Trennungsunterhaltsanspruch aufgrund neuer verfestigter Lebensgemeinschaft
letzte Aktualisierung: 17.2.2021
OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.6.2020 – 9 UF 254/19
FamFG § 68 Abs. 3 S. 2; BGB §§ 1361 Abs. 1, 1579 Nr. 2; EuUntVO Art. 3 lit. a u. b, 15;
HUP Art. 3 Abs. 1
Trennungsunterhaltsanspruch aufgrund neuer verfestigter Lebensgemeinschaft
1. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft i. S. v.
wenn objektive, nach außen tretende Umstände wie etwa ein über einen längeren Zeitraum hinweg
geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame
Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims oder die Dauer der Verbindung
den Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen.
2. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft i. S. v.
ihre Lebensgemeinschaft so aufeinander eingestellt haben, dass sie wechselseitig füreinander
einstehen, indem sie sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren und damit das
Zusammenleben ähnlich gestalten wie Ehegatten.
3. Dies lässt sich grundsätzlich erst nach einer gewissen Mindestdauer der Beziehung beurteilen,
wobei im Regelfall eine verfestigte Lebensgemeinschaft i. S. v.
Jahren angenommen werden kann. Bei Paaren, die nicht zusammenwohnen, ist eine verfestigte
Beziehung im Regelfall dann erreicht, wenn die Partner seit fünf Jahren in der Öffentlichkeit, bei
gemeinsamen Urlauben und der Freizeitgestaltung als Paar auftreten und Feiertage und
Familienfeste zusammen mit Familienangehörigen verbringen.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit vom 1. April 2018 und fortlaufend.
Die am … 1981 geborene Antragstellerin und der am … 1968 geborene Antragsgegner haben
am … April 2011 in der Republik Moldau die – kinderlos gebliebene - Ehe geschlossen.
Die Beteiligten leben seit September 2017 durch den Auszug der Antragstellerin aus der
Ehewohnung voneinander getrennt.
Die Antragstellerin ist Kassiererin/Verkäuferin und war in der Ehe sporadisch erwerbstätig.
Seit September 2016 arbeitet sie mit 80 Stunden/Monat, seit September 2018 und anhaltend
bis heute mit 120 Stunden/Monat. Ihr Verdienst betrug zuletzt 1.116,45 EUR netto. Im Jahr
2018 hat sie eine Steuerrückerstattung von 991 EUR erhalten.
Der Antragsgegner ist im Auswärtigen Amt beschäftigt und hat zuletzt monatsdurchschnittlich
2.699,37 EUR netto verdient. Er wendet 273,65 EUR monatlich für seine Kranken- und Pflegeversicherung
auf. Er ist Vater zweier Kinder, für die er monatlichen Kindesunterhalt von
588 EUR zahlt. Der Antragsgegner ist Alleineigentümer der selbstgenutzten und nicht (mehr)
kreditbelasteten Ehewohnung in Sch…, … mit einer Wohnfläche von 120 qm, dessen objektiver
Wohnwert unstreitig mit 6,00 EUR/qm netto kalt = 720 EUR zu bemessen ist.
Im April 2018 hat die Antragstellerin den Antragsgegner zur Auskunftserteilung und Unterhaltszahlung
aufgefordert. Für die Zeit von April bis einschließlich Oktober 2018 hat der Antragsgegner
monatlich 106,25 EUR Trennungsunterhalt gezahlt.
Mit ihrem im Oktober 2018 eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin den Antragsgegner
für die Zeit von April bis einschließlich August 2018 wegen Zahlung eines monatlichen Tren-
nungsunterhalts von 719 EUR (nebst Zinsen und unter Anrechnung der erfolgten Zahlungen)
und für die Zeit ab September 2018 von monatlich 624 EUR gerichtlich in Anspruch genommen.
