Dingliches Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall; Erlöschen des Vorkaufsrechts; Übertragung des belasteten Grundstücks auf Miterben im Rahmen einer Erbauseinandersetzung
letzte Aktualisierung: 11.11.2024
OLG Köln, Beschl. v. 18.3.2024 – 2 Wx 45/24
BGB §§ 463, 470, 1097
Dingliches Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall; Erlöschen des Vorkaufsrechts; Übertragung
des belasteten Grundstücks auf Miterben im Rahmen einer Erbauseinandersetzung
1. Es liegt kein Kaufvertrag mit einem Dritten vor, wenn ein ideeller Bruchteil eines gemeinschaftlichen
Gegenstands an einen der übrigen Gemeinschafter verkauft wird.
2. Demgemäß löst die Teilungsversteigerung eines im Bruchteilseigentum stehenden, mit einem Vorkaufsrecht
belasteten Grundstücks den Vorkaufsfall nicht aus, wenn der Zuschlag einem
Miteigentümer erteilt wird.
3. Das nur für den ersten Verkaufsfall bestellte dingliche Vorkaufsrecht erlischt in diesem Fall nicht.
(Leitzsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe:
1.
Im o.g. Grundbuch, in welchem die Beteiligte als Eigentümerin verzeichnet ist, ist in
Abteilung II unter laufender Nr. 1 ein Vorkaufsrecht „für den ersten Verkaufsfall für V. I. X.
(30. Mai 1947), Y.-F.“ seit dem 21.09.1989 eingetragen. Diese Eintragung war im
Zusammenhang mit der Eintragung der Mutter der Beteiligten, Frau K. S. geb. X., als
Eigentümerin erfolgt.
Am 28.02.2002 schloss die Beteiligte mit ihren beiden Brüdern einen Erbauseinandersetzungsvertrag
nach der am 30.04.2000 verstorbenen Mutter (Bl. 11 ff.),
aufgrund dessen sie als alleinige Eigentümerin eingetragen wurde.
Die Beteiligte hat am 16.05.2023 die Löschung des Vorkaufsrechts bewilligt und beantragt
(Bl. 9). Der verfahrensbevollmächtigte Notar hat mit Schriftsatz vom 24.05.2023 die
Bewilligung mit dem Antrag auf Löschung des Rechts bei dem Grundbuchamt eingereicht
und ausgeführt, die Unrichtigkeit des Grundbuchs ergebe sich aus dem
Erbauseinandersetzungsvertrag, welcher eine Sonderrechtsnachfolge beinhalte (Bl. 7).
Mit dem am 06.02.2024 erlassenen Beschluss hat die Grundbuchrechtspflegerin den
Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt,
das für den ersten Verkaufsfall bestellte Vorkaufsrecht sei durch die
Erbauseinandersetzung nicht erloschen, weil die Beteiligte als Mitberechtigte nicht „Dritter“
im Sinne des
Die Beteiligte hat hiergegen mit Schriftsatz des bevollmächtigten Notars vom 21.02.2024
Beschwerde eingelegt. Sie macht im Wesentlichen geltend, es handele sich um eine
Sonderrechtsnachfolge, wobei es nicht darauf ankomme, ob der Vorkaufsberechtigte bei
dem zugrunde liegenden Vertrag sein Vorkaufsrecht habe ausüben können oder nicht.
Der vorliegende Fall des Erwerbs durch einen von mehreren Miterben sei nicht anders zu
behandeln als die übrigen anerkannten Fälle.
Die Grundbuchrechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache zur
Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.
2.
Die nach
der Sache keinen Erfolg, weil das Grundbuchamt den Löschungsantrag mit Recht
zurückgewiesen hat.
Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es einer Bewilligung des Berechtigten nicht,
wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Hier ist nicht in der grundbuchrechtlich
notwendigen Form des
des Vorkaufsrechts unrichtig ist.
