Zur Berechtigung eines Notars im automatisierten Grundbuchverfahren
letzte Aktualisierung: 04.03.2020
OLG Bremen, Beschl. v. 31.5.2019 – 1 VA 1/19
Zur Berechtigung eines Notars im automatisierten Grundbuchverfahren
1. Bei der Prognose, ob eine Vielzahl von Übermittlungen i. S. d. § 133 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 Var. 1
GBO zu erwarten ist, kann das bisherige Nutzungsverhalten herangezogen werden.
2. Die besondere Eilbedürftigkeit der Datenübermittlung gem.
setzt voraus, dass die Grundbuchauskunft über den Einzelfall hinaus in regelmäßig wiederkehrenden
Fällen in einem hohen Maß dringlich ist. Eine besondere Eilbedürftigkeit liegt jedoch nicht schon
vor, wenn die allgemeine Möglichkeit besteht, schnell Einsicht in das Grundbuch nehmen zu
müssen. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 1), Rechtsanwalt und Notar mit Amtssitz in Berlin, wendet sich gegen
den Widerruf der Berechtigung zur Teilnahme am automatisierten Grundbuchabrufverfahren
im Land Bremen durch die Beteiligte zu 2).
Mit Bescheid vom 03.01.2013 wurde dem Beteiligten zu 1) die Genehmigung zur
uneingeschränkten Teilnahme am automatisierten Grundbuchabrufverfahren im Land
Bremen erteilt. In der Folgezeit tätigte der Beteiligte zu 1) keine Grundbuchabrufe.
Mit Schreiben vom 11.09.2018 teilte die Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) mit, dass
sie beabsichtige, den Bescheid über die Zulassung zur Teilnahme am automatisierten
Grundbuchabrufverfahren für das Land Bremen zu widerrufen, da er in der Zeit vom
03.01.2013 bis zum 11.09.2018 keinen Grundbuchabruf vorgenommen habe.
Mit Schreiben vom 17.09.2018 widersprach der Beteiligte zu 1) dem Widerruf der Zulassung
zur Teilnahme am uneingeschränkten automatisierten Grundbuchabrufverfahren
des Landes Bremen, da er kurzfristig einen Grundbuchauszug für seine
Mandanten benötige.
Mit Beschluss vom 14.12.2018 widerrief die Beteiligte zu 2) die Zulassung zur
Teilnahme am uneingeschränkten automatisierten Grundbuchabrufverfahren des
Landes Bremen vom 03.01.2013. Zur Begründung führte sie aus, dass keine
Grundbuchabrufe vorgenommen worden seien und damit das Interesse des Beteiligten
zu 1) an der Teilnahme am automatisierten Grundbuchabrufverfahren nicht dargelegt
sei.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit dem Antrag auf gerichtliche
Entscheidung. Er macht geltend, dass er als Notar gem. § 133 Abs. 2 S. 2 GBO
uneingeschränkt auskunftsberechtigt sei und § 133 GBO keine Mindestanzahl von
Abrufen vorsehe. Auch spreche der mit der Einrichtung und dem Abruf verbundene
Kostenaufwand regelmäßig für das Vorliegen eines besonderen Bedürfnisses beim
Antragsteller. Darüber hinaus müsse er gem.
automatisierten Datenabruf nicht darlegen, dies werde aufgrund seiner Tätigkeit
vermutet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag des Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung hat in der
Sache keinen Erfolg.
1. Die Beteiligte zu 2) hat durch den angefochtenen Bescheid zu Recht die dem
Beteiligten zu 1) erteilte Genehmigung zur Teilnahme am uneingeschränkten
automatisierten Grundbuchabrufverfahren des Landes Bremen widerrufen.
Eine Genehmigung zur Teilnahme am automatisierten Grundbuchabrufverfahren ist
nach
Vorschrift genannten Voraussetzungen weggefallen ist. Gem. § 133 Abs. 2 S. 3 Nr. 1
ist unter anderem Voraussetzung der Genehmigung, dass der automatisierte
Grundbuchabruf unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen
dinglich Berechtigten wegen der Vielzahl der Übermittlungen oder wegen ihrer
besonderen Eilbedürftigkeit angemessen ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend auch
unter Berücksichtigung des tatsächlichen Vorbringens des Beteiligten zu 1) zur
Begründung seines Antrags nicht erfüllt. Der automatisierte Grundbuchabruf im Lande
Bremen ist für den Beteiligten zu 1) weder wegen der Vielzahl der Übermittlungen noch
wegen besonderer Eilbedürftigkeit angemessen.
a. Für die Prüfung, ob die Voraussetzung der Vielzahl der Übermittlungen im Sinne des
§ 133 Abs. 2 S. 3 Nr. 1, 1. Alt. GBO vorliegt, kommt es auf die Häufigkeit der Abrufe in
dem jeweils betroffenen Bundesland an (vgl. BGH, Beschluss vom 21.06.2017 – IV AR
(VZ) 3/16, juris Rn. 10; OLG Hamm, Beschluss vom 19.09.2017 – 15 VA 3/17, juris Rn.
11). Die Beantwortung der Frage, ob die Teilnahme am automatisierten
Grundbuchabrufverfahren wegen der Vielzahl der Übermittlungen angemessen ist,
erfordert dabei eine Prognose über die Anzahl der zu erwartenden Übermittlungen.
