Beurkundungsbedürftigkeit eines Vertrages über Bauleistungen; rechtliche Einheit bei Verkauf eines Miteigentumsanteils an dem zu bebauenden Grundstück
Beurkundungsbedürftigkeit eines Vertrages über Bauleistungen; rechtliche Einheit bei Verkauf eines Miteigentumsanteils an dem zu bebauenden Grundstück
1. Ein Kaufvertrag über Miteigentum an einem Grundstück bildet eine rechtliche Einheit mit einem Begleitvertrag über Bau- oder Baubetreuungsleistungen, wenn diese Leistungen durch einen mit dem Verkäufer verbundenen Unternehmer auf dem Grundstück erbracht werden sollen. Daher sind beide Verträge gemäß
2. Ist der Kaufvertrag notariell beurkundet, der Begleitvertrag hingegen nicht, sind im Zweifel beide Verträge nichtig.
3. Auch wenn der Verkäufer bzw. der mit ihm verbundene Unternehmer dieses Vertragsmodell konzipiert hat, kann sich der Verkäufer grundsätzlich auf die Nichtigkeit berufen, wenn der Notar den Kaufvertrag ohne konkreten Hinweis auf das Risiko beurkundet hat.
4. Den Rückgewähranspruch des Verkäufers hat der Käufer nur Zug um Zug gegen Rückgewähr derjenigen Leistungen zu erfüllen, die er sowohl auf den Kaufvertrag als auch auf den Begleitvertrag erbracht hat.
KG, Urt. v. 9.2.2021 – 21 U 126/19
Problem
Die Beklagte schloss im Jahr 2014 einen privatschriftlichen Vertrag mit der T-GmbH, in dem sich Letztere zur Planung und Bauüberwachung bezogen auf die Errichtung einer Wohnung (im Folgenden kurz: Bauleistung) verpflichtete. Anschließend verkaufte der Kläger der Beklagten einen Miteigentumsanteil an dem entsprechenden Grundstück durch notariell beurkundeten Vertrag. Eine Vormerkung wurde im Grundbuch eingetragen. Gesellschafter der T-GmbH sind (wohl) der Kläger und dessen Vater (die genaue Verflechtung ist dem Tatbestand nicht zu entnehmen).
Nachdem Streit über die wechselseitigen Verpflichtungen entstanden war, erklärte der Kläger den Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag. Er nimmt den Beklagten auf Löschung der Vormerkung in Anspruch. Dabei beruft sich der Kläger unter anderem auf die Formnichtigkeit des Grundstückskaufvertrags. Der Beklagte macht widerklagend Schadensersatzansprüche geltend.
Entscheidung
Das Kammergericht bejaht einen Anspruch auf Löschung der Vormerkung (sowohl gem.
Ein Vertrag über Bauleistungen bilde dann eine rechtliche Einheit mit dem Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks, wenn die Vertragsparteien den Willen hätten, beide Verträge in der Weise miteinander zu verknüpfen, dass das Grundstücksgeschäft von dem Bauvertrag abhänge und mit diesem „stehen und fallen“ solle. Hierbei komme es allein auf den Verknüpfungswillen der Parteien des Kaufvertrags an. Ein solcher liege insbesondere dann vor, wenn der Kaufvertrag nach den Vorstellungen der Parteien geschlossen werde, um die Ausführung der Bauleistung zu ermöglichen. Eine Identität der Parteien der beiden Verträge ist gerade nicht erforderlich. Ebenso spiele es keine Rolle, in welcher Reihenfolge die Verträge geschlossen würden.
Für einen Verknüpfungswillen führt das Gericht insbesondere an, dass der Beklagte vorliegend lediglich einen Miteigentumsanteil erworben habe. Mit einem Miteigentumsanteil an einem Grundstück, das bereits auf Betreiben der übrigen Eigentümer und des Verkäufers bebaut werde, lasse sich isoliert kaum etwas anfangen. Der Beklagte habe das Miteigentum nur deshalb erwerben wollen, weil er die in Aussicht genommene Bebauung zusammen mit den übrigen Miteigentümern habe erreichen wollen.
Die Berufung auf die Formnichtigkeit scheitere auch nicht an dem Einwand der Treuwidrigkeit,
Praxishinweis
Die Entscheidung enthält zudem Anhaltspunkte, dass das Gericht hohe Anforderungen an die notarielle Belehrung bezüglich der Beurkundungspflicht eines verbundenen Werkvertrags stellt. Die Belehrung durch den Notar, dass der Werkvertrag zu beurkunden sei, wenn eine Verknüpfungsabsicht der Parteien bestehe, genügt dem Gericht offensichtlich nicht. Der Notar habe vielmehr auch darüber zu belehren, dass bei der Nichtbeurkundung des Werkvertrags auch der beurkundete Grundstückskaufvertrag nichtig sein könne (Rn. 63 der Entscheidung). Es wird also auch eine Belehrung über die Rechtsfolgen gefordert.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:09.02.2021
Aktenzeichen:21 U 126/19
Rechtsgebiete:
Unternehmenskauf
Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Beurkundungserfordernis
BGB § 311b Abs. 1 S. 1