Versammlung der Wohnungseigentümer; (keine) Beschlussanfechtung durch Nießbraucher
letzte Aktualisierung: 26.3.2021
BGH, Urt. v. 27.11.2020 – V ZR 71/20
WEG a. F. § 46 Abs. 1 S. 2
Versammlung der Wohnungseigentümer; (keine) Beschlussanfechtung durch Nießbraucher
a) Dem Nießbraucher von Wohnungseigentum steht die Befugnis zur Anfechtung eines von den
Wohnungseigentümern gefassten Beschlusses nicht zu (Bestätigung von Senat, Urteil vom 10. Juli
2015 – V ZR 194/14,
b) Erhebt ein Dritter (hier: Nießbraucher), der von dem Wohnungseigentümer hierzu ermächtigt
worden ist, Beschlussanfechtungsklage, ist diese zwar zulässig, wenn die Voraussetzungen der
Prozessstandschaft im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung objektiv vorliegen
und vorgetragen sind. Begründet kann sie – vorbehaltlich etwaiger Nichtigkeitsgründe – aber nur
sein, wenn die Ermächtigung zur Prozessführung bereits innerhalb der Klagefrist des § 46 Abs. 1
Satz 2 Hs. 1 WEG objektiv vorliegt und offengelegt wird oder offensichtlich ist.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Klage für zulässig, weil die Kläger von ihrer
Tochter als Wohnungseigentümerin zur Prozessführung ermächtigt worden seien
und dies bis zur letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz offengelegt
hätten. Die Klage sei aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss sei materiell-
rechtlich nicht für ungültig zu erklären, weil die Kläger die Prozessstandschaft
nicht innerhalb der Frist des
Norm diene dem Zweck, den Wohnungseigentümern bis zum Ablauf der Frist
Klarheit darüber zu verschaffen, ob sie wegen einer Anfechtung mit der Aufhebung
eines Beschlusses zu rechnen hätten. Hierzu gehöre auch die Frage, ob
die Klage von einer zur Anfechtung berechtigten Person erhoben worden sei. Die
Offenlegung sei auch nicht ausnahmsweise entbehrlich, denn die Prozessstandschaft
sei nicht für alle Beteiligten offensichtlich gewesen. Die Kläger hätten ins-
besondere nicht bewiesen, dass sie die übrigen Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung
vom 20. April 2002 über die Eigentumsübertragung und
die Vollmacht informiert hätten. Dagegen spreche unter anderem, dass die Kläger
seither in einer Vielzahl von gerichtlichen Verfahren gegenüber den Gerichten
den Eindruck erweckt hätten, sie seien nach wie vor Wohnungseigentümer.
II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
1. Die Klage ist zulässig. Die Kläger sind prozessführungsbefugt für die
von ihnen erhobene Anfechtungsklage.
a) Die Prozessführungsbefugnis ist eine in jeder Lage des Verfahrens von
Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung. Allgemein ist ein Kläger prozessführungsbefugt,
wenn er berechtigt ist, über das behauptete (streitige) Recht
einen Prozess als Partei im eigenen Namen zu führen (vgl. BGH, Urteil vom
6. Juni 2019 - I ZR 67/18,
im Wohnungseigentumsrecht hat der Gesetzgeber die aktive
und passive Prozessführungsbefugnis in
geregelt (vgl. Bärmann/Roth, WEG, 14. Aufl., § 46 Rn. 28 f.). Nach dieser Vorschrift
darf die Klage - von der Verwalterklage abgesehen - nur von einem Wohnungseigentümer
erhoben werden, d.h. von demjenigen, der im Wohnungsgrundbuch
als Eigentümer eingetragen ist und das Wohnungs- oder Teileigentum
nach materiellem Recht wirksam erworben hat; fehlt es daran, ist die Klage mangels
Klagebefugnis des Klägers als unzulässig abzuweisen (vgl. Senat, Urteil
vom 20. Juli 2012 - V ZR 241/11,
- Ausnahme für den werdenden Wohnungseigentümer Senat, Urteil vom
23. Juni 2017 - V ZR 102/16,
b) Zum Zeitpunkt der Klageerhebung waren die Kläger allerdings nicht
Wohnungseigentümer, sondern lediglich Nießbraucher. Dem Nießbraucher von
Wohnungseigentum steht die Befugnis zur Anfechtung eines von den Wohnungseigentümern
gefassten Beschlusses nicht zu (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2015
- V ZR 194/14,
der nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur (vgl. Hügel/Elzer, WEG,
2. Aufl., § 46 Rn. 52; MüKoBGB/Engelhardt, 8. Aufl., WEG § 46 Rn. 12; Heinemann
in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, Sachenrecht, WEG § 46 Rn. 14;
Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 46
Rn. 17; Then in: Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 46 Rn. 3; BeckOK WEG/Elzer
[1.8.2020], § 46 Rn. 112; BeckOK BGB/Scheel, [1.8.2020], WEG § 46 Rn. 2;
Bärmann/Seuß/Bergerhoff, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 87
Rn. 11).
