BGH 04. September 2019
XII ZR 52/18
BGB §§ 566 Abs. 1, 578 Abs. 2 S. 1

Gestattung zum Mitgebrauch einer benachbarten Fläche begründet kein Mietverhältnis

letzte Aktualisierung: 8.11.2019
BGH, Urt. v. 4.9.2019 – XII ZR 52/18

BGB §§ 566 Abs. 1, 578 Abs. 2 S. 1
Gestattung zum Mitgebrauch einer benachbarten Fläche begründet kein Mietverhältnis

Ist dem Mieter gestattet, ein im Eigentum des Vermieters stehendes weiteres Grundstück zu
benutzen, das nicht Gegenstand des Mietvertrags ist, tritt bei einer späteren Veräußerung dieses
Grundstücks der Erwerber nicht gemäß § 566 Abs. 1 BGB in den Mietvertrag ein.

Entscheidungsgründe:

Die Revisionen der Beklagten zu 1 und 2 führen zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils, soweit darin zu deren Nachteil entschieden worden ist, und
insoweit zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Revision
der Klägerin ist unbegründet.

A.
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung Folgendes
ausgeführt:

Die Feststellungsklage sei begründet, weil das Mietverhältnis erst am
31. März 2017 durch Zeitablauf beendet worden sei. Die von der Beklagten zu 1
erklärten Kündigungen seien unwirksam, weil die Beklagten zu 1 und 2 gemeinsam
als Erwerber im Sinne des § 566 Abs. 1 BGB anzusehen seien und diese
daher das Mietverhältnis nur hätten gemeinsam kündigen können. Für die Frage,
wer als Erwerber und damit Rechtsnachfolger des früheren Vermieters anzusehen
sei, komme es nicht allein darauf an, welcher Mietgegenstand in dem
Vertrag ausdrücklich oder stillschweigend als vermieteter Raum bezeichnet sei,
sondern darauf, welche Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis auf den
Erwerber übergegangen seien. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der
Vorschrift. Die Auslegung des § 566 Abs. 1 BGB habe nicht nur an der Definition
des Begriffs "vermieteter Wohnraum" anzuknüpfen. Vielmehr sei die Vorschrift
in erster Linie im Lichte der Rechtsfolge zu deuten, wonach der Erwerber
in die aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eintrete und
diese übernehme. Zwar handele es sich bei dem Anlieferungsbereich auf dem
Flurstück 9/20 lediglich um eine von der Klägerin mitgenutzte Fläche, weil nur
die in den Grundrisszeichnungen rot und blau umrandeten Flächen, die sich auf
den Flurstücken 9/18 und 9/19 befinden, Mietgegenstand sein sollten. Der Klägerin
sei jedoch die Anlieferungsfläche zur Mitbenutzung überlassen worden.

Da § 566 Abs. 1 BGB den Schutz des Mieters und Pächters beabsichtige, der
gegenüber dem Erwerber ohne Übergang der Vermieterstellung kein Besitzrecht
hätte, sei bei der Auslegung des § 566 Abs. 1 BGB nicht allein auf den
Mietgegenstand, sondern auf die mietvertragliche Pflicht des früheren Vermieters
zur Gebrauchsgewährung im Sinne des § 535 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB
abzustellen. Vor diesem Hintergrund gehöre nach Sinn und Zweck des § 566
Abs. 1 BGB der Anlieferungsbereich zum Mietgegenstand. Dieses Verständnis
und diese Auslegung des Wortlauts der Vorschrift entspreche auch dem Willen
des historischen Gesetzgebers. Zudem spreche für die Richtigkeit dieser Auslegung
folgende Kontrollüberlegung: Käme es nur auf die ausdrücklich vermietete
Sache an, hätte dies zur Konsequenz, dass ein Dritter einen Bereich erwerben
würde, auf den sich nach dem ursprünglichen Mietvertrag zwar die Verpflichtung
der ursprünglichen Vermieterin zum vertragsgemäßen Gebrauch gemäß
§ 535 Abs. 1 BGB erstrecke, der Dritte aber mangels Erwerbereigenschaft
nicht in ein Schuldverhältnis mit dem Mieter eintrete. Der Dritte würde daher im
Fall der Entziehung oder Beeinträchtigung des Gebrauchs des Mieters keine
Pflicht nach § 535 Abs. 1 BGB verletzen. Ansprüche aus dem mietrechtlichen
Leistungsstörungsrecht gegen den alleinigen Erwerber als neuen Vermieter
wären zweifelhaft oder gar nicht vorhanden. Denn der verbleibende Rechtsnachfolger
des früheren Vermieters habe oft kaum eine rechtliche Handhabe,
eine Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs durch den Dritten zu
verhindern. Zumindest würde ein Schadensersatzanspruch des Mieters gegen
seinen neuen Vermieter bei bestimmten Beeinträchtigungen entfallen, wenn
dieser sie mangels Einwirkungsmöglichkeit auf den Dritten nicht zu vertreten
hätte.

