Nach Berichtigung der Kostenberechnung ist ursprüngliche Kostenberechnung mangels Rechtschutzbedürfnis unangreifbar
letzte Aktualisierung: 15.9.2022
KG, Beschl. v. 1.6.2022 – 9 W 1/22
Nach Berichtigung der Kostenberechnung ist ursprüngliche Kostenberechnung mangels
Rechtschutzbedürfnis unangreifbar
1. Berichtigt der Notar im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens in Notarkostensachen seine
Kostenberechnung, existiert die ursprüngliche Kostenberechnung nicht mehr. Sie kann mangels
Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr vor Gericht angegriffen werden.
2. Werden auch gegen die neue Fassung der Kostenberechnung Einwendungen erhoben, ist darüber
das anhängige Verfahren fortzuführen, anderenfalls tritt Erledigung ein.
3. Zum Verfahrensgegenstand im gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen.
Gründe
I.
In notarieller Verhandlung des Notars vom 27. November 2020, beurkundet zu dessen
URNr. ..., beantragten der Antragsteller und sein zwischenzeitlich verstorbener Ehemann
die Volljährigenadoption zweier ihrer Pflegekinder. Unter dem 14. Dezember 2020 erteilte
er seine Kostenberechnung über 1.353, 49 €, wobei er einen Geschäftswert von 600.000 €
zugrunde legte und aus einem Versehen heraus seinen Sozius als beurkundenden Notar
benannte. Auf den bei dem Notar selbst gestellten Überprüfungsantrag und in dem vor dem
Landgericht geführten gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen berichtigte der
Antragsgegner nach Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts seine
Kostenberechnung unter dem 15. Juli 2021 dahingehend, dass er nunmehr sich selbst als
den beurkundenden Notar benannte und den Geschäftswert als 2 x 300.000 € (= 600.000 €)
erläuterte.
Durch angegriffenen Beschluss vom 17. November 2021 hat das Landgericht den
Überprüfungsantrag des Antragstellers „betreffend die Kostenberechnung des
Antragsgegners .../2020 vom 14. Dezember 2020 in der berichtigten Fassung .../2021 vom
15. Juli 2021 über 1.353,49 €“ zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen Beschwerde vom 13.
Dezember 2021 ficht der Antragsteller den Beschluss in vollem Umfang an und rügt – von
grundsätzlichen Erwägungen zur Volljährigenadoption von Pflegekindern abgesehen –
allein den Umstand, dass die landgerichtliche Entscheidung sich auf die Kostenberechnung
vom 14. Dezember 2020 statt auf die „nachgereichte Kostenberechnung vom 14. Juli 2021“
[richtigerweise 15. Juli 2021] beziehe. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht
abgeholfen.
Mit Verfügung vom 12. April 2022 ist dem Antragsteller aufgegeben worden, den
Gegenstand seines Überprüfungsantrages zu überdenken, und darauf hingewiesen worden,
dass ein unverändert gegen die ursprüngliche Fassung gerichteter Antrag unzulässig sei.
Hierzu hat sich der Antragsteller nicht mehr verhalten.
II.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin
vom 17. November 2021 ist statthaft nach
Satz 1 GNotKG in Verbindung mit den
teilweise begründet.
Die Beschwerde des Antragstellers ist insoweit begründet, als das Landgericht Berlin einen
Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Kostenberechnung in der Fassung vom
15. Juli 2021 zurückgewiesen hat. In Ansehung dieser Neufassung der Kostenberechnung
lag ein Überprüfungsantrag nicht vor mit der Folge, dass das Landgericht zu einer solchen
Überprüfung nicht berechtigt war. Vielmehr hat der Antragsteller mit der Beschwerde
ausdrücklich klargestellt, sich lediglich gegen die Kostenberechnung des Notars in der
Fassung vom 14. Dezember 2020 zur Wehr setzen zu wollen.
Im Übrigen jedoch ist die Beschwerde nicht begründet. Mit dieser Klarstellung zum
Überprüfungsumfang nämlich ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der sich
ausdrücklich nur gegen die Notarkostenberechnung des Notars in der Fassung vom
14. Dezember 2020 richten soll, unzulässig, ihm fehlt das notwendige
Rechtsschutzinteresse.
Der Notar hat seine Kostenberechnung vom 14. Dezember 2020 im Verlaufe des
Verfahrens abgeändert und durch die Fassung vom 15. Juli 2021 ersetzt. Allgemein
anerkannt ist ein Notar jederzeit bis zu einer Entscheidung des Oberlandesgerichts als
letzter Tatsacheninstanz (OLG Frankfurt, Beschluss vom 06. Dezember 2012 – 20 W
270/12 –, Rn. 8, juris; Sikora in Korintenberg, GNotKG, 22. Auflage, 2022, § 130 Rn. 14;
nach altem Recht bis zum Erlass der landgerichtlichen Entscheidung: vgl.
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 11. Dezember 1995 – 8 Wx 155/95
–, Rn. 7, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 09. September 1980 – 15 W 226/79 –, Rn. 35,
juris) berechtigt, auch während eines darüber schwebenden gerichtlichen Verfahrens nach §
127 GNotKG, eine von ihm erteilte Kostenberechnung durch eine geänderte
Kostenberechnung zu ersetzen (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 – V ZB 89/08 –,
Rn. 11, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 09. September 1980 – 15 W 226/79 –, Rn. 35,
juris; KG in
54/18, NJOZ 2019, 424; als selbstverständlich vorausgesetzt und im Ergebnis auch: OLG
Frankfurt, Beschluss vom 29. Oktober 2020 – 20 W 44/20 –, Rn. 9, juris; OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 14. Juni 2018 – I-10 W 39/18 –, juris). Dies gilt jedenfalls, solange er sich –
wie hier geschehen – im Rahmen des Verfahrensgegenstandes im gerichtlichen Verfahren in
Notarkostensachen hält. Dieser wird durch den vom Notar vorgetragenen Sachverhalt,
nämlich die konkreten, gebührenauslösenden Einzelakte der Notartätigkeit in Verbindung
mit dem vom Notar daraus hergeleiteten Zahlungsanspruch (ggf. - worauf es vorliegend
nicht ankommt - in den Grenzen der dagegen erhobenen Beanstandungen) bestimmt
(Kammergericht in
15 W 383/93 –, Rn. 30, juris; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 8.3.2018 – 20 W 54/18,
NJOZ 2019, 424).
