Notarkosten: Unzulässigkeit eines weiteren Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens infolge einfacher Erledigungserklärung
letzte Aktualisierung: 11.1.2024
LG Offenburg, Beschl. v. 22.8.2023 – 4 OH 17/22
Notarkosten: Unzulässigkeit eines weiteren Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach
Abschluss des Beschwerdeverfahrens infolge einfacher Erledigungserklärung
Erteilt ein Notar im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zu einem Antrag auf gerichtliche
Entscheidung gemäß
neue Rechnung, so ist ein nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens infolge einfacher
Erledigungserklärung gegenüber dem Oberlandesgericht beim Landgericht gegen die neue
Rechnung eingereichter, weiterer Antrag nach
neue Rechnung dieselben Einwendungen vorgebracht werden wie gegen die alte.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der gerichtlichen Entscheidung gemäß
Feststellung, dass die Gebührenrechnung des Notars S. mit dem Amtssitz in K. vom 20.08.2022
(Rechnung R 2) unzutreffend sei.
Der Antragsteller und seine seinerzeit getrennt lebende Ehefrau A. H. geb. K. schlossen am
18.12.2020 zu Urkunde des Antragsgegners einen Vertrag über Immobilienauseinandersetzung,
Scheidungsfolgenvereinbarung, gegenseitigen Erb- und Pflichtteilsverzicht sowie Widerruf eines
Testaments.
Ausweislich der Urkunde waren im Beurkundungszeitpunkt die Eheleute H. Miteigentümer zu je
ein Halb des Grundstücks der Gemarkung K., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts A.
von K. Blatt X, Flst.-Nr. Y mit 7,17 ar. Der Verkehrswert der Immobilie beläuft sich auf
400.000,00 €.
Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses war der Antragsteller auch Eigentümer eines Schiffes, das
den Wert eines von ihm innegehabten einzelkaufmännischen Unternehmens darstellt. Der Wert
dieses Schiffes wurde ursprünglich angegeben mit 1.000.000.00 €. Gleichzeitig lasten auf dem
Schiff, durch einen Kontoauszug der Volksbank B. eG im Verfahren 4 OH 8/21 des
Landgerichts Offenburg belegt, Verbindlichkeiten in Höhe von 511.945,85 €.
Bei Vertragsschluss hatte der Antragsteller ein Kind, seine getrennt lebende Ehefrau war
kinderlos.
Beide Ehegatten verfügten jeweils über ein Bausparkapital von 5.600,00 €.
Der Antragsgegner erteilte dem Antragsteller für die Beurkundung ursprünglich unter dem
23.12.2020 eine Rechnung über den Bruttoendbetrag von 10.702,86 € (Rechnung R 1). Dabei
ging der Antragsgegner in dieser Rechnung unter anderem von folgenden, jetzt noch
interessierenden Einzelwerten aus:
- Vereinbarung zum Güterstand: 1.200.000,00 €,
- Erbverzichtsvertrag 400.000,00 €,
- gemeinschaftliches Testament: 120.000,00 €.
Wegen dieser Rechnung stellte der Antragsteller gemäß
Entscheidung beim Landgericht Offenburg. Dieses Verfahren wurde hier unter dem
Aktenzeichen 4 OH 8/21 geführt.
Der Antragsteller war der Auffassung, die Rechnung sei in einigen Positionen überhöht.
Insbesondere griff er die Berechnung des Reinvermögens durch den Antragsgegner an.
Seines Erachtens war bei beiden Ehegatten der Wert des für die Güterstandsberechnung
einbezogenen Immobilienvermögens wegen eines nicht berücksichtigten, aber auch nicht weiter
substantiierten Hypothekendarlehens zu hoch. Auch habe das im Eigentum des Antragstellers
stehende Schiff nicht in die Rechnung einbezogen werden dürfen. Darüber hinaus sei es im
Rahmen der Einbeziehung zu hoch bewertet worden. Bezüglich des Erbverzichts sei der
Antragsgegner von einem zu hohen Wert ausgegangen.
Später, im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe, vertrat der
Antragsteller darüber hinaus die Auffassung, dass die Kosten für den Widerruf des
gemeinschaftlichen Testaments überhöht seien. Auch habe der Antragsgegner unterlassen, über
die Möglichkeit der Rückgabe aus der amtlichen Verwahrung zu belehren, wodurch geringere
Kosten angefallen wären.