Die Rechtsnachfolge der Beklagten zu 2 nach der früheren Vermieterin
der Klägerin sei auch nicht deshalb entfallen, weil die Beklagte zu 1 nach den
Grundsätzen des Eigengrenzüberbaus alleinige Eigentümerin des Flurstück
9/20 geworden sei. Ein solcher Überbau liege nicht vor. Der Gebäudekomplex
auf den Flurstücken 9/18 und 9/19 im Bereich der Ebene 0 überbaue nur einen
kleinen Teil des überdachten, unterirdischen Anlieferungsbereichs. Für die Annahme
eines Überbaus im oberirdischen Bereich sei kein Raum.

Das Mietverhältnis sei auch nicht durch die von beiden Beklagten erklärte
Kündigung vom 29. Juni 2015 zum 31. Dezember 2015 beendet worden, weil
diese Kündigung nicht innerhalb der Frist des § 111 Satz 2 InsO erfolgt sei. Ein
Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 580 a Abs. 2
BGB habe den Beklagten nicht zugestanden. Das Mietverhältnis sei befristet
gewesen und die Annahme eines Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit wegen
eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis komme nicht in Betracht.
Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der unwirksamen Kündigungen
stehe der Klägerin allerdings nicht zu. Es sei schon zweifelhaft, ob die Beklagten
überhaupt eine ihnen obliegende Nebenpflicht aus dem Mietvertrag verletzt
hätten. Jedenfalls hätten die Beklagten eine mögliche Pflichtverletzung nicht zu
vertreten, da ihnen keine Fahrlässigkeit angelastet werden könne. Bei der Auslegung
des § 111 Satz 1 InsO und des § 566 Absatz 1 BGB im vorliegenden
Fall handele es sich um eine schwierige Rechtsfrage. Dass das erkennende
Gericht bei der Frage der Erwerbereigenschaft der Beklagten zu 2 den Anwendungsbereich
des § 566 Abs. 1 unter dem Gesichtspunkt der Rechte und Pflichten
des ursprünglichen Vermieters zur Gebrauchsüberlassung ausdehnen werde,
sei für die Beklagten nicht erkennbar gewesen. Die Beklagten hätten sich
insoweit in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden. Zudem sei der von
der Klägerin geltend gemachte entgangene Gewinn hauptsächlich darauf zurückzuführen,
dass diese die Mietsache trotz ihrer gegenteiligen Auffassung zur
Wirksamkeit der Kündigungen freiwillig geräumt habe.

Die Widerklage sei unbegründet. Zwar knüpfe die in § 19 neu des Mietvertrags
vereinbarte Rückbaupauschale lediglich an die Beendigung des Mietverhältnisses
an. Als Ergebnis ergänzender Vertragsauslegung und als Ausfluss
des Gebotes von Treu und Glauben sei im vorliegenden Fall jedoch davon
auszugehen, dass der Vermieter die vereinbarte Entschädigungszahlung nicht
verlangen könne, wenn er durch eine unwirksame und damit zumindest objektiv
pflichtwidrige Kündigung den Besitz der Mietsache bereits vor der vertraglich
vorgesehenen Beendigung des Mietverhältnisses zurückerhalte und durch Weitervermietung
oder sonstige Veränderungen der Mietsache die Erfüllung der
Verpflichtungen des Mieters gemäß § 546 BGB bei einem späteren Mietende
vereitele. Hätten die Parteien die Möglichkeit vorausgesehen, dass der Erwerber
im Falle einer Insolvenz des Vermieters das Mietverhältnis vorzeitig beende,
um die Mieträume aus Gründen der Verbesserung der Gewinnerzielung an
einen Mitbewerber vermieten zu können, diese Kündigung allerdings unwirksam
sei und das Mietverhältnis nur aufgrund des durch die unwirksame Kündigung
veranlassten Auszugs neu vermietet werden konnte, hätten die Mietvertragsparteien
unter Berücksichtigung von Treu und Glauben in redlicher Weise einen
Entfall der Rückbauverpflichtung und der Ausgleichszahlung vereinbart.

B.
Diese Ausführungen halten in wesentlichen Punkten der rechtlichen
Überprüfung nicht stand.

I.
Die Beklagten zu 1 und 2 wenden sich zu Recht gegen die Feststellung
des Oberlandesgerichts, dass das streitgegenständliche Mietverhältnis bis zum
Ablauf der vertraglich vereinbarten Laufzeit am 31. März 2017 fortbestand. Der
entsprechende Feststellungsantrag der Klägerin ist unbegründet, weil die Beklagte
zu 1 den streitgegenständlichen Mietvertrag jedenfalls mit Schreiben vom
13. März 2015 mit Wirkung zum 30. September 2015 wirksam gekündigt hat.
Nach § 111 Satz 1 InsO kann derjenige, der vermietetes Grundeigentum
vom Insolvenzverwalter erwirbt und anstelle des Schuldners (Vermieters) in das
Mietverhältnis eintritt, dieses unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist
kündigen. Nach § 111 Satz 2 InsO kann diese Sonderkündigung zwar nur für
den ersten Termin erklärt werden, für den sie zulässig ist. Diese Voraussetzungen
sind im vorliegenden Fall jedoch erfüllt.