Soweit vereinzelt dagegen vorgebracht wird, der dingliche Charakter des
Nießbrauchs spreche für die Annahme einer eigenen Klagebefugnis des Nießbrauchers
(vgl. Suilmann in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 46 Rn. 65; ders., Das
Beschlussmängelverfahren im Wohnungseigentumsrecht, 1998, S. 154 ff.), überzeugt
dies nicht. Der Gesetzgeber hat die Anfechtungsbefugnis ausdrücklich nur
dem Wohnungseigentümer zugebilligt, nicht aber anderen dinglich Berechtigten.
Eine Regelungslücke und ein Bedarf, die Klagebefugnis auf den Nießbraucher
zu erstrecken, sind nicht erkennbar, zumal dieser - dazu sogleich - als Prozessstandschafter
klagen kann, wenn der Wohnungseigentümer ihn hierzu ermächtigt.
c) Die Klage ist gleichwohl zulässig, weil die Kläger von ihrer Tochter zur
Prozessführung ermächtigt worden sind und dies in der Tatsacheninstanz offengelegt
haben.
aa) Der Nießbraucher, der durch den Wohnungseigentümer zur Erhebung
der Anfechtungsklage ermächtigt wird, ist als gewillkürter Prozessstandschafter
anfechtungsbefugt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
darf jemand ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten
Ermächtigung im eigenen Namen im Prozess verfolgen, sofern er hieran ein eigenes
schutzwürdiges Interesse hat (vgl. etwa Senat, Urteil vom 29. September
2017 - V ZR 19/16,
hat, ist die gewillkürte Prozessstandschaft für einen klageberechtigten
Wohnungseigentümer auch bei der Beschlussanfechtungsklage grundsätzlich
möglich (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Juni 2012 - V ZB 56/12,
Rn. 6; Beschluss vom 21. Januar 2016 - V ZR 108/15,
Das erforderliche eigene schutzwürdige Interesse an dieser Art der Prozessführung
ist für den Nießbraucher des Wohnungseigentums im Hinblick auf dessen
umfassende Nutzungsbefugnis (vgl.
LG Hamburg,
Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 46 Rn. 17; Heinemann
in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, Sachenrecht, 4. Aufl., WEG Vorb.
§§ 43 ff. Rn. 34).
bb) Für die Prozessführungsbefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung einer
Klage ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Tatsachen, aus denen
sich die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft ergeben,
spätestens im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung objektiv vorliegen und
vorgetragen sind (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 320/02,
mwN; BGH, Urteil vom 11. August 2010 - XII ZR 181/08,
Urteil vom 7. Juli 2008 - II ZR 26/07,
1994 - VII ZR 34/93,
bei der Beschlussanfechtungsklage nach
WEG, 13. Aufl., § 46 Rn. 5; Staudinger/Lehmann-Richter, WEG [2018], § 46
Rn. 86; Heinemann in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, Sachenrecht,
4. Aufl., WEG Vorb. §§ 43 ff. Rn. 34). Erhebt ein Dritter (hier: Nießbraucher), der
von dem Wohnungseigentümer hierzu ermächtigt worden ist, Beschlussanfechtungsklage,
ist diese folglich zulässig, wenn die Voraussetzungen der Prozessstandschaft
im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung objektiv
vorliegen und vorgetragen sind.
