OLG Hamm 03. November 2020
27 W 98/20
UmwG §§ 120, 152

Verschmelzung auf den Alleingesellschafter; Überschuldung des Alleingesellschafters; Erklärung gegenüber dem Registergericht

UmwG §§ 120, 152
Verschmelzung auf den Alleingesellschafter; Überschuldung des Alleingesellschafters; Erklärung gegenüber dem Registergericht

Bei einer Verschmelzung des Vermögens einer Kapitalgesellschaft auf ihren Alleingesellschafter ist eine Erklärung, wonach die Verbindlichkeiten des Gesellschafters sein Vermögen nicht übersteigen, nicht erforderlich.

(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

OLG Hamm, Beschl. v. 3.11.2020 – I-27 W 98/20

Problem
Das Vermögen einer Kapitalgesellschaft (die genaue Rechtsform ist dem Beschluss nicht zu entnehmen) wurde auf ihren Alleingesellschafter verschmolzen. Das Registergericht forderte eine Erklärung des Gesellschafters dahingehend, dass seine Verbindlichkeiten sein Vermögen nicht übersteigen – er also nicht „überschuldet“ sei.
In der Literatur wird teilweise befürwortet, den Rechtsgedanken des § 152 S. 2 UmwG auch auf die Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf ihren Alleingesellschafter zu übertragen. Die Gläubiger der Kapitalgesellgesellschaft seien ansonsten gefährdet, weil das Vermögen der Gesellschaft nunmehr auch dem unmittelbaren Zugriff der Gläubiger des Gesellschafters unterliege (so bspw. Semler/Stengel, Umwandlungsgesetz, 4. Aufl. 2017, § 120 Rn. 26; a. A. Widmann/Mayer/Heckschen, Stand: April 2011, § 120 UmwG Rn. 8.17.1.; BeckOGK-UmwG/Leitzen, Stand: 1.10.2020, § 120 Rn. 24 jeweils m. w. N.).

Entscheidung
Dieser Auffassung folgt das OLG Hamm nicht. Es schließt sich vielmehr der h. M. an, wonach eine solche Erklärung nicht erforderlich ist. Der Gesetzgeber habe den wirtschaftlichen Zustand des Zielrechtsträgers – anders als beim Fall der Ausgliederung vom Einzelunternehmen gemäß § 154 UmwG – gerade nicht dem Handelsregister zur Prüfung übertragen. Die ausdrückliche Regelung in § 152 S. 2 UmwG zeige vielmehr, dass der Gesetzgeber eine derartige Erklärung in Verschmelzungsfällen für entbehrlich hielt. Mangels einer unbewussten Regelungslücke verbiete sich eine entsprechende analoge Anwendung. Der Alleingesellschafter als natürliche Person sei zudem nicht Adressat des Überschuldungstatbestandes. Soweit er sich nicht durch ein Restschuldbefreiungsverfahren entschulde, hafte er mit seinem persönlichen Vermögen unbeschränkt.

Im Einzelfall könne eine Verschmelzung zwar gemäß § 138 BGB sittenwidrig sein (bspw. wenn die Verschmelzung auf eine Gläubigerbenachteiligung abzielt, vgl. dazu Widmann/Mayer/Heckschen, Stand: April 2011, § 120 UmwG Rn. 8.17.1). Selbst wenn man das annähme, unterliege allerdings diese materiell-rechtliche Frage nicht der Prüfungskompetenz des Registergerichts.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

03.11.2020

Aktenzeichen:

27 W 98/20

Rechtsgebiete:

Umwandlungsrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2020, 183

Normen in Titel:

UmwG §§ 120, 152