Mit Beschluss vom 20.12.2021 wies das Landgericht Offenburg im Verfahren 4 OH 8/21 die
Einwendungen des Antragstellers gegen die Kostenrechnung des Antragsgegners zurück. Die
Entscheidung wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass sich die angegriffene Rechnung vom
23.12.2020 trotz einiger inhaltlicher Unrichtigkeiten als im Ergebnis nicht zugunsten des
Antragstellers korrekturbedürftig erweise. Sowohl die Beauftragung des Antragsgegners als auch
die Beurkundung mehrerer verschiedener Rechtsverhältnisse, die separat abzurechnen seien, sei
unstreitig. Zwar seien einzelne Rechnungspositionen zu korrigieren; da sich nach der Korrektur
jedoch ein höherer Bruttoendbetrag (nämlich 11.630,86 €) als in der ursprünglichen Rechnung
des Antragsgegners ausgewiesen ergebe, sei die Rechnung nicht abzuändern. Dabei ging das
Gericht von folgenden Einzelwerten aus:
- Güterstand: 899.254,00 €,
- Erbverzicht: 346.827,00 €,
- Widerruf Testament: 899.254,00 €.
Dies ergab im Rahmen der Zusammenfassung gemäß § 35 GNotKG unter Einschluss des
Wertes für die Immobilienauseinandersetzung von 200.000,00 € den Betrag von 2.345.335,00 €,
wobei dieser Wert auch der abgerechneten Betreuungsgebühr zugrunde gelegt worden war.
Soweit der Antragsteller darüber hinaus moniert hatte, der Antragsgegner habe den Vertrag
doch nur „protokolliert“, wobei erhebliche Vorarbeiten durch die beteiligten Rechtsanwälte
erfolgt seien, wies das Gericht in seinem Beschluss darauf hin, dass einerseits keine
Protokollierung, sondern eine gesetzlich erforderliche Beurkundung durch den Antragsgegner
vorgenommen worden war, und es andererseits im Rahmen der Kostenberechnung nicht darauf
ankomme, wer welche Vorarbeiten gemacht habe, da nach dem Gesetz nach Wertgebühren und
nicht nach Aufwand abgerechnet werde.
Wegen der Gründe im Einzelnen wird auf den Beschluss des Landgerichts Offenburg im
Verfahren 4 O 8/21 vom 20.12.2021 Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller Beschwerde ein, der das Landgericht nicht
abhalf, sondern den Vorgang dem Oberlandesgericht Karlsruhe zur Entscheidung vorlegte
(Beschluss vom 23.02.2022).
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens stornierte der Antragsgegner seine ursprüngliche
Rechnung R 1 und erteilte unter dem 20.06.2022 die nunmehr angegriffene neue Rechnung R 2,
die dem Antragsteller am 07.07.2022 zugestellt wurde. In dieser Rechnung übernahm der
Antragsgegner die Kostenberechnung des Landgerichts Offenburg aus dem Beschluss vom
20.12.2021 (abgesehen von nicht relevanten Abweichungen im Centbereich). So kam der
Antragsgegner, wie das Landgericht Offenburg, zu einem Bruttoendbetrag von 11.630,86 €.
Nach Mitteilung der Stornierung der alten und Erteilung der neuen Rechnung erteilte der
stellvertretende Vorsitzende des Senats des Oberlandesgerichts Karlsruhe unter dem 21.06.2022
(Oberlandesgericht Karlsruhe – 14 W 27/22 (Wx) – Aktenseite 13) den Hinweis, dass sich durch
die Neuberechnung die Einwendungen des Antragstellers und Beschwerdeführers gegen die
Rechnung vom 23.12.2020 überholt hätten. Dem Antragsteller wurde Gelegenheit zur
Stellungnahme zu diesem Hinweis eingeräumt und gleichzeitig im Rahmen der Verfügung des
Oberlandesgerichts angefragt, ob die Beschwerde kostengünstig zurückgenommen werde.
Auf die Hinweisverfügung des Oberlandesgerichts erklärte der Verfahrensbevollmächtigte des
Antragstellers mit Schriftsatz vom 15.07.2022 (Aktenseite 15 der Akte des Oberlandesgerichts),
dass er unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die genannte Verfügung die Hauptsache für
erledigt erkläre.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied in einem Beschluss vom 03.08.2022 (Aktenseite 16
der Akte des Oberlandesgerichts) abschließend über die Kosten des Verfahrens dahingehend,
dass von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren abgesehen werde und
außergerichtliche Kosten nicht erstattet würden.
Daraufhin machte der Antragsteller, vertreten durch seinen Verfahrensbevollmächtigten, mit
Schriftsatz vom 09.08.2022, am 10.08.2022 beim Landgericht Offenburg eingegangen, den
nunmehrigen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die neue Kostenrechnung des
Antragsgegners vom 20.06.2022 anhängig.
Der Antragsteller ist der Auffassung, das vorliegende Verfahren sei zulässig, insbesondere
stünde diesem nicht die Rechtskraft des Beschlusses vom 20.12.2021 im Verfahren des
Landgerichts Offenburg 4 OH 8/21 entgegen.
In der Sache ist der Antragsteller nach wie vor der Auffassung, das Reinvermögen der
vormaligen Eheleute H. sei vom Antragsgegner falsch berechnet worden. Statt eines
Reinvermögens der vormaligen Eheleute von 899.254,20 € gemäß der Rechnung des
Antragsgegners sei nur von einem Reinvermögen von 359.254,15 € auszugehen.
