LG Leipzig 24. Januar 2023
02 OH 51/21
GNotKG § 126

Kostenrechtliche Behandlung der Verwahrung eines Freigabeversprechens

letzte Aktualisierung: 30.6.2023
LG Leipzig, Beschl. v. 24.1.2023 – 02 OH 51/21

GNotKG § 126
Kostenrechtliche Behandlung der Verwahrung eines Freigabeversprechens

Für die Verwahrung eines Freigabeversprechens nach S. 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MaBV fehlt es an einem
Gebührentatbestand nach dem Kostenverzeichnis des GNotKG. Demzufolge kann nach § 126
Abs. 1 S. 2 GNotKG durch öffentlich-rechtlichen Vertrag eine Gegenleistung in Geld vereinbart
werden.

(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe

Die Beteiligten streiten über Kosten für die Verwahrung eines Freigabeversprechens... Vor dem
Notar in Landshut wurde am 28.04.2021, UR-Nr. ein Bauträgervertrag über eine noch zu
sanierende Eigentumswohnung geschlossen, an dem der Antragsteller als Käufer beteiligt war.
Der Kaufpreis betrug 417.500,00 €. An dem kaufgegenständlichen Wohnungseigentum lastete
eine Globalgrundschuld in Höhe von 1.000.000,00 € für die Raiffeisenbank Taufkirchen-
Oberneukirchen eG. Diese sollte im Rahmen der Abwicklung des Bauträgervertrages an dem
Kaufgegenstand gelöscht werden. Auf Seite 2 des Bauträgervertrages wurde die Notarin mit dem
Vollzug des Vertrages beauftragt. Dazu gehörte u.a. die Einholung und Verwahrung eines
Freigabeversprechens der Gläubigerin der Globalgrundschuld („Bauträgerbank“). Zu den
Kosten der Verwahrung war in S. 10 des Bauträgervertrages folgendes bestimmt:
„Sämtliche mit diesem Kaufvertrag und seiner Durchführung verbundenen Notar- und
Gerichtskosten, ferner die Kosten der erforderlichen behördlichen oder gerichtlichen
Genehmigungen sowie die Grunderwerbsteuer wie auch die Kosten einer Hinterlegung der
Freistellungserklärung der eingetragenen Globalpfandrechtsgläubigerin trägt der Käufer, wobei
für die vorgenannte Hinterlegung bei dem vollziehenden Notar eine Gebühr in Höhe von 0,5
vereinbart ist.“

Für ihre Vollzugs- und Durchführungstätigkeit legte die Notarin dem Antragsteller am
16.06.2021 folgende Kostenberechnung (jeweils aus einem Geschäftswert von 419.523,44 €
bzw. aus einem Sicherungsinteresse von 417.500,00 G):
22720 Vollzugsgebühr 835,00 €
22125 Elektronischer Vollzug und XML-Strukturdaten 250,00 €
22200 Betreuungsgebühr 250,00 €
S. 126 Abs. I Satz 2 Verwahrung Freigabeversprechen des Gläubigers 417,50 €
25102 Beglaubigung von Dokumenten 29,00 €
32002 Dokumentenpauschale (Datei) 14,50 €
32005 Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 €
3201 1 Auslagen Grundbucheinsicht 8,00 €
Netto-Gesamtsumme: 1.991 €
320014 Umsatzsteuer: 378,39 €
Rechnungsbetrag: 2.369,89 €

Der Antragsteller beanstandet die Abrechnung der Verwahrung des Freigabeversprechens.
Zur Begründung macht er geltend, dass es an dem Abschluss eines öffentlich-rechtlichen
Vertrags nach S. 126 GNotKG zwischen ihm und der Notarin fehle. Darüber hinaus sei die
Verwahrungstätigkeit bereits mit der Vollzugs- und der Betreuungsgebühr abgegolten, weil sie
für die Mitteilung der allgemeinen Fälligkeitsvoraussetzungen zwingend erforderlich sei.
Die Notarin hält an der angefochtenen Rechnungsposition fest. Die Verwahrung des Originals
des Freigabeversprechens durch sie als Vollzugsnotarin sei von wesentlicher Bedeutung. Hierfür
habe sie eine Gebühr gemäß S. 126 Abs. 1 S. 2 GNotKG in Höhe von 0,5 aus dem Wert des
Sicherungsinteresses berechnet. Die Vereinbarung hierüber sei in S. 10 des Bauträgervertrages
geschlossen worden.

Der Kostenprüfungsantrag ist zulässig und statthaft, S. 127 Abs. 1 S. 1 GNotKG. Das
Kostenprüfungsverfahren nach S. 127 Abs. 1 Satz 1 GNotKG ist der statthafte Rechtsbehelf für
die Beanstandung von notariellen Kostenrechnungen. Der Antrag ist gemäß S. 1 30 Abs. 1 Satz
1 GNotKG in Verbindung mit S. 23 Abs. 1 FamFG ausreichend begründet. Auch die Frist des
S. 127 Abs. 2 Satz 1 GNotKG ist eingehalten.

Er hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Notarin hat einen Anspruch auf das berechnete Entgelt für die Verwahrung des
Freigabeversprechens in Höhe von 417,50 €.

Die Entgeltvereinbarung über die Verwahrung des Freigabeversprechens ist wirksam erfolgt.
Für die Verwahrung eines Freigabeversprechens nach S. 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MaBV fehlt es an
einem Gebührentatbestand nach dem Kostenverzeichnis des GNotKG. Sie fällt insbesondere
nicht unter Nr. GNOTKG 25301 KV GNotKG, da es sich um kein Wertpapier und keine
Kostbarkeit im Sinne dieser Vorschrift handelt. Auch Nr. GNOTKG 22200 KV GNotKG
scheidet aus. Insbesondere liegt kein Fall der Anm. Nr. 3 Var. I vor, da diese nur einschlägig ist,
wenn es sich um einen Treuhandauftrag eines Urkundsbeteiligten handelt, hingegen nicht bei
einem Treuhandauftrag eines Dritten, namentlich dem Inhaber des Grundpfandrechts.
Schließlich ist auch die Nr. GNOTKG 22201 KV GNotKG nicht erfüllt, denn es fehlt bei
einem schuldrechtlichen Freigabeversprechen an einer Herausgabesperre (Rohs/Wedewer/
Wudy, GNotKG, Nr.22201 KV Rn. 35; Leipziger Gerichts& Notarkosten-