OLG Frankfurt a. Main 05. März 2024
21 W 80/23
FamFG § 352b; BGB §§ 1772, 2084, 2100

Testamentsauslegung; ausdrückliche Einsetzung der Abkömmlinge der leiblichen Kinder als Nacherben; Erstreckung auf Adoptivkinder; Nacherbenvermerk bei noch offenem Kreis der als Nacherben Berufenen

letzte Aktualisierung: 9.8.2024
OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.3.2024 – 21 W 80/23

FamFG § 352b; BGB §§ 1772, 2084, 2100
Testamentsauslegung; ausdrückliche Einsetzung der Abkömmlinge der leiblichen Kinder
als Nacherben; Erstreckung auf Adoptivkinder; Nacherbenvermerk bei noch offenem Kreis
der als Nacherben Berufenen

1. Beruft der Erblasser ausdrücklich die Abkömmlinge seiner leiblichen Kinder als Nacherben, so
umfasst dies mangels konkreter Anhaltspunkte für einen davon abweichenden Erblasserwillen
jedenfalls auch solche als Volljährige an Kindes Statt angenommenen Adoptivkinder, die mit den
Wirkungen einer Minderjährigenadoption (§ 1772 BGB) adoptiert worden waren.
2. Zur Fassung des Nacherbenvermerks bei noch offenem Kreis der als Nacherben berufenen
Abkömmlinge des Erblassers.
3. Setzt der Erblasser mehrere Vorerben ein, muss der Erbschein nicht darauf hinweisen, dass der
Erblasser einem der Vorerben einen Vermögensgegenstand (hier: Betriebsvermögen) als
Vorausvermächtnis zugewendet hatte.

Gründe

I.
Der Erblasser ist mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Stadt1 dort am XX.XX.1986 verstorben.
Bei dem Beteiligten zu 1) und seinem am XX.XX.2002 vorverstorbenen Bruder Vorname1
Vorname2 Nachname1 handelt es sich um die einzigen Abkömmlinge des Erblassers.
Mit notariellem Testament vom 19.12.1978 (UR-Nr. … des Notars A, Stadt1) ordnete der Erblasser
u.a. folgendes an:
Ich setze meine beiden Söhne Vorname3 Nachname1 und Vorname1 Nachname1 als Vorerben
je zur Hälfte ein.
Nacherben jeder meiner beiden Söhne sollen zu gleichen Teilen die Abkömmlinge meiner beiden
Söhne Vorname1 und Vorname3 zu gleichen Teilen
sein.

Ferner setzte der Erblasser zugunsten der beiden Ehefrauen der Söhne im Falle eines Todes
der Söhne als Vermächtnis jeweils unentgeltliche Wohnrechte zu ihren Gunsten aus. Des Weiteren
wurde dem Beteiligten zu 1) als Vorausvermächtnis das von dem Erblasser betriebene
Baugeschäft zugewendet.

Das seinerzeit eingereichte Nachlassverzeichnis (Bl. 22 ff. der Testamentsakte) hat einen
Reinwert des Nachlasses von 400.853,00 DM ausgewiesen.

Im Zeitpunkt des Todes des Erblassers waren die Beteiligte zu 2) sowie ihre Brüder Vorname4
Nachname1 und Vorname5 Nachname1 als Abkömmlinge des sodann nachverstorbenen
Bruders des Beteiligten zu 1) vorhanden.

Der Bruder ist bei seinem Ableben am XX.XX.2002 gemäß Erbschein vom 18.04.2002 (Bl. 10
der Testamentsakte Vorname1 Vorname2 Nachname1, Amtsgericht Stadt1 …) zu ½ von seiner
überlebenden Ehefrau und zu je 1/6 von der Beteiligten zu 2) und ihren Geschwistern beerbt
worden.

Der Beteiligte zu 1) hat gemäß Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Frankfurt am
Main vom 07.04.2022 (… bzw. …, Bl. 7 ff d.A.) die einer früheren Beziehung seiner Ehefrau
entstammenden, im Zeitpunkt der Adoption 58 bzw. 59 Jahre alten Stiefkinder Vorname6
Nachname2, geb. Nachname1 sowie Vorname7 Nachname2-Nachname1, geb. Nachname1
mit den Wirkungen der Annahme eines Minderjährigen adoptiert.

Mit notariell beurkundetem Antrag vom 12.04.2022 (Bl. 2 ff. d.A.) hat der Beteiligte zu 1)
dargelegt, dass nach dem Tod seines Bruders in Bezug auf dessen Hälfte der Nacherbfall eingetreten
sei, wobei die zum Todeszeitpunkt vorhandenen Abkömmlinge des Beteiligten zu 1)
Nacherben des Erblassers zu je 1/3 geworden seien. In Bezug auf die ihm, dem Beteiligten
zu 1) zustehende Hälfte sei der Nacherbfall noch nicht eingetreten. Als Nacherben seien seine
in dem Erbscheinsantrag benannten beiden Adoptivkinder anzusehen.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt, ihm als Vorerbe des Erblassers einen Erbschein unter namentlicher
Benennung seiner beiden Adoptivkinder als Nacherben nach seinem Tod auszustellen.
Die Beteiligte zu 2) ist dem Erbscheinsantrag entgegengetreten. Es könne nicht davon ausgegangen
werden, dass der in dem Testament mit „Abkömmlinge“ der Söhne des Erblassers
umschriebene Kreis der Nacherben des Erblassers auch Adoptivkinder des Beteiligten zu 1)
umfassen solle, wie dies mit dem von dem Beteiligten zu 1) beantragten Nacherbenvermerk
geltend gemacht worden sei. Der Erblasser habe vielmehr bei familiären Zusammenkünften
und bis kurz vor seinem Tod zu verstehen gegeben, dass das Vermögen in seiner leiblichen
Familie bleiben und daher nur leibliche Abkömmlinge seiner Söhne und nicht Adoptivkinder
als Nacherben in Betracht kämen. Zudem sei die von dem Erblasser angeordnete Nacherbfolge
in Abweichung zu dem Erbscheinsantrag dahin zu verstehen, dass im Falle des Todes eines
der beiden Söhne des Erblassers die Abkömmlinge beider Söhne und nicht nur des verstorbenen
Sohns zu Nacherben bestimmt worden seien.

