OLG Nürnberg 14. Juli 2021
12 W 2036/20
BGB §§ 35, 33, 38, 60, 71 Abs. 2; WaffG §§ 15, 27 Abs. 3

Beitragsfreiheit für Ehrenmitglieder als statutarisches Sonderrecht; Mehrheits- und Zustimmungserfordernis bei der Begründung; registerliche Prüfung einer Satzungsneufassung auf öffentlich-rechtliche Bedenken; Abschaffung des Mindestalters für Mitglieder eines Schützenvereins

BGB §§ 35, 33, 38, 60, 71 Abs. 2; WaffG §§ 15, 27 Abs. 3
Beitragsfreiheit für Ehrenmitglieder als statutarisches Sonderrecht; Mehrheits- und Zustimmungserfordernis bei der Begründung; registerliche Prüfung einer Satzungsneufassung auf öffentlich-rechtliche Bedenken; Abschaffung des Mindestalters für Mitglieder eines Schützenvereins

1. Eine Beitragsbefreiung ist grundsätzlich als Sonderrecht i. S. d. § 35 BGB anzusehen. Dessen Begründung bedarf aber nicht stets der Zustimmung aller nichtprivilegierten Mitglieder.

2. Es ist selbstverständlich, dass die Mitglieder eines Schießsportvereins den Schießsport nur nach Maßgabe der Gesetze ausüben können. Dies muss in der Vereinssatzung nicht ausdrücklich hervorgehoben werden, auch nicht im Hinblick auf die waffenrechtlichen Beschränkungen, denen minderjährige Vereinsmitglieder unterliegen.

(Leitsätze der DNotI-Redaktion)

OLG Nürnberg, Beschl. v. 14.7.2021 – 12 W 2036/20

Problem
Die Satzung eines Schützenvereins sah vor, dass die Mitgliedschaft nur Personen über 14 Jahre erlangen können. Ferner verpflichtete sie alle Mitglieder zur Zahlung von Beiträgen. Am 1.3.2020 fasste die Mitgliederversammlung die Satzung mit ¾-Mehrheit insgesamt neu. Die beschlossene Fassung enthält kein Mindestaufnahmealter mehr, schreibt aber andererseits das Recht sämtlicher Mitglieder fest, den Schießsport auszuüben. Ferner befreit die Satzung „Ehrenmitglieder“ von Beitragsleistungen.

Das Registergericht lehnte die Eintragung der Neufassung ab: Bei der Beitragsbefreiung für Ehrenmitglieder handele es sich um ein Sonderrecht, dessen Begründung alle benachteiligten Mitglieder zustimmen müssten. Mit Blick auf das fehlende Mindestalter werde angeregt, zumindest das statutarische Recht zur Ausübung des Schießsports „auf Grundlage der bestehenden waffenrechtlichen Gesetzgebung einzuschränken“.

Entscheidung
Das OLG Nürnberg hat der Beschwerde des anmeldenden Notars gegen die Zwischenverfügung stattgegeben. Es hält die beanstandeten Änderungen für eintragungsfähig.

Zur Einführung einer Ehrenmitgliedschaft mit Beitragsbefreiung sei grundsätzlich lediglich eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich (§ 33 Abs. 1 S. 1 BGB). Zwar sei eine Beitragsbefreiung an sich als Sonderrecht i. S. d. § 35 BGB anzusehen, sodass deren Entziehung nur mit Zustimmung des betroffenen Mitglieds möglich sei. Daraus lasse sich aber nicht herleiten, dass auch die Begründung der Zustimmung sämtlicher nichtprivilegierter Mitglieder bedürfe. Der vereinsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlange dies nicht, wenn die Ungleichbehandlung einzelner Mitglieder gerechtfertigt sei, wie etwa bei der Ehrenmitgliedschaft aufgrund besonderer Verdienste oder mit Blick auf die Tatsache, dass Ehrenmitglieder regelmäßig nicht mehr aktiv im Erwerbsleben stünden. Allerdings müsse zumindest theoretisch jedes Mitglied die Chance haben, das neu geschaffene Ehrenamt einmal selbst zu erlangen. Dies sei nach der neugefassten Satzung grundsätzlich der Fall.

Insbesondere bei der Satzungsneufassung habe das Registergericht die Satzung grundsätzlich im gleichen Umfang zu überprüfen wie bei der Erstanmeldung des Vereins. Die geänderten Satzungsbestimmungen bzgl. des Mindestaufnahmealters und des Rechts, den Schießsport auszuüben, stellten jedoch kein Eintragungshindernis dar. Zwar seien Minderjährige unter 14 Jahren aufgrund waffenrechtlicher Bestimmungen nur mit Einschränkungen berechtigt, den Schießsport auszuüben (s. § 27 Abs. 3 WaffG). Es liege aber kein Gesetzesverstoß darin, dass diese Beschränkungen in der Satzung nicht besonders zum Ausdruck kämen. Vielmehr sei es selbstverständlich, dass alle Vereinsmitglieder den Schießsport nur nach Maßgabe der waffenrechtlichen und immissionschutzrechtlichen Vorschriften ausüben könnten.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Nürnberg

Erscheinungsdatum:

14.07.2021

Aktenzeichen:

12 W 2036/20

Rechtsgebiete:

Verein

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 125-126

Normen in Titel:

BGB §§ 35, 33, 38, 60, 71 Abs. 2; WaffG §§ 15, 27 Abs. 3