Der Antragsgegner hat Antragsabweisung insgesamt beantragt. Für die in Moldawien geschlossene
Ehe könne Trennungsunterhalt nur nach moldawischem Recht verlangt werden;
jedenfalls seien die hypothetischen Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten der Antragstellerin
in ihrer alten Heimat zugrunde zu legen. Die Antragstellerin habe die Möglichkeit der beruflichen
Fortbildung in Deutschland oder zur Rückkehr nach Moldawien nicht genutzt. Er wendet
ein, die Antragstellerin habe keine Bemühungen um eine Deckung ihres Lebensbedarfs
aus eigener Kraft dargelegt. Der Antragsgegner hat ferner eine vollständige Versagung des
Unterhaltsanspruchs wegen verfestigter Lebenspartnerschaft reklamiert. Er hat behauptet,
die Antragstellerin sei aus der Ehe ausgebrochen und habe sich einem neuen Lebenspartner
(D… R…) zugewandt, mit dem sie zwar offiziell keine Wohnung teile, der bei ihr aber einund
ausgehe und mit dem sie im April und im Juni 2018 gemeinsam verreist sei. Er verweist
hierzu auf Fotos auf dem Facebook-Profil der Antragstellerin und bezieht sich ferner auf Ermittlungsergebnisse
des von ihm beauftragten Detektivbüros J…, die jedenfalls seit mehreren
Wochen/Monaten ein Zusammenleben bestätigten.
Hierzu behauptet die Antragstellerin, sie habe sich wegen zunehmender häuslicher Gewalt
vom Antragsgegner getrennt und keine neue Lebensgemeinschaft begründet, die auch gar
nicht substantiiert vorgetragen sei.
Mit Beschluss vom 22. Oktober 2019 hat das Amtsgericht den Antragsgegner unter Abweisung
des weitergehenden Antrages zur Zahlung eines rückständigen Trennungsunterhalts
für April bis einschließlich August 2018 von 1.043,75 EUR nebst Zinsen sowie eines laufenden
Trennungsunterhalts von monatlich 402 EUR ab September 2018 (abzgl. geleisteter
Zahlungen von 106,25 EUR für September und Oktober 2018 und insoweit nebst Zinsen)
verpflichtet. Im Rahmen der Unterhaltsberechnung ist das Amtsgericht von den tatsächlich
erzielten Einkünften der Ehegatten ausgegangen und hat den Wohnvorteil des Antragsgegners
im ersten Trennungsjahr, d.h. bis einschließlich August 2018 mit lediglich 350 EUR angesetzt.
Eine Beschränkung oder Versagung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 2
BGB komme nicht in Betracht. Bei nicht zusammen lebenden Partnern sei von einer verfestigten
Lebensgemeinschaft regelmäßig erst nach fünf Jahren, bei gemeinsam lebenden
Partnern bei einer Dauer von zwei bis drei Jahren auszugehen. Diese Voraussetzungen lägen
nach dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners noch nicht vor, ebenso wenig wie
andere besondere Gründe (wirtschaftliche Verflechtung öä), die auf eine frühere Verfestigung
schließen ließen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, mit der
er weiterhin die vollständige Abweisung der Zahlungsanträge erstrebt. Er wiederholt und
vertieft hierzu sein Vorbringen zu einer bereits verfestigten Lebenspartnerschaft der Antragstellerin
mit D… R…, der Trennungsgrund gewesen sei; ergänzend hierzu legt er nunmehr
den nicht datierten Detektivbericht zum Auftrag vom 12. September 2019 vor. Er rügt ferner,
dass das Amtsgericht seinen Einwendungen gegen die Anwendbarkeit deutschen Rechts
überhaupt keine Beachtung geschenkt habe.
Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.
Der Senat hat ohne erneute mündliche Verhandlung nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG entschieden,
nachdem er – den Erfordernissen des
mit Schreiben vom 19. Mai 2020 angekündigt und die Beteiligten und hier insbesondere
den Antragsgegner mit näheren Hinweisen zur Sach- und Rechtslage auf die Unbegründetheit
des/seines Rechtsmittels hingewiesen hatte.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden (
mit § 520 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO), mithin zulässig. In der Sache selbst bleibt das
Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg.
1.
Die – in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen festzustellende – internationale Zuständigkeit
deutscher Gerichte ergibt sich vorliegend aus Art. 3 Buchstaben a und b der Verordnung
(EG) Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und
Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18.