Das Nachlassgericht hat die Beteiligten angehört und den Bruder Vorname5 Nachname1 der
Beteiligten zu 2) als Zeugen angehört (Protokoll Bl. 123 ff d.A.).

Mit angefochtenem Beschluss vom 30.03.2023 (Bl. 115 ff. d.A.) hat es die zur Erteilung des
von dem Beteiligten zu 1) beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt
erachtet. Die Erteilung des Erbscheins ist bis zur Rechtskraft der Entscheidung zurückgestellt
worden. Zur Begründung hat das Nachlassgericht dabei ausgeführt, dass vom Wortlaut des
Testaments ausgehend unter dem dort verwendeten Begriff des Abkömmlings auch Adoptivkinder
des jeweiligen Vorerben zu verstehen seien. Äußere Umstände, wonach Adoptivkinder
aus dem Kreis der zu Nacherben bestimmten Abkömmlinge ausgeschlossen bleiben sollten,
seien der Beweisaufnahme und dem übrigen Vorbringen der Parteien nicht zu entnehmen.
Gegen den ihren damaligen Verfahrensbevollmächtigten am 06.04.2023 (Bl. 131 d.A.) zugestellten
Beschluss hat die Beteiligte zu 2) mit am 03.05.2023 (Bl. 135 d.A.) bei dem Nachlassgericht
eingereichten Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom
31.05.2023 begründet. Die letztwillige Verfügung des Erblassers müsse im Zusammenhang
mit der gesamten Familiengeschichte und insbesondere dem vorausgegangenen Testament
der Mutter des Erblassers vom 08.11.1960 gesehen worden. Daraus ergebe sich ein durchgehend
verfolgtes Bemühen, eine im seinerzeitigen Familienbesitz stehende Immobilie Straße1
auch künftig im angestammten Familienkreis zu halten. Die letztwillige Verfügung des Erblassers
habe sich an diese Verfügung angelehnt. Sie müsse daher mit Blick auf diese Zielrichtung
des Testaments der Mutter hin ausgelegt werden.

Soweit Adoptivkinder in dem Testament des Erblassers nicht ausdrücklich ausgeschlossen
worden seien, dürfe auf den Wortlaut des Testaments kein erhöhtes Gewicht gelegt werden.
Es habe sich zwar um ein notarielles Testament gehandelt. Die zugunsten der Ehefrauen der
Söhne des Erblassers ausgesetzten Vermächtnisse seien aber rechtsunwirksam. Damit sei
auch für die Klausel zur Nacherbfolge zweifelhaft, ob der Erblasserwille darin von dem Notar
zutreffend niedergelegt worden war. Zudem habe der Erblasser einige Jahre vor seinem Tod
erklärt, dass die Ehefrau des Beteiligten zu 1) und dessen Kinder nichts erhalten würden. Jedenfalls
habe die erst 2022 erfolgte Adoption seiner Stiefkinder durch den Beteiligten zu 1)
allein den Zweck einer Verbesserung der Position des Beteiligten zu 1) bei Auseinandersetzungen
mit den übrigen Mitberechtigten an dem Anwesen Straße1 verfolgt. Mit einer Adoption
zu diesem Zweck und Zeitpunkt habe der Erblasser bei Testamentserrichtung nicht gerechnet.
Die Regelungslücke des Testaments müsse durch die Annahme geschlossen werden,
dass der Erblasser in diesem Fall die Nacherbfolge auf seine leiblichen Abkömmlinge beschränkt
hätte. Zudem habe sich das Nachlassgericht nicht mit der Frage auseinandergesetzt,
warum von einer Nacherbfolge nach Stämmen ausgegangen werden dürfe. Nach dem
Testamentswortlaut seien bei dem Tod des einen der zu Vorerben bestimmten Söhne neben
seinen Abkömmlingen auch die Abkömmlinge des anderen Sohnes als Nacherben eingesetzt
worden, so dass sich die Nacherbfolge bei Ableben des Beteiligten zu 1) auch auf die Beteiligte
zu 2) und ihre Geschwister beziehe.

Der Beteiligte zu 1) verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung
seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Der Senat hat den Antragsteller mit Verfügung des Vorsitzenden vom 05.07.2023 (Bl. 174 ff
d.A.) um Klarstellung gebeten, ob der Antrag vom 12.04.2022 als Antrag auf Erteilung eines
Teilerbscheins oder als Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins aufzufassen
sei und auf Bedenken gegen die beantragte namentliche Benennung der Nacherben in dem
beantragten Erbschein hingewiesen.

Der Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 07.08.2023 (Bl. 180 ff. d.A.) mitgeteilt, es werde
von ihm die Erteilung eines Teilerbscheins hinsichtlich der Vorerbschaft des Beteiligten zu 1)
und der Nacherbschaft nach seinem Tode begehrt. Der Erbschein solle ohne namentliche Bezeichnung
der Nacherben erteilt werden. Vielmehr seien die Nacherben abstrakt als leibliche
und adoptierte Abkömmlinge des Beteiligten zu 1) zu bezeichnen. Dies sei schon in dem Antrag
vom 12.04.2022 enthalten gewesen.

Ferner ist der Beteiligte zu 1) dem Vorbringen der Beteiligten zu 2) zur Vorgeschichte des
1978 von dem Erblasser errichteten Testaments entgegengetreten.