Dies ergebe sich, bezogen auf die Kosten der güterrechtlichen Vereinbarung daraus, dass der
Wert des Schiffes des Antragstellers zu hoch angesetzt sei. Hier könne lediglich von einem Wert
von 700.000,00 € ausgegangen werden, auf das die im Verfahren 4 OH 8 / 21 belegten Schulden
von 511.945,85 € zu verrechnen seien. Auch sei auf die jeweiligen Miteigentumsanteile des
Grundstücks in Kehl unter Berücksichtigung von bei Übergabe vorhandener Schulden pro Kopf
von 120.000,00 € dem Reinvermögen nur der Betrag von 80.000,00 € hinzuzurechnen, sowie das
Bausparkapital von 5.600,00 €.
Bei der Ehefrau sei für das Reinvermögen ebenfalls nur der um die Schulden bereinigte Wert
des hälftigen Grundeigentums von 80.000,00 € zuzüglich des Bausparkapitals von 5.600,00 €
zugrunde zu legen.
So komme man auf ein gesamtes Reinvermögen beider Eheleute von 359.254,15 €, das der
Rechnung zugrunde zu legen sei.
Kosten für den Erbverzichtsvertrag seien nach Auffassung des Antragstellers gar nicht in Ansatz
zu bringen. Gleiches gelte für die Kosten des Widerrufs des gemeinschaftlichen Testaments, da
nach Auffassung des Antragstellers insoweit ein Beratungsfehler des Antragsgegners vorgelegen
habe. Dieser hätte auf die Möglichkeit des
Kosten hätten eingespart werden können.
Darüber hinaus sei die Urkunde nicht vom Antragsgegner entworfen worden. Diese beruhe
vielmehr auf Informationen der Bevollmächtigten der Ehefrau des Antragstellers.
Weitergehende Einwendungen des Antragstellers aus dem Verfahren 4 OH 8/21 wurden im
vorliegenden Verfahren nicht weiter verfolgt.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, das vorliegende Verfahren sei unzulässig, da durch den
das Verfahren 4 OH 8/21 abschließenden Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom
03.08.2022 der Inhalt der Entscheidung des Landgerichts Offenburg vom 20.12.2021 im
Verfahren 4 OH 8/21 in sachlicher Rechtskraft erwachsen sei und damit Einwendungen gegen
die Notarkostenrechnung nicht mehr im Rahmen eines neuen Verfahrens geltend gemacht
werden könnten. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller keine
neuen Einwendungen erhebe, sondern vielmehr die bereits im Ausgangsverfahren geltend
gemachten im Wesentlichen unter weiterer Substantiierung wiederhole.
Darüber hinaus sei die angegriffene Rechnung auch in der Sache berechtigt. Das Reinvermögen
sei durch den Antragsgegner im Rahmen der möglichen Erkenntnisquellen zutreffend
berechnet, insbesondere der Wert des Schiffes des Antragstellers habe dieser bei anderer
Gelegenheit selbst mit 1.000.000,00 € angegeben. Gleichwohl erscheine auch der im Rahmen
der Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts Offenburg errechnete Betrag von
810.000,00 € als plausibel.
Im Übrigen verkenne der Antragsteller nach Auffassung des Antragsgegners die Vorgaben des
Hinsichtlich der von Antragstellerseite bestrittenen Kosten für den Erbverzicht sei der
Antragsgegner zu der entsprechenden Beurkundung ausdrücklich durch die
Verfahrensbevollmächtigte der Ehefrau des Antragstellers, Rechtsanwältin E., beauftragt
worden.
Auch im Hinblick auf den zu beurkundenden Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments sei
die Beurkundung mit Zustimmung der anwesenden Rechtsanwältin E. erfolgt. Die Variante
einer Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung sei nicht in Betracht gekommen, da die hierfür
erforderliche gemeinsame und persönliche Anwesenheit der Eheleute bei der Verwahrstelle
ausgeschlossen erschien. Die Urkundsbeteiligten hätten hierzu eine geringe Bereitschaft gezeigt,
sodass dies nicht der sichere Weg für einen Widerruf gewesen sei. Somit läge nach Auffassung
des Antragsgegners auch keine falsche Sachbehandlung vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schreiben und Schriftsätze
der Beteiligten nebst Anlagen, die Nebenakten des Notars und das informatorisch beigezogene
Verfahren des Landgerichts Offenburg – 4 OH 8/21 – Bezug genommen, dort insbesondere auf
den Beschluss vom 20.12.2021 sowie auf die bei dieser Verfahrensakte befindliche
Verfahrensakte des Oberlandesgerichts Karlsruhe – 14 W 27/22 (Wx) -.
Das Gericht hat gemäß
Landgerichts Offenburg eingeholt. Dieser hat die Stellungnahmen am 14.12.2022 und am
12.06.2023 abgegeben. Auf die genannten Stellungnahmen wird Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß
Einwand der Rechtskraft des Beschlusses des Landgerichts Offenburg vom 20.12.2021 im
dortigen Verfahren 4 OH 8/21 entgegen.