Dezember 2008 (ABl. EG Nr. L 7 vom 10. Januar 2009, S. 1 - im Folgenden: EuUnthVO),
weil beide Beteiligte (wohl bereits seit September 2014) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in
Deutschland haben. Für die in der EuUnthVO enthaltenen Vorschriften zur internationalen
Gerichtszuständigkeit kommt es nicht darauf an, ob die Beteiligten die Staatsangehörigkeit
eines Mitgliedsstaats besitzen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2020, Az. XII ZB
358/19 m.w.Nw.). Es kann deshalb dahinstehen, wie sich die Bezüge der Ehe(schließung)
und der Antragstellerin, die allerdings nach Angaben des Antragsgegners inzwischen auch
deutsche Staatsangehörige geworden ist, zur Republik Moldau heute konkret darstellen mögen;
sie stehen der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 3 lit. (a
und) b EuUnthVO jedenfalls nicht entgegen.
Die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf den Trennungsunterhaltsanspruch ergibt sich –
anknüpfend an den gewöhnlichen Aufenthalt der berechtigten Antragstellerin - aus Art. 15
EuUnthVO i.V.m. Art. 3 Abs. 1 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende
Recht vom 23. November 2007 (ABl. EG Nr. L 331 vom 16. Dezember 2009, S.
19 - im Folgenden: Haager Unterhaltsprotokoll - HUP). Wegen der in
Allseitigkeit kommt es aus deutscher Sicht weder darauf an, ob der Fall Bezüge zu einem
weiteren Vertragsstaat aufweist, noch darauf, dass das Haager Unterhaltsprotokoll in der
Republik Moldau nicht gilt (Recherchestand des Senates vom 19. Juni 2020 beim Bundesamt
für Justiz mit Link auf die Homepage der Haager Konferenz).
Aus der vom Antragsgegner für seine Auffassung der Anwendbarkeit moldawischen Unterhaltsrechts
in Bezug genommenen BGH-Entscheidung vom 16. Januar 2013 (Az. XII ZR
39/10) ergibt sich im Übrigen nichts anderes. Auch dort hat der BGH deutsches Recht angewendet
und lediglich im Rahmen der Subsumtion unter
die an die – dort ukrainische – Herkunft der unterhaltsberechtigten geschiedenen
Ehefrau anknüpfen, allerdings keinerlei sachlichen Bezug zu dem hier streitigen Trennungsunterhaltsanspruch
haben.
2.
Die vom Familiengericht ermittelten Ansprüche der Antragstellerin auf Zahlung von Trennungsunterhalt
gemäß § 1361 Abs. 1 BGB seit April 2018 sind dem Grunde und der Höhe
nach im Beschwerderechtszug von keinem der Beteiligten angegriffen oder sonst in Frage
gestellt worden, so dass weder die Grundlagen der Berechnung noch die Berechnung selbst
Gegenstand der Überprüfung durch den Beschwerdesenat sind. Soweit dagegen mit der
Beschwerde das Fehlen einer konkreten Bedarfsbemessung seitens der Antragstellerin gerügt
wird (vgl. die Beschwerdebegründung vom 22. Januar 2020 unter anderem S. 3), geht
dies an der unterhaltsrechtlichen Rechtsprechung - die dem Unterhaltsberechtigtem stets
eine quotale Bedarfsermittlung gestattet, siehe BGH
3.
Eine Beschränkung oder gar vollständige Versagung des Trennungsunterhaltsanspruchs der
Antragstellerin wegen grober Unbilligkeit aufgrund neuer verfestigter Lebensgemeinschaft
nach § 1361 Abs. 3 in Verbindung mit
des ergänzenden Vorbringens des Antragsgegners im Verfahren zweiter Instanz (noch) nicht
in Betracht.
a)
Eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne von
werden, wenn objektive, nach außen tretende Umstände wie etwa ein über einen längeren
Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit,
größere gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims
oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen.