Die Beteiligte zu 2) hat mit Schriftsatz vom 04.09.2023 (Bl. 188 d.A.) ihr bisheriges Vorbringen
vertieft und insbesondere geltend gemacht, dass das Testament des Erblassers nach seinem
Ableben über viele Jahre hinweg bis zum Ableben des Bruders des Beteiligten zu 1) im
Jahre 2002 im Sinne einer alleinigen Nacherbfolge der leiblichen Abkömmlinge der Söhne des
Erblassers aufgefasst und praktiziert worden sei. Dies habe sich insbesondere daran gezeigt,
dass die Beteiligte zu 2) vor dem Hintergrund ihrer zu erwartenden Nacherbschaft kostenfrei
die Hausverwaltung des Anwesens Straße1 übernommen habe, während sich der Beteiligte
zu 1) darauf getätigte Aufwendungen aus Handwerkertätigkeiten habe bezahlen lassen. Dem
habe ersichtlich zugrunde gelegen, dass das Hausgrundstück bei kinderlosem Versterben des
Beteiligten zu 1) sodann allein an die Beteiligte zu 2) und ihre Geschwister als Abkömmlinge
seines vorverstorbenen Bruders fallen werde.

II.
1. Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist zulässig und insbesondere
gemäß § 63 FamFG fristgereicht bei dem Nachlassgericht eingegangen. Die Beteiligte
zu 2) ist gemäß § 59 FamFG als Erbprätendentin beschwerdebefugt (vgl. Sternal/Jokisch,
FamFG, 2023, § 59 FamFG Rn. 78).

2. In der Sache bleibt der Beschwerde auf der Grundlage der im Beschwerderechtszug mit
Schriftsatz des Beteiligten zu 1) vom 07.08.2023 (Bl. 180 ff. d.A.) erfolgten Klarstellungen
des Antrags ein Erfolg versagt.

a) Von dem Beteiligten zu 1) ist mit seiner Antragsklarstellung vom 07.08.2023 (Bl. 180 ff.
d.A.) zureichend berücksichtigt worden, dass eine namentliche Benennung seiner beiden derzeit
vorhandenen Adoptivkinder als Nacherben innerhalb des Nacherbenvermerks des von
ihm beantragten Erbscheins zu unterbleiben hat.

Zwar hat die Bezeichnung des Nacherben so genau wie möglich zu erfolgen, sofern er schon
derzeit seiner Person nach feststeht (vgl. BayObLGZ 1982, 282; BeckOGK-BGB/Küpper,
§ 2100 BGB Rn. 244). Hat der Erblasser allerdings die bei seinem Ableben vorhandenen Abkömmlinge
ohne namentliche Bezeichnung der Abkömmlinge in seinem Testament als Nacherben
bestimmt, so sind die Nacherben bis zum Ableben des Vorerben auch insoweit als unbekannt
anzusehen, als es sich um im Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers schon vorhandene
und ihrer Identität nach bekannte Abkömmlinge des jeweiligen Vorerben handelt. Denn
wer endgültig als Nacherbe berufen ist, steht in diesem Fall erst im Zeitpunkt des Nacherbfalls
endgültig fest (vgl. BayObLG FamRZ 1991, 1114, 1116). Der Nacherbenvermerk muss
daher ohne namentliche Bezeichnung der derzeit schon vorhandenen möglichen Nacherben
eine möglichst genaue abstrakte Beschreibung der wesentlichen Merkmale für die Identifizierung
der Nacherben im Zeitpunkt des künftigen Nacherbfalls enthalten (vgl. Burandt/Rojahn/
Gierl, Erbrecht, 2023, § 352b FamFG Rn. 12; Sternal/Zimmermann, FamFG, 2023, § 352b
FamFG Rn. 9, Grüneberg/Weidlich, BGB, 2024, vor § 2100 BGB Rn. 13).

Die Auslegung des ursprünglichen Antrags ergibt dabei, dass die Erteilung eines Antrags mit
diesem Inhalt bei zutreffendem Verständnis bereits mit dem ursprünglichen Antrag vom
12.04.2022 als hilfsweise darin mitenthaltenes Minus beantragt worden ist. Durch den
Schriftsatz des Beteiligten zu 1) vom 07.08.2023 (Bl. 130 d.A.) ist nur zusätzlich klargestellt
worden, dass eine solche Auslegung des Antrags vom Willen des Antragstellers gedeckt ist.
Ergibt die Auslegung des Antrags, dass der Antragsteller hilfsweise zu dem nicht bewilligungsfähigen
Antragsziel seines Hauptantrags als darin mitenthaltenes Weniger einen Erbschein
mit bewilligungsfähigem Inhalt begehrt, steht einem Erfolg seines damit schon erstinstanzlich
gestellten Antrags nicht entgegen, dass in der Beschwerdeinstanz vor dem Oberlandesgericht
eine Antragsänderung unter Einschluss der erstmaligen Einführung eines erstinstanzlich
noch nicht gestellten Hilfsantrags allenfalls in engen Grenzen als zulässig angesehen
werden kann (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2016, 748, juris Rn. 44 ff.).

Die Auslegung der Stellungnahme des Antragstellers vom 07.08.2023 (Bl. 180 d.A.) zu dem
Hinweis des Vorsitzenden vom 05.07.2023 ergibt dabei zugleich, dass der Antragsteller seinen
gemäß diesem Hinweis voraussichtlich nicht bewilligungsfähigen Hauptantrag auf namentliche
Benennung der Nacherben auch selbst nicht mehr weiterverfolgen möchte. Dies ist
als Rücknahme des Hauptantrags zu werten, so dass seither allein der Hilfsantrag auf Erteilung
eines Erbscheins ohne namentliche Benennung der Nacherben zur Entscheidung gestellt
worden ist.

b) Um eine bloße Klarstellung des Ziels des ursprünglichen Antrags vom 12.04.2022 handelt
es sich auch, soweit der Beteiligten zu 1) mit seinem Schriftsatz vom 07.08.2023 (Bl. 180
d.A.) auf Anfrage des Senats hin bestätigt hat, dass von ihm allein die Erteilung eines Teilerbscheins
beantragt worden ist.