Eine gerichtliche Entscheidung gemäß
Gerichtsbarkeit kann in materieller Rechtskraft erwachsen. Dabei bedeutet materielle
Rechtskraft, dass die in einer formell rechtskräftigen Entscheidung entschiedene Frage von den
an die Rechtskraft gebundenen Personen nicht einer neuerlichen richterlichen Nachprüfung
unterbreitet werden darf (Jokisch in: Sternal, FamFG, 21. Aufl., 2023, Rn. 24 zu § 45). Zwar ist
im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - anders als im ZPO-Verfahren - die materielle
Rechtskraft gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt; dennoch ist anerkannt, dass bei im Einzelnen
umstrittener Handhabung in privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Streitsachen der
freiwilligen Gerichtsbarkeit dann materielle Rechtskraft eintreten kann, wenn dies durch eine
Rechtsvorschrift angeordnet wird oder wenn die Entscheidung für und gegen alle wirkt.
Gleiches gilt, wenn eine Entscheidung auch in einem künftigen Verfahren nicht mehr
abgeändert werden darf (vgl. Jokisch in: Sternal, aaO., Rnrn. 26 und 27 zu § 45). In diesem Sinn
als ausdrücklich der materiellen Rechtskraft zugängliche Entscheidungen werden dabei
diejenigen nach den
Dabei erstreckt sich im Verfahren nach
Entscheidung ausspricht, unter Berücksichtigung des Umstandes, dass alle bis zum Erlass der
landgerichtlichen Entscheidung objektiv gegebenen Einwendungen geltend zu machen sind,
gleichviel, ob sie dem Antragsteller seinerzeit bekannt waren oder nicht, wenn es sich um
Einwendungen gegen Grund oder Höhe der Kosten handelt (vgl. Sikora in: Korintenberg,
GNotKG, 22. Aufl. 2022, Rn. 59 zu § 127).
In diesem Sinne ist der Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 20.12.2021 in materieller
Rechtskraft erwachsen. Zwar wurde gegen diesen Beschluss form- und fristgerecht Beschwerde
zum Oberlandesgericht eingelegt. Das dortige Verfahren endete aber aufgrund der
Erledigungserklärung der Antragstellerseite vom 15.07.2022 mit dem seinerseits nicht mehr
rechtsmittelfähigen Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 03.08.2022. Da der
Beschluss des Oberlandesgerichts keine Sachentscheidung enthielt, wohl aber das Verfahren
abschloss, wurde der sachliche Inhalt des landgerichtlichen Beschlusses vom 20.12.2021
rechtskräftig.
Dies folgt nicht zuletzt auch daraus, dass in einem Antragsverfahren der freiwilligen
Gerichtsbarkeit das Verfahren endet, wenn der Antragsteller Erledigung erklärt (vgl. Sternal in:
Sternal, aaO, Rn. 29 zu § 22). Grundsätzlich wird in einem solchen Fall bei Verfahren der
freiwilligen Gerichtsbarkeit nach Einlegung eines an sich zulässigen Rechtsmittels die
Beschwerde unzulässig (vgl. Sternal in: Sternal, aaO, Rn. 35 zu § 22).
Durch den Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses vom 20.12.2021 war es der Antragstellerseite
auch verwehrt, die neue Kostenrechnung des Antragsgegners vom 20.06.2022 im Wege eines
neuen landgerichtlichen Verfahrens gemäß
unterziehen.
Es ist allgemein anerkannt, dass ein Notar berechtigt ist, jederzeit bis zu einer Entscheidung des
Oberlandesgerichts als letzter Tatsacheninstanz, auch während eines schwebenden gerichtlichen
Verfahrens nach
Kostenrechnung zu ersetzen. Dabei kann im Rahmen der Änderung die Berechnung formal
abgeändert werden, sie kann aber auch der Höhe nach zu einer Ermäßigung und sogar zu einer
Erhöhung führen (vgl. Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl. 2021, Rn. 67 zu
§ 127; allgemeine Meinung in der Rechtsprechung, vgl. statt aller: KG, Beschluss vom
01.06.2022 – 9 W 1/22 – juris, Rn. 7; OLG Hamm, Beschluss vom 09.09.1980 – 15 W 226/79 –
juris, Rn. 35; OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.08.2018 – 20 W 189/17 – juris, Rn. 15).
Dabei stellt sich allenfalls die Frage, wie mit einer solchen Änderung der Kostenberechnung
durch den Notar im Rahmen des streitigen Verfahrens prozessual umzugehen ist. Dies ist im
Einzelnen streitig und hängt von der Beurteilung ab, was in einem solchen Fall als
Verfahrensgegenstand anzusehen ist.
