Keine Eintragung eines Gewinnabführungsvertrags im Handelsregister der Obergesellschaft
letzte Aktualisierung: 5.4.2023
BGH, Beschl. v. 31.1.2023 – II ZB 10/22
GmbHG §§ 53 Abs. 1, 54; AktG § 294 Abs. 1 S. 1
Keine Eintragung eines Gewinnabführungsvertrags im Handelsregister der
Obergesellschaft
Der zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehende Gewinnabführungsvertrag
kann nicht im Handelsregister der Obergesellschaft eingetragen werden.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, eine GmbH, ist alleinige Gesellschafterin der
E. GmbH. Beide Gesellschaften schlossen im März 2020 einen
Gewinnabführungsvertrag, durch den sich die E. GmbH verpflichtete,
ihren gesamten Gewinn an die Antragstellerin abzuführen. Die Gesellschafter
der Antragstellerin und der E. GmbH beschlossen
im Mai 2020 bzw. Juni 2020 die Zustimmung zum Gewinnabführungsvertrag,
der am 5. August 2020 im Handelsregister der E. GmbH eingetragen
wurde.
Mit Urkunde vom 9. Juni 2020 hat die Antragstellerin den Gewinnabführungsvertrag
zur Eintragung im Handelsregister angemeldet. Das Registerge-
richt hat den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht
zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Eintragungsantrag weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie
folgt begründet: Das Registergericht habe die Eintragungsfähigkeit des Gewinnabführungsvertrags
aus zutreffenden Gründen verneint. Der (isolierte) Gewinnabführungsvertrag
überschreite auf Seiten der zur Gewinnabführung verpflichteten
Gesellschaft wegen des Eingriffs in das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter
gemäß
zur Entscheidung über die Gewinnverwendung die Grenze zur materiellen
Satzungsänderung, mit der Folge, dass er für seine Wirksamkeit entsprechend
§§ 53, 54 GmbHG bei ihr der Eintragung im Handelsregister bedürfe. Bei der
berechtigten Gesellschaft habe der Gewinnabführungsvertrag jedoch keinen
satzungsüberlagernden, ihre rechtliche Grundstruktur verändernden Charakter,
so dass kein Grund für die entsprechende Anwendung von § 54 Abs. 3 GmbHG
bestehe.
Für eine gesetzlich nicht vorgesehene Eintragung bestehe kein Gewohnheitsrecht,
auch wenn es vereinzelt zu entsprechenden Eintragungen kommen
möge. Ein erhebliches Bedürfnis für eine derartige Eintragung bestehe nicht. An
ihr könnten zwar vielfältige Interessen Dritter bestehen, die sich auf einfache
Weise über das Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags mit den aus den
§§ 302, 303 AktG ergebenden Risiken (Verlustübernahme, Gläubigerschutz
durch Sicherheitsleistung) informieren könnten. Dabei handele es sich aber um
unmittelbar rein wirtschaftliche Interessen, für die auch angesichts der Publizitätsfunktion
des Handelsregisters kein erhebliches Bedürfnis bestehe. Die mit
einem Gewinnabführungsvertrag verbundenen Risiken seien nicht anders als
Risiken aus sonstigen vertraglichen Bindungen, die bis zu einer Existenzgefährdung
führen könnten und deren Eintragung nach allgemeinen registerrechtlichen
Grundsätzen nicht verlangt werden könne.
Eine Eintragung vor dem Hintergrund einer tatsächlich schon oder gerade
noch nicht bestehenden wirtschaftlichen "Relevanz" lasse sich mit dem vorrangigen
Grundsatz der Registerklarheit nicht in Einklang bringen und sei überdies
mit einer erheblichen zusätzlichen Eintragungsfülle im Handelsregisterblatt
einer GmbH verbunden. Soweit der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom
30. Januar 1992 ausgeführt habe, der aus den Besonderheiten und Gefahren
derartiger Unternehmensverträge herrührende Informationsbedarf sei unabhängig
von der Rechtsform der herrschenden Gesellschaft gegeben, lasse dies
keine Rückschlüsse auf die Frage der Eintragungsfähigkeit bei der berechtigten
Gesellschaft zu. Es komme nicht darauf an, auf welchem sonstigen Weg, etwa
über die zu veröffentlichende Bilanz der GmbH, sich Dritte Kenntnis vom Bestehen
eines Gewinnabführungsvertrags verschaffen könnten.
2. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß
der Antragstellerin ergibt sich bereits daraus, dass ihre Beschwerde
gegen den Beschluss des Registergerichts zurückgewiesen wurde
(vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10,
Rn. 5; Beschluss vom 26. Juni 2018 - II ZB 12/16,
Beschluss vom 27. Juli 2020 - II ZB 26/19,
vom 17. Mai 2022 - II ZB 11/21,
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Prüfung
stand.
a) Ob der zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung abgeschlossene
Unternehmensvertrag im Handelsregister der Obergesellschaft einzutragen
ist, ist umstritten.
Die Eintragung wird teilweise als verpflichtend und als Voraussetzung für
die Wirksamkeit des Unternehmensvertrags angesehen (LG Bonn,
Obergesellschaft]; Heckschen,
181, 187; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, 1982, S. 319 f.). Ein Teil der
Rechtsprechung und des Schrifttums geht demgegenüber zwar nicht von einer
Eintragung als Wirksamkeitsvoraussetzung aus, meint aber, es bestehe zumindest
die Möglichkeit der Eintragung des Unternehmensvertrags bei der Obergesellschaft
(LG Düsseldorf,
und Gewinnabführungsverträgen im GmbH-Recht, 1986, S. 133;
Enders,
Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., KonzernR Rn. 110 [Fn. 350];
Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh zu § 13 Rn. 63;
Koch, AktG, 16. Aufl., § 294 Rn. 1; MünchKommGmbHG/Liebscher, 4. Aufl.,
Anh. § 13 Rn. 800 f.; Oetker/Preuß, HGB, 7. Aufl., § 8 Rn. 45; Servatius in
Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., Systematische Darstellung
4 Rn. 323; BeckOK GmbHG/Servatius, Stand: 1.5.2021, Konzernrecht
Rn. 110; MünchHdbGesR III/Kiefner, 5. Aufl., § 70 Rn. 10) bzw. es bestehe jedenfalls
keine Verpflichtung zur Löschung eines eingetragenen Unternehmensvertrags
(OLG Celle,
Vornahme der Eintragung sieht]; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktienund
GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl., § 294 Rn. 5). Mitunter wird jedenfalls ein
entsprechendes Informationsbedürfnis aus der Sicht künftiger Gesellschafter
der Obergesellschaft hervorgehoben (Lutter/Hommelhoff,
1242). Schließlich wird die Eintragungsfähigkeit eines Unternehmensvertrags
bei der Obergesellschaft auch verneint (AG Duisburg,
Erfurt,
HGB/Beurskens, Stand: 1.10.2021, § 8 Rn. 172; Staub/Koch, 5. Aufl., § 8
Rn. 66; Müther in Schmidt-Kessel/Leutner/Müther, Handelsregisterrecht, § 8
HGB Rn. 9; Ries in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl., § 8
Rn. 27; Schaub in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 8 Rn. 106;
Schnorbus in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., Anh. § 52 Rn. 103; Verse in
Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., Anhang
Weller/Lieberknecht in Bork/Schäfer, GmbHG, 5. Aufl., Anhang zu § 13, Rn. 27;
Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1111; Heckschen/Kreußlein in Wachter,
Praxis des Handels- und Gesellschaftsrechts, § 13 Rn. 47).
b) Die zuletzt genannte Auffassung ist richtig. Der zwischen zwei Gesellschaften
mit beschränkter Haftung bestehende Gewinnabführungsvertrag kann
nicht im Handelsregister der Obergesellschaft eingetragen werden.