cc) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Kläger sind als Nießbraucher
der im Eigentum ihrer Tochter stehenden Wohnung von der Tochter ermächtigt
worden, deren Rechte als Wohnungseigentümerin in Gerichtsverfahren als
Prozessstandschafter im eigenen Namen geltend zu machen. Diese Ermächtigung
umfasst, da sie keine Einschränkung enthält, auch die Erhebung von Anfechtungsklagen
gegen von den Wohnungseigentümern gefasste Beschlüsse.
Den Nießbrauch und die Ermächtigung haben die Kläger bereits in erster Instanz
offengelegt. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Kläger auch aus eigenem
Recht klagebefugt sind, weil sie vor der letzten mündlichen Verhandlung
erneut - wenn auch zu kleinem Bruchteil - als Wohnungseigentümer in das
Grundbuch eingetragen wurden.
2. Die Klage ist aber unbegründet, weil die Kläger bei der Klageerhebung
nicht Wohnungseigentümer waren und nicht innerhalb der Klagefrist des § 46
Abs. 1 Satz 2 WEG offengelegt haben und auch nicht offensichtlich war, dass sie
die Klage in Prozessstandschaft für ihre Tochter erheben.
a) Erhebt ein Dritter als Prozessstandschafter für einen Wohnungseigentümer
Anfechtungsklage, muss die Ermächtigung zu dieser Prozessführung bereits
innerhalb der Klagefrist des
(aa) und offengelegt oder offensichtlich sein (bb); anderenfalls ist die Klage - vorbehaltlich
etwaiger Nichtigkeitsgründe - als unbegründet abzuweisen (cc).
aa) Die Klagefrist nach
wenn die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats von einer Person erhoben
wird, der entweder ein eigenes Anfechtungsrecht zusteht oder die zur Ausübung
eines fremden Anfechtungsrechts befugt ist. Wird die Klage unter Berufung auf
ein eigenes Anfechtungsrecht als Wohnungseigentümer erhoben, ist die Frist
folglich nur gewahrt, wenn der Kläger bei Klageerhebung bereits Wohnungseigentümer
ist oder das Eigentum spätestens bis zum Ablauf der Klagefrist erwirbt
(vgl. OLG Frankfurt,
[2018], § 46 Rn. 150; BeckOK WEG/Elzer [1.8.2020], § 46 Rn. 96.1;
Bärmann/Seuß/Bergerhoff, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 87
Rn. 8). Für die von einem Dritten als gewillkürtem Prozessstandschafter erhobene
Klage gilt nichts anderes. Auch diese Klage wahrt die Anfechtungsfrist nur,
wenn die Voraussetzungen der Prozessstandschaft innerhalb der Frist vorliegen,
insbesondere die von dem Wohnungseigentümer erteilte Ermächtigung zur Prozessführung
(vgl. Suilmann in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 46 Rn. 95). Wird die
Klageerhebung durch den Dritten nach Ablauf einer materiell-rechtlichen Klagefrist
von dem Inhaber des Rechts genehmigt, wirkt die Genehmigung nicht auf
den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück (vgl. Senat, Urteil vom 6. Juni 2003
- V ZR 320/02,
vom 3. März 1993 - IV ZR 267/91,
aF). Die Klageerhebung des Nichtberechtigten stellt nämlich keine Verfügung
über das Recht dar, die materiell-rechtlich nach
könnte (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 1993 - IV ZR 267/91, aaO).
bb) Es entspricht auch - soweit ersichtlich - einhelliger Ansicht, dass die
gewillkürte Prozesstandschaft bei der Anfechtungsklage innerhalb der Fristen
des
welcher dieser Fristen die Offenlegung zu erfolgen hat.