Die wohl deutlich überwiegende Meinung in der Rechtsprechung geht dahin, als
Verfahrensgegenstand im Rahmen gerichtlicher Verfahren in Notarkostensachen auf den vom
Notar vorgetragenen Sachverhalt, nämlich die konkreten, gebührenauslösenden Einzelakte der
Notartätigkeit in Verbindung mit dem vom Notar daraus hergeleiteten Zahlungsanspruch
abzustellen und nicht auf die jeweilige Kostenrechnung als solche (vgl. KG, Beschluss vom
01.06.2022 – 9 W 1/22 – juris, Rn. 7; OLG Hamm, Beschluss vom 09.09.1980 – 15 W 226/79 –
juris, Rn. 37; OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.12.2012 – 20 W 270/12 – juris, Rn. 8; so wohl
auch Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 11.12.1995 – 8 Wx 155/95 – juris, Rn. 7). Diese
Betrachtung hat zur Folge, dass durch die Neuberechnung der Kosten die ursprüngliche
Kostenberechnung nicht mehr existiert und in der Konsequenz damit auch vor Gericht nicht
mehr angegriffen werden und auch nicht mehr Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung
sein kann. Vielmehr wird mit der Berichtigung der Kostenberechnung automatisch die neue
Fassung der Kostenberechnung Grundlage des Verfahrens. Damit tritt nach dieser Auffassung
nicht etwa per se Erledigung des Verfahrens ein, sondern das anhängige Verfahren ist
fortzuführen, soweit auch gegen die Kostenberechnung in der berichtigten Fassung weiterhin
Einwendungen erhoben werden (vgl. KG, Beschluss vom 01.06.2022 – 9 W 1/22 – juris, Rn. 8;
OLG Hamm, Beschluss vom 09.09.1980 – 15 W 226/79 – juris, Rnrn. 38, 41; OLG Frankfurt,
Beschluss vom 06.12.2012 – 20 W 270/12 – juris, Rn. 8).
Die Gegenauffassung stellt darauf ab, dass durch die geänderte Kostenberechnung die
ursprüngliche Kostenberechnung nicht mehr verfahrensgegenständlich sei. Durch diese
Änderung des Verfahrensgegenstandes bestehe an der weiteren Überprüfung der ursprünglichen
Kostenberechnung kein Rechtsschutzinteresse mehr. Das Verfahren sei insoweit erledigt und
wegen der geänderten Kostenberechnung sei im Rahmen des laufenden Verfahrens auf Antrag
der Antragstellerseite hin mit einem neuen Aktenzeichen über die geänderte Kostenberechnung
im gerichtlichen Verfahren zu entscheiden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.08.2018 – 20
W 189/17 – juris, Rnrn. 16 - 18; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.03.2018 – 20 W 54/18 –
juris, Rdnr. 15 - 17; so entgegen der älteren Rechtsprechung des OLG Frankfurt wie im
Beschluss vom 06.12.2012 - 20 W 270/12 - juris, Rn. 8). Voraussetzung einer derartigen
Vorgehensweise ist jedoch, dass sowohl die Erledigungserklärung als auch der neue Antrag auf
Überprüfung der abgeänderten Kostenberechnung im Rahmen des noch laufenden Verfahrens
erfolgen.
Demgegenüber ist allgemein anerkannt, dass nach Abschluss des ursprünglichen, gegen die erste
Kostenberechnung gerichteten Verfahrens wegen der sachlichen Rechtskraftwirkung einer
rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung im Notarkostenverfahren keine Möglichkeit mehr
besteht, den Gebührenanspruch des Notars in einem zweiten Verfahren wiederholt einer
gerichtlichen Entscheidung zu unterziehen. Insoweit ist ein neuerlicher Antrag des
Kostenschuldners allenfalls zulässig, soweit es um Aspekte geht, die von der sachlichen
Rechtskraftwirkung nicht ausgeschlossen sind, insbesondere Einwendungen, die sich originär
aus der zweiten Kostenberechnung ergeben bzw. deren Gründe erst nach Rechtskraft der
gerichtlichen Entscheidung entstanden sind (einhellige Auffassung, unabhängig von der zur
Frage des Verfahrensgegenstandes vertretenen Auffassung; vgl. OLG Hamm, Beschluss vom
17.08.2012 – 15 W 383/11 – juris, Rn. 12; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.04.2018 – 20 W
79/18 – juris, Rn. 9; so auch Sikora in: Korintenberg, aaO., Rn. 59 zu § 127).
Im vorliegenden Verfahren kann dahinstehen, welcher Auffassung sich die Kammer zur Frage
des Verfahrensgegenstandes anschließt, da der hiesige Antrag vom 09.08.2022 jedenfalls nach
Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Verfahren des Landgerichts Offenburg 4 OH 8/21
gestellt wurde.