aa) Im Handelsregister werden grundsätzlich nur Tatsachen und Rechtsverhältnisse
eingetragen, deren Eintragung gesetzlich - entweder als eintragungspflichtig
oder als eintragungsfähig - vorgesehen ist. Aufgrund der dem
Handelsregister zukommenden Publizitätsfunktion, der Öffentlichkeit zu ermöglichen,
sich über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten und Gesellschaften zu
unterrichten, und Umstände zu verlautbaren, die für den Rechtsverkehr von
erheblicher Bedeutung sind, lässt die Rechtsprechung außerdem auch gesetzlich
nicht vorgesehene Eintragungen zu, wenn ein erhebliches Bedürfnis an der
entsprechenden Information besteht. Mit Rücksicht auf die strenge Formalisierung
des Registerrechts ist aber mit gesetzlich nicht vorgesehenen Eintragungen
Zurückhaltung geboten (BGH, Beschluss vom 30. Januar 1992
- II ZB 15/91,
- II ZB 6/97,
1067 Rn. 14). Dem kann dadurch Rechnung getragen werden, dass derartige
Eintragungen auf die Fälle der Auslegung gesetzlicher Vorschriften, der Analogiebildung
sowie der richterlichen Rechtsfortbildung beschränkt werden (BGH,
Beschluss vom 30. Januar 1992 - II ZB 15/91,
darf allerdings nicht unübersichtlich werden oder zu Missverständnissen
Anlass geben (BGH, Beschluss vom 10. November 1997 - II ZB 6/97,
werden. Gewohnheitsrecht steht als Rechtsquelle gleichwertig neben
dem Gesetzesrecht, so dass es auch Grundlage einer registerrechtlichen Eintragung
sein kann (BGH, Beschluss vom 4. April 2017 - II ZB 10/16, ZIP 2017,
1067 Rn. 22 mwN).
bb) Der Gewinnabführungsvertrag zwischen der Antragstellerin und der
E. GmbH ist auf Seiten der Antragstellerin, wie das Beschwerdegericht
zutreffend angenommen hat, weder eine eintragungspflichtige noch
eine eintragungsfähige Tatsache.
(1) Die Wirksamkeit des Gewinnabführungsvertrags ist nicht von der Eintragung
im Handelsregister der Obergesellschaft abhängig. Gegenteiliges
macht die Rechtsbeschwerde auch nicht geltend.
Der Gewinnabführungsvertrag als Unternehmensvertrag im Sinne des
§ 291 Abs. 1 Fall 2 AktG hat nur für den Fall der Verpflichtung einer Aktiengesellschaft
oder Kommanditgesellschaft auf Aktien eine gesetzliche Regelung
erfahren. Wird ein solcher Vertrag mit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung
als Untergesellschaft abgeschlossen, sind die bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrags
geltenden Formvorschriften (§§ 53, 54 GmbHG) entsprechend
anzuwenden, weil der durch einen Unternehmensvertrag bewirkte Eingriff
in den Gesellschaftszweck, die Zuständigkeitskompetenz der Gesellschafter
und ihr Gewinnbezugsrecht satzungsgleich die rechtliche Grundstruktur der
sich der Beherrschung unterstellenden GmbH ändert und ihm auch eine einer
Satzungsänderung entsprechende Bedeutung zukommt (BGH, Beschluss vom
24. Oktober 1988 - II ZB 7/88,
1992 - II ZB 15/91,
Unter Berücksichtigung der Eigenart des Unternehmensvertrags folgt
daraus, dass die materielle Wirksamkeit des Vertrags von der Einhaltung der
Schriftform für den Unternehmensvertrag, der notariellen Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses
entsprechend § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG und der Eintragung
von Zustimmungsbeschluss und Unternehmensvertrag in das Handelsregister
entsprechend
Beschluss vom 24. Oktober 1988 - II ZB 7/88,
vom 5. November 2001 - II ZR 119/00,
2019 - II ZR 175/18,
bedarf es zur Wirksamkeit des Vertrags entsprechend § 293 Abs. 2 Satz 1 AktG
der Zustimmung der Gesellschafterversammlung (BGH, Beschluss vom
24. Oktober 1988 - II ZB 7/88,
Beschlussfassung und der Vertrag sind entsprechend § 293g Abs. 2 Satz 2,
§ 294 Abs. 1 Satz 2 AktG der Anmeldung der Untergesellschaft beizufügen (vgl.