1. Nachdem die Beklagte zu 1 am 2. März 2015 als neue Eigentümerin
der vom Insolvenzverwalter erworbenen Grundstücke mit den Flurnummern
9/18 und 9/19 in das Grundbuch eingetragen worden war und sie damit gemäß
§ 566 Abs. 1 BGB in das bestehende Mietverhältnis eingetreten ist, war sie gemäß
§ 111 Satz 1 InsO berechtigt, den streitgegenständlichen Mietvertrag zu
kündigen. Die mit Schreiben vom 13. März 2015 von der Beklagten zu 1 erklärte
Kündigung zum 30. September 2015 erfolgte auch zum ersten möglichen
Termin (§ 111 Satz 2 InsO) und unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist
(§ 111 Satz 1 InsO iVm § 580 a Abs. 2 BGB).

2. Die Beklagte zu 1 war auch allein zur Kündigung des Mietvertrags berechtigt,
weil die Beklagte zu 2 durch den Erwerb des Grundstücks mit der Flurnummer
9/20 nicht als weitere Vermieterin in den streitgegenständlichen Mietvertrag
eingetreten ist. Die vom Oberlandesgericht vertretene Auffassung,
§ 566 Abs. 1 BGB sei hinsichtlich der Frage, ob die Beklagte zu 2 als Erwerbe-
rin im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sei, anhand der in § 566 Abs. 1 BGB
enthaltenen Rechtsfolge auszulegen, wonach der Erwerber in die sich aus dem
Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eintrete, ist mit dem Wortlaut
der Vorschrift nicht zu vereinbaren. Sie lässt sie auch nicht mit dem Schutzzweck
des § 566 BGB rechtfertigen.

a) Wird ein vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter
von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, tritt gemäß § 566 Abs. 1 BGB
der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums
aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Nach
ihrem klaren Wortlaut knüpft die Vorschrift, die gemäß § 578 Abs. 2 BGB auf
gewerblich genutzte Mieträume entsprechend anwendbar ist, tatbestandlich an
die Veräußerung des Mietgegenstands an. Voraussetzung für die Anwendbarkeit
der Vorschrift ist damit, dass es zu einem Wechsel des Eigentums an den
Mieträumen kommt. Die Vorschrift will den Mieter davor schützen, aufgrund einer
Änderung der dinglichen Berechtigung an dem Mietgegenstand sein aus
dem Mietvertrag gegenüber dem ursprünglichen Vermieter abgeleitetes Besitzrecht
zu verlieren. Die ihm durch den Mietvertrag von seinem Vertragspartner
eingeräumte Rechtsstellung - der berechtigte Besitz - soll ihm auch gegenüber
einem späteren Erwerber des Grundstücks erhalten bleiben. Um diesen Zweck
zu erreichen, sieht die Vorschrift als Rechtsfolge des Eigentumsübergangs vor,
dass zwischen dem Erwerber des Grundstücks und dem Mieter ein neues Mietverhältnis
entsteht, allerdings mit dem gleichen Inhalt, mit dem es zuvor mit
dem Veräußerer bestanden hat (Senatsurteile BGHZ 202, 354 = NJW 2014,
3775 Rn. 10 und vom 25. Juli 2012 - XII ZR 22/11 - NJW 2012, 3032 Rn. 25
mwN).

b) Mietgegenstand waren im vorliegenden Fall lediglich die auf den
Grundstücken mit den Flurnummern 9/18 und 9/19 gelegenen Räumlichkeiten,
nicht aber die auf dem Grundstück mit der Flurnummer 9/20 gelegene Fläche,
die von der Klägerin zur Anlieferung mitbenutzt werden durfte. Davon ist auch
das Oberlandesgericht zutreffend ausgegangen.

aa) Grundsätzlich ergibt sich der Vertragsgegenstand, gegebenenfalls im
Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB), aus dem Mietvertrag oder aus sonstigen
Vereinbarungen der Parteien (Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht
14. Aufl. § 535 BGB Rn. 21). Vermietet der Eigentümer Wohnungen oder Geschäftsräume
in seinem Haus, erstreckt sich zwar das Recht des Mieters zur
Benutzung der gemieteten Räume grundsätzlich auch auf das Recht zur Mitbenutzung
der Gemeinschaftsflächen des Hauses (vgl. BGH Urteil vom 10. November
2006 - V ZR 46/06 - NJW 2007, 146, 147 mwN). Ohne eine entsprechende
vertragliche Vereinbarung sind jedoch Gemeinschaftsflächen, die der
Mieter nur mitbenutzen darf, nicht mitvermietet (KG NZM 2013, 579;
Guhling/Günter/Menn Gewerberaummiete 2. Aufl. § 535 BGB Rn. 57).

bb) Danach waren im vorliegenden Fall allein die auf den Grundstücken
9/18 und 9/19 gelegenen Räumlichkeiten an die Klägerin vermietet.

