OLG München 31. Mai 2021
34 Wx 106/21
GBO §§ 13, 22; ForstRG Art. 2

Eintragungshindernis bei Unrichtigkeit des Grundbuchs aufgrund Fortsetzung eines Forstrechts nur an einem Teilgrundstück

letzte Aktualisierung: 27.10.2021
OLG München, Beschl. v. 31.5.2021 – 34 Wx 106/21

GBO §§ 13, 22; ForstRG Art. 2
Eintragungshindernis bei Unrichtigkeit des Grundbuchs aufgrund Fortsetzung eines
Forstrechts nur an einem Teilgrundstück

Steht für das Grundbuchamt aus den Grundakten fest, dass das Grundbuch mit einer beantragten
Grundstücksteilung unrichtig würde, da sich ein Forstrecht nur an einem der Teilgrundstücke
fortsetzt, ist das Grundbuchamt wegen des Legalitätsprinzips an der beantragten Eintragung
gehindert, wenn nicht gleichzeitig Löschung des Forstrechts im Hinblick auf den nicht mehr
begünstigten Teil beantragt ist.

Gründe

I.
Der Beteiligte ist im Grundbuch als Eigentümer von Grundbesitz eingetragen. Im Bestandsverzeichnis sind
unter Bezugnahme auf die Eintragung des Grundstücks unter lfd. Nr. X ein Almweiderecht, ein
Kaserhaltungsrecht, ein Brennholzbenutzungsrecht und Forstrechte eingetragen. Das unter lfd. Nr. X
eingetragene Grundstück ist nach Zerlegung neu vorgetragen worden unter BVNr. X und besteht nun aus
zwei Flurstücken, nämlich X und Y.

Im Bestandsverzeichnis ist Flurstück X mit der Größe von 40.077 m² beschrieben als Gebäude- und
Freifläche, Verkehrsfläche, Landwirtschaftsfläche, Flurstück Y mit einer Größe von 540 m² als Gebäude- und
Freifläche. Aus der vom Grundbuchamt erholten Flurkarte vom 26.11.20XX ist allerdings ersichtlich, dass
Flurstück Y nicht bebaut ist.

Am 25.8.20XX beantragte der Beteiligte unter Vorlage einer notariellen Bestellungsurkunde für ein
Vorkaufsrecht, die unter lfd. Nr. 20 im Bestandsverzeichnis eingetragenen Flurstücke jeweils unter einer
eigenen laufenden Nummer zu buchen.

Mit Schreiben vom 3.9.20XX teilte das Grundbuchamt u.a. mit, dass auch die drittberechtigte Bank ihre
Zustimmung erteilen müsse. Diese Zustimmung legte der Beteiligte am 2.11.20XX vor, und teilte darin mit,
dass das Grundstück Fl.Nr. X das berechtigte Grundstück der Herrschvermerke sein solle.

Mit weiterem Schreiben vom 29.1.20XX nahm der Beteiligte allerdings die Anträge vom 2.11.20XX zurück.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 8.2.20XX hat das Grundbuchamt den Beteiligten aufgefordert,
eine Erklärung des Grundstückseigentümers vorzulegen, wer nach der Teilung des herrschenden
Grundstücks Berechtigter der vier im Grundbuch eingetragenen Forstrechte sei. Das Grundbuch würde
nämlich unrichtig, wenn Forstrechte zugunsten beider Teilgrundstücke eingetragen blieben. Zudem sei die
Zustimmung der drittberechtigten Bank vorzulegen, da die Forstrechte als Aktivvermerk im Grundbuch
eingetragen seien.

Gegen diese Zwischenverfügung wendet sich der Beteiligte mit der Beschwerde. Zutreffend sei, dass eine
Erweiterung bestehender Forstrechte für andere herrschende Grundstücke oder gar eine Vermehrung wegen
des Verbots der Neubestellung und Erweiterung in Art. 2 FoRG nicht möglich sei. Für das Begehren gebe es
allerdings keine Rechtsgrundlage. Das Grundbuchamt könne von Amts wegen die Berechtigungslagen aus
den Grundakten einschließlich dort einliegender Fortführungsnachweise und deren zugehörigen Lageplänen
selbst ermitteln, um eine Grundbuchunrichtigkeit zu vermeiden.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.
1. Die gegen die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO eingelegte Beschwerde ist nach § 11 Abs. 3
RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Sie ist vom Notar in zulässiger Weise (vgl. § 15 Abs. 2, § 73 GBO)
namens des Urkundsbeteiligten eingelegt worden.