Zwar hatte der Beteiligte zu 1) in Abschnitt II seines Erbscheinsantrags vom 12.04.2022 in
der rechtlichen Begründung für seinen sodann unter IV formulierten Antrag auch Erwägungen
zur Nacherbfolge nach seinem verstorbenen Bruder angestellt. Jedoch war die konkrete
Antragstellung unter IV. seines Erbscheinsantrags von Anfang an im Sinne eines Antrags auf
Erteilung eines Teilerbscheins zu verstehen. Von dem Beteiligten zu 1) ist dort allein die Erteilung
eines Erbscheins als Vorerbe des Erblassers unter Angabe seiner Abkömmlinge als
Nacherben, aber nicht auch zugunsten der als Nacherben des Bruders berufenen Abkömmlinge
beantragt worden, wie dies einem Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins
für alle Miterben gemäß § 352a FamFG entsprechen würde.

c) Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) in Verbindung mit der Klarstellung vom
07.08.2023 legt zutreffend zugrunde, dass von dem Erblasser als Nacherben des Beteiligten
zu 1) auch Adoptivkinder des Beteiligten zu 1) berufen worden sind.

Der von dem Erblasser in seinem Testament vom 29.12.1978 verwendete Begriff des Abkömmlings
ist allerdings mangels einer ausdrücklichen Klarstellung, ob von dem Begriff eines
Abkömmlings der als Vorerben eingesetzten Söhne neben leiblichen Abkömmlingen auch Adoptivkinder
erfasst werden sollten, der Auslegung bedürftig. Diese führt jedoch zu dem Ergebnis,
dass der Erblasser auch Adoptivkinder seiner beiden Söhne als Erben berufen wollte.
aa) Die Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen.
Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Dieser ist jedoch nicht bindend. Vielmehr sind
der Wortsinn und die vom Erblasser benutzten Ausdrücke zu hinterfragen, um festzustellen,
was er mit seinen Worten hat sagen wollen und ob er mit ihnen genau das wiedergegeben
hat, was er zum Ausdruck bringen wollte (BGH NJW 1993, 256 m.w.N.). Maßgeblich ist insoweit
allein sein subjektives Verständnis der von ihm verwendeten Begriffe (BGH FamRZ
1987, 475, 476; Grüneberg/Weidlich, BGB, 83. Aufl. 2024, § 2084 Rn. 1). Zur Ermittlung des
Inhalts der testamentarischen Verfügungen ist der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde
einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher außerhalb des Testaments, heranzuziehen
und zu würdigen (BGH NJW 1993, 256 m.w.N.). Solche Umstände können vor oder auch
nach der Errichtung des Testamentes liegen. Dazu gehört das gesamte Verhalten des Erblassers,
seine Äußerungen und Handlungen (Grüneberg/Weidlich, a.a.O., § 2084 BGB Rn. 2
m.w.N.), jedoch müssen sich mit Blick auf die Formerfordernisse des § 2247 BGB für einen
entsprechenden Willen des Erblassers in der letztwilligen Verfügung - wenn auch nur andeutungsweise
- Anhaltspunkte finden lassen (vgl. BGHZ 80, 242, 244; BGHZ 86, 41; Grüneberg/
Weidlich, a.a.O., § 2084 Rn. 4).

bb) Wird hiernach von dem Wortlaut der Verfügung des Erblassers ausgegangen, so unterliegt
jedenfalls die Berufung solcher Adoptivkinder des Beteiligten zu 1) als Nacherben keinen
Zweifeln, die auch gemäß § 1924 BGB als gesetzliche Erben des Nacherben in Betracht kommen
würden, wie dies insbesondere auch auf mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption
adoptierte volljährige Adoptivkinder zutrifft.

(1) Für eine solche Auslegung spricht maßgeblich schon der Wortlaut des Testaments, wenn
dort als Nacherben die Abkömmlinge der Söhne berufen worden sind.

Setzt der Erblasser Abkömmlinge des Vorerben als Nacherben ein, kann zur Auslegung des
Begriffs eines Abkömmlings ergänzend auf § 2069 BGB zurückgegriffen werden, wonach im
Zweifel mit dem Begriff des Abkömmlings die nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge als
Erben berufenen Kinder als Erben eingesetzt worden sind (vgl. OLG Hamm RPfleger 1969,
278). Gesetzliche Erben des Erblassers sind nach der seit 01.01.1977 und damit schon bei
Testamentserrichtung im Jahre 1978 maßgeblichen Rechtslage neben im Zeitpunkt der Adoption
minderjährigen Adoptivkinder auch durch Beschluss des Familiengerichts gemäß § 1772
BGB mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption adoptierte Volljährige (vgl. Grüneberg/
Weidlich, BGB, 2024, § 1924 BGB Rn. 11).

Werden von dem Erblasser die Abkömmlinge eines seiner Kinder als Nacherben eingesetzt,
ist deshalb mangels eines anderen feststellbaren Willens des Erblassers davon auszugehen,
dass davon jedenfalls auch die gesetzlich erbberechtigten Adoptivkinder des jeweiligen Vorerben
umfasst sein sollen (vgl. Grüneberg/Weidlich, BGB, 2024, § 2100 BGB Rn. 6). Eine andere
Beurteilung kommt grundsätzlich erst in Betracht, wo der Erblasser die Nacherbfolge ausdrücklich
auf leibliche Abkömmlinge begrenzt hatte (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 446).
Zweifelhaft kann allenfalls sein, ob der Erblasser unter dem Begriff eines Abkömmlings auch
solche Fälle einer Volljährigenadoption erfasst sehen wollte, die mangels einer nach § 1772
BGB ergangenen Gleichstellungsanordnung des Familiengerichts kein gesetzliches Erbrecht
vermitteln würden und demzufolge auch bei Anwendung der für die Auslegung des Begriffs
eines „Abkömmlings“ in einem Testament jedenfalls dem Rechtsgedanken nach anwendbaren
Vorschrift des § 2069 BGB nicht als erbberechtigt anzusehen wären (vgl. BayObLG 1984,
246).