Bereits in dem Mietvertrag vom 10. März 2005 wurden von den ursprünglichen
Vertragsparteien in Teil A § 1.2 und § 1.3 als Mietgegenstand die in den
dem Vertrag beigefügten Grundrisszeichnungen farblich markierten Flächen
bezeichnet, die sich ausschließlich auf den Flurstücken 9/18 und 9/19 befinden.

Auch in der im Juli 2007 abgeschlossenen Nachtragsvereinbarung sind in Teil A
§ 1 lediglich die auf den Grundstücken mit den Flurnummern 8/19 und 9/19 gelegenen
Flächen als "Mietgegenstand" benannt. Dafür, dass nach dem Willen
der ursprünglichen Vertragsparteien auch der sich auf dem Flurstück 9/20 befindliche
Anlieferungsbereich ganz oder teilweise an die Klägerin vermietet werden
sollte, finden sich weder in dem ursprünglichen Mietvertrag noch in dem
späteren Nachtrag tragfähige Anhaltspunkte. Zudem ist in der - nach Anlage C6
des Mietvertrags zum Vertragsinhalt zählenden - Stellungnahme der ursprüngli-
chen Vermieterin zur Bau- und Leistungsbeschreibung unter Ziffer 7.1 ("Anlieferung
mit Zufahrt Markt und Getränke") ausgeführt, dass keine exklusive Anliefersituation
vorgesehen ist. Dies lässt ebenfalls darauf schließen, dass der Klägerin
nur die Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Anlieferungsfläche auf dem
Grundstück mit der Flurnummer 9/20 gestattet war, diese Fläche jedoch nicht
mitvermietet werden sollte.

cc) Allein die Möglichkeit des Mieters, eine später veräußerte Grundstücksfläche
im Rahmen des vertragsgemäßen Mietgebrauchs mitbenutzen zu
dürfen, genügt für die Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB jedoch nicht. Neben
der Veräußerung der Mietsache setzt die Vorschrift voraus, dass diese dem
Mieter zum Zeitpunkt der Veräußerung bereits zum Gebrauch überlassen war.
Erst die zum Erwerbszeitpunkt vom Besitz eines Mieters ausgehende Publizitätswirkung
ist es, die einem Erwerber ermöglicht, bereits aus der Besitzlage
abzulesen, in welche Mietverhältnisse er eintreten muss. Die tatsächlich ausgeübte
Sachherrschaft, wie sie in dem in § 566 Abs. 1 BGB geregelten Besitzüberlassungserfordernis
ihren Ausdruck gefunden hat, bildet deshalb den Anknüpfungspunkt
für den mit dieser Vorschrift bezweckten Mieterschutz (vgl.
BGH Urteil vom 5. April 2016 - VIII ZR 31/15 - NJW-RR 2016, 982 Rn. 6 mwN).
Eine Gebrauchsüberlassung wiederum ist mehr als die Gestattung oder Duldung
eines (Mit-)Gebrauchs oder die bloße Einräumung der Möglichkeit zum
(Mit-)Gebrauch. Sie erfordert, wenn - wie hier bei der Raummiete - der Gebrauch
der Mietsache notwendig deren Besitz voraussetzt, die vom Vermieter
vorzunehmende Verschaffung des ungestörten (Mit-)Besitzes an den Mieter,
damit dieser die Mietsache, insbesondere auch unter Ausschluss des Vermieters,
benutzen kann (vgl. BGH Urteil vom 27. April 2016 - VIII ZR 323/14 - NJWRR
2016, 784 Rn. 22 mwN).