(1) Nach ganz herrschender Meinung ist die Prozessstandschaft innerhalb
der Klagefrist von einem Monat offenzulegen (vgl. LG Berlin,
Hamburg,
§ 43 Rn. 25; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 46 Rn. 52; Niedenführ in Niedenführ/
Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 46 Rn. 5; Staudinger/
Lehmann-Richter, WEG [2018], § 46 Rn. 151; MüKoBGB/Engelhardt,
8. Aufl., WEG § 46 Rn. 12; Palandt/Wicke, BGB, 79. Aufl., WEG § 46 Rn. 5; Then
in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 46 Rn. 4; jurisPK-BGB/Reichel-Scherer,
WEG [1.7.2020], § 46 Rn. 4; BeckOGK/Karkmann [1.3.2020], WEG § 46 Rn. 33;
BeckOK WEG/Elzer [1.8.2020], § 46 Rn. 111; BeckOK BGB/Scheel [1.8.2020],
WEG § 46 Rn. 19; Bärmann/Seuß/Bergerhoff, Praxis des Wohnungseigentums,
7. Aufl., § 87 Rn. 10; Sauren, WEG, 6. Aufl., Vorb. § 43 Rn. 14P; zu § 23 Abs. 4
WEG aF: KG,
(2) Nach anderer Ansicht reicht es aus, wenn die Prozessstandschaft innerhalb
der Begründungsfrist von zwei Monaten offengelegt wird (vgl. Suilmann
in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 46 Rn. 95; Heinemann in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver,
BGB, Sachenrecht, WEG § 46 Rn. 14).
(3) Die herrschende Auffassung trifft zu. Die gewillkürte Prozessstandschaft
muss innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1
WEG offengelegt werden oder offensichtlich sein.
(a) Es ist allgemein anerkannt, dass die Wirkungen der gewillkürten
Prozessstandschaft erst in dem Augenblick eintreten, in dem sie prozessual offengelegt
wird oder offensichtlich ist. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits
mehrfach entschieden, so etwa für die Hemmung der Verjährung (vgl. BGH, Urteil
vom 30. Mai 1972 - I ZR 75/71,
- IVa ZR 38/80,
94, 117, 122; Urteil vom 12. Dezember 2013 - III ZR 102/12, ZLR 2014, 162
Rn. 36 mwN), aber auch für Klagefristen, die materiell-rechtlich zum Verlust des
Rechts führen, wie etwa zu
6. Juni 2003 - V ZR 320/02,
2013 - V ZR 43/12, NJOZ 2014, 1101 Rn. 23) oder zur Ausschlussfrist nach § 12
Abs. 3 VVG aF (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 1993 - IV ZR 267/91, NJW-RR
1993, 669).
Die Offenlegung der Prozessstandschaft ist zur Klarstellung des Prozessrechtsverhältnisses
erforderlich. Nur wenn der Gegner weiß, dass der Kläger für
sich in Anspruch nimmt, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend machen
zu können, kann er die behauptete Ermächtigung bestreiten oder auch das
Rechtsschutzinteresse des Klägers in Frage stellen (vgl. BGH, Urteil vom
30. Mai 1972 - I ZR 75/71,
die Rechtskraft des auf die Klage des Ermächtigten ergehenden Urteils
auf den Ermächtigenden nur, wenn sich der Ermächtigte im Rechtsstreit auf die
Ermächtigung gestützt hat (vgl. Senat, Urteil vom 28. Juni 1985 - V ZR 43/84,
7. Juli 2008 - II ZR 26/07, aaO).
(b) Dies gilt gleichermaßen für die Beschlussanfechtungsklage im Wohnungseigentumsrecht.