Diese Frage stellt sich hier jedoch nicht. Hinsichtlich der Stiefsöhne des Beteiligten zu 1) liegt
eine das gesetzliche Erbrecht vermittelnde Volljährigenadoption mit den Wirkungen einer
Minderjährigenadoption vor. Ein auf Einbezug auch gesetzlich nicht erbberechtigter Adoptivkinder
gerichteter Wille des Erblassers ist nicht ersichtlich. Dann erscheint es nicht erforderlich,
in dem Nacherbenvermerk des Erbscheins gesondert hervorzuheben, dass die Nacherbfolge
sich auf gesetzlich erbberechtigte Adoptivkinder beschränkt, also im Falle der Volljährigenadoption
eine Gleichstellungsanordnung des Familiengerichts nach § 1772 BGB erfordert.

Denn dies ergibt in erbrechtlichen Zusammenhängen schon das übliche, von der Vorschrift
des § 2069 BGB geprägte Verständnis des Begriffs eines Abkömmlings. Auch würde der
Nacherbenvermerk überfrachtet, wenn man stets verlangen wollte, dass darin bei Verwendung
des Begriffs eines Abkömmlings auf alle theoretisch denkbaren Fallgestaltungen einer
durch Adoption vermittelten Elternschaft eingegangen und klargestellt wird, inwiefern sie für
eine Nacherbfolge in Betracht kommen.

(2) Es lässt sich nicht feststellen, dass von dem Erblasser entgegen dem üblichen Verständnis
des Begriffs eines Abkömmlings eine Beschränkung der Nacherbfolge auf leibliche Abkömmlinge
unter Ausschluss der gesetzlich erbberechtigten Adoptivkinder seiner Söhne gewollt
gewesen sein soll.

Gemäß üblichem Sprachgebrauch werden von dem Begriff eines Abkömmlings in erbrechtlichen
Zusammenhängen auch Adoptivkinder erfasst (vgl. OLG München NJW-RR 2014, 1161;
BayObLGZ 1959, 493, 495 ff.). Die Stiefkinder waren von der Ehefrau des Erblassers aus einer
früheren Beziehung mit einem anderen Partner in die Ehe eingebracht worden. Dass der
Erblasser ihre Adoption durch den Beteiligten zu 1) von vornherein sittlich missbilligt hätte,
wie dies für die Adoption eines außerehelich gezeugten Kindes durch seinen Vater in Betracht
kommen mag, sofern der jeweilige Erblasser in starkem Ausmaß traditionellen Wertvorstellungen
verhaftet ist (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 445, juris Rn. 27), liegt fern und ist
auch von der Beteiligten zu 2) nicht geltend gemacht worden.

Die Darstellung der Beteiligten zu 2), dass nach den für die Testamentserrichtung maßgeblichen
Vorstellungen des Erblassers „das Gut nach dem Blute fließen“ und die Beschränkung
der Erbfolge auf leibliche Abkömmlinge seiner Söhne ein für ihn bei der Testamentserrichtung
leitender Gesichtspunkt gewesen sein soll, hat auch durch die Beweiserhebung vor dem
Nachlassgericht keine Bestätigung gefunden. Insoweit kann der Senat auf die zutreffende Beweiswürdigung
in dem Beschluss des Nachlassgerichts (Bl. 116R f. d.A.) Bezug nehmen und
macht sie sich zu eigen.

Ein Anhaltspunkt für eine auf den Ausschluss von Adoptivkindern, insbesondere der nunmehr
von dem Beteiligten zu 1) adoptierten Stiefkinder gerichtete Willensrichtung des Erblassers
ergibt sich auch nicht aus den von der Beteiligten zu 2) in ihrer Beschwerdebegründung ergänzend
geschilderten Äußerungen des Erblassers, dass die Ehefrau des Beteiligten zu 1)
und ihre Kinder nichts erhalten sollten. Die Erhebung der dazu angebotenen Beweise kann
unterbleiben. Die Behauptungen der Beteiligten zu 2) sind unerheblich. Sie lassen nicht die
Schlussfolgerungen zu, welche die Beteiligte zu 2) daraus gezogen sehen möchte.

Zu Lebzeiten des Erblassers hatte der Beteiligte zu 1) seine Stiefkinder noch nicht adoptiert.
Damit entsprach es von vornherein dem Inhalt des 1978 errichteten Testaments, dass sie
mangels einer Änderung dieses Testaments bei Ableben des Beteiligten zu 1) nicht zur Nacherbfolge
gelangen würden. Die Äußerung, dass sie nichts erhalten sollten, kann damit ohne
weiteres auch dahin verstanden werden, dass der Erblasser nicht die Absicht hatte, die Stiefkinder
seines Sohnes auch ohne Adoption als Erben oder Nacherben einzusetzen. Zudem sind
die in Frage stehenden Äußerungen des Erblassers in deutlichem Zeitabstand zu dem 1978
errichteten Testament und ohne konkreten Bezug zu dem Testamentswortlaut und der Frage
gefallen, wie der Erblasser den dortigen Begriff eines Abkömmlings verstanden wissen wollte.
Ebenso wenig ergibt sich ein Rückschluss darauf, dass der Erblasser bei Errichtung seines
Testaments unter den zur Nacherbfolge berufenen Abkömmlingen des jeweiligen Sohnes
auch etwa vorhandene Abkömmlinge seines Bruders verstanden haben soll, hier daraus, dass
die Beteiligte zu 2) nach ihrem Vorbringen die Verwaltung des nachlasszugehörigen Hausgrundstücks
kostenlos übernommen hat, während der Beteiligte zu 1) von ihm an dem Hausgrundstück
erbrachte Handwerkstätigkeiten gegenüber der Miterbengemeinschaft in Rechnung
gestellt hat. Eine ausdrückliche Auslegungsabrede ist zwischen den Beteiligten bereits
nicht zustande gekommen. Das bei der Nachlassregelung stillschweigend zugrunde gelegte
Verständnis eines Testaments durch die Erben bietet von vornherein nur begrenzten Aufschluss
für den maßgeblichen Willen des Erblassers. Jedenfalls muss auch der von der Beteiligten
zu 2) dargestellten Handhabung weder zwingend noch naheliegend eine übereinstimmende
Auffassung der Beteiligten zugrunde gelegen haben, dass die Nacherbschaft bei Ableben
des Beteiligten zu 1) ohne leibliche Kinder sodann den Abkömmlingen seines Bruders als
von dem Erblasser testamentarisch nach dem Beteiligten zu 1) eingesetzte Nacherben zustehen
soll.

