Treuhandvertrag über GmbH-Geschäftsanteil und Formzwang
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 819
letzte Aktualisierung: 14.06.1999
Beurkundung des Gesellschaftsvertrages geschlossen wird, unterliegt nicht dem Formzwang
des
b) Verpflichtet sich ein Gesellschafter, seinen Geschäftsanteil künftig für einen Treugeber zu
halten, bedarf diese Vereinbarung der notariellen Beurkundung (Ergänzung zu BGHZ 35,
272, 277). Ebenso ist die Treuhandabrede beurkundungsbedürftig, die der Gesellschafter
nach Gründung, aber vor Eintragung der GmbH hinsichtlich des künftig entstehenden
Geschäftsanteils schließt.
a) Ein Treuhandvertrag hinsichtlich eines GmbH-Geschäftsanteils, der vor der Beurkundung
des Gesellschaftsvertrages geschlossen wird, unterliegt nicht dem Formzwang des § 15 Abs. 4
GmbHG.
b) Verpflichtet sich ein Gesellschafter, seinen Geschäftsanteil künftig für einen Treugeber zu
halten, bedarf diese Vereinbarung der notariellen Beurkundung (Ergänzung zu BGHZ 35,
272, 277). Ebenso ist die Treuhandabrede beurkundungsbedürftig, die der Gesellschafter
nach Gründung, aber vor Eintragung der GmbH hinsichtlich des künftig entstehenden
Geschäftsanteils schließt.
Tatbestand:
Am 3. April 1992 gründeten der Beklagte und die Kaufhaus J. GmbH & Co. KG in notarieller Form
die mit einem Stammkapital von 1.050.000,-- DM ausgestattete "J. und L. Kaufhaus GmbH"
(imfolgenden J.L. GmbH). Von den insgesamt sieben Stammeinlagen übernahm der Beklagte drei
und zwar zwei i.H.v. 205.000,--DM und eine über 115.000,-- DM. Die Hälfte der Einlageschuld
war sofort bar zu erbringen. Der Beklagte und seine Ehefraunahmen zur Finanzierung dieser
Zahlungsverpflichtung bei dem Bankhaus P. einen bis Ende September 1992 befristeten Kreditüber
262.500,-- DM auf. Bei diesem Kreditinstitut ist der Kläger als Vorstandsmitglied tätig. Er schloß
mit dem Beklagtenunter dem 14. April 1992 einen schriftlichen Treuhandvertrag, der u.a. folgende
Bestimmungen enthält:
"Vorbemerkung
Der Treuhänder hat an der J. und L. Kaufhaus GmbH ... u.a. eine Stammeinlage in Höhe von DM
115.000,-- übernommen.Nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister wird er einen
Geschäftsanteil in Höhe von DM 115.000,-- halten. DerTreuhänder wird diesen Geschäftsanteil ...
treuhänderisch für den Treugeber erwerben. Bezüglich der Beteiligung gilt folgender
Treuhandvertrag
...
§ 2 Pflichten des Treuhänders
1. Der Treuhänder ist verpflichtet, alles, was er aufgrund der Beteiligung erlangt, an den Treugeber
herauszugeben, sofern er es nicht einvernehmlich für den Treugeber verwaltet.
...
3. Der Treuhänder ist verpflichtet, dem Treugeber auf Anforderung jede Auskunft zu erteilen, die
der Treuhänder als Gesellschafter von der GmbH verlangen kann. Der Treuhänder wird dem
Treugeber unverzüglich die monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen der K. AG für die
J. und L. Kaufhaus GmbH sowie den Investitions- und Finanzplan der Gesellschaft zukommen
lassen.
§ 3 Pflichten des Treugebers
1. Der Treugeber stellt dem Treuhänder die zur Leistung der Einlage erforderlichen Mittel zur
Verfügung.
...
§ 6 Dauer des Treuhandverhältnisses
...
4. Der Treuhänder bzw. seine Erben haben nach Beendigung des Treuhandverhältnisses die
Beteiligung auf den Treugeber ... zu übertragen."
Der Kläger stellte dem Beklagten und seiner Ehefrau Anfang Mai 1992 darlehensweise je 205.000,- DM zur Verfügung, die diese dazu verwandten, den bei dem Bankhaus P. aufgenommenen Kredit
vorzeitig abzulösen; außerdem überwies er dem Beklagten zur selben Zeit einen Betrag von
115.000,-- DM.
Der Gesellschaftsvertrag der J.L. GmbH, welche am 28. April 1992 in das Handelsregister
eingetragen worden war, wurdeAnfang Dezember 1992 u.a. dahingehend geändert, daß
Gesellschaftszweck nunmehr die mehrheitliche Beteiligung an der "K.J.L. GmbH" sein sollte,
welche unter der Geschäftsführung des Beklagten eine Reihe von Kaufhäusern in MecklenburgVorpommern betreibt und dabei im Jahr 1994einen Umsatz von 43,7 Mio. DM erwirtschaftet hat.