Die Notarkostenberechnung vom 14. Dezember 2020 existiert also nicht mehr mit der
Folge, dass sie auch vor Gericht nicht mehr angegriffen werden und auch nicht mehr
Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung sein kann (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom
09. September 1980 – 15 W 226/79 –, Rn. 35). Vielmehr wird mit der Berichtigung die neue
Fassung der Kostenberechnung Grundlage des Verfahrens (Brandenburgisches
Oberlandesgericht, Beschluss vom 11. Dezember 1995 – 8 Wx 155/95 –, Rn. 7, juris; Sikora
in: Korintenberg, 22. Auflage, § 127 Rn. 22). Es tritt auch nicht etwa per se Erledigung des
Verfahrens ein (OLG Frankfurt, Beschluss vom 06. Dezember 2012 – 20 W 270/12 –, Rn.
8, juris). Vielmehr ist das anhängige Verfahren fortzuführen, soweit auch gegen die
Kostenberechnung in ihrer berichtigten Fassung Einwendungen erhoben werden (OLG
Hamm, Beschluss vom 09. September 1980 – 15 W 226/79 –, Rn. 41, juris; OLG Frankfurt
a. M., Beschluss vom 8.3.2018 – 20 W 54/18, NJOZ 2019, 424).
Genau solche Einwendungen gegen die Kostenberechnung in ihrer berichtigten Fassung
vom 15. Juli 2021 erhebt der Antragsteller vorliegend jedoch nicht. Vielmehr beharrt er in
seiner Beschwerde ausdrücklich auf einer Überprüfung der - nicht mehr existenten –
Fassung der Kostenberechnung vom 14. Dezember 2020. Hierfür aber fehlt ihm - worauf
er mit Verfügung vom 12. April 2022 hingewiesen worden ist, ohne hierauf seinen Antrag
anzupassen - das notwendige Rechtsschutzinteresse (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschl. v.
8.3.2018 – 20 W 54/18, NJOZ 2019, 424).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Abs. 1 FamFG. Nach
nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen.
Vorliegend entsprach es billigem Ermessen, dem Antragsteller die Hälfte der Kosten des
Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, weil er in diesem Umfang unterlegen ist. Denn seine
allein gegen eine nicht mehr existente Fassung der Kostenberechnung erhobenen
Einwendungen waren nicht mehr zulässig. Auch in gerichtlichen Verfahren in
Notarkostensachen entspricht es regelmäßig der Billigkeit im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 1
FamFG die Kostenentscheidung am Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten zu
orientieren, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände eine abweichende
Kostenentscheidung rechtfertigen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. März 2015 - 9 W 42 -
46/14 -, Rn. 26 ff., juris). Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Billigkeitsgründe, die gegen
eine das Maß seines Unterliegens abbildende Kostenlast des Antragstellers sprechen, sind
nicht ersichtlich.
Im Übrigen waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach
niederzuschlagen, da sie auf einer unrichtigen Sachbehandlung durch das Landgericht
beruhen. Das Landgericht hat einen tatsächlich nicht gestellten Überprüfungsantrag in
Ansehung der Notarkostenberechnung in der Fassung vom 15. Juli 2021 beschieden. Da ein
solcher nicht Verfahrensgegenstand war, hätte aber über diesen nicht entschieden werden
dürfen. Es mag einer interessengerechten Auslegung des bisher gestellten Antrages
entsprochen haben, diesen nunmehr auf den durch die Abhilfe geänderten
Verfahrensgegenstand zu beziehen. Darauf allein hätte sich das Landgericht jedoch nicht
beschränken dürfen. Vielmehr hätte es den Antragsteller vor Erlass des angefochtenen
Beschlusses darauf hinweisen müssen, dass dem Verfahren nur noch die berichtigte
Kostenberechnung zugrunde zu legen ist (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 8.3.2018 –
20 W 54/18 in: NJOZ 2019, 424). Spätestens aber mit der sofortigen Beschwerde des
Antragstellers hatte dieser klargestellt, dass er ausschließlich die erledigte Kostenberechnung
einer (nicht zulässigen) Überprüfung unterzogen wissen wollte, so dass dies in der
Abhilfeentscheidung des Landgerichts seine Berücksichtigung hätte finden können. Das
Verfahren vor dem Beschwerdegericht wäre dann entbehrlich gewesen. Angesichts dieser
Besonderheiten des Verfahrens entspricht es in Abweichung vom gesetzlichen Regelfall der
Anordnung der Erstattung notwendiger Aufwendungen für das Beschwerdeverfahren
ungeachtet der Frage abzusehen, ob und inwieweit dem Antragsgegner, der lediglich seine
Kostenberechnung verteidigt, solche überhaupt entstanden sind (vgl. ebenso: OLG
Frankfurt a. M., Beschluss vom 8.3.2018 – 20 W 54/18 in: NJOZ 2019, 424).
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:01.06.2022
Aktenzeichen:9 W 1/22
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GNotKG § 130