Auch diese Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 566 Abs. 1 BGB
ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Klägerin erhielt durch die Gestattung
einer Nutzung der Grundstücksfläche 9/20 zur Anlieferung keinen (Mit-)Besitz
an dieser Fläche. Ihr war diese Fläche daher weder ganz noch teilweise überlassen
iSv § 566 Abs. 1 BGB.

c) Das vom Oberlandesgericht gegen den Wortlaut des § 566 Abs. 1
BGB gefundene Ergebnis, wonach die Beklagte zu 2 durch den Erwerb des
Flurstücks 9/20 neben der Beklagten zu 1 in den bestehenden Mietvertrag über
die auf den Flurstücken 9/18 und 9/19 befindlichen Räume eingetreten ist, weil
die Gestattung der Anlieferung auf dem von der Beklagten zu 2 erworbenen
Grundstück zu den Hauptleistungspflichten der Vermieterin nach § 535 Abs. 1
BGB gehöre, lässt sich auch nicht durch den Schutzzweck des § 566 Abs. 1
BGB begründen.

aa) Der in § 566 Abs. 1 BGB geregelte Eintritt des Erwerbers in ein bestehendes
Mietverhältnis dient dem Schutz des Mieters, dem eine Wohnung,
ein Grundstück (§ 578 Abs. 1 BGB) oder gewerblich genutzte Räume (§ 578
Abs. 2 Satz 1 BGB) aufgrund eines wirksamen Mietvertrags überlassen worden
sind. Die ihm dadurch von seinem Vertragspartner eingeräumte Rechtsstellung
- der berechtigte Besitz - soll ihm auch gegenüber einem späteren Erwerber
des Grundstücks erhalten bleiben. Hierfür enthält § 566 Abs. 1 BGB eine - ausdrücklich
auf die Veräußerung des vermieteten Grundstücks oder Grundstücksteil
beschränkte - Durchbrechung des schuldrechtlichen Grundsatzes, wonach
Rechte und Pflichten nur zwischen den am Schuldverhältnis beteiligten Personen
entstehen. Sie legt dem Mietverhältnis für den Fall der Veräußerung des
Mietgrundstücks eine gleichsam dingliche Wirkung bei, indem sie mit dem
Übergang des Eigentums am vermieteten Grundstück auf den Erwerber auch
die Vermieterrechte und -pflichten auf diesen übergehen lässt. Als Ausnahmevorschrift
ist sie daher eng auszulegen und nur anzuwenden, soweit der mit ihr
bezweckte Mieterschutz dies erfordert (Senatsurteil vom 12. Oktober 2016 - XII
ZR 9/15 - NJW 2017, 254 Rn. 24; vgl. auch BGH Urteil vom 22. Mai 1989 - VIII
ZR 192/88 - NJW 1989, 2053 und BGHZ 141, 239, 247 = NJW 1999, 2177,
2178 mwN).

Abgesehen davon, dass das Oberlandesgericht mit der von ihm vertretenen
Auslegung der Vorschrift in unzulässiger Weise von den Rechtsfolgen des
§ 566 Abs. 1 BGB auf ein Bedürfnis zur Erweiterung der Tatbestandsvoraussetzungen
schließen will, gebietet der Mieterschutz im vorliegenden Fall auch keine
erweiternde Auslegung der Vorschrift. Mit dem Erwerb des Flurstücks 9/20
durch die Beklagte zu 2 wurde das Besitzrecht der Klägerin an den von ihr gemieteten
Geschäfts- und Lagerflächen, die sich ausschließlich auf den Flurstücken
9/18 und 9/19 befinden, nicht beeinträchtigt. Insoweit waren die Rechte
und Pflichten aus dem ursprünglichen Mietvertrag gemäß § 566 Abs. 1 BGB auf
die Beklagte zu 1 übergegangen. Ein Besitzverlust durch den Eigentumswechsel
an den Mieträumen, vor dem § 566 Abs. 1 BGB den Mieter schützen will,
drohte der Klägerin demnach nicht.