Es kommt darauf an, ob die Partner ihre Lebensgemeinschaft so aufeinander eingestellt
haben, dass sie wechselseitig füreinander einstehen, indem sie sich gegenseitig Hilfe
und Unterstützung gewähren und damit das Zusammenleben ähnlich gestalten wie Ehegatten
(Palandt, BGB, 78. Aufl., § 1579 Rdnr. 11). Entscheidend ist darauf abzustellen, dass der
unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte sich durch eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft
endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht
mehr benötigt (BGH
in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 4 Rdnr. 1269). Die Vorschrift knüpft an
rein objektive Gegebenheiten an und ist keine Sanktion für vorwerfbares Fehlverhalten des
Unterhaltsberechtigten.
Vor Ablauf einer gewissen Mindestdauer wird sich in der Regel nicht verlässlich beurteilen
lassen, ob die Partner nur "probeweise" zusammenleben oder ob sie auf Dauer in einer gefestigten
Gemeinschaft leben. Je fester allerdings die Verbindung nach außen in Erscheinung
tritt, umso kürzer wird die erforderliche Zeitspanne anzunehmen sein. Der BGH hat es
gebilligt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von
Dauer von regelmäßig zwei bis drei Jahren angenommen werden können. Die Zeitspanne
kann kürzer sein, wenn aufgrund besonderer Umstände schon früher auf eine hinreichende
Verfestigung geschlossen werden kann, insbesondere bei einer bereits umgesetzten gemeinsamen
Lebensplanung, z.B. in Form von gemeinsamen erheblichen Investitionen (BGH
a.a.O., Palandt, a.a.O., § 1579 Rdnr. 12). Bei einer Beziehung, die nicht überwiegend durch
ein Zusammenwohnen und auch nicht durch ein gemeinsames Wirtschaften geprägt ist, ist
eine verfestigte Beziehung etwa dann erreicht, wenn die Partner seit fünf Jahren in der Öffentlichkeit,
bei gemeinsamen Urlauben und der Freizeitgestaltung als Paar auftreten und
Feiertage und Familienfeste zusammen mit Familienangehörigen verbringen (OLG Karlsruhe
Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des jeweiligen Härtegrundes
nach § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB sowie für alle Umstände, die die unterhaltsrechtliche
Inanspruchnahme als grob unbillig erscheinen lassen, trägt der Unterhaltspflichtige. Zulässig
kann dabei auch die Beobachtung durch einen Detektiv und die Verwertung der in dieser
Weise gewonnenen Erkenntnisse im Verfahren sein (BGH
a.a.O., § 4 Rdnr. 1214).
b)
Im konkreten Fall bietet das Vorbringen des Antragsgegners keine hinreichend tragfähigen
Anknüpfungstatsachen dafür, dass die Antragstellerin die eheliche Lebensgemeinschaft
durch eine bis heute hinreichend verfestigte Lebenspartnerschaft im vorbeschriebenen Sinne
ersetzt hat.
Die – nicht unter Beweis gestellte - Behauptung des Antragsgegners, die Antragstellerin sei
im Frühherbst 2017 einseitig aus der – aus seiner Sicht offenbar intakten, jedenfalls nicht
gescheiterten - Ehe ausgebrochen und habe sich D… R… zugewandt, der auch der Grund
für die Trennung gewesen sei, ist entgegen der Darstellung des Antragsgegners in seinem
jüngsten Schriftsatz vom 25. Mai 2020 nicht unbestritten geblieben. Die Antragstellerin hatte
vielmehr bereits in ihren Schriftsätzen vom 13. Mai 2019 und 4. Juni 2019 ausgeführt, sie
habe sich „aufgrund qualitativ und quantitativ zunehmender häuslicher Gewalt, die auch Polizeieinsätze
zur Folge hatten“ vom Antragsgegner getrennt; „ein anderer Mann hatte mit den
Umständen und der Trennung und der Motivation der Antragstellerin, sich von dem Antragsgegner
zu trennen, nichts zu tun.“
Es kann danach gerade nicht festgestellt werden, dass ein/der neue/r Partner der Antragstellerin
Trennungsgrund gewesen ist. Die Argumentation des Antragsgegners fußt deshalb
schlicht auf einer unzutreffenden Prämisse.
