durch diese Vereinbarung
wird einerseits der Umfang der Unterhaltungspflicht des
Wohnberechtigten einerseits und des Grundstückseigentümers andererseits dergestalt von einander abgegrenzt,
dass der Wohnungsberechtigte die gewöhnlichen Instandsetzungskosten und der Grundstückseigentümer
die sonstigen, d. h. die außergewöhnlichen Instandsetzungskosten zu tragen hat. Andererseits wird dadurch
eine über die gesetzliche Regelung hinausgehende Verpflichtung des Grundstückseigentümers begründet, die
Kosten der Maßnahmen zu tragen, die über die gewöhnliche Instandsetzung der Wohnung hinausgehen. Diese
mit dem Wohnungsrecht als Nebenleistungspflicht verbundene Unterhaltspflicht kann zulässigerweise mit
dinglicher Wirkung vereinbart werden (vgl. MünchKomm/Joost, § 1093 BGB Rn. 8; Palandt/Bassenge,
62. Aufl., § 1093 BGB Rn. 11; Soergel/Stürner, 13. Aufl.,
§ 1093 BGB, Rn. 11; Staudinger/Mayer, § 1093 BGB
Rn. 45; Amann, DNotZ 1982, 396, 412; Hanseatisches
OLG in Bremen, – 5 WF 112/96 – vom 31. 10. 1996 – zitiert nach Juris –).
Zwar ergibt sich die Verpflichtung des Wohnungsberechtigten zur Tragung der Kosten einer gewöhnlichen
Instandsetzung bereits aus dem Gesetz (§§ 1093 Abs. 1,
1041 BGB), allerdings dient die Aufnahme dieser Kosten
in die getroffene Vereinbarung der Abgrenzung zur Kostentragungspflicht des Grundstückseigentümers und damit dem besseren Verständnis der insgesamt getroffenen
Kostentragungsregelung. Da einerseits die Vereinbarung
die Rechtssicherheit fördert und andererseits eine Überfrachtung des Inhalts des Grundbuchs nicht zu
befürchten ist, da gemäß § 874 BGB zur näheren
Bezeichnung des Inhalts des Rechts auf die EinRechtsprechung
tragungsbewilligung Bezug genommen werden kann,
kann es angesichts der besseren Verständlichkeit der
Gesamtregelung hingenommen werden, eine Vereinbarung im Grundbuch zu verlautbaren, die zu einem Teil
nicht über die gesetzliche Regelung hinausgeht (vgl. dazu
auch BayObLG DNotZ 1981, 124, 128).
Entgegen der Auffassung des GBA mangelt es der getroffenen Vereinbarung auch nicht an der erforderlichen
Bestimmtheit. Gegenstand und Ziel der Vereinbarung ist
die Abgrenzung der Kostentragungspflicht der Bet. Die
nähere Konkretisierung kann der Anwendung der getroffenen Vereinbarung auf den jeweiligen Einzelfall
überlassen bleiben.
II. Auch die Vereinbarung der Bet. über die Verbrauchskosten ist als dinglicher Inhalt des vereinbarten
Wohnungsrechts zulässig. Es ist anerkannt, dass der
Wohnungsberechtigte die Wohnnebenkosten zu tragen
hat, soweit sie durch ihn verursacht worden sind (vgl.
LG Duisburg – 7 S 434/86 – vom 8. 12. 1997 – zitiert nach
Juris –; MünchKomm/Joost, § 1093 BGB Rn. 8; Palandt/
Bassenge, § 1093 BGB Rn. 10). Dies erscheint jedoch im
Hinblick auf die grundsätzliche Unentgeltlichkeit des
dinglichen Wohnungsrechtes und im Hinblick auf die gesetzliche Regelung in § 1047 BGB nicht als selbstverständlich. Nach § 1047 BGB ist der Nießbraucher dem
Eigentümer gegenüber verpflichtet, für die Dauer des
Nießbrauchs auf der Sache ruhende öffentliche und private Lasten zu tragen. § 1093 Abs. 1 S. 2 BGB, der für das
Wohnungsrecht verschiedene für den Nießbrauch getroffene gesetzliche Regelungen für anwendbar erklärt,
verweist nicht auf diese Vorschrift des § 1047 BGB. Daraus ist zu schließen, dass der Grundstückseigentümer die
öffentlichen und privaten Lasten des Gebäudes und der
Wohnung zu tragen hat (vgl. Schöner/Stöber, Rn. 1252;
Soergel/Stürner, § 1093 BGB Rn. 11). Zur Vermeidung
von Abgrenzungsschwierigkeiten ist es deshalb nicht nur
zweckmäßig, sondern auch zulässig, diese Fragen durch
eine Vereinbarung der Bet. bei der Bestellung des dinglichen Wohnungsrechts zu regeln (BayObLG DNotZ
1981, 124, 127). Die von den Parteien getroffene Vereinbarung, dass die Wohnungsberechtigte die Kosten für
Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Heizung und Müllabfuhr
anteilig zu tragen hat, ist deshalb mit dinglicher Wirkung
zulässig.
Auch insoweit kann die Eintragung der getroffenen Vereinbarung in das Grundbuch – auch insoweit bietet sich
die Bezugnahme gemäß § 874 BGB an – nicht mit der
Erwägung abgelehnt werden, die getroffene Regelung
ergebe sich bereits aus dem Inhalt des Gesetzes (vgl. dazu
BayObLG, a. a. O., 128). Denn einerseits dient die getroffene Vereinbarung der Rechtssicherheit und der zukünftigen Streitvermeidung und andererseits ist eine
Überfrachtung des Inhalts des Grundbuchs durch die
Möglichkeit der Bezugnahme nicht zu befürchten.
III. Im Hinblick darauf, dass angesichts der mit dinglicher Wirkung getroffenen Kostentragungsregelungen
Rückstände von diesbezüglichen Leistungen nicht ausgeschlossen sind, ist gemäß § 23 Abs. 2 GBO auch die
Vereinbarung und Bewilligung der Eintragung in das
Grundbuch zulässig, dass zur Löschung des Rechtes der
Nachweis des Todes des Berechtigten genügen soll (vgl.
auch OLG Hamm NJW-RR 2001, 1099; OLG Düsseldorf
Rpfleger 1995, 248 = MittRhNotK 1994, 347; OLG
Frankfurt NJW-RR 1989, 146; Demharter, 24. Aufl., § 23
GBO Rn. 12; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, § 23
GBO Rn. 22).
Deshalb waren die angefochtenen Zwischenverfügungen
aufzuheben und das GBA anzuweisen, den Eintragungsantrag nicht aus den Gründen der aufgehobenen Zwischenverfügungen zurückzuweisen.
4. Familienrecht – Wirksamkeit eines Ehevertrages
(OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 3. 2003 – II – 4 UF
212/ 02)
BGB §§ 138 Abs. 1; 1408
EGBGB Art. 14; 15 Abs. 2 Nr. 1; 17
Wirksamkeit eines Ehevertrages türkischer Eheleute, in
dem deutsches Recht als Güterrechtsstatut gewählt, Gütertrennung vereinbart und der Versorgungsausgleich
ausgeschlossen sowie gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichtet worden ist.
(Leitsatz nicht amtlich)
Zum Sachverhalt:
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute, die um die Wirksamkeit eines notariellen Ehevertrages streiten.
Die Parteien haben 1982 in der Türkei geheiratet. Sie leben seit
1985 in der Bundesrepublik Deutschland. Der Ehe entstammen
die volljährige Tochter (* 1984) und der Sohn (* 1987). Getrennt
haben sich die Eheleute nach Darstellung der Kl. Ende 2001. Im
Jahr 2002 hat der Bekl. in der Türkei Klage auf Scheidung der
Ehe erhoben; nach seiner Darstellung im Senatstermin ist die
Ehe mittlerweile geschieden worden.
Die Kl. (36 Jahre) ist seit dem 1. 9. 1993 als Stationsgehilfin im
Krankenhaus beschäftigt. Sie besitzt die türkische Staatsangehörigkeit. Der Bekl. (36 Jahre) ist von Beruf Pilot. Er hat sowohl
die deutsche als auch die türkische Staatsangehörigkeit.
Die Parteien haben am 25. 11. 1997 einen notariellen Ehevertrag geschlossen. In diesem Vertrag haben sie für ihren Güterrechtsstatus das Recht der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft
haben sie aufgehoben, stattdessen den Güterstand der Gütertrennung vereinbart und wechselseitig auf einen bislang entstandenen Zugewinnausgleich verzichtet. Ferner haben die
Parteien den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt, auch für den Fall der Not,
verzichtet.
Die Kl. hält lediglich die Wahl des Rechts der Bundesrepublik
Deutschland für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe der
Parteien für wirksam und hat erstinstanzlich beantragt festzustellen, dass der notarielle Ehevertrag nichtig ist, soweit der
Güterstand der Gütertrennung vereinbart, der Versorgungsausgleich ausgeschlossen und auf nacheheliche Unterhaltsansprüche verzichtet worden ist. Ferner hat sie beantragt, dem
Bekl. zu untersagen, über seine von ihr bewohnte Eigentumswohnung ohne ihre schriftliche Zustimmung zu verfügen.
Das AG hat den gesamten Ehevertrag für nichtig erklärt und die
weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das AG
ausgeführt, dass der Ehevertrag die Kl. einseitig belaste. Insbesondere sei nicht ersichtlich, warum die Kl. grundlos auf Unterhaltsansprüche und Ansprüche auf Versorgungsausgleich gegenüber dem gut verdienenden Bekl. verzichten sollte. Dies
RNotZ 2003, Heft 12
lasse nur den Schluss zu, dass der Bekl. die Kl. in unzulässiger
Weise zum Vertragsschluss gedrängt habe. Dies führe nach den
Grundsätzen, die das BVerfG in seinem Urteil vom 6. 2. 2001
(FamRZ 2001, 343 ff. = DNotZ 2001, 222 = RNotZ 2001, 215)
aufgestellt habe, zur Nichtigkeit des gesamten Ehevertrages.
Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien. Die Kl. verfolgt ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter, während der Bekl. die Abweisung der Klage erstrebt.
Aus den Gründen:
Die Berufung der Kl. hat keinen Erfolg. Die Berufung
des Bekl. ist im Wesentlichen begründet.
1. Dem Vorbringen der Kl. lässt sich nicht entnehmen,
dass der Ehevertrag bereits deswegen sittenwidrig wäre,
weil der Bekl. ihre mangelnde Beherrschung der deutschen Sprache ausgenutzt und sie im Notartermin
„nichts, aber auch gar nichts verstanden habe“. Unstreitig ist der beabsichtigte Inhalt des Ehevertrages in einem
Vorgespräch beim Notar erörtert und der Kl. im Entwurf
zugeleitet worden. Sie hatte deshalb hinreichend Gelegenheit zur Prüfung der im Ehevertrag vorgesehenen
Regelungen. Gegen die behauptete Unkenntnis der
deutschen Sprache spricht auch, dass die Kl. unstreitig im
Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits 12 Jahre in
Deutschland gelebt und seit (mindestens) 9/ 93 in
Deutschland erwerbstätig gewesen ist und der Notar in
dem Ehevertrag gem. § 16 BeurkG ausdrücklich festgestellt hat, dass „beide Erschienenen zur Überzeugung
des amtierenden Notars der deutschen Sprache hinreichend mächtig sind, so dass ein Dolmetscher nicht hinzugezogen werden musste“. Gegen die behauptete
Überrumpelung durch Ausnutzung ihrer mangelnden
Beherrschung der deutschen Sprache spricht des Weiteren das eigene Vorbringen der Kl. im Berufungsverfahren, in dem die Kl. einräumt, „dass die Parteien wohl
überlegt deutsches Recht für sich vereinbart haben“.
2. Der notarielle Ehevertrag hält auch einer gerichtlichen Inhaltskontrolle stand. Nach dem im deutschen
Recht geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit können
die gesetzlichen Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt,
Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich (nahezu)
gänzlich ausgeschlossen werden. Bei der Beurteilung der
Frage, ob der Bekl. in dem Ehevertrag die Unterlegenheit der Kl. unter Missbrauch des Instituts der Vertragsfreiheit ausgenutzt und die Kl. einseitig unangemessen
benachteiligt hat, ist daher zunächst zu prüfen, welche
gesetzlichen Ansprüche der Kl. vor Abschluss des Ehevertrages zugestanden haben. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Kl. anders als in den von ihr hervorgehobenen Entscheidungen des BVerfG (FamRZ 2001,
343 = DNotZ 2001, 222 = RNotZ 2001, 215) und des OLG
München (FamRZ 2003, 35 = RNotZ 2003, 130) nicht
Deutsche ist, sondern ebenso wie der Bekl. die türkische
Staatsangehörigkeit besitzt.
a) Vor dem Abschluss des notariellen Ehevertrages haben die Parteien gem. Art. 170 des türkischen Bürgerlichen Gesetzbuches vom 17. 2. 1926 im Güterstand der
Gütertrennung gelebt. Der Einwand der Kl., die Gütertrennung sei nach dem ab 1. 1. 2002 geltenden neuen türkischen Recht nicht mehr der gesetzliche Güterstand, ist
unerheblich, da es für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Saarbrücken

Erscheinungsdatum:

15.09.2003

Aktenzeichen:

5 T 408/03

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein

Erschienen in:

RNotZ 2003, 615

Normen in Titel:

BGB §§ 874; 1021 Abs. 1; 1041; 1047; 1090 Abs. 2; 1093