Dass der beurkundende Notar den Willen des Erblassers hinsichtlich der Voraussetzungen für
den Eintritt der Nacherbfolge bei Verwendung des Begriffs eines „Abkömmlings“ aus sonstigen
Gründen grundlegend unzutreffend erfasst haben soll, liegt ebenfalls fern. Dies wird entgegen
der Auffassung der Beteiligten zu 2) auch nicht dadurch nahegelegt, dass der beurkundende
Notar eine Unwirksamkeit der für die Ehefrauen ausgesetzten Vermächtnisse übersehen
habe. Die Unwirksamkeit soll nach Darstellung der Beteiligten zu 2) daraus folgen,
dass sich das als Vermächtnis zugewendete Wohnrecht auf ein nicht im Alleineigentum des
Erblassers stehendes, sondern einer aus ihm und weiteren Beteiligten bestehenden Erbengemeinschaft
bezogen hat. Dies macht ein Vermächtnis jedoch nicht unwirksam, sondern legt
die Prüfung nahe, ob das Vermächtnis als Verschaffungsvermächtnis bestehen bleiben kann
(vgl. Grüneberg/Weidlich, BGB, 2024, § 2169 BGB Rn. 2). Zudem würde ein dem Notar bei
der Protokollierung des Vermächtnisses unterlaufener Fehler noch keinen naheliegenden
Rückschluss zulassen, dass er deshalb den Erblasserwillen auch bei Verwendung des Begriffs
eines Abkömmlings im Zusammenhang mit der zu den ausgesetzten Vermächtnissen selbständigen
Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft fehlerhaft aufgefasst haben soll.

Eine auf den Ausschluss von Adoptivkindern gerichtete Willensrichtung des Erblassers lässt
sich ferner auch nicht daraus herleiten, dass es nach Darstellung der Beteiligten zu 2) die Absicht
des Erblassers gewesen sein soll, das nachlasszugehörige Immobiliarvermögen in der
Familie zu halten. Denn zur Familie im Rechtssinne gehören neben den leiblichen grundsätzlich
auch die Adoptivkinder des jeweiligen Elternteils. Der Nachlass gelangt damit nicht schon
deshalb in die Hände familienfremder Dritter, weil er an ein Adoptivkind von Abkömmlingen
des Erblassers fällt.

Für eine auf Ausschluss adoptierter Kinder von der Erbfolge ausgerichtete Willensrichtung des
Erblassers bietet dabei auch das nach Darstellung der Beteiligten zu 2) für das 1978 von dem
Erblasser errichtete Testament vorbildhafte Testament seiner Mutter vom 08.11.1960 (Bl.
154 ff. d.A.) keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr sind dort die Abkömmlinge des nunmehrigen
Erblassers gerade ohne erkennbare Beschränkung auf leibliche Kinder als Ersatzerben eingesetzt
worden. Zudem hat auch die Beteiligte zu 2) nicht dargestellt, dass bei Errichtung des
Testaments der Mutter im Jahre 1960 in der Familie überhaupt Adoptivkinder vorhanden waren,
für die von der testierenden Mutter über ihren Einbezug in die testamentarische Erbfolge
zu entscheiden gewesen wäre.

Auch für eine ergänzende Auslegung des Testaments dahin, dass unter den Begriff eines Abkömmlings
nach den Vorstellungen des Erblassers jedenfalls nicht auch solche Adoptivkinder
fallen sollten, die als Volljährige und nach dem Ableben des Erblassers von seinen Söhnen
adoptiert worden waren, fehlt es an zureichenden Anhaltspunkten. Eine das gesetzliche
Erbrecht vermittelnde Adoption eines Volljährigen mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption
kommt nur unter den in § 1772 Satz 1 BGB näher umschriebenen Voraussetzungen
in Betracht. Die dort geregelten Fälle haben gemeinsam, dass die Adoption nach allgemeiner
Anschauung als sittlich gerechtfertigt erscheint (vgl. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht,
2020, § 71 Rn. 4). Der Gesetzgeber wollte diejenigen Fallgestaltungen erfassen, bei
denen das schon bestehende Näheverhältnis zum volljährigen Adoptivkind einer zusätzlichen
Verfestigung durch Volladoption bedarf (vgl. BT-Drs. 7/3061, S. 55 f.). Es liegt dann fern,
dass der Erblasser sich gegen einen Einbezug auch solcher Adoptivkinder entschieden hätte,
die zwar als Erwachsene und nach seinem Ableben, aber gemäß § 1772 BGB mit den Wirkungen
einer Minderjährigenadoption an Kindes statt angenommen worden waren.

Der Beteiligten zu 2) kann nicht darin gefolgt werden, dass hier deshalb von einer solchen
abweichenden Willensrichtung des Erblassers ausgegangen werden müsse, weil die Adoption
der Kinder der Ehefrau erst 2022 und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt war, als die adoptierten
Kinder jeweils 58 und 60 Jahre alt waren und jedenfalls dies nicht dem mutmaßlichen
Willen des Erblassers entsprochen hätte, wenn er eine solche Entwicklung vorhergesehen
hätte. Ein nahe liegender Anlass für die Adoption durch den im Adoptionszeitpunkt 80 Jahre
alten Beteiligten zu 1) lag schon in dem Anliegen, angesichts des vorgerückten Alters des
Erblassers und seiner Stiefsöhne nunmehr für ihre umfassende erbrechtliche Absicherung zu
sorgen. Damit fehlt zugleich eine Grundlage für die Annahme, dass der Erblasser eine Herausnahme
der Stiefkinder des Beteiligten zu 1) und 2) aus der Nacherbfolge angeordnet hätte,
wenn von ihm die Möglichkeit einer solchen Spätadoption der Stiefkinder vorhergesehen
worden wäre. Es erschließt sich nicht, warum sie von dem Erblasser von vornherein anders
bewertet worden wäre, als der Fall der Adoption eines minderjährigen Kindes durch einen
seiner Söhne und nach seinem Ableben.