2. Die Beschwerde hat - zumindest vorübergehend - Erfolg, da zwar das vom Grundbuchamt genannte
Hindernis, dass das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig würde, derzeit besteht. Das Grundbuchamt
könnte dieses durch Löschung des Forstrechts im Hinblick auf Fl.Nr. Y auf Antrag des Beteiligten beheben.
Da ein solcher jedoch zurückgenommen wurde, ist die Zwischenverfügung aufzuheben.

a) Sind zugunsten eines zu teilenden Grundstücks Forstrechte eingetragen, so kann nach Art. 2 FoRG das
Recht nur auf einem der durch die Teilung entstehenden Grundstücke eingetragen sein. Nach Art. 2 FoRG
können Forstrechte nämlich regelmäßig nicht neu bestellt oder erweitert werden. Der Neubegründung steht
dabei die Teilung eines Forstrechts gleich (Beichele/Foag Bayerisches Forstrechtsgesetz S. 38). Zu einer
solchen Teilung eines Forstrechts kommt es auch im Fall der Teilung eines berechtigten Anwesens
(Beichele/Foag S. 39). Da allerdings grundsätzlich die Haus- und Hofstatt des Anwesens der eigentliche
Träger des Forstrechts ist, bleibt bei der Teilung eines berechtigten Anwesens regelmäßig das Recht mit dem
Grundstück verbunden, auf dem die Haus- und Hofstatt steht. Das abgetrennte Flurstück geht hingegen leer
aus (Beichele/Foag S. 39).

Wird nur die Teilung des Grundstücks beantragt, würde das Grundbuch durch deren Eintragung allein
unrichtig. Denn im Grundbuch würde sich der Herrschvermerk auf beide durch Teilung entstandenen
Grundstücke beziehen (Meikel/Böttcher GBO 11. Aufl. § 9 Rn. 31). Das Grundbuchamt muss nämlich bei
Veränderungen von subjektivdinglichen Rechten gemäß § 7 Abs. 6 GBV in den Spalten 5 bzw. 7 auf die
Nummer des von der Eintragung betroffenen Rechts verweisen. Das Grundbuch würde nach der Teilung
mithin verlautbaren, dass das Forstrecht nun zugunsten beider Grundstücke besteht. Tatsächlich ist
materiellrechtlich nach Art. 2 FoRG nur das Anwesen mit Haus- und Hofstatt berechtigt.

b) Nach dem Legalitätsprinzip darf das Grundbuchamt Eintragungen nicht vornehmen, wenn es damit
sehenden Auges das Grundbuch unrichtig machen würde (Demharter GBO 32. Aufl. Einl. Rn. 1). Daher ist
das Grundbuchamt - entgegen der Ansicht des Beteiligten - gehindert, die Eintragung ohne gleichzeitige
Löschung des Forstrechts auf dem nach Teilung nicht mehr herrschenden Grundstück vorzunehmen.
Eine Berichtigung nach § 9 Abs. 2 GBO von Amts wegen - wie vom Beteiligten vorgeschlagen - setzt voraus,
dass ein subjektivdingliches Recht eingetragen ist, das eine Änderung oder Aufhebung erfahren hat. Zwar
zählen Forstrechte zu subjektivdinglichen Rechten (Meikel/Böttcher § 9 Rn. 12). Von einer Änderung wäre
aber nur auszugehen, wenn sich der Inhalt des subjektivdinglichen Rechts geändert hätte (Bayer/Lieder in
Bauer/Schaub GBO 4.Aufl. § 9 Rn. 21a). Davon kann auch auszugehen sein, wenn das Recht an einem Teil
des belasteten Grundstücks aufgehoben und dies eingetragen wird (Demharter § 9 Rn. 12).
Eine (teilweise) Aufhebung der Forstrechte ist vorliegend nicht erfolgt. Auch von einer Änderung im Sinne
des § 9 Abs. 2 GBO kann nicht ausgegangen werden; wenn nämlich eine Grunddienstbarkeit nach § 1025
Satz 2 BGB im Hinblick auf den abgetrennten Teil des herrschenden Grundstücks erlischt, liegt keine
Inhaltsänderung vor. In den Fällen der Teilung des herrschenden Grundstücks wird nach allgemeiner
Meinung die Berichtigung nach §§ 22, 29 GBO für nötig gehalten (vgl. Hügel/Wilsch GBO 4. Aufl. § 9 Rn.
61).

Ergibt sich aus den Grundakten nicht schon die mit der Teilung eintretende Unrichtigkeit des Grundbuchs
nach § 29 GBO, hat das Grundbuchamt die beantragte Eintragung vorzunehmen. In der Folge wird das
Grundbuchamt ein Recht, das lediglich auf einem der abgeteilten Grundstücke lastet, im Hinblick auf die
anderen belasteten Grundstücke nur zu löschen haben, wenn ein entsprechender Antrag nach §§ 13, 22, 29
GBO gestellt wird.