Unbestritten ist eine gemeinsame Städtereise der Antragstellerin mit D… R… nach A… im
April 2018 und ein gemeinsamer Urlaub in B… (…) im Juni 2018, also mehr als ein halbes
Jahr nach der Trennung. Gemeinsame Reisen lassen jedoch schon grundsätzlich noch kei9
nen hinreichend tragfähigen Schluss auf eine (verfestigte) Lebenspartnerschaft zu. Kaum
anderes gilt für die vom Antragsgegner im Schriftsatz vom 3. Mai 2019 in Bezug genommenen
Fotos, die die Antragstellerin von sich und diesem Mann auf Facebook eingestellt hat.
Diese zeigen zwar auch eine für eine bloße Bekanntschaft oder Freundschaft eher nicht zu
erwartende sehr vertraut und innig wirkende Umarmung, die sich allerdings zeitlich nicht einordnen,
also jedenfalls nicht sicher vor Mai 2019 datieren lassen.
Auch die von dem vom Antragsgegner beauftragten Detektivbüro im täglichen Beobachtungszeitraum
vom 13. bis 21. September 2019 gewonnenen und unbestritten gebliebenen
Erkenntnisse (Bl. 185 f. GA) bieten keinerlei tragfähige Hinweise auf eine seit entsprechend
langer Zeit bestehende und inzwischen verfestigte Lebenspartnerschaft der Antragstellerin.
Am 19. September 2019 hat danach die Antragstellerin auf Klingeln des Detektivs die Wohnungstür
geöffnet; weitere Personen konnten in der Wohnung nicht festgestellt werden;
ebenso wenig war Herrenkonfektion festzustellen; lediglich ein Paar dunkelbraune Herrensportschuhe
haben vor der Wohnungstür gestanden. In der Umgebung des Hauses habe an
den meisten Tagen des Beobachtungszeitraums allerdings ein auf „den R. mit der Anschrift
XXXX J…, …straße …“ zugelassener Pkw … mit dem amtlichen Kennzeichen … gestanden.
Am 20. September 2019 gegen 17.30 Uhr hat der Detektiv den R. beobachtet, wie er den
Hund der Antragstellerin in einem Waldstück ausführte; zu diesem Zeitpunkt standen vor der
Wohnungstür der Antragstellerin hausschuhähnliche Latschen. Dem Detektiv ist an diesem
Tag ferner durch einen – nicht namhaft gemachten – Mitbewohner des Mietshauses, in dem
die Antragstellerin lebt, bekannt geworden, „dass R schon seit einiger Zeit, genauer gesagt,
seit Wochen bei der B. in deren Wohnung wohnt“.
Selbst wenn man unterstellt, dass der in dem vorzitierten Detektivbericht gerade nicht namhaft
gemachte „R.“ der Herr D… R… ist, in deren Begleitung die Antragstellerin im Jahr 2018
verreist ist, hat der Detektiv entgegen der Darstellung des Antragsgegners im Schriftsatz
vom 24. September 2019 aus eigener Beobachtung nicht festgestellt, dass dieser „regelmäßig“
mit dem Hund der Antragstellerin geht, die „regelmäßig“ vor der Wohnungstür der Antragstellerin
stehenden braunen Sportschuhe „offensichtlich“ diesem Mann gehören und die
Antragstellerin mit dem Herrn D… R… „eine intensive und dauerhafte Lebensbeziehung
führt“. Der Detektiv selbst hat R. überhaupt nur einmal in einem örtlichen und sachlichen Zusammenhang
zur Antragstellerin wahrgenommen (nämlich am 20. September 2019 beim
Ausführen deren Hundes); gemeinsam beobachtet hat er beide überhaupt nicht. Ein nicht
tragfähig begründeter pauschaler Hinweis eines nicht namentlich benannten Hausbewohners
auf ein seit mehreren Wochen oder Monaten anhaltendes gemeinsames Wohnen des R. in
der Wohnung der Antragstellerin (das der Detektiv aus eigener Wahrnehmung gerade nicht
bestätigen konnte) entbehrt schon für sich betrachtet einer hinreichenden Substanz.