Gemäß § 1097 1. Halbsatz BGB beschränkt sich das Vorkaufsrecht auf den Fall des
Verkaufs durch den Eigentümer, welchem das Grundstück zur Zeit der Bestellung gehört,
oder durch dessen Erben. Ist – wie vorliegend - ein dingliches Vorkaufsrecht im Grundbuch
mit dem Inhalt eingetragen, dass es für den ersten Verkaufsfall bestellt ist, hat es die
Bedeutung, dass es (ein einziges Mal) ausgeübt werden kann, wenn es zu einem
Verkaufsfall gekommen ist. Schließt aber der Eigentümer keinen Kaufvertrag ab, sondern
ist ein anderes Veräußerungsgeschäft Grundlage für die Übereignung an den
Sonderrechtsnachfolger, kann das Vorkaufsrecht nach der in Rechtsprechung und Literatur
ganz herrschend vertretenen Auffassung nicht ausgeübt werden, sondern das
Vorkaufsrecht erlischt (Senat, Beschluss vom 06.03.2015 – 2 Wx 387/14 – juris Rn. 14
m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2012 – I-3 Wx 144/12 – juris Rn. 27; OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 05.12.2018 – I-3 Wx 139/18 – juris Rn. 18; Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 1432a; Staudinger/Schermaier, BGB, Neubearbeitung
2021, § 1097 Rn. 14).
Auch wenn es sich rechtstechnisch um eine Sonderrechtsnachfolge handelt, führte es
nicht zum Erlöschen des Vorkaufsrechts, dass die Beteiligte den belasteten
Miteigentumsanteil im Wege der Erbauseinandersetzung mit ihren Geschwistern als
Alleinberechtigte erworben hat. Es liegt kein Kaufvertrag mit einem Dritten vor, wenn ein
ideeller Bruchteil eines gemeinschaftlichen Gegenstands an einen der übrigen
Gemeinschafter verkauft wird. Demgemäß löst die Teilungsversteigerung eines im
Bruchteilseigentum stehenden, mit einem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks den
Vorkaufsfall nicht aus, wenn der Zuschlag einem Miteigentümer erteilt wird. Auch das nur
für einen Verkaufsfall bestellte dingliche Vorkaufsrecht erlischt in diesem Fall nicht (BGH,
Urteil vom 23.04.1954 - V ZR 145/52,
2016 – V ZB 43/15 – juris Rn. 16). Diese Auslegung ist durch den im Gesetz zum
Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers gerechtfertigt, den Kreis der
Mitberechtigten gegen das Eintreten einer fremden Person möglichst zu schützen (BGH,
Urteil vom 23. April 1954 - V ZR 145/52,
Vorkaufsrechts bei einer Veräußerung zwischen Miteigentümern, der ausschließlich in
deren Interesse gerechtfertigt werden kann, darf indes nicht dazu führen, dass das (auf
einen Verkaufsfall beschränkte) Vorkaufsrecht zum Erlöschen kommt. Denn dies wäre eine
durch nichts zu rechtfertigende Begünstigung der Miteigentümer zu Lasten des
Vorkaufsberechtigten. Im Sinn des § 1097 Halbsatz 1 BGB muss deshalb als Eigentümer,
welchem das Grundstück zur Zeit der Bestellung des Vorkaufsrechts gehört, auch ein
solcher angesehen werden, der das Alleineigentum an dem belasteten Grundstück im
Wege der Auseinandersetzung von einem Miteigentümer erworben hat (Bayerisches
Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 08.10.1980 – BReg 2 Z 72/79 – juris Rn. 32, 33).
Ein Erlöschen des Vorkaufsrechts findet daher nicht statt, wenn ein Miteigentümer im
Wege der Miteigentümerauseinandersetzung erwirbt, sondern kann dann ausgeübt
werden, wenn später ein Verkauf durch den nunmehrigen Alleineigentümer stattfindet
(Staudinger/Schermaier a.a.O., § 1095 Rn. 8; § 1094 Rn. 14). Soweit der Senat in seinem
Beschluss vom 06.03.2015 in jenem Fall die genannten Überlegungen des Bayerischen
Obersten Landesgerichts nicht hat durchgreifen lassen (a.a.O., juris Rn. 16 f.), beruhte
dies allein darauf, dass in jenem Fall der mit der dort betriebenen Teilungsversteigerung
verfolgte Zweck verfehlt worden wäre. Im vorliegenden Fall hingegen wird keine
Teilungsversteigerung betrieben.
Die Überlegungen der Beschwerde rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Zwar ist ihr darin
beizupflichten, dass es für das Erlöschen eines Vorkaufsrechts grundsätzlich nicht darauf
ankommt, ob der Vorkaufsberechtigte bei dem Vertrag, der die Sonderrechtsnachfolge
begründet, sein Recht ausüben konnte oder nicht. Denn dieser allgemeine Gesichtspunkt
ist vorliegend nicht ausschlaggebend, sondern vielmehr, dass im besonderen Fall des
Erwerbs durch den Miteigentümer mit dem Erlöschen des Vorkaufsrechts eine nicht zu
rechtfertigende Begünstigung der Miteigentümer zu Lasten des Vorkaufsberechtigten
verbunden wäre. Ohne Erfolg verweist die Beschwerde ferner darauf, dass bei einer
Übertragung auf einen Abkömmling sich das Erlöschen des Vorkaufsrechts als
Konsequenz der gesetzlichen Regelung darstellt. Denn aus dem Umstand, dass in Fällen
der Übertragung durch den Eigentümer auf einen gesetzlichen Erben (
Wege vorweggenommener Erbfolge ein Erlöschen bejaht wird (vgl. nur Senat, a.a.O.; OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 05.12.2018 – I-3 Wx 139/18 – juris Rn. 20), besagt nichts für
die vorliegende Konstellation der Übertragung durch die Erbengemeinschaft auf einen
Miterben. Zwar handelt es sich wie bereits ausgeführt rechtstechnisch auch dabei um eine
Sonderrechtsnachfolge, bei der allerdings – anders als etwa im Falle des
Sonderrechtsnachfolger selbst Mitglied der Miteigentümergemeinschaft – hier in Form der
Erbengemeinschaft als Gesamthand - war. Diese „Teilidentität“ rechtfertigt es, der
Übertragung auf einen Miteigentümer in Bezug auf den Bestand eines Vorkaufsrechts
keine Rechtswirkung beizumessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß
Erlöschens eines für den ersten Verkaufsfall bestellten Vorkaufsrechts bei Erwerb eines
Miteigentümers von der Miteigentümergemeinschaft grundsätzliche Bedeutung hat und
bislang nicht – insbesondere auch nicht durch den zitierten Beschluss des
Bundesgerichtshofs vom 21.01.2016 – höchstrichterlich geklärt ist.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben. Sie ist
binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses
Beschlusses durch Einreichung einer in deutscher Sprache abgefassten und
unterschriebenen Beschwerdeschrift eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalts beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe
(Postanschrift: Bundesgerichtshof, 76125 Karlsruhe) einzulegen. Die Einlegung ist auch
durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des
Bundesgerichtshofs möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch
das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der
verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und
auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß
Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen
Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I,
S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite
www.justiz.de.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die
Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen
Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird. Sofern die Beschwerdeschrift keine
Begründung enthält, ist die Rechtsbeschwerde binnen einer Frist von einem Monat zu
begründen; diese Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses und
kann auf Antrag durch den Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts
(Bundesgerichtshof) verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss
enthalten:
1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung
beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge)
2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die
Rechtsverletzung ergibt;
b) soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug
auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Köln
Erscheinungsdatum:18.03.2024
Aktenzeichen:2 Wx 45/24
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
Kaufvertrag
Dingliches Vorkaufsrecht
Vorkaufsrecht schuldrechtlich, Wiederkauf
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 463, 470, 1097