Stellt das Grundbuchamt allerdings beim Vollzug der Teilung aus den Eintragungsunterlagen und dem Inhalt
der Grundakten fest, dass eine Dienstbarkeit mit der Teilung auf einem abzuschreibenden Grundstück
erlischt, da dieser außerhalb des Bereichs der Rechtsausübung liegt, kann das Grundbuchamt die
Übernahme des Herrschvermerks bei dem neuen Grundstück unterlassen (Bayer/Lieder in Bauer/Schaub §
9 Rn. 9b). Dieses Unterlassen stellt sich allerdings rechtlich als Löschung dar, selbst wenn mit der Teilung
nicht auch eine Abschreibung des Grundstücks erfolgt (vgl. § 46 Abs. 2 GBO); denn es kommt zu einer
Reduzierung des als berechtigt vermerkten Grundes.

Mangels Anwendbarkeit des § 9 Abs. 2 GBO ist eine solche Löschung nicht von Amts wegen, sondern nur
als Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO zulässig, so dass grundsätzlich die Voraussetzungen nach §§ 13,
22, 29 GBO schon bei Eintragung der Teilung vorliegen müssen. Daher kommt ein Unterlassen der
Übernahme des Herrschvermerks nur in Betracht, wenn ein entsprechender Antrag auf Berichtigung dem
Teilungsantrag durch Auslegung entnommen werden kann und die Unrichtigkeit aktenkundig ist, § 29 Abs. 1
Satz 2 GBO.

Ist hingegen ein entsprechender Antrag auf Berichtigung nicht gestellt, ist das Grundbuchamt wegen des
Legalitätsprinzips an der beantragten Eintragung unter gleichzeitiger Löschung des Rechts nach § 22 GBO
im Hinblick auf den nicht (mehr) herrschenden Grundstücksteil gehindert.

c) Da die Forstrechte im Bestandsverzeichnis eingetragen sind und auf die konkreten Flurstücke Bezug
nehmen, wäre folglich bei Teilung des Grundstücks das Forstrecht im Hinblick auf das nun nicht mehr
berechtigte Grundstück auf Antrag zu löschen, wenn die Unrichtigkeit mit der Eintragung der Teilung für das
Grundbuchamt auch ohne weiteren Nachweis nach § 29 GBO schon feststeht.

Dass sich das Forstrecht nur an Flurstück X fortsetzt, weil sich darauf die Haus- und Hofstatt befindet, ist
vorliegend für das Grundbuchamt aus den amtlich erholten und in den Grundakten befindlichen Flurkarten
des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung zu ersehen. Mithin bedurfte es zur Löschung des
Rechts - abgesehen von der Zustimmung von Drittberechtigten - nur noch des Antrags des Beteiligten als
Eigentümer und damit zumindest formell Berechtigter.

d) Eine Zwischenverfügung soll es dem Antragsteller ermöglichen, Eintragungshindernisse vor einer
endgültigen Zurückweisung des Antrags zu beheben (OLG Düsseldorf NJOZ 2012, 1394/1395; Demharter §
18 Rn. 29). Es kann dahinstehen, ob der ursprüngliche Antrag konkludent auch den Antrag auf Berichtigung
des Grundbuchs enthielt. Hier hat der Notar mit Schreiben vom 29.1.20XX erklärt, einen entsprechenden
Antrag nicht (mehr) zu stellen.

Damit hat er ernsthaft und endgültig zu erkennen gegeben, dass der Beteiligte nicht gewillt ist, die Grundlage
der Eintragung durch das Grundbuchamt zu schaffen und in einem der Rechtsauffassung des
Grundbuchamts entsprechenden Sinne anzupassen. In einem solchen Fall ist aber für eine
Zwischenverfügung kein Raum, sondern über den Eintragungsantrag zu entscheiden (OLG Düsseldorf NJOZ
2012, 1394/1395).

2. Soweit das Grundbuchamt die Vorlage einer Zustimmung der drittberechtigten Bank fordert, liegt eine
solche schon vor. Durch die Rücknahme des Antrags der Eintragung eines Herrschvermerks auf dem
Flurstück X seitens des Notars im Schreiben vom 29.1.20XX wurde nicht auch die vorgelegte Zustimmung
widerrufen. Zwar führt der Notar aus, dass ihm nicht erkennbar sei, weshalb eine Zustimmung hätte erteilt
werden müssen. Diese Erklärung enthält jedoch nicht auch den Widerruf der Zustimmung, zumal nicht
ersichtlich ist, dass der Notar seitens der Bank dazu ermächtigt gewesen wäre.

III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich, da die Beschwerde zumindest vorübergehend Erfolg hat.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 31.05.2021.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

31.05.2021

Aktenzeichen:

34 Wx 106/21

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GBO §§ 13, 22; ForstRG Art. 2