BGH 05. November 2024
II ZR 35/23
BGB §§ 622, 626 Abs. 2

Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers; außerordentliche Kündigung; Erklärungsfrist

letzte Aktualisierung: 14.2.2025
BGH, Urt. v. 5.11.2024 – II ZR 35/23

BGB §§ 622, 626 Abs. 2
Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers; außerordentliche Kündigung; Erklärungs-
frist

a) Bei einer außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags des Geschäftsführers einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung aufgrund vertraglich vereinbarter wichtiger Gründe gilt die
Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB.
b) Auf den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der kein Mehrheitsgesellschafter
ist, sind die zum Nachteil des Geschäftsführers grundsätzlich nicht abdingbaren, in
§ 622 Abs. 1 und 2 BGB geregelten Kündigungsfristen entsprechend anzuwenden. Dies gilt auch
dann, wenn er Geschäftsführer der Komplementärin einer GmbH & Co. KG ist und den
Anstellungsvertrag unmittelbar mit der Kommanditgesellschaft abgeschlossen hat (Abgrenzung zu
BAG, Urteil vom 11. Juni 2020 – 2 AZR 374/19, BAGE 171, 44).

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist nur teilweise begründet.

I. Das Berufungsgericht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. Februar 2023
- 1 U 183/21, BeckRS 2023, 47481) hat seine Entscheidung, soweit für das
Revisionsverfahren von Bedeutung, wie folgt begründet:

Das mit dem Klageantrag zu 1 verfolgte Feststellungsbegehren in Bezug
auf die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 22. März 2016 sei jedenfalls
als Zwischenfeststellungsklage zulässig, da die vom Kläger geltend gemachten
Ansprüche (Klageantrag zu 3) auf sein Festgehalt für die Monate Mai und
Juni 2016 davon abhingen, ob das durch den Geschäftsführeranstellungsvertrag
mit der Beklagten begründete Rechtsverhältnis trotz der Kündigung vom
22. März 2016 in diesem Zeitraum fortbestanden habe. Dieses Feststellungsbegehren
sei jedoch unbegründet, da die außerordentliche Kündigung der Beklagten
vom 22. März 2016 das Drittanstellungsverhältnis des Klägers mit der Beklagten
zum 30. April 2016 beendet habe. Die in § 4 Abs. 2 GAV vertraglich als
wichtiger Grund vereinbarte "Liquidation der Gesellschaft" stelle zwar keinen
wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB dar. Dennoch habe die aus
vertraglich vereinbartem wichtigem Grund erklärte außerordentliche Kündigung
vom 22. März 2016 das Anstellungsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zum
30. April 2016 beendet.

Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Kündigung
eines Anstellungsvertrags mit einem Geschäftsführer, der, wie der Kläger,
keine Mehrheitsbeteiligung an der Gesellschaft besitze, aus einem vertraglich
vereinbarten wichtigen Grund, der nicht zugleich einen wichtigen Grund im Sinne
der gesetzlichen Reglung darstelle, § 622 BGB entsprechend anwendbar, der
zum Nachteil des Geschäftsführers grundsätzlich auch nicht abdingbar sei. Anzuwenden
sei aber im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
§ 621 BGB als Regelung über die Kündigung von freien Dienstverhältnissen.
Jene Regelung sei überdies abdingbar, und insoweit sei der von den
Parteien konkret getroffenen Regelung zu entnehmen, dass diese (auch) die gesetzliche
Kündigungsfrist für freie Dienstverhältnisse hätten abbedingen, mithin
die Kündigung aus wichtigem Grund nach § 4 Abs. 2 GAV als fristlose Kündigung
hätten zulassen wollen.

Der Feststellungsantrag des Klägers, dass sein Anstellungsverhältnis mit
der Beklagten auch nicht durch die nachfolgende außerordentliche Kündigung
vom 7. Juni 2016 beendet worden sei (Klageantrag zu 2), sei unzulässig, jedenfalls
aber unbegründet, da das Anstellungsverhältnis aufgrund der Kündigung
vom 22. März 2016 bereits nicht mehr bestanden habe. Da das Anstellungsverhältnis
des Klägers mit der Beklagten zum 30. April 2016 beendet worden sei,
stehe dem Kläger das nur noch für die Monate Mai und Juni 2016 geltend gemachte
Festgehalt i.H.v. insgesamt 26.666,66 ) nicht zu und
deshalb auch nicht die auf die Verfolgung dieses Anspruchs gestützten vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten (Klageantrag zu 4). Die Hilfswiderklage der Beklagten
auf Zahlung von sei im Umfang der bereits vom Landgericht zuerkannten
Schadensersatzansprüche begründet.