Kläger von dem Beklagten -gestützt auf den Treuhandvertrag - gefordert hatte. Im Laufe dieser
Auseinandersetzung wurden die beiden Darlehen über je205.000,-- DM an den Kläger
zurückgezahlt. Der Beklagte kündigte den Treuhandvertrag zum 30. Juni 1995, weigerte
sichjedoch, dem Verlangen des Klägers nach Übertragung des treuhänderisch gehaltenen
Geschäftsanteils nachzukommen, sondernüberwies ihm 115.000,-- DM. Der Kläger seinerseits
kündigte das Treuhandverhältnis fristlos und verlangte mit der Klage u.a.Abtretung des
Geschäftsanteils und Verurteilung des Beklagten zur Erteilung von Informationen über die Bilanzen
bzw.Jahresabschlüsse sowie Gewinnverwendungsbeschlüsse der J.L. GmbH und der K. J.L. GmbH
und zur Herausgabe dieserUnterlagen für die Jahre 1992 - 1994 und der betriebswirtschaftlichen
Auswertung für 1995. Das Landgericht hat - soweitnunmehr noch von Interesse - die Klage
abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr im wesentlichen entsprochen und lediglichden
Herausgabeanspruch bezüglich der Bilanzen bzw. Jahresabschlüsse und der
Gewinnverwendungsbeschlüsse abgewiesen.Gegen dieses Urteil richten sich die Revision des
Beklagten und die - unselbständige - Anschlußrevision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
Die Revision und die Anschlußrevision sind begründet und führen unter Aufhebung des
angefochtenen Urteils zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Treuhandabrede, welche in § 6 Nr. 4 ausdrücklich
die Pflicht zur Übertragungder Beteiligung bei Beendigung des Treuhandverhältnisses enthält, sei
erst nach der Gründung der J.L. GmbH geschlossenworden, sei auf einen künftig entstehenden Geschäftsanteil gerichtet gewesen und habe der notariellen Beurkundung nach § 15 Abs. 4 Satz 1
GmbHG nicht bedurft, weil sichdie Herausgabepflicht des Beklagten schon aus dem Gesetz ergebe
und die genannte Formvorschrift weder unmittelbar nochihrem Sinne nach anzuwenden sei. Diese
Begründung begegnet, wie die Revision mit Recht geltend macht, durchgreifendenrechtlichen
Bedenken.
2. a) Mit Recht haben weder die Parteien noch das Berufungsgericht in Zweifel gezogen, daß auch
hinsichtlich desGeschäftsanteils an einer GmbH ein Treuhandverhältnis begründet werden kann
(vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl. § 2Rdn. 60).
b) Die Übernahme von drei Geschäftsanteilen bei der Gründung der J.L. GmbH durch den
Beklagten verstieß zwar gegen § 5Abs. 2 GmbHG.
Zutreffend leitet aber der Beklagte, nachdem die Gesellschaft einmal in das Handelsregister
eingetragen ist und dasRegistergericht von den aus
Gebrauch gemacht hat, in der Revisioninstanz ausdiesem Umstand nicht mehr her, daß es überhaupt
an einem Geschäftsanteil fehle, auf den sich eine etwaige Übertragungspflichtbeziehen könne.
c) Schon mit der Begründung des Treuhandverhältnisses, aufgrund dessen eine Person für den
Treugeber einen Geschäftsanteilerwirbt, wird - aufschiebend bedingt - die Verpflichtung zur
Anteilsübertragung begründet, weil der Treuhänder dieseBeteiligung aus dem Treuhandverhältnis
erlangt hat und bei dessen Beendigung kraft Gesetzes (
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist mit dieser Feststellung nichts für die Entscheidung
der Fragegewonnen, ob wegen dieser zwangsläufigen Rechtsfolge des Treuhandvertrages das
vielmehr, ob nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift dasBeurkundungserfordernis auch für solche
Rechtsgeschäfte gilt, die zwar nicht ausdrücklich, aber zwangsläufig - zumindestbefristet oder
bedingt - die Verpflichtung zur Geschäftsanteilsübertragung begründen.
d) Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts erfordert der Sinn der Formvorschrift, daß auch
die nach Gründung, aber vorEintragung der GmbH geschlossene, auf den künftig entstehenden
Geschäftsanteil abzielende Treuhandabrede in notariellerForm geschlossen wird.
Anders als die im wesentlichen dem Schutz vor Übereilung dienende Vorschrift des
zielt
Rechtsprechung des Reichsgerichts wiederholt ausgesprochen hat (vgl.
19, 69, 71;
GmbHG besonders wichtigen Beweis der Anteilsinhaberschaft zu gewährleisten, sondern soll auch
vereiteln, daßGmbH-Geschäftsanteile Gegenstand des freien Handelsverkehrs werden.