Der Umstand, dass es sich bei den Fristen des § 46 Abs. 1
Satz 2 WEG um materiell-rechtliche Ausschlussfristen handelt, deren Versäumung
- vorbehaltlich etwaiger Nichtigkeitsgründe - zur Abweisung der Klage als
unbegründet führt (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 74/08,
ZR 235/08, BGHZ 182,
307 Rn. 9; Urteil vom 8. Februar 2013 - V ZR 238/11,
Urteil vom 14. Dezember 2018 - V ZR 2/18,
auch sonst - nicht zur Folge, dass es für die Wahrung der Fristen allein auf die
objektive materielle Berechtigung des Klägers ankommt.
(c) Dafür, dass die gewillkürte Prozessstandschaft innerhalb der Fristen
des
dieser Fristen. Diese sind Ausdruck des gesetzgeberischen Anliegens, über die
Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die ordnungsmäßige Verwaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums zu gewährleisten. Sie führen dazu,
dass für die Wohnungseigentümer und für den zur Ausführung von Beschlüssen
berufenen Verwalter zumindest im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit
darüber besteht, ob, in welchem Umfang und auf Grund welcher tatsächlichen
Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen
werden (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 74/08, BGHZ 179,
230 Rn. 20; Urteil vom 28. September 2012 - V ZR 251/11,
Urteil vom 16. September 2016 - V ZR 3/16,
gehört auch die Frage, ob die Klage durch eine anfechtungsberechtigte Person
erhoben wurde (zutreffend Bärmann/Roth, WEG, 14. Aufl., § 46 Rn. 70). Diesbezügliche
Klarheit besteht erst ab dem Zeitpunkt, in dem die Prozessstandschaft
offengelegt wird, da erst dann ersichtlich ist, dass die Berechtigung zur Klage auf
eine Ermächtigung durch einen Wohnungseigentümer gestützt wird. Das gesetzgeberische
Ziel alsbaldiger Klarheit über Umfang und Grund der Anfechtung
würde verfehlt, wenn die Prozessstandschaft nicht innerhalb der Fristen des § 46
Abs. 1 Satz 2 WEG offengelegt werden müsste, sondern - wie für die Zulässigkeit
der Klage ausreichend - erst in der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz.
(d) Es besteht auch kein Anlass, bei der Beschlussanfechtungsklage ausnahmsweise
eine Offenlegung innerhalb der Begründungsfrist ausreichen zu lassen,
und hiermit von dem Grundsatz abzuweichen, dass die Klage des Dritten
erst ab Offenlegung der gewillkürten Prozessstandschaft Wirkung entfaltet. Die
Begründungsfrist, die in dem ursprünglichen Regierungsentwurf zur WEG-Reform
des Jahres 2007 noch nicht enthalten war (BT-Drucks. 16/887 S. 7), wurde
erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in das Gesetz aufgenommen. Sie
wurde für erforderlich gehalten, weil die Niederschrift über die Versammlung der
Wohnungseigentümer, die für die Begründung der Anfechtungsklage wichtig sein
könne, den Wohnungseigentümern manchmal erst kurz vor Ablauf der Klagefrist
zur Verfügung stehe, so dass die zur Begründung der Klage verbleibende Zeit zu
knapp sein könne (BT-Drucks. 16/887 S. 73). Eine solche Besorgnis besteht hinsichtlich
der dem Kläger ohne weiteres möglichen Offenlegung der gewillkürten
Prozessstandschaft nicht.
(e) Soweit die Revision meint, der Zweck des
werde auch ohne Offenlegung der Prozessstandschaft schon dadurch erreicht,
dass die beklagten Wohnungseigentümer unabhängig davon, ob der Anfechtende
zur Anfechtung befugt sei, mit einer etwaigen Aufhebung des gefassten
Beschlusses rechnen müssten, trifft dies so nicht zu. Für die Rechtsverteidigung
und für die Einschätzung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage kann es
aus Sicht der Beklagten einen erheblichen Unterschied machen, ob der Kläger
aus eigenem Recht klagebefugt ist, oder ob er sich auf eine Ermächtigung durch
einen Wohnungseigentümer stützt.