Wie bereits ausgeführt, trat im Verfahren des Landgerichts Offenburg 4 OH 8/21 mit dem nicht
weiter rechtsmittelfähigen Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 03.08.2022 die
Rechtskraft der Entscheidung vom 20.12.2021 ein. Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht
hat die Antragstellerseite lediglich die Hauptsache in Bezug auf die ursprüngliche
Kostenberechnung des Antragsgegners für erledigt erklärt, jedoch im Hinblick auf die neue
Kostenrechnung vom 20.06.2022 keinerlei prozessuale Erklärung abgegeben oder einen
Sachantrag gestellt. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um die Einwendungen gegen die erste
Kostenberechnung, die weiterverfolgt werden sollten, in der Sache überprüfen zu lassen. Bei
einem entsprechenden Antrag der Antragstellerseite hätte dann noch im Rahmen des laufenden
Beschwerdeverfahrens entweder das Oberlandesgericht Karlsruhe in der Sache selbst
entscheiden oder wegen der geänderten Sachlage den Beschluss des Landgerichts vom
20.12.2021 aufheben und zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverweisen
können (so wie z.B. das OLG Frankfurt in der zitierten Entscheidung vom 17.08.2018 - 20 W
189/17 -).
Dies hat die Antragstellerseite jedoch nicht gemacht. Statt einer Antragsumstellung oder
überhaupt einer Antragstellung beim Oberlandesgericht vor dortiger Verfahrensbeendigung hat
die Antragstellerseite erst nach Zugang des Beschlusses des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom
03.08.2022, mithin nach Eintritt der Rechtskraft der Ausgangsentscheidung der Kammer, einen
neuen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß
Landgericht Offenburg eingereicht, der infolge der eingetretenen Rechtskraft der Entscheidung
vom 20.12.2021 unzulässig ist.
Eine Zulässigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt, dass Einwendungen erhoben
werden, die nicht von der Rechtskraft abgedeckt sind, z.B. solche, die originär gegen die
Kostenrechnung vom 20.06.2022 erhoben würden oder solche, die noch nicht Gegenstand des
Verfahrens 4 OH 8/21 waren.
Sämtliche im vorliegenden Verfahren von Antragstellerseite vorgebrachten Einwendungen
waren bereits Gegenstand des Verfahrens 4 OH 8/21 oder spätestens des
Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe, auf das sich die
Rechtskraftwirkung des Beschlusses vom 20.12.2021 erstreckt.
Dies gilt insbesondere, soweit im vorliegenden Verfahren die Antragstellerseite die Ermittlung
des Reinvermögens der Urkundsbeteiligten rügt. Diesbezüglich beziehen sich die Einwendungen
der Antragstellerseite auf die Bewertung der ursprünglich im Miteigentum des Antragstellers und
seiner Ehefrau stehenden Immobilie in Kehl und auf das im Alleineigentum des Antragstellers
stehende Schiff.
Die Frage der Bewertung der Immobilie und der Berücksichtigung eventueller, bei Beurkundung
valutierender Grundpfandrechte waren Gegenstand des Ausgangsverfahrens 4 OH 8/21.
Insoweit hat sich die Kammer zum Wert der Immobilie auf Seite 5 und 6 des Beschlusses vom
20.12.2021 verhalten. Soweit die Antragstellerseite in Bezug auf die Immobilie im
Ausgangsverfahren wegen valutierender Belastungen unklar bzw. unsubstantiiert vorgetragen
hatte, hat sie im vorliegenden Verfahren ihren Vortrag lediglich präzisiert. Erstmals wurde von
Antragstellerseite das Schreiben der Bausparkasse S. vom 19.02.2021 vorgelegt, aus dem sich
dem Grunde nach eine Ablösung eines bestehenden Vorausdarlehens ergibt (vgl. Anlagenband
Antragsteller, Aktenseite 9). Auch die Höhe der Valutierung bei Beurkundung von 190.840,12 €
ergibt sich erstmals aus der von Antragsgegnerseite vollständig vorgelegten Nebenakte
(Anlagenband Antragsgegner, Aktenseite 179).
Soweit die Antragstellerseite gegenüber dem Ausgangsverfahren ergänzend vorträgt, steht dies
der Rechtskraftwirkung nicht entgegen, da es sich um Vortrag handelt, der dem Antragsteller
bereits zu Zeiten des Ausgangsverfahrens bekannt war und der dort hätte vorgetragen werden
können (vgl. Sikora in: Korintenberg, aaO., Nr. 59 zu § 127).
Gleiches gilt für die Bewertung des Schiffes des Antragstellers. Auch dieses Schiff und seine
Bewertung waren Gegenstand der Entscheidung der Kammer vom 20.12.2021 (vgl. dort Seite 6
und 7 des Beschlusses). Insoweit hat die Antragstellerseite im vorliegenden Verfahren durch
Vorlage von Unterlagen, aus denen sich Alter und Kaufpreis des Schiffes als Grundlagen für
eine Wertbemessung ergeben (vgl. Anlagenband Antragsteller, Aktenseite 10 ff.) ebenfalls
erstmals substantiiert und unter Vorlage von Belegen vorgetragen. Zwar ergibt sich hieraus
nichts, was unmittelbar auf den von Antragstellerseite zugrunde gelegten Wert von 700.000,00 €
bei Beurkundung schließen lässt; hierauf kommt es aber aus den Gründen, die bereits oben zur
Bewertung der Immobilie ausgeführt wurden, nicht an. Auch insoweit wäre es der
Antragstellerseite möglich gewesen, bereits im Ausgangsverfahren entsprechend vorzutragen
und die nunmehr eingereichten Unterlagen seinerzeit bereits vorzulegen.