Dass der bis dahin kinderlos gebliebene Beteiligte zu 1) seine Stiefkinder allein deshalb adoptiert
haben soll, um durch Ermöglichung einer Nacherbfolge zugleich zu verhindern, dass sein
Erbe mit seinem Ableben ganz oder teilweise in den Stamm seines Bruders fällt, liegt dabei
auch dann fern, wenn die in zeitlicher Nähe zur Adoption aufgekommenen Streitigkeiten des
Beteiligten zu 1) mit der Beteiligten zu 2) und ihren Geschwistern über die Auseinandersetzung
der Erbengemeinschaft nach dem vorverstorbenen Erblasser berücksichtigt werden. Jedenfalls
ließe sich nicht mit der für eine ergänzende Testamentsauslegung gebotenen Gewissheit
feststellen, ob der Erblasser jedenfalls für diesen Fall von einer Einsetzung der Abkömmlinge
des Beteiligten zu 1) als Nacherben abgesehen hätte. Es versteht sich keineswegs von
selbst, dass ein Erblasser jedenfalls dann von der von ihm angeordneten Erbeinsetzung abgesehen
hätte, wenn von ihm vorhergesehen worden wäre, dass es nach seinem Ableben zu
Streitigkeiten zwischen dem von ihm begünstigten Erben und dessen Miterben kommt.
cc) Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil
darin von einer Nacherbfolge allein der Abkömmlinge des Beteiligten zu 1) ausgegangen
wird. Vielmehr legt der Beteiligte zu 1) zutreffend zugrunde, dass die Nacherbschaft nach
den Anordnungen des Erblasser nur den eigenen Abkömmlingen des jeweils verstorbenen
Sohnes und nicht auch den bei seinem Ableben vorhandenen Abkömmlingen des Bruders anfällt.
Die von der Beteiligten zu 2) vertretene Auslegung der Anordnungen des Erblassers dahin,
dass bei Versterben des einen der beiden als Vorerbe eingesetzten Söhne sodann neben seinen
eigenen Abkömmlingen auch mögliche Abkömmlinge seines Bruders als Nacherben des
verstorbenen Sohnes eingesetzt werden sollten, liegt fern. Daran ändert auch nichts, dass
die Begrenzung der Nacherbfolge auf die jeweils eigenen Abkömmlinge der Söhne des Erblassers
in dem Testament nicht ausdrücklich durch einen sinngemäßen Zusatz klargestellt worden
ist, dass nur die Abkömmlinge des jeweils verstorbenen Sohnes als seine Nacherben eingesetzt
worden sind.

Dass sich die Nacherbfolge jeweils auf die eigenen Abkömmlinge des verstorbenen Sohnes
beschränken sollte, ist von dem Erblasser bei verständiger Auslegung seiner Anordnungen
hinreichend bereits durch die Formulierung zum Ausdruck gebracht worden, dass Nacherben
„jeder“ seiner Söhne „zu gleichen Teilen“ die Abkömmlinge seiner beiden Söhne sein sollten.
Von dem Erblasser war ersichtlich eine Gleichbehandlung beider Stämme auch innerhalb der
Nacherbfolge und damit eine Begrenzung auf die Abkömmlinge des jeweils verstorbenen Vorerben
beabsichtigt. Dem würde es von vornherein zuwiderlaufen, wenn die Nacherbfolge
nach dem Tod des einen Sohnes neben seinen eigenen Abkömmlingen auch die dem anderen
Sohnesstamm zugehörigen Abkömmlinge einschließen würde.

Soweit der Beteiligte zu 1) unter Ziffer 4) der mit seinem Bruder zustande gekommenen notariellen
Vereinbarung vom 05.02.2002 (B 1, Bl. 47 ff.) eine ergänzende letztwillige Verfügung
mit dem Ziel vorgesehen hatte, das Hausgrundstück den Abkömmlingen seines Bruders
als Erben zu gleichen Teilen zukommen zu lassen, weist gerade das damals gesehene Erfordernis
einer letztwilligen Verfügung des - seinerzeit mangels Adoption der Stiefkinder im
Rechtssinne kinderlosen - Beteiligten zu 1) im Gegenteil eher darauf hin, dass der Beteiligte
zu 1) und sein Bruder dem Testament des Erblassers gerade keine Anordnung entnommen
hatten, wonach dieser für den Fall eines kinderlosen Ablebens des Beteiligten zu 1) die Abkömmlinge
des Bruders als Nacherben des Beteiligten zu 1) eingesetzt hatte.

dd) Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) ist ferner auch nicht deshalb zu beanstanden,
weil dort keine Aufnahme eines Zusatzes beantragt worden ist, dass das dem Beteiligten zu
1) testamentarisch als Vorausvermächtnis zugewendete Betriebsvermögen nicht der Nacherbschaft
unterliegt.

Zwar wird ein solcher Vermerk grundsätzlich als erforderlich angesehen, damit gegenüber
dem Rechtsverkehr klargestellt ist, inwiefern der Vorerbe die ihm durch Vorausvermächtnis
des Erblassers zugewendeten Gegenstände sogleich mit Eintritt des Erbfalls ohne Belastung
durch mögliche Rechte der Nacherben erworben hat (vgl. BayObLG FamRZ 2005, 480; Sternal/
Zimmermann, 2023, § 352b FamFG Rn. 17).