II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.
1. Die Klageanträge zu 1 und 2 auf Feststellung des Fortbestehens des
Geschäftsführeranstellungsvertrags sind bereits unzulässig.

Soweit diese als Zwischenfeststellungsklagen gemäß § 256 Abs. 2 ZPO
erhoben worden sind, fehlt ihnen das Rechtsschutzbedürfnis. Die Zulässigkeit
der Zwischenfeststellungsklage setzt neben der Vorgreiflichkeit des festzustellenden
streitigen Rechtsverhältnisses voraus, dass dieses Rechtsverhältnis über
den gegenwärtigen Prozess hinaus zwischen den Parteien Bedeutung hat oder
gewinnen kann (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1993 - V ZR 158/92, BGHZ 124,
321, 322; Urteil vom 28. September 2006 - VII ZR 247/05, NJW 2007, 82 Rn. 12;
Urteil vom 6. April 2016 - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 45; Urteil vom
25. Januar 2023 - VIII ZR 230/21, MDR 2023, 488 Rn. 57). Dafür ist weder etwas
festgestellt noch sonst ersichtlich.

Einem Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO steht bis zum
30. Juni 2016 bereits der Vorrang der Leistungsklage entgegen. Ein zeitlich über
den 30. Juni 2016 hinausgehendes Feststellungsinteresse an der Feststellung
des Fortbestands des Geschäftsführeranstellungsvertrags ist mit den Ausführungen
des Berufungsgerichts weder zu erkennen noch hat der Kläger trotz der Hinweise
des Berufungsgerichts in der richterlichen Verfügung vom 19. Dezember
2022 hierzu etwas vorgetragen.

2. Der Kläger hat einen Anspruch auf seine Vergütung für die Monate Mai
und Juni 2016 in Höhe von nebst Zinsen.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich aus § 615
Satz 1 BGB in Verbindung mit dem Geschäftsführeranstellungsvertrag des
Klägers. Nach § 615 Satz 1 BGB kann der zur Dienstleistung Verpflichtete die
nach § 611 BGB vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung der
nicht erbrachten Dienste verpflichtet zu sein, wenn der Dienstberechtigte mit der
Annahme der Dienste in Verzug gerät. Dies beurteilt sich nach §§ 293 ff. BGB.

Die Vorschrift gibt keinen selbständigen Anspruch, sondern bewirkt, dass der
(ursprüngliche) Vergütungsanspruch dem zur Dienstleistung Verpflichteten erhalten
bleibt (BGH, Urteil vom 12. Mai 2022 - III ZR 78/21, NJW 2022, 2269
Rn. 24). Grundlage für den Anspruch des Klägers ist sein Geschäftsführeranstellungsvertrag,
welcher jedenfalls bis einschließlich 30. Juni 2016 fortbestand, da
weder die außerordentliche Kündigung vom 22. März 2016 noch die vom
7. Juni 2016 diesen zum 30. Juni 2016 beendet hat.

a) Die außerordentliche Kündigung vom 22. März 2016 konnte den
Geschäftsführeranstellungsvertrag schon deswegen nicht beenden, da sie nicht
innerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB erfolgt ist. Bei einer außerordentlichen
Kündigung des Anstellungsvertrags des Geschäftsführers einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung aufgrund vertraglich vereinbarter wichtiger
Gründe gilt die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB.

Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine fristlose Kündigung nur innerhalb
von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB
mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung
maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Zwar haben die Gesellschafter der Beklagten den maßgeblichen Kündigungsbeschluss
auf der Gesellschafterversammlung am 8. März 2016 gefasst.

Das Kündigungsschreiben vom 22. März 2016 ist dem Kläger aber erst am
23. März 2016 und damit nach Ablauf der Zweiwochenfrist zugegangen.

aa) Es handelt sich bei der mit Schreiben vom 22. März 2016 primär erklärten
Kündigung aufgrund der "Liquidation" der Gesellschaft um eine Kündigung
gemäß § 626 Abs. 1 BGB, so dass die Beklagte die Erklärungsfrist von zwei
Wochen ab Kenntnis gemäß § 626 Abs. 2 BGB hätte wahren müssen. § 626
Abs. 2 BGB erfasst jede außerordentliche Kündigung (Staudinger/Temming,
Neubearbeitung 2022, BGB § 626 Rn. 285; ErfK/Niemann, 24. Aufl., BGB § 626
Rn. 202). Auch für eine Kündigung aufgrund vertraglich vereinbarter wichtiger
Gründe gilt die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom
11. Mai 1981 - II ZR 126/80, ZIP 1981, 858, 859 f.).