Durch den Verkauf des Flurstücks 9/20 an die Beklagte zu 2 verschlechterte
sich die Rechtsstellung der Klägerin auch nicht, soweit es die Nutzung des
Anlieferungsbereichs betrifft. Nimmt man mit dem Oberlandesgericht an, der
Klägerin habe gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB gegenüber der ursprünglichen
Vermieterin ein Anspruch auf Mitbenutzung der Anlieferfläche zugestanden,
ohne dass dadurch die Anlieferungsfläche Mietgegenstand geworden wäre,
wäre ihr dieser Anspruch nach der Veräußerung der Grundstücke gemäß § 566
Abs. 1 BGB auch gegenüber der Beklagten zu 1 erhalten geblieben. Denn die
Verpflichtung zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs nach § 535
Abs. 1 Satz 2 BGB zählt zu den Pflichten, die nach § 566 Abs. 1 BGB auf den
Erwerber übergehen (Guhling/Günter/Burbulla Gewerberaummiete 2. Aufl. §
566 BGB Rn. 66). Der Erwerb des Flurstücks 9/20 durch die Beklagte zu 2 er-
höhte lediglich die Gefahr, dass die Klägerin den auf diesem Grundstück gelegenen
Anlieferungsbereich möglicherweise nicht mehr hätte nutzen können,
weil dieser nicht mehr im Eigentum ihrer neuen Vermieterin stand. Ob die Vermieterin
die vom Oberlandesgericht angenommene Verpflichtung zur Gewährung
des Mitgebrauchs an der Anlieferungsfläche als Eigentümerin dieses
Grundstücks selbst erfüllen konnte oder ob sie nach der Veräußerung des
Grundstücks hierfür auf eine Vereinbarung mit dem anderen Erwerber angewiesen
war, ist jedoch für die Rechtsstellung der Klägerin unerheblich. Hätte die
ursprüngliche Vermieterin etwa durch bauliche Veränderungen auf dem Flurstück
9/20 den vom Oberlandesgericht angenommenen Anspruch der Klägerin
auf eine Mitbenutzung des Anlieferungsbereichs beeinträchtigt, wäre die Klägerin
auf ihre mietrechtlichen Gewährleistungsrechte angewiesen gewesen. Diese
Rechte hätten der Klägerin aber auch zugestanden, wenn die Beklagte zu 1
nach der Veräußerung des Flurstücks 9/20 an die Beklagte zu 2 nicht mehr in
der Lage gewesen wäre, der Klägerin die Mitbenutzung des Anlieferungsbereichs
zu ermöglichen. § 566 BGB bezweckt zwar grundsätzlich den Schutz des
Mieters und soll dessen Schlechterstellung durch einen Verkauf des Mietobjekts
vorbeugen. Auch aus den Ausführungen des Oberlandesgerichts zur Entstehungsgeschichte
der Vorschrift lässt sich aber nicht auf den Willen des historischen
Gesetzgebers schließen, den Mieter schlechthin vor jedem erdenklichen
Nachteil zu schützen, der sich für ihn durch die Veräußerung des Mietobjekts
ergibt (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 14. Aufl. § 566 BGB Rn. 6 ff.; vgl.
auch BGH Urteile vom 19. Juni 2006 - VIII ZR 284/05 - NZM 2006, 696, 697
zum Wegfall eines dem Mieter gegenüber dem ursprünglichen Vermieter zustehenden
Leistungsverweigerungsrechts und vom 3. Dezember 2003 - VIII ZR
168/03 - NZM 2004, 188,189 zum Verlust einer Aufrechnungsmöglichkeit).

bb) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts dürfen bei der
Auslegung des § 566 Abs. 1 BGB nicht nur ausschließlich die Interessen des
Mieters in den Blick genommen werden (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht
14. Aufl. § 566 BGB Rn. 8). Die Vorschrift dient insbesondere auch dem Interessenausgleich
zwischen dem Mieter, dem sein vertragliches Besitzrecht auch
nach der Veräußerung des Mietgegenstands erhalten bleiben soll, und den Belangen
des Erwerbers, der aufgrund der Regelung des § 566 Abs. 1 BGB mit
dem Eigentumserwerb die Pflichten aus einem Mietvertrag übernehmen muss,
an dessen Abschluss er nicht beteiligt war und auf dessen inhaltliche Ausgestaltung
er keinen Einfluss nehmen konnte. Die verfassungsrechtlich geschützte
Freiheit des Eigentümers, sein Eigentum nach seiner freien Entscheidung zu
nutzen, darf daher bei der Auslegung des § 566 Abs. 1 BGB nur soweit eingeschränkt
werden, wie der Schutz des Mieters dies tatsächlich erfordert (vgl. Senatsurteil
vom 12. Oktober 2016 - XII ZR 9/15 - NJW 2017, 254 Rn. 25).

Diesen Gesichtspunkt hat das Oberlandesgericht bei seinen Auslegungserwägungen
ebenfalls nicht berücksichtigt. Nach der in der angegriffenen
Entscheidung vertretenen Rechtsauffassung wäre die Beklagte zu 2 durch den
Erwerb des Flurstücks 9/20 gemäß § 566 Abs. 1 BGB neben der Beklagten
zu 1 in den bestehenden Mietvertrag über die auf den Flurstücken 9/18 und
9/19 gelegenen Räume eingetreten. Die beiden Beklagten wären damit als
Vermietergemeinschaft Gesamtschuldner gemäß § 421 BGB hinsichtlich der
sich aus dem Mietvertrag ergebenden Vermieterpflichten. Die Kläger als Mieterin
hätte somit sämtliche Ansprüche aus dem Mietvertrag, so auch die mietrechtlichen
Gewährleistungsansprüche, allein gegen die Beklagte zu 2 geltend
machen können, obwohl diese weder Eigentümerin der Grundstücke geworden
ist, auf denen sich die vermieteten Räumlichkeiten befanden, noch am Abschluss
des Mietvertrags beteiligt war. Zwar hat der Bundesgerichtshof bereits
mehrfach die Möglichkeit bejaht, dass die Veräußerung eines vermieteten
Grundstücks an verschiedene Erwerber zum Eintritt eines weiteren Vermieters
in ein bestehendes Mietverhältnis führen kann (BGH Beschluss vom 26. April
2012 - V ZR 276/11 - WuM 2012, 314 und Urteil vom 28. September 2005 - VIII
ZR 399/03 - NJW 2005, 3781). Die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden
Sachverhalte unterscheiden sich jedoch in einem entscheidenden Punkt von
dem vorliegenden Fall. Der Beschluss vom 26. April 2012 betraf einen Sachverhalt,
in dem ein vermietetes Grundstück geteilt und die Grundstücksteile danach
vom Eigentümer, der zugleich der Vermieter war, an verschiedene Erwerber
veräußert wurde. Dem Urteil vom 28. September 2005 lag ein Fall zugrunde,
in dem bei einem einheitlichen Mietverhältnis über eine Wohnung mit Garage
der Eigentümer, der zugleich Vermieter war, die Wohnung und die Garage
an verschiedene Erwerber veräußerte. In beiden Entscheidungen sah der Bundesgerichtshof
den ausschlaggebenden Gesichtspunkt für die Annahme einer
gemeinsamen Vermieterstellung der Erwerber der Grundstücksteilflächen darin,
dass der Grundsatz der Unteilbarkeit des Mietverhältnisses es verbiete, den
über ein einheitliches Mietobjekt geschlossenen Mietvertrag in mehrere Mietverhältnisse
aufzuspalten. Im vorliegenden Fall liegen die Dinge jedoch anders.