Jedoch ist ein solcher Ausweis verzichtbar, falls es sich nicht um einen alleinigen Vorerben
handelt, sondern der Erblasser mehrere Vorerben nebeneinander eingesetzt hatte (vgl. OLG
Hamm NJW-RR 2020, 891). Denn in diesem Fall besteht mangels eines dinglichen Ausscheidens
des Vermächtnisgegenstands aus der Vorerbschaftsmasse keine Veranlassung, in dem
Erbschein darauf hinzuweisen, dass der Vermächtnisgegenstand von vornherein von den Belastungen
aus der angeordneten Nacherbschaft freigeblieben ist.

c) Die Ausstellung des zu erteilenden Erbscheins bleibt zuständigkeitshalber dem Nachlassgericht
vorbehalten. Dieses wird bei Erteilung insbesondere die Klarstellungen des Beteiligten
zu 1) aus seinem im Beschwerderechtszug vor dem Oberlandesgericht eingereichten Schriftsatz
vom 07.08.2023 (Bl. 180 d.A.) zu berücksichtigen haben. Der zu erteilende Teilerbschein
dürfte demzufolge sinngemäß dahin zu lauten haben, dass der Beteiligten zu 1) hälftiger
Vorerbe nach dem Erblasser geworden und Nacherbschaft angeordnet ist, die mit dem
Tod des Beteiligten zu 1) eintritt, wobei Nacherben die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen
leiblichen und adoptierten Abkömmlinge des Beteiligten zu 1) sind (vgl. zur möglichen Fassung
etwa Sternal/Zimmermann, FamFG, 2023, § 352b FamFG Rn. 6).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Danach sollen die Kosten einer erfolglos
gebliebenen Beschwerde demjenigen Beteiligten auferlegt werden, der sie eingelegt hat. Es
besteht keine Veranlassung, die Kosten des Beschwerderechtszugs wegen eines Teilunterliegens
des Beteiligten zu 1) mit seinem Antrag stattdessen gemäß §§ 80, 81 FamFG nach billigem
Ermessen zwischen den Beteiligten aufzuteilen. Der Schriftsatz des Antragstellers vom
07.08.2023 (Bl. 180 d.A.) hat allein eine geringfügige Teilrücknahme seines ursprünglichen
Antrags enthalten, soweit er darin von der ursprünglich gewollten namentlichen Benennung
der Nacherben abgerückt ist.

Es stellt kein bei der nach §§ 80, 81 FamFG kostenrechtlich gesondert in Ansatz zu bringendes
Teilunterliegen des Beteiligten zu 1) dar, wenn seinem Antrag nunmehr in Form dieser
Klarstellungen entsprochen werden kann.

4. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht
vor. Die vorliegende Entscheidung ist damit rechtskräftig.

5. Die Entscheidung über den Geschäftswert der Beschwerde folgt aus §§ 61, 40 Abs. 1
Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GNotKG.

Der Geschäftswert einer Beschwerde richtet sich gemäß § 61 Abs. 1 GNotKG nach dem Wert
der Interessen, denen das Rechtsmittel ausweislich des Antrags des Beschwerdeführers
dient.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wendet sich gegen die Erteilung des von der Beteiligten
zu 1) beantragten Erbscheins. Ziel des ursprünglichen Antrags des Beteiligten zu 1) ist die
Erteilung eines Teilerbscheins über die von dem Beteiligten zu 1) beanspruchte Hälfte des
Nachlasses, mit der der Beteiligte zu 1) als Vorerbe mit Beschränkung durch eine Nacherbschaft
der - leiblichen oder adoptierten - Abkömmlinge des Erblassers ausgewiesen werden
soll.

Damit ist für den Geschäftswert auch des Beschwerdeverfahrens gemäß § 61 Abs. 1 GNotKG
im Ausgangspunkt die Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GNotKG über den Geschäftswert
des Verfahrens auf Erteilung eines Erbscheins heranzuziehen. Hiernach richtet sich der
Geschäftswert nach dem Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Ablebens des jeweiligen Erblassers.
Dabei sind gemäß § 40 Abs. 1 1 Satz 2 GNotKG von dem Erblasser herrührende Verbindlichkeiten
grundsätzlich abzuziehen.

Für den Geschäftswert des von dem Beteiligten zu 1) in seiner Eigenschaft als Vorerbe nach
dem Erblasser beantragten Erbschein ist dabei auf den Nachlasswert im Zeitpunkt des Ablebens
des Erblassers am XX.XX.1986 abzustellen. Denn der Erbschein betrifft diesen Erbfall.
Ausweislich des im damaligen Erbscheinsverfahren eingereichten Nachlassverzeichnisses vom
28.07.1986 (Bl. 39 ff. der Testamentsakte) in Verbindung mit der seinerzeitigen Ermittlung
des Werts des nachlasszugehörigen Immobiliarvermögens durch das Nachlassgericht (Bl. 55
der Testamentsakte) ist der Nachlasswert seinerzeit auf 400.853,00 DM geschätzt worden,
was auch weiterhin als für den damaligen Zeitpunkt zutreffend erscheint.

Von dem Beteiligten zu 1) wird kein gemeinschaftlicher Erbschein nach § 325a FamFG, sondern
ein Teilerbschein allein über den von ihm beanspruchten hälftigen Anteil des Nachlasses
beantragt. In diesem Fall bestimmt sich der Geschäftswert gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 GNotKG
allein nach dem Anteil des jeweiligen Miterben, hier somit der Hälfte des Reinwerts des Nachlasses.
Der Geschäftswert ist damit auf ½ aus 400.853,00 DM = 200.426,50 DM und damit
bei Umrechnung in Euro auf 102.476,97 € zu veranschlagen, was der Wertstufe bis
110.000,00 € gemäß Anlage 2 zum GNotKG entspricht. Diese war damit als Geschäftswert
festzusetzen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Frankfurt a. Main

Erscheinungsdatum:

05.03.2024

Aktenzeichen:

21 W 80/23

Rechtsgebiete:

Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Gesetzliche Erbfolge
Vermächtnis, Auflage
Kostenrecht
Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)
Testamentsform

Normen in Titel:

FamFG § 352b; BGB §§ 1772, 2084, 2100