Dieser Zweck der Vorschrift würde verfehlt, wenn hinsichtlich eines bestehenden Geschäftsanteils
formfrei einTreuhandverhältnis begründet werden könnte, aufgrund dessen der Treugeber die
Übertragung des Geschäftsanteils auf sichverlangen könnte, zumal es der Treugeber in der Hand
hätte, seinerseits weitere Treuhandverträge zu schließen, nach denen erverpflichtet wäre, jenen
Anteil selbst treuhänderisch für einen Dritten zu halten. Wollte man - was der Senat früher
ausdrücklichoffen gelassen hat (
wird (vgl. Hachenburg/Zutt aaO Anh. §15 Rdn. 52; anders aber die h.M., vgl. Baumbach/Hueck,
GmbHG, 16. Aufl. § 15 Rdn. 55 f.; Rowedder, GmbHG, 3. Aufl. §15 Rdn. 28; Lutter/Hommelhoff,
GmbHG, 14. Aufl. § 15 Rdn. 45; Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl. § 15 Rdn. 62; Ulmer,WPg.
1963, 120 f., ebenso auch der von Zutt für seine Auffassung angeführte Schlegelberger/K.Schmidt,
HGB, 5. Aufl. Vor §335 Rdn. 47 und 44) - eine derartige formfrei geschlossene
Vereinbarungstreuhand zulassen, wäre damit im Ergebnis derRechtsprechung des Senats der Boden
entzogen, nach der die formlose Abtretung von Ansprüchen auf Übertragung einesGeschäftsanteils
von der Rechtsordnung schlechthin und nicht nur dann nicht anerkannt werden kann, wenn im
Einzelfall dieAbsicht der Umgehung der Formvorschrift festgestellt wird (
Auch in der Gründungsphase der GmbH beanspruchen die genannten Schutzzwecke des § 15 Abs.
3 und 4 GmbHG Geltung.Für die Abtretung des künftigen, mit der Eintragung entstehenden
Geschäftsanteils und die Eingehung der Verpflichtung hierzuist dies in der Rechtsprechung des
Senats wiederholt ausgesprochen worden (
166/93,
GmbHgeschlossenen, den erst künftig mit der Eintragung der Gesellschaft entstehenden
Geschäftsanteil erfassenden Treuhandvertraggelten, soll nicht der Zweck der zwingenden
Formvorschrift verfehlt werden.
3. Trägt danach die Begründung des angefochtenen Urteils die Entscheidung nicht, ist dem Senat
eine abschließendeEntscheidung im Sinne des Revisionsantrags gleichwohl verwehrt. Von seinem
Ausgangspunkt folgerichtig hat dasBerufungsgericht nämlich nicht geprüft, ob die Parteien bereits
vor dem Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages der J.L.eine Treuhandvereinbarung
getroffen haben. Dies konnte, da weder ein Geschäftsanteil vorhanden war noch dessen Entstehenin
die Wege geleitet und nur noch von der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister
abhängig war, formfrei geschehen(
Baumbach/Hueck aaO § 15 Rdn. 55). Die Umstände derGründung der J.L. GmbH, bei der der
Beklagte insgesamt drei Geschäftsanteile, davon einen i.H.v. 205.000,-- DM unstreitigfür seine
Ehefrau übernommen hat, ferner die Art, in der der Beklagte die erforderlichen Einlagemittel
beschafft hat, sowieschließlich die zwischen den Parteien geführten, dem schriftlichen Abschluß
1992 unter Einbeziehung des Rechtsanwalts und Wirtschaftsprüfers Dr.B. geführten Gespräche können dafür sprechen, daß eine Einigung zwischen den Parteien bereits vor der Beurkundung
desGesellschaftsvertrages der J.L. GmbH zustande gekommen ist. Die Zurückverweisung gibt dem
Berufungsgericht dieGelegenheit, die gebotenen tatsächlichen Feststellungen zu treffen.
II.
Wird - wie revisionsrechtlich geboten - zugunsten des Klägers unterstellt, daß der Treuhandvertrag
wirksam ist, erweist sichauch die Anschlußrevision als begründet. Der Kläger kann Herausgabe der
Bilanzen bzw. Jahresabschlüsse und derGewinnverwendungsbeschlüsse für die Jahre 1992 bis 1994
verlangen. Das ergibt sich aus § 2 Nr. 1 des Treuhandvertrages,den das Berufungsgericht bei seiner
gegenteiligen, allein auf § 2 Nr. 3 aaO abstellenden Entscheidung nicht in den Blickgenommen hat.
Nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, Nr. 3 aaO
enthalteeine Spezialregelung, die die in Nr. 1 niedergelegte und für Treuhandverhältnisse typische
Herausgabepflicht verdrängt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:19.04.1999
Aktenzeichen:II ZR 365/97
Erschienen in:
DNotI-Report 1999, 114-115
MittBayNot 1999, 489-490
BGHZ 141, 208-214
DNotZ 1999, 756-758
NJW 1999, 2594-2596
ZNotP 1999, 290-291
GmbHG § 15