Aus diesen Gründen steht dem ergänzten Vortrag zum Reinvermögen der Einwand der
Rechtskraft der Entscheidung vom 20.12.2021 entgegen. Somit kommt es auf eine
Neuberechnung des Reinvermögens der Urkundsbeteiligten nicht an. Nur am Rande sei
erwähnt, dass auch im Rahmen des ergänzten Vortrags im vorliegenden Verfahren die
Antragstellerseite für die Berechnung des Reinvermögens die Grund-sätze des
insbesondere diejenigen über die begrenzte Abzugsfähigkeit von Verbindlichkeiten gemäß § 100
Abs. 1 Satz 3 GNotKG entgegen den Ausführungen und Hinweisen auf Seite 6 des Beschlusses
vom 20.12.2021 verkannt und daher unzutreffend angewandt hat.
Auch soweit die Antragstellerseite im vorliegenden Verfahren die für den Erbverzicht vom
Antragsgegner in Ansatz gebrachten Kosten negiert, war diese Kostenposition bereits
Gegenstand des Verfahrens 4 OH 8/21. Auf Seite 7 des Beschlusses vom 20.12.2021 wird
Bezug genommen.
Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, wie die Antragstellerseite dazu kommt, dass der
Erbverzicht kostenrechtlich nicht zu berücksichtigen sei. Der Verzicht wurde von der
Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau des Antragstellers in dem von beiden Seiten
vorgelegten Schriftsatz vom 26.11.2020 ausdrücklich beauftragt. Der Beauftragung hat die
Antragstellerseite zu keinem Zeitpunkt widersprochen. Die Tatsache, dass nach den
Ausführungen der Kammer im Beschluss vom 20.12.2021 der mitbeurkundete
Pflichtteilsverzicht neben dem Erbverzicht keine eigenständige beurkundungsrechtliche und
damit auch keine eigenständige gebührenrechtliche Wirkung hat, bedeutet entgegen der
augenscheinlichen Auffassung der Antragstellerseite nicht, dass der Erbverzicht als solcher
gebührenrechtlich irrelevant ist.
Auch die Gebühren für die Beurkundung des Widerrufs des gemeinschaftlichen Testaments der
vormaligen Eheleute H. waren spätestens im Beschwerdeverfahren (vgl. Schriftsatz der
Antragstellerseite vom 01.04.2022, Aktenseite 5 der Verfahrensakten des Oberlandesgerichts)
Gegenstand des Ausgangsverfahrens. Sowohl dort als auch im vorliegenden Verfahren wurde
der identische Einwand einer falschen Sachbehandlung wegen angeblicher Unterlassung eines
Hinweises auf
Ungeachtet der Tatsache, dass das Vorbringen der Antragsgegnerseite dafür spricht, dass ein
Hinweis auf ein derartiges Vorgehen nicht sachgerecht gewesen wäre, kommt es hierauf auch
nicht an, da der Antragstellerseite der Einwand wegen des identischen Vorbringens in der
Beschwerdeinstanz des Ausgangsverfahrens und im vorliegenden Verfahren aufgrund der
eingetretenen materiellen Rechtskraft abgeschnitten ist.
Soweit die Antragstellerseite erneut einwendet, der Antragsgegner habe den
streitgegenständlichen Vertrag lediglich „protokolliert“ und nicht selbst verfasst, sondern auf
Vorentwürfe bzw. übermittelte Eckdaten der Rechtsanwältin E. zurückgegriffen, war dieser
Vortrag ebenfalls bereits Gegenstand des Ausgangsverfahrens. Auch dort wurde die
Antragstellerseite im Beschluss vom 20.12.2021 darauf hingewiesen, dass es einerseits keinerlei
Anhaltspunkte für Vertragsentwürfe von dritter Seite gibt, dass es andererseits hierauf aber auch
nicht ankommt, da es sich um einen beurkundungspflichtigen Vorgang handelt, bei dem die
Gebühren nach dem Gesetz als Wertgebühren und nicht als Aufwandsgebühren erhoben
werden (vgl. Seite 11 des Beschlusses vom 20.12.2021).
Soweit sich die Antragstellerseite gegen das Ergebnis der Zusammenfassung gemäß § 35
GNotKG und gegen die Höhe der geltend gemachten Betreuungsgebühr wandte, handelt es
sich um Folgeprobleme der von Antragstellerseite fehlerhaft vorgenommenen Berechnung des
Reinvermögens der Urkundsbeteiligten. In der Sache selbst wurde gegen die Betreuungsgebühr
nichts mehr eingewandt.