Die Kündigung wurde im Schreiben des Aufsichtsratsvorsitzenden vom
22. März 2016 auch ausdrücklich als außerordentliche aus wichtigem Grund erklärt.
Dass dem Kläger mit der Kündigung (erst) zum 30. April 2016 eine
"Auslauffrist" gewährt wurde, nimmt der Kündigung nicht ihre Eigenschaft als
außerordentliche. Denn es blieb, auch durch das beigefügte Protokoll der Gesellschafterversammlung
vom 8. März 2016, hinreichend erkennbar, dass trotz der
"Auslauffrist" aus wichtigem Grund gekündigt wurde (vgl. BAG, Urteil vom
16. Juli 1959 - 1 AZR 193/57, RdA 1960, 36; MünchKommBGB/Henssler,
9. Aufl., § 626 Rn. 374; Staudinger/Temming, Neubearbeitung 2022, BGB § 626
Rn. 251). Die Frist zum 30. April 2016 blieb zudem hinter der in § 4 Abs. 1 GV für
die ordentliche Kündigung vorgesehenen Frist von 12 Monaten zurück.
bb) Der Anwendung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB
steht nicht das gesetzessystematische Argument entgegen, dass es, auf Grundlage
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in Ansehung der zugleich
entsprechend anzuwendenden Mindestkündigungsfristen des § 622 Abs. 1 und
2 BGB zu einem (systemwidrigen) doppelten Schutz des Gekündigten käme.
Auch bei nur vertraglicher Bestimmung von "wichtigen Gründen" hat der zu Kündigende
ein Interesse, rasch Klarheit darüber zu erlangen, ob in Ansehung des
Eintritts des Grundes von der Kündigungsbefugnis Gebrauch gemacht wird.
Dieses durch § 626 Abs. 2 BGB geschützte Interesse des Gekündigten muss
nicht deswegen zurückstehen, weil er über die (analog anwendbaren) Mindestkündigungsfristen
des § 622 Abs. 1 und 2 BGB geschützt wird, jedenfalls dann
nicht, wenn wie hier nach den anstellungsvertraglichen Regelungen die ordentli-
che Kündigung nur mit einer Frist möglich ist (12 Monate, § 4 Abs. 1 GAV), welche
die Mindestkündigungsfristen des § 622 Abs. 1 und 2 BGB übersteigt. Kündigungen
aus vertraglich vereinbarten wichtigen Gründen, welche die vertragliche
Frist für ordentliche Kündigungen nicht wahren, sind daher als "außerordentliche"
Kündigungen nur bei Beachtung der Kündigungserklärungsfrist des
§ 626 Abs. 2 BGB wirksam.

cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Geltung der Kündigungserklärungsfrist
des § 626 Abs. 2 BGB auch nicht entgegen, dass § 4
Abs. 2 GAV diese Norm nicht ausdrücklich für anwendbar erklärt. Die Parteien
haben in § 4 Abs. 2 GAV lediglich einzelne wichtige Gründe festgeschrieben,
ohne weitere Modalitäten der außerordentlichen Kündigung zu regeln. Daher
bleibt es im Übrigen beim gesetzlichen Rahmen einer außerordentlichen Kündigung,
einschließlich der Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB.

dd) Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB begann bereits
am auf den 8. März 2016 folgenden Tag zu laufen, § 187 Abs. 1 BGB.

(1) Für den tatbestandsmäßigen Beginn der Kündigung aus dem wichtigen
Grund der "Liquidation" kommt es zunächst (objektiv) auf den Tag an, an dem
die "Auflösung" der Beklagten von ihrer Gesellschafterversammlung beschlossen
wurde. Die Auslegung des Berufungsgerichts, nach welcher der Kündigungsgrund
der "Liquidation" nicht die Vollbeendigung, sondern die (beschlossene)
Auflösung der Gesellschaft bezeichnet, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Auslegung eines Individualvertrags ist grundsätzlich Sache des
Tatrichters und revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter gesetzliche
oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze
verletzt hat oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht,
etwa weil wesentlicher Auslegungsstoff unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften
außer Acht gelassen worden ist (st. Rspr., BGH, Urteil vom
11. Oktober 2011 - II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 24 mwN; Urteil vom
17. Januar 2023 - II ZR 76/21, ZIP 2023, 467 Rn. 18; Urteil vom 14. März 2023
- II ZR 152/21, ZIP 2023, 905 Rn. 24; Urteil von 29. Oktober 2024 - II ZR 222/21,
zVb).

Die Auslegung des Berufungsgerichts lässt eine Verletzung von Auslegungsregeln,
Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und Verfahrensvorschriften nicht
erkennen.