Bestenfalls kann aus diesen im Einzelnen tatsächlich unbestritten gebliebenen, aber insgesamt
eher dürftigen Indizien abgeleitet werden, dass die Antragstellerin und D… R… seit
dem Frühjahr 2018 eine jedenfalls freundschaftlich geprägte Beziehung pflegen, die sich
intensiviert und im Sommer 2019 dazu geführt hat, dass man gemeinsam wohnt, wobei nicht
einmal auszuschließen ist, dass D… R… nicht weiterhin einen Wohnsitz in M… unterhält.
Das trägt aber nach den vorstehenden Grundsätzen noch nicht die Feststellung einer inzwischen
soweit verfestigten Lebenspartnerschaft, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt
bereits jetzt herabzusetzen oder gar insgesamt zu versagen wäre.
Besondere Umstände des Streitfalles, die abweichend vom Regelfall eine Mindestdauer von
mindestens zwei bis drei Jahren entbehrlich erscheinen ließen, liegen nicht vor. Es gibt keinerlei
tragfähige Hinweise auf ein seit längerem festzustellendes Auftreten als Paar in der
Öffentlichkeit oder die Begründung erheblicher gemeinsamer finanzieller Verpflichtungen, die
die Annahme rechtfertigen könnten, die Antragstellerin lebe in einer hinreichend gefestigten,
auf gegenseitiger Unterstützung gründenden und von einem Einstehen füreinander geprägten
eheähnlich gestalteten Lebenspartnerschaft.
Auch aus der vom Antragsgegner angeführten „Entscheidung“ des OLG Oldenburg vom 16.
November 2016, Az. 4 UF 78/16 (=
war, ergibt sich keineswegs, dass die „höchstrichterliche“ Rechtsprechung nunmehr
davon ausgeht, dass bereits im Zusammenhang mit dem Zusammenziehen mit einem neuen
Partner der Trennungsunterhaltsanspruch beendet wird. Der dortige Fall war dadurch gekennzeichnet,
dass unstreitig eine einjährige Liebesbeziehung bestanden hat, die durch Teilnahme
an verschiedenen Familien-Feierlichkeiten nach außen getragen wurde, in der der
neue Partner ersichtlich die Rolle eines Ersatzvaters für das vorhandene Kind einnahm und
hier auch an Jugendamtsgesprächen beteiligt war und die dann rund 12 Monate später –
nach Renovierungen im Haus des neuen Partners – in einen Einzug der Unterhaltsberechtigten
und ihres Sohnes mündete. In diesem Fall hat das OLG Oldenburg tatsächlich bereits mit
dem Einzug eine Versagung des Trennungsunterhaltsanspruchs angenommen. Die Unterschiede
zum Streitfall sind offensichtlich. Die weitere pauschale Bezugnahme des Antragsgegners
auf die Entscheidung des 2. Familiensenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts
vom 29. Juli 2008, Az. 10 UF 2/08, erschließt sich schon deshalb nicht, weil sich diese
Entscheidung überhaupt nicht zu
4.
Der Senat hat zur Kenntnis genommen, dass der Antragsgegner der Entscheidung im schriftlichen
Verfahren nach
aufgrund des weiteren Vorbringens im Schriftsatz vom 25. Mai 2020 nicht, welche zusätzlichen
Erkenntnisse aus einer erneuten mündlichen Anhörung der Beteiligten sollten gewonnen
werden können. Das Amtsgericht hat am 9. April und am 22. Oktober 2019 mündlich
verhandelt und im Übrigen wiederholt Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt. Beide Beteiligten
und hier insbesondere auch der Antragsgegner hatten demnach über beide Instanzen
hinweg ausreichend Gelegenheit, zuletzt auf den erschöpfenden Hinweis des Senates
vom 19. Mai 2020, zu den rechtlich relevanten Fragen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Die Wertfestsetzung folgt aus
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG) liegen nicht vor
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Brandenburg
Erscheinungsdatum:22.06.2020
Aktenzeichen:9 UF 254/19
Rechtsgebiete:
Ehegatten- und Scheidungsunterhalt
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
FamFG § 68 Abs. 3 S. 2; BGB §§ 1361 Abs. 1, 1579 Nr. 2; EuUntVO Art. 3 lit. a u. b, 15; HUP Art. 3 Abs. 1