Liegen Erkenntnisse über die Anzahl der bisherigen Übermittlungen vor, weil es nicht
um die erstmalige Erteilung einer Genehmigung, sondern im Rahmen des
weiterhin vorliegen, kann angenommen werden, dass sich das bisherige
Nutzungsverhalten auch in der Zukunft fortsetzen wird, sofern keine gegenteiligen
Anhaltspunkte vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 21.06.2017 – IV AR (VZ) 3/16, juris
Rn. 12). Da der Beteiligte zu 1) in der Zeit vom 03.01.2013 bis zum 11.09.2018 keine
Grundbuchabrufe in Bremen getätigt hat, war die Voraussetzung der Vielzahl von
Übermittlungen in der Vergangenheit nicht erfüllt. Da der Antragsteller seinen Amtssitz
und seinen Amtsbezirk als Notar in Berlin hat und auch sonst nichts dafür ersichtlich
ist, dass die Zahl der Grundbuchabrufe steigen wird, ist auch in Zukunft nicht damit zu
rechnen, dass er Grundbuchabrufe in Bremen über Einzelfälle hinaus vornehmen wird.
Die Stellung des Beteiligten zu 1) als Notar rechtfertigt für sich genommen keine
andere Beurteilung. Denn die generelle Zulassung von Notaren zum automatisierten
Grundbuchabrufverfahren würde dazu führen, dass
Notare nicht mehr gilt. Dies wäre mit der Bedeutung, die der Gesetzgeber der in dieser
Bestimmung geregelten Zulassungsvoraussetzung beimisst, nicht zu vereinbaren (vgl.
BGH, Beschluss vom 21.06 2017 – IV AR (VZ) 3/16, juris Rn. 15).
b. Die besondere Eilbedürftigkeit der Datenübermittlung gem. § 133 Abs. 2 Satz 3 Nr.
1, 2. Alt. GBO liegt dann vor, wenn die Grundbuchauskunft über den Einzelfall hinaus
in regelmäßig wiederkehrenden Fällen in einem so hohen Maß dringlich ist, dass die
Grundbucheinsicht oder die Anforderung eines Grundbuchausdrucks beim örtlichen
Grundbuchamt auch in Ansehung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen
dinglich Berechtigten unzumutbar erscheint. Eine besondere Eilbedürftigkeit im Sinne
dieser Bestimmung liegt nicht schon dann vor, wenn die allgemeine Möglichkeit
besteht, schnell Einsicht in das Grundbuch nehmen zu müssen. Denn dies ist bei allen
in § 133 Abs. 2 Satz 2 GBO genannten Stellen und Personen der Fall. Da das Gesetz
bei den Nutzern, die nicht bereits aufgrund der Vielzahl der Übermittlungen zum
Verfahren zuzulassen sind, für die Zulassung eine besondere, d.h. gesteigerte
Eilbedürftigkeit verlangt, reicht die bei diesen Nutzern nur abstrakt und allgemein
bestehende Möglichkeit, dass eine Übermittlung im Einzelfall eilbedürftig sein kann,
nicht aus; anderenfalls verlöre
besondere Genehmigungsvoraussetzung (vgl. BGH, Beschluss vom 21.06.2017 – IV
AR (VZ) 3/16, juris Rn. 19; OLG Hamm, Beschluss vom 19.092017 – 15 VA 3/17, juris
Rn. 15; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.09.2016 – 6 VA 2/16, juris Rn. 4).
Insbesondere entspricht es nicht dem Zweck der gesetzlichen Vorschrift, sich die
Zulassung zur Teilnahme am automatisierten Grundbuchabrufverfahren quasi als eine
Art Geschäftsausstattung auf Vorrat zuzulegen, um davon irgendwann in einem
besonderen Einzelfall Gebrauch machen zu können (OLG Hamm, Beschluss vom
19.09.2017 – 15 VA 3/17, juris Rn. 15; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.09.2016
– 6 VA 2/16, juris Rn. 4). Auch hier gilt, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass der
Beteiligte zu 1) in Zukunft wiederkehrend und in so hohem Maße dringlich
Grundbuchauskünfte benötigen wird, dass die Anforderung eines Grundbuchausdrucks
beim zuständigen Grundbuchamt unzumutbar wäre.
Die früher als weiterer Aspekt diskutierte und auch vom Beteiligten zu 1) angeführte
Kostenhürde für den Zugang ist durch die Reform des Kostenrechts in Form des
ERVGBG vom 11.08.2009, das die Genehmigungs- bzw. Einrichtungsgebühr
vollständig aufgehoben hat, beseitigt worden. Die Kosten der technischen Ausrüstung
können in diesem Zusammenhang praktisch nicht berücksichtigt werden, da die
notwendige IT-Ausstattung ohnehin in nahezu jedem Büro vorhanden ist (vgl. OLG
Hamm, Beschluss vom 19.09.2017 – 15 VA 3/17, juris Rn. 13).
2. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf den §§ 61 Abs. 1, 36 Abs. 1
GNotKG.
3. Die Voraussetzungen des
liegen nicht vor.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Bremen
Erscheinungsdatum:31.05.2019
Aktenzeichen:1 VA 1/19
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
Kostenrecht
FGPrax 2019, 246-248
Normen in Titel:GBO § 133 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 Var. 1 u. 2