BGH, Beschluss vom 30. Januar 1992 - II ZB 15/91,
Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1111).
Einer Eintragung des Gewinnabführungsvertrags im Handelsregister der
Obergesellschaft bedarf es für die Wirksamkeit des Vertrags dagegen nicht
(E. Vetter,
Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 10. Aufl.,
§ 293 Rn. 46; Maul in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., Anhang 2 Rn. 18;
MünchKommGmbHG/Harbarth, 4. Aufl., § 53 Rn. 159; Leuschner in Habersack/
Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anhang nach § 77 Rn. 179). Ein Eintragungserfordernis
kann insoweit weder aus
werden, weil der Abschluss des Beherrschungsvertrags auf Seiten der Obergesellschaft
nicht einer Änderung der Satzung entspricht (Beurskens in
Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., KonzernR Rn. 110), noch aus § 294
Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AktG, weil diese Norm ihrem Wortlaut entsprechend
nur auf die Untergesellschaft anzuwenden ist (MünchKommAktG/Altmeppen,
5. Aufl., § 294 Rn. 12; Koch, AktG, 16. Aufl., § 294 Rn. 1; Hölters/Deilmann,
AktG, 4. Aufl., § 294 Abs. 1; KK-AktG/Koppensteiner, 3. Aufl., § 294 Rn. 5;
Langenbucher in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 294 Rn. 2;
Großkomm. AktG/Mülbert, 4. Aufl., § 294 Rn. 12; Wachter/Müller, AktG, 4. Aufl.,
§ 294 Rn. 2; Paschos in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 294 AktG Rn. 2;
Schenk in Bürgers/Körber/Lieder, AktG, 5. Aufl., § 294 Rn. 2;
Grigoleit/Servatius, AktG, 2. Aufl., § 294 Rn. 3; BeckOGK AktG/Veil/Walla,
Stand: 1.10.2022, § 294 Rn. 3; MünchHdbGesR IV/Krieger, 5. Aufl., § 71
Rn. 56). Es wäre auch der Rechtssicherheit abträglich, das Zustandekommen
des Unternehmensvertrags von Eintragungen in verschiedene Handelsregister
abhängig zu machen (KK-AktG/Koppensteiner, 3. Aufl., § 294 Rn. 5). Richtig ist
zwar, dass das Gesetz auch in anderen Fällen die Eintragung in verschiedene
Register vorsieht, wie beispielsweise in
Uwe H. Schneider,
aber ausdrückliche Regelungen zur Reihenfolge und Wirkung der Eintragungen,
um die gebotene Rechtssicherheit zu gewährleisten (vgl. §§ 19, 130
UmwG). Der Gesetzgeber hat im Übrigen mit dem Gesetz zur Bereinigung des
Umwandlungsrechts vom 28. Oktober 1994 (BGBl. 1994, S. 3210) die Vorschriften
über den Abschluss, die Änderung und die Beendigung von Unternehmensverträgen
um die §§ 293a ff. AktG, teilweise in Anlehnung an Vorschriften
des Umwandlungsgesetzes ergänzt (BT-Drucks. 12/6699, S. 178 ff.),
ohne hinsichtlich des Eintragungserfordernisses in § 294 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1
AktG Änderungs- oder Ergänzungsbedarf zu sehen.
(2) Das Beschwerdegericht hat ein gewohnheitsrechtlich begründetes
Eintragungserfordernis mit Recht verneint. Hiergegen wendet sich die Rechts-
beschwerde ebenfalls nicht, weder mit der Rüge einer verfahrensfehlerhaften
Ermittlung des Gewohnheitsrechts (§ 293 Satz 2 ZPO) noch macht sie geltend,
das Beschwerdegericht habe den Begriff des Gewohnheitsrechts verkannt. Das
Gewohnheitsrecht entsteht durch längere tatsächliche Übung, die eine dauernde
und ständige, gleichmäßige und allgemeine ist und von den Beteiligten als
verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird (BGH, Urteil vom 16. Februar 2001
- V ZR 422/99,
- V ZR 35/08,
- VI ZR 56/12,
- V ZR 266/14,
- II ZB 10/16,
der Registergerichte schon an einer ständigen, gleichmäßigen und allgemeinen
Übung (Priester, ZGR Sonderheft 6, 151, 175; Uwe H. Schneider,
einer gewohnheitsrechtlichen Anerkennung die Rede.
(3) Das Beschwerdegericht hat auch die Eintragungsfähigkeit der
Tatsache auf Grund eines erheblichen Bedürfnisses im Ergebnis zutreffend
verneint, weil diese geeignet wäre, zu Missverständnissen Anlass zu geben.
Gläubiger und auch künftige Gesellschafter der Obergesellschaft haben
zwar ein Interesse an der Information über den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags,
weil insbesondere die Verlustübernahmepflicht entsprechend
Abs. 1 Satz 1 AktG für sie möglicherweise von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung
sind (Priester, ZGR Sonderheft 6, 151, 175; Uwe H. Schneider,
berechtigten Gesellschaft eine Änderung in der Organisationsstruktur insofern
eintritt, als die Geschäftsrisiken der Untergesellschaft nicht ihrer unmittelbaren
Leitung unterliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1988 - II ZB 7/88,
mag auch Vorteile gegenüber anderweitigen Informationsmöglichkeiten haben,
die der Rechtsverkehr insbesondere durch Angaben im Jahresabschluss, Anhang,
Konzernabschluss und Konzernanhang (dazu Vetter,
erlangen kann (Priester,
181, 187).
Eine fakultative Eintragung des Gewinnabführungsvertrags (Münch-
KommGmbHG/Liebscher, 4. Aufl., Anh. § 13 Rn. 800) wäre aber geeignet, bei
Gläubigern oder künftigen Gesellschaftern der Obergesellschaft Missverständnisse
über den Bestand eines solchen Vertrags zu verursachen. Ihre Gestattung
hätte zur Folge, dass die Einsichtnahme in das Handelsregister nicht zuverlässig
über das Bestehen eines wirksamen Gewinnabführungsvertrags informieren
würde. Das Gesetz sieht eintragungsfähige, nicht erzwingbar anmeldepflichtige
Tatsachen insbesondere in Fällen vor, in denen an die Eintragung
bestimmte Rechtsfolgen geknüpft werden (§ 2 Satz 1, § 3 Abs. 2, § 25 Abs. 2,
im Handelsregister der verpflichteten Gesellschaft ihre Verbindlichkeit
für den Rechtsverkehr dadurch, dass der Vertrag entsprechend § 54
Abs. 3 GmbHG mit der Eintragung wirksam wird (BGH, Beschluss vom
24. Oktober 1988 - II ZB 7/88,
2001 - II ZR 119/00,
Die Verlautbarung eines unabhängig von der Eintragung bei der Obergesell-
schaft wirksamen Gewinnabführungsvertrags könnte ihre Informationsfunktion
gegenüber Gläubigern und künftigen Gesellschaftern nur dann effektiv erfüllen,
wenn diese nicht nur durch die Eintragung auf das Bestehen des Gewinnabführungsvertrags
hingewiesen würden, sondern im Fall der Nichteintragung auch
ihr Vertrauen auf das Nichtbestehen eines Gewinnabführungsvertrags geschützt
wäre (Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1596; BeckOGK
HGB/Beurskens, Stand: 1.10.2021, § 8 Rn. 172). Dies wäre bei einer für die
Wirksamkeit des Vertrags nicht erforderlichen fakultativen Eintragung aber gerade
nicht der Fall. Eine zuverlässige Information wäre nicht gewährleistet,
weil Gläubiger oder künftige Gesellschafter bei fehlender Eintragung nicht darauf
vertrauen könnten, dass keine Verpflichtungen aus einem Gewinnabführungsvertrag
drohen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:31.01.2023
Aktenzeichen:II ZB 10/22
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Umwandlungsrecht
GmbH
Konzernrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GmbHG §§ 53 Abs. 1, 54; AktG § 294 Abs. 1 S. 1