Unerheblich ist auch, dass die Beklagten - worauf die Revision gesondert
hinweist - vorliegend ohne Offenlegung der Prozessstandschaft davon ausgehen
mussten, die Kläger seien weiterhin Wohnungseigentümer und als solche klagebefugt.
Denn der Zweck der Fristen des
und den Wohnungseigentümern alsbald Klarheit darüber zu verschaffen, ob, in
welchem Umfang und auf Grund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse
einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden, wird auch dann
verfehlt, wenn diese irrig von einer eigenen Klagebefugnis des Klägers ausgehen,
weil dieser ihnen die zwischenzeitliche Veräußerung des Wohnungseigentums
verschweigt. Die Klage eines Dritten, der die Prozessstandschaft verschweigt
und den Eindruck erweckt, er sei (noch) Wohnungseigentümer und als
solcher aus eigenem Recht klagebefugt, wahrt die Anfechtungsfrist nicht.
b) Das Berufungsgericht kommt auch rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis,
dass die Prozessstandschaft der Kläger nicht offenkundig und ihre Offenlegung
daher nicht ausnahmsweise entbehrlich war.
aa) Die Offenlegung der Prozessstandschaft ist ausnahmsweise nicht erforderlich,
wenn aufgrund anderer Umstände für alle Beteiligten des Rechtsstreits
Klarheit darüber besteht, dass der Kläger die Klage als gewillkürter Prozessstandschafter
erhebt (vgl. Senat, Urteil vom 27. September 2013 - V ZR 43/12,
NJOZ 2014, 1001 Rn. 23 zu
3. Juli 1980 - IVa ZR 38/80,
- VII ZR 148/83,
vom 7. Juli 2008 - II ZR 26/07,
In anderer Weise kann die notwendige Klarheit unter den Beteiligten
auch durch vorprozessuale Vorgänge, etwa vorprozessuale Korrespondenz, erreicht
werden (vgl. Senat, Urteil vom 27. September 2013 - V ZR 43/12, aaO).
bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Kläger ihre Behauptung,
sie hätten die Beklagten über den Eigentumsübergang und die von ihrer
Tochter erteilte Vollmacht in der Eigentümerversammlung vom 20. April 2002 informiert,
nicht bewiesen haben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die
darauf bezogene Verfahrensrüge der Kläger hat der Senat geprüft und als nicht
durchgreifend erachtet (
cc) Entgegen der Auffassung der Kläger war die Offenlegung der Prozessstandschaft
auch nicht deshalb entbehrlich, weil - wie die Revision meint - für alle
Beteiligten klar gewesen sei, dass das Recht des Eigentümers der Wohneinheit
Nr. 1 geltend gemacht werde. Wie bereits dargelegt, kann es nämlich für die Beklagten
der Beschlussanfechtungsklage einen erheblichen Unterschied machen,
ob der Kläger selbst Eigentümer der konkreten Wohnung ist und die Klage daher
in Ausübung eines eigenen Anfechtungsrechts erhebt oder ob er Dritter ist und
(nur) auf der Grundlage einer von dem Wohnungseigentümer erteilten Ermächtigung
handelt. Die Offenlegung der Prozessstandschaft ist daher nicht schon
dann entbehrlich, wenn offenkundig ist, welches konkrete Wohnungseigentum
Grundlage der Klagebefugnis sein soll. Vielmehr muss auch offenkundig sein,
dass dieses Wohnungseigentum nicht dem Kläger zusteht und dieser die Klage
(lediglich) als gewillkürter Prozessstandschafter erhebt.
c) Da die Kläger die Klagefrist des
waren nur Nichtigkeitsgründe (
Urteil vom 14. Dezember 2018 - V ZR 2/18,
Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses bestehen keinerlei Anhaltspunkte.
Somit ist die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen worden und die Revision
der Kläger daher zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:27.11.2020
Aktenzeichen:V ZR 71/20
Rechtsgebiete:
Verein
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
WEG a. F. § 46 Abs. 1 S. 2