Die von der Beklagten zu 2 erworbene Grundstücksfläche war nicht Mietgegenstand,
so dass es durch die Veräußerung der Grundstücke an die Beklagten zu
1 und 2 nicht zur Aufspaltung eines einheitlichen Mietverhältnisses kam. Die
genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann daher auf den vorliegenden
Fall nicht übertragen werden.

Die vom Oberlandesgericht vertretene Rechtsauffassung hätte darüber
hinaus zur Folge, dass die Klägerin ab dem Zeitpunkt der Eintragung der Beklagten
zu 2 in das Grundbuch die Mietzahlungen nicht mehr mit schuldbefreiender
Wirkung an die Beklagte zu 1 hätte leisten können. Als gemeinsame
Vermieter wären die Beklagten zu 1 und 2 hinsichtlich des Anspruchs auf Mietzahlung
Mitgläubiger gemäß § 432 BGB (vgl. Bub/Treier/Emmerich Handbuch
der Geschäfts- und Wohnraummiete 5. Aufl. Kap. II Rn. 526 f.; vgl. auch BGH
Urteil vom 28. September 2005 - VIII ZR 399/03 - NJW 2005, 3781, 3782).

Mietzahlungen, die die Klägerin nach dem Grundstückserwerb der Beklagten zu
2 allein an die Beklagte zu 1 erbracht hat, hätten für die Klägerin nach § 432
Abs. 1 Satz 1 BGB keine schuldbefreiende Wirkung gehabt (vgl. Palandt/
Grüneberg BGB 78. Aufl. § 432 Rn. 8).

3. War danach die Beklagte zu 1 allein berechtigt, das Mietverhältnis
nach § 111 InsO zu kündigen, kann dahinstehen, ob sie nach den Grundsätzen
des Eigengrenzüberbaus Eigentümerin des Flurstücks 9/20 geworden und damit
die vom Oberlandesgericht angenommene Eigenschaft der Beklagten zu 2
als Rechtsnachfolgerin der früheren Vermieterin der Klägerin entfallen ist. Gleiches
gilt für die vom Oberlandesgericht verneinte Frage, ob die Beklagten zu 1
und 2 wegen eines Schriftformmangels gemeinsam zur ordentlichen Kündigung
des Mietvertrags berechtigt waren.

II.
Mit Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten zu 1 auch gegen die
Abweisung der Widerklage. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts
steht der Beklagten zu 1 der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch
auf Zahlung einer Rückbaupauschale in Höhe von 55.000 € zuzüglich Umsatzsteuer
zu.

1. Die ursprünglichen Mietvertragsparteien haben die zunächst in Teil B
§ 19 des Mietvertrags vereinbarten vertraglichen Regelungen zur Rückbauverpflichtung
der Klägerin nach Beendigung des Mietverhältnisses nachträglich
durch eine pauschale Entschädigungszahlung ersetzt (Teil B § 19 neu des
Mietvertrags). Wie das Oberlandesgericht zutreffend erkennt, knüpft die in der
geänderten Vertragsklausel enthaltene Verpflichtung der Klägerin zur Entfernung
sämtlicher beweglicher Einrichtungsgegenstände aus dem Mietbereich
und zur Zahlung der pauschalen Entschädigung nach dem Wortlaut der Regelung
allein an die Beendigung des Mietverhältnisses an. Einschränkungen zum
Zeitpunkt oder der Art der Beendigung des Mietverhältnisses enthält die Vertragsbestimmung
nicht. Der Anspruch der Beklagten zu 1 auf Zahlung der
Rückbaupauschale ist daher bereits mit der Beendigung des Mietverhältnisses
zum 30. September 2015 entstanden.