Die weiteren Positionen der Gebührenrechnung des Antragsgegners vom 20.06.2022 waren
nicht im Streit, sodass sich die Kammer insoweit auch nicht verhalten musste.
Eine andere Bewertung als der Ausspruch der Unzulässigkeit des vorliegenden Antrags ergibt
sich auch nicht, wollte man in dem Hinweis des stellvertretenden Vorsitzenden des
Beschwerdesenats vom 21.06.2022 einen unvollständigen oder gar fehlerhaften Hinweis
erblicken. Zwar hat das Oberlandesgericht in dem Hinweis lediglich Bezug genommen auf die
Überholung der Einwendungen der Antragstellerseite gegen die Rechnung vom 23.12.2020
durch die neue Rechnung vom 20.06.2022 und wegen dieser Überholung angefragt, ob die
Beschwerde zurückgenommen werde. In der Folge hat der Antragstellervertreter mit Schriftsatz
vom 15.07.2022 die Hauptsache für erledigt erklärt.
Auch wenn man der Auffassung wäre, das Oberlandesgericht hätte – je nach Standpunkt zur
Frage des Verfahrensgegenstandes – entweder auf eine Umstellung des Antrags oder auf eine
Erledigungserklärung in Kombination mit einem neuen Antrag vor Eintritt der Rechtskraft
hinweisen müssen, so wirkt sich ein derartiger unvollständiger oder möglicherweise fehlerhafter
Hinweis prozessual nicht zugunsten der Antragstellerseite aus.
Der Antragstellervertreter ist als Rechtsanwalt gemäß
Rechtspflege. Als solcher hat er gemäß
nach dem Deutschen Richtergesetz und ist somit formal genauso fachlich qualifiziert und
rechtskundig wie ein Richter.
Aufgrund dieser Tatsache ist ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet, einem gerichtlichen Hinweis
blind zu folgen (was der Antragstellervertreter auch nicht getan hat, da er die Beschwerde nicht
zurückgenommen, sondern die Hauptsache für erledigt erklärt hat), sondern es obliegt ihm im
Rahmen seiner beruflichen Fürsorgepflicht, jeden gerichtlichen Hinweis auf seine inhaltliche und
sachliche Berechtigung zu prüfen und im Rahmen des Ergebnisses der Prüfung sachgerecht zu
reagieren. Somit bleibt es aufgrund der Verhandlungsmaxime den Parteien überlassen, ob sie
einem richterlichen Hinweis folgen oder nicht bzw. ob und inwieweit sie gerichtliche Fragen
beantworten und ob und inwieweit sie richterlichen Hinweisen folgen (vgl. Seiler, in:
Thomas/Putzo, ZPO, 44. Aufl. 2023, Rn. 10 zu § 139; Zöller-Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022,
Rnrn. 3, 3 a zu § 139; Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, Rn. 1 zu § 139). Somit ist
es gerade im Anwaltsprozess bzw. bei anwaltschaftlicher Vertretung in einem Rechtsstreit
zunächst Sache der Partei auf Hinweise des Gerichts in eigener Verantwortung zu reagieren (vgl.
BGH, Urteil vom 10.02.1998 – XI ZR 72/97 – juris, Rn. 11).
Nach alledem war es am Antragstellervertreter, auf den Hinweis des Oberlandesgerichts zu
prüfen, ob und gegebenenfalls wie dem Hinweis zu folgen ist bzw. die im vorliegenden
Beschluss ausführlich dargelegte Rechtsprechung zu prüfen, hieraus einen sachdienlichen Antrag
an das Oberlandesgericht zu formulieren oder zumindest unter Hinweis auf die Rechtsprechung
Rücksprache mit dem zuständigen Senat zu nehmen. Dies alles hat der Antragstellervertreter
nicht getan, weswegen er sich nicht auf eine mögliche Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit
des Hinweises des Oberlandesgerichts berufen kann.
Im Ergebnis bleibt es somit dabei, dass der vorliegende Antrag wegen Kollision mit der
rechtskräftigen Entscheidung der Kammer vom 20.12.2021 als unzulässig zu verwerfen war.
Die Gerichtsgebührenfreiheit ergibt sich aus dem Fehlen eines Gebührentatbestandes im
Gebührenverzeichnis zum GNotKG (vgl. Bormann/Diehn/Sommerfeldt, aaO., Rn. 74 zu
§ 127). Die Entscheidung über die Tragung der gerichtlichen Auslagen beruht auf § 22 Abs. 1
GNotKG (vgl. Bormann/Diehn/Sommerfeldt, aaO, Rn. 74 zu § 127).
Entscheidung, Urteil
Gericht:LG Offenburg
Erscheinungsdatum:22.08.2023
Aktenzeichen:4 OH 17/22
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
Testamentsform
GNotKG § 127