(2) Für die die Zweiwochenfrist in Lauf setzende Kenntnis im Sinn von
§ 626 Abs. 2 BGB kam es vorliegend allein auf den Wissensstand der Gesellschafterversammlung
der Beklagten am 8. März 2016 als zur Entscheidung über
die fristlose Kündigung berufenen und bereiten Gremiums der Gesellschaft an
(vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1998 - II ZR 318/96, BGHZ 139, 89, 92; Urteil vom
2. Juli 2019 - II ZR 155/18, ZIP 2019, 1716 Rn. 29 mwN).

(a) Maßgebliche juristische Person, welcher eine entsprechende Organkenntnis
von dem Kündigungsgrund der "Liquidation" zugerechnet werden muss,
ist die beklagte GmbH & Co. KG. Kündigungsberechtigtes Organ der beklagten
GmbH & Co. KG ist vorliegend - jedenfalls auch - die Gesellschafterversammlung
der Kommanditgesellschaft, deren Mitglieder am 8. März 2016 mit ihrer Beschlussfassung
über die Liquidation der Gesellschaft und die darauf gestützte
Kündigung des Klägers positive Kenntnis von dem Kündigungsgrund der
"Liquidation" erlangt haben.

(b) Nach dem revisionsrechtlich bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrags
der GmbH & Co. KG zugrunde zu legenden Sachverhalt haben die Gesellschafter
der Beklagten die Zuständigkeit von deren Aufsichtsrat für die Personalkompetenz
hinsichtlich der Geschäftsführer ihrer Komplementärin vereinbart.
Zwar obliegt die Auslegung von Gesellschaftsverträgen grundsätzlich dem
Tatrichter. Im vorliegenden Fall kann der Senat als Revisionsgericht die Auslegung
jedoch selbst vornehmen, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt
folgerichtig - den Gesellschaftsvertrag der Beklagten nicht ausgelegt
hat und weitere, für die Auslegung maßgebliche tatsächliche Feststellungen nicht
zu erwarten sind. Das gilt selbst dann, wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten
bestehen sollten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 - II ZR 84/13,
BGHZ 203, 77 Rn. 23; Urteil vom 15. März 2016 - II ZR 114/15, ZIP 2016, 1376
Rn. 24).

(aa) Nach § 9 Abs. 4 Satz 1 GV der Beklagten hat der Aufsichtsrat das
Recht, den oder die Geschäftsführer der Komplementärin zu bestellen und abzuberufen
sowie den Abschluss, die Änderung und die Beendigung des jeweiligen
Dienstvertrags vorzunehmen. Eine solche Gestaltung ist zulässig. Die
GmbH & Co. KG kann fakultative Organe wie einen Beirat oder Aufsichtsrat einrichten.
Diesem Organ kann auch die Aufgabe zugewiesen werden, einen Geschäftsführeranstellungsvertrag
für die GmbH & Co. KG abzuschließen und zu
kündigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine solche
satzungs- bzw. gesellschaftsvertragsmäßige Übertragung der Kompetenz zur
Änderung oder Aufhebung von Dienstverträgen mit Geschäftsführern namentlich
auf einen Aufsichtsrat rechtlich unbedenklich (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1999
- II ZR 27/98, ZIP 1999, 1669, 1670).

(bb) Die Gesellschafterversammlung der Beklagten hat diese Zuständigkeit
ihres Aufsichtsrats für die Kündigung des Dienstverhältnisses des Klägers
als Geschäftsführer ihrer Komplementärin in der Gesellschafterversammlung am
8. März 2016 mit der erforderlichen Mehrheit nach § 7 Abs. 4 a) GV an sich gezogen
und diese beschlossen.

Ein Gesellschafterbeschluss, mit dem der Kläger außerordentlich gekündigt
und der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Beklagten bevollmächtigt wird,
diesen Gesellschafterbeschluss auszuführen, greift allerdings in die nach dem
Gesellschaftsvertrag der Beklagten ihrem Aufsichtsrat zustehenden Befugnisse
ein und setzt damit eine Änderung des Gesellschaftsvertrags mit der dafür nach
§ 7 Abs. 4 a) GV erforderlichen Mehrheit von 75 % der Stimmen voraus (vgl.
BGH, Urteil vom 1. Dezember 1969 - II ZR 224/67, WM 1970, 249, 251). Aus
dem Grundsatz der Verbandssouveränität folgt, dass - jedenfalls - ein (auch) mit
gesellschaftsfremden Dritten besetzter bzw. besetzbarer Beirat oder Aufsichtsrat
bei Erreichen der vertragsändernden Mehrheit wieder abgeschafft, in seinen
Kompetenzen beschnitten oder in seinen Entscheidungen aufgehoben werden
kann (Born in Ebenroth/Boujong, HGB, 5. Aufl., § 108 Rn. 34; Winter in: Beratungspraxis
GmbH & Co. KG, 2017, B 27 mwN). Die Gesellschafter können auch
einzelne Entscheidungen dieses Gremiums mit vertragsändernder Mehrheit
ändern. Sie müssen eine Entscheidung des Beirats bzw. Aufsichtsrats aber gar
nicht erst abwarten, sondern können mit gesellschaftsvertragsändernder Mehrheit
selbst in der Sache entscheiden (Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht,
2. Aufl., S. 172; Koller/Kindler/Drüen/Kindler, HGB, 10. Aufl., § 114 Rn. 4b;
Staub/Schäfer, HGB, 6. Aufl., § 108 Rn. 51). Denn wenn Beirats- oder Aufsichtsratskompetenzen
im Wege der Vertragsänderung generell entzogen oder eingeschränkt
werden können, folgt daraus, dass die Gesellschafter erst recht einzelne
Angelegenheiten an sich ziehen können. Damit stehen einem Beirat unentziehbare,
von der Gesellschaftergesamtheit zu respektierende Kompetenzen nicht zu
(Staub/Schäfer, HGB, 6. Aufl., § 108 Rn. 51). Ein Gesellschaftsvertrag ist deshalb
stets in diesem Sinne einer Dispositionsbefugnis der Gesellschafter über
Beiratskompetenzen zu verstehen (MünchKommHGB/Grunewald, 5. Aufl., § 161
Rn. 171).

Von ihrer so mit vertragsändernder Mehrheit eröffneten Zuständigkeit für
die Entscheidung über die Kündigung hat die Gesellschafterversammlung mit ihrer
Beschlussfassung am 8. März 2016 auch Gebrauch gemacht. Die erforderliche
Mehrheit von 75 % der Stimmen wurde erreicht.

(cc) Der Annahme, die Gesellschafterversammlung habe die Entscheidung
über die Kündigung "an sich gezogen", womit sie in die Rolle des Organs
gerückt ist, dessen Kenntnis für den Beginn der Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB
maßgeblich ist, steht nicht entgegen, dass ausweislich des Kündigungsschreibens
vom 22. März 2016 später auch der Aufsichtsrat noch die Kündigung des
Geschäftsführeranstellungsvertrags beschlossen hat. Hätten die Kommanditisten
die Entscheidung über die Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags
dem Aufsichtsrat überlassen wollen, hätten sie nicht die Kündigung beschlossen.
Ein rein deklaratorischer Beschluss der Gesellschafterversammlung
liegt fern, beinhaltet der Beschluss doch an keiner Stelle einen Hinweis auf eine
noch zu treffende Entscheidung des Aufsichtsrats über die Kündigung. Die Gesellschafterversammlung
hat - neben der Auflösung der Gesellschaft - auch hinsichtlich
der Kündigung des Klägers "durchentschieden". So heißt es in dem Beschluss
TOP 2 Abs. 1, dass der Geschäftsführeranstellungsvertrag im Hinblick
auf die Liquidation gekündigt "wird", nicht etwa, dass diese Entscheidung erst
noch durch den Aufsichtsrat zu treffen sei. Dass die Gesellschafter die maßgeblichen
Entscheidungen an sich gezogen haben, unterstreicht der Beschluss
TOP 4, nach welchem sie die Kommanditistin N. V.

GmbH & Co. KG beauftragt sowie bevollmächtigt haben, unmittelbar im Anschluss
an die Gesellschafterversammlung der Kommanditgesellschaft als deren
Vertreterin unter Verzicht auf sämtliche gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften
über Form und Fristen eine außerordentliche Gesellschafterversammlung
der Komplementär-GmbH abzuhalten, in welcher die - bereits im Beschluss
TOP 3 abschließend vorformulierten - Beschlüsse zur Auflösung der Komplementär-
GmbH und der Abberufung des Klägers als GmbH-Geschäftsführer zu
fassen waren. Dabei wurde bereits festgelegt, dass die Abberufung "mit Wirkung
zum Ablauf des zweiten Tages, der auf diese Gesellschafterversammlung folgt"
wirksam werden sollte. Eine eventuelle Aufsichtsratssitzung war somit auch für
das Wirksamwerden der organschaftlichen Abberufung des Klägers keinerlei
"Referenzpunkt". Dem entspricht die Kommunikation der Beklagten mit dem Kläger.
Zwar wird in dem Kündigungsschreiben erwähnt, neben der Gesellschafterversammlung
habe auch der Aufsichtsrat noch die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags
beschlossen. Als maßgebliche Entscheidung wird jedoch
auf diejenige der Kommanditisten am 8. März 2016 abgestellt.

(dd) Auch der Umstand, dass die Gesellschafterversammlung am
8. März 2016 beschlossen hat, den Geschäftsführeranstellungsvertrag mit dem
Kläger außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen
Datum zu kündigen oder mittels Aufhebungsvereinbarung zu beenden,
steht der Annahme nicht entgegen, sie habe die betreffende Entscheidung
über die Kündigung an sich gezogen. Die Alternative ("oder") bedeutet lediglich,
dass eine (kurzfristige) Verständigung über einen Aufhebungsvertrag möglich
bleiben sollte, nicht aber, dass die Gesellschafterversammlung über die außerordentliche
Kündigung erst später noch entscheiden wollte.

ee) Bei der Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB handelt
es sich um eine Frist i.S.v. § 187 Abs. 1 BGB, so dass die Frist von zwei Wochen
am auf den 8. März 2016 folgenden Tag zu laufen begann und mit Ablauf des
22. März 2016 endete, nämlich mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten
Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, in den das Ereignis
- hier: die Kenntniserlangung der Gesellschafterversammlung - fällt, § 188
Abs. 2 BGB (vgl. BeckOGK BGB/Fervers, Stand 1.9.2024, § 187 Rn. 23.2). Die
Beklagte hat die am 22. März 2016 abgelaufene Erklärungsfrist nicht gewahrt.

(1) Maßgeblich für die Wahrung der Ausschlussfrist ist nicht die Abgabe
der Kündigungserklärung, sondern der Zugang beim Kündigungsempfänger
(BeckOGK BGB/Günther, Stand 1.8.2024, § 626 Rn. 199). Nach den nicht angegriffenen
Feststellungen des Landgerichts ging die Kündigung dem Kläger erst
am 23. März 2016 zu.

(2) Für den Zugang der Kündigungserklärung bei dem Kläger kann entgegen
der Rechtauffassung der Beklagten nicht auf den 8. März 2016 abgestellt
werden. Die Kündigungserklärung ist nach der entsprechenden Beschlussfassung
gesondert abzugeben (BGH, Urteil vom 16. Juli 2007 - II ZR 109/06,
ZIP 2007, 1658 Rn. 9 mwN). Dabei können die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung
und die Umsetzung der getroffenen Entscheidung in einem
Akt zusammenfallen (BGH, Urteil vom 22. September 1969 - II ZR 144/68,
BGHZ 52, 316, 321; Urteil vom 27. März 1995 - II ZR 140/93, ZIP 1995, 643,
646). Ist der Geschäftsführer bei der Beschlussfassung anwesend, so kann die
Kündigung durch Unterzeichnung des Beschlussprotokolls durch ihn wirksam
werden (OLG Nürnberg, NZG 2001, 810, 811), was aber erfordert, dass der Beschluss
über den verbandsbezogenen Willensbildungsakt "Kündigung" bereits
die Erklärung derselben gegenüber dem zu kündigenden Geschäftsführer enthält.
Ein solcher Erklärungswille kann hier aber nicht festgestellt werden. Es mangelte
der Gesellschafterversammlung vielmehr an einem solchen Erklärungswillen
gegenüber dem Kläger, da sie ausdrücklich den Aufsichtsratsvorsitzenden
bevollmächtigt und angewiesen hat, die betreffenden, den Beschluss umsetzenden
Erklärungen gegenüber dem Kläger abzugeben. Tatsächlich wurde die
Kündigung dann durch den Aufsichtsratsvorsitzenden mit Schreiben vom
22. März 2016 gegenüber dem Kläger ausdrücklich erklärt.

ff) Die vom Berufungsgericht für die Zulassung der Revision als entscheidungserheblich
angesehene Frage, welche Kündigungsfristen auf Dienstverhältnisse
von Geschäftsführern, die keine Mehrheitsgesellschafter sind, anzuwenden
sind, stellt sich aufgrund der Verfristung der Kündigung deshalb hier nicht. Zutreffend
ist das Berufungsgericht aber davon ausgegangen, dass die Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts, welches § 621 BGB für einschlägig erachtet
(BAG, Urteil vom 11. Juni 2020 - 2 AZR 374/19, BAGE 171, 44, Rn. 35 ff.), der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs widerspricht, wonach auf Geschäftsführer,
die keine Mehrheitsgesellschafter sind, die zum Nachteil des Geschäftsführers
grundsätzlich nicht abdingbaren (§ 622 Abs. 4, 5 BGB) Kündigungsfristen
für Arbeitsverhältnisse (§ 622 Abs. 1 und 2 BGB) entsprechend anzuwenden sind
(vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1981 - II ZR 92/80, BGHZ 79, 291, 292 ff.; Urteil
vom 11. Mai 1981 - II ZR 126/80, ZIP 1981, 858; Urteil vom 26. März 1984
- II ZR 120/83, BGHZ 91, 217, 219 f.; Urteil vom 9. März 1987 - II ZR 132/86,
ZIP 1987, 707, 708; Urteil vom 29. Mai 1989 - II ZR 220/88, ZIP 1989, 1190,
1192; Urteil vom 20. August 2019 - II ZR 121/16, ZIP 2019, 1805 Rn. 34), und
zwar auch dann, wenn wie hier der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung, die Komplementärin einer Kommanditgesellschaft ist, den
Anstellungsvertrag unmittelbar mit der Kommanditgesellschaft abgeschlossen
hat (BGH, Urteil vom 9. März 1987 - II ZR 132/86, ZIP 1987, 707, 708).
Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Der Gesetzgeber
hat anlässlich der Reform des Kündigungsfristengesetzes (KündFG) im Jahr
1993 (RegE, BT-Drs. 12/4902) in offenbarer Kenntnis der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs die Frage der Kündigungsfristen für Organmitglieder weder
ausdrücklich angesprochen noch korrigiert. Damit hat er diese Rechtsprechung
offensichtlich gebilligt. Das Kündigungsfristengesetz erfolgte in Vollziehung eines
Gesetzgebungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 82, 126,
154 f.) und zielte ausschließlich darauf ab, die Fristen bei der ordentlichen Kündigung
für Arbeiter und Angestellte sowie die Rechtslage in den alten und den
neuen Bundesländern zu vereinheitlichen (RegE, BT-Drs. 12/4902, 6). Deshalb
ist eine bewusste Wertentscheidung des Gesetzgebers, den persönlichen Anwendungsbereich
des § 622 BGB ausschließlich auf Arbeitsverhältnisse zu beschränken,
von der das Bundesarbeitsgericht ausgeht, nicht erkennbar. Entgegen
der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 11. Juni 2020
- 2 AZR 374/19, BAGE 171, 44 Rn. 48 ff.) hat der Bundesgerichtshof an seiner
Rechtsprechung auch nach Inkrafttreten des Kündigungsfristengesetzes festgehalten
(BGH, Urteil vom 20. August 2019 - II ZR 121/16, ZIP 2019, 1805 Rn. 34).
b) Auch die außerordentliche Kündigung vom 7. Juni 2016 hat den Geschäftsführeranstellungsvertrag
vor dem 30. Juni 2016 nicht beendet. Es fehlt an
einem wichtigen Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB für diese außerordentliche Kündigung,
da der anwaltliche Schriftsatz vom 18. Mai 2016 keine "nötigenden"
Passagen enthält.

aa) Es ist in erster Linie eine tatrichterliche Frage, ob ein bestimmtes Verhalten
als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung zu werten ist.
Aufgabe des Revisionsgerichts ist es, die vom Berufungsgericht vorgenommene
Wertung darauf zu überprüfen, ob der Rechtsbegriff des wichtigen Grundes richtig
erkannt und die Grenzen des dem Tatrichter eingeräumten Ermessens bei der
Würdigung des von ihm festgestellten Sachverhalts eingehalten worden sind; ein
Ermessensfehler liegt insbesondere dann vor, wenn wesentliche Tatsachen
außer Acht gelassen oder nicht vollständig gewürdigt worden sind (BGH, Urteil
vom 2. Juli 2019 - II ZR 155/18, ZIP 2019, 1716 Rn. 26 mwN).
Das Berufungsgericht hat sich als berufener Tatrichter im Berufungsurteil,
von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, inhaltlich mit dem anwaltlichen
Schriftsatz vom 18. Mai 2016, aus dem allein ein wichtiger Grund für die erneute
außerordentliche Kündigung folgen kann, nicht befasst. Da weitere Feststellungen
nicht zu erwarten sind, kann der Senat die Auslegung nachholen und in der
Sache selbst entscheiden (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2023 - II ZB 6/22,
BGHZ 236, 54 Rn. 28 mwN; Urteil vom 27. April 2023 - VII ZR 144/22, WM 2024,
134 Rn. 21).

bb) Als wichtiger Grund kommt zwar auch die schuldhafte Verletzung der
Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB in Betracht (vgl. BAG, Urteil vom
27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09, BAGE 137, 54 Rn. 29 ff.), wobei sich eine Partei
Äußerungen ihres Prozessbevollmächtigten entsprechend § 85 Abs. 1 ZPO
zurechnen lassen muss. Gegen diese Pflicht zur Rücksichtnahme kann der Arbeitnehmer
bzw. Angestellte auch verstoßen, wenn er (ggf. auch in subtiler
Weise, unter Hinweis auf entstehende Nachteile) mit einem empfindlichen Übel
droht, um z.B. die Erfüllung eigener streitiger Forderungen zu erreichen. Voraussetzung
ist aber die Widerrechtlichkeit der Drohung. Das In-Aussicht-Stellen
eines zukünftigen Übels ist widerrechtlich, wenn entweder das Mittel, das heißt
das angedrohte Verhalten, oder der Zweck, das heißt die erwartete Willenserklärung,
oder jedenfalls der Einsatz des fraglichen Mittels zu dem fraglichen Zweck
von der Rechtsordnung nicht gedeckt ist. Darlegungen in einer gerichtlichen Auseinandersetzung
sind danach zulässig, auch wenn sie dem Prozessgegner nicht
genehm sind. Anderes gilt nur für bewusst oder leichtfertig falsche Tatsachenbehauptungen
(BAG, Urteil vom 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13, NZA 2014, 1258,
Rn. 20 ff.).

Nach diesen Maßstäben liegt eine widerrechtliche Drohung und damit ein
wichtiger Grund nicht vor. Zwar mag der Verweis darauf, dass die Auseinandersetzung
im gerichtlichen Verfahren, also ohne eine einvernehmliche außergerichtliche
Beendigung, eben nicht "geräuschlos" ablaufen werde, weil auch Interna
aus dem Anstellungsverhältnis darzulegen sein werden, für die Beklagte
ein empfindliches Übel darstellen. Das In-Aussicht-Stellen dieses Übels ist aber
nicht widerrechtlich. Denn Anzeichen dafür, dass der Kläger falsche Tatsachen
behaupten wollte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Verweis auf die
Behandlung interner Tatsachen aus dem Anstellungsverhältnis in einem gerichtsöffentlichen
Verfahren impliziert nicht die Ankündigung, der Kläger wolle seine
Ziele durch Falschbehauptungen erreichen. Der anwaltliche Schriftsatz ist auch
nicht so zu verstehen, dass der Kläger eine Offenlegung gegenüber einer
weiteren Öffentlichkeit beabsichtigt.

c) Die Beklagte befand sich im Annahmeverzug (§§ 293 ff. BGB). Kündigt
die Gesellschaft das Anstellungsverhältnis und ist die Kündigung nicht gerechtfertigt,
so kommt sie mit der Annahme der Arbeitsleistung auf jeden Fall dann in
Verzug gemäß § 615 Satz 1 BGB, wenn der Geschäftsführer der Kündigung
nachdrücklich widerspricht. Das Angebot, die Arbeitsleistung zu erbringen, liegt
in diesem Widerspruch in Verbindung mit der bisherigen Dienstleistung (BGH,
Urteil vom 15. Februar 1968 - II ZR 92/66, WM 1968, 611; Urteil vom 3. Mai 1973
- II ZR 15/71, WM 1973, 782, 785). Der Kläger hat hier gegen beide ausgesprochenen
Kündigungen unter dem 12. April 2016 bzw. 13. Juni 2016 Kündigungsschutzklage
erhoben. Hierin lag ein deutlicher Widerspruch im Sinne der vorgenannten
Rechtsprechung. Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Landgerichts
im Übrigen zudem auch deutlich zu erkennen gegeben, dass für sie eine
weitere Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer bzw. Liquidator unter keinen
Umständen mehr in Frage kam.

3. Der Anspruch in Höhe von 26.666,66 ie (Hilfs-)Aufrechnung
der Beklagten im Schriftsatz vom 30. Oktober 2017 in Höhe von 2.770 erloschen,
womit er noch in Höhe von 23.896,66

4. Der Antrag auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist unbegründet.
Die tatsächlichen Voraussetzungen hat der Kläger nicht substantiiert
dargelegt. Zwar hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12. April 2018 vorgetragen, in
dem Schriftverkehr mit der Beklagten sei diese mehrfach anwaltlich zur Zahlung
des Arbeitslohnes aufgefordert worden, was jedoch seitens der Beklagten bestritten
worden ist. Es hätte deshalb darauf dem Kläger oblegen, substantiiert zu der
vorgerichtlichen Zahlungsaufforderung durch seinen Rechtsanwalt vorzutragen,
woran es fehlt.

III. Das Berufungsurteil ist danach im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden,
da sie zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

05.11.2024

Aktenzeichen:

II ZR 35/23

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB §§ 622, 626 Abs. 2