2. Soweit das Oberlandesgericht meint, der Beklagten zu 1 sei es jedoch
aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung oder aus Treu und Glauben
verwehrt, im vorliegenden Fall die pauschale Entschädigungszahlung zu verlangen,
ist dies rechtlich unzutreffend. Dabei kann dahinstehen, ob das Oberlandesgericht
bei seinen Erwägungen anerkannte Auslegungsgrundsätze missachtet
oder die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung verkannt hat,
wie es von der Revision der Beklagten zu 1 beanstandet wird. Denn das Oberlandesgericht
hat seine Entscheidung insoweit maßgeblich darauf gestützt,
dass die Beklagte zu 1 mit einer unwirksamen Kündigung des Mietverhältnisses
die Klägerin zu einer vorzeitigen Räumung der Mietsache veranlasst habe. Da
die Beklagte zu 1 jedoch - wie bereits ausgeführt - wirksam von ihrem Sonderkündigungsrecht
nach § 111 InsO Gebrauch gemacht hat, gibt es keine tragfähige
Grundlage für die Annahme, die Beklagte zu 1 habe mit der Geltendmachung
der Rückbaupauschale treuwidrig gehandelt.

III.
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat
die Berufung der Klägerin jedenfalls im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, soweit
sie die Feststellung begehrt hat, dass die Beklagten zu 1 und 2 gesamtschuldnerisch
verpflichtet sind, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die aus
den Kündigungen des Mietverhältnisses bereits entstanden sind. Gleiches gilt
auch für den vom Landgericht abgewiesenen Antrag der Klägerin auf Erstattung
vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

1. Ob die Feststellungsklage überhaupt zulässig ist, wie es die Beklagten
in Frage stellen, bedarf keiner Entscheidung. Zwar fehlt einem Kläger grundsätzlich
das Feststellungsinteresse, wenn eine Klage auf Leistung möglich und
zumutbar ist und sie das Rechtsschutzziel erschöpft. Das Vorhandensein eines
Feststellungsinteresses ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu
prüfen (BGH Urteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15 - NJW 2017, 1823
Rn. 14 mwN). Die Erhebung einer Leistungsklage kann jedoch unzumutbar
sein, wenn der Schaden noch in der Entstehung begriffen oder nicht hinreichend
bezifferbar ist, etwa weil voraussichtlich eine Begutachtung erforderlich
sein wird (vgl. BGHZ 163, 351, 361 = NJW 2006, 1271, 1275 f.). Zudem ist ein
Kläger nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage
aufzuspalten, wenn ein Teil des Schadens schon entstanden und mit der
Entstehung eines weiteren Schadens jedenfalls nach seinem Vortrag noch zu
rechnen ist (vgl. BGH Urteil vom 8. Juli 2003 - VI ZR 304/02 - NJW 2003, 2827).

Ob eine dieser Möglichkeiten im vorliegenden Fall erfüllt sind, kann allerdings
dahinstehen. Zwar ist eine Feststellungsklage grundsätzlich als unzulässig
abzuweisen, wenn das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Die Feststellungsklage
kann dann aber als unbegründet abgewiesen werden, wenn die
sachlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen (vgl. BGHZ 12, 308, 316 = NJW
1954, 1159, 1160). Das ist hier der Fall. Denn ein Schadensersatzanspruch der
Klägerin scheitert jedenfalls daran, dass der Beklagten zu 1 keine für den von
der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ursächliche Pflichtverletzung
iSv § 280 Abs. 1 BGB zur Last gelegt werden kann. Sie hat den gemäß
§§ 566 Abs. 1, 578 Abs. 1 und 2 BGB auf sie übergegangenen Mietvertrag
wirksam auf der Grundlage des ihr eingeräumten Sonderkündigungsrechts
nach § 111 InsO zum 30. September 2015 gekündigt. Dass die Klägerin durch
die Räumung und Herausgabe der Mieträume möglicherweise Gewinneinbußen
erlitten hat und ihr dadurch noch weitere Kosten entstanden sind, beruht daher
nicht auf einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten zu 1, sondern auf der
rechtmäßigen Ausübung des eingeräumten Sonderkündigungsrechts und der
damit verbundenen Verpflichtung der Klägerin, nach der Beendigung des Mietverhältnisses
die Mietsache zurückzugeben (§ 546 Abs. 1 BGB).

2. Aus dem gleichen Grund steht der Klägerin auch der geltend gemachte
Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht zu.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

04.09.2019

Aktenzeichen:

XII ZR 52/18

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Miete
Insolvenzrecht

Erschienen in:

ZNotP 2020, 163-169

Normen in Titel:

BGB §§ 566 Abs. 1, 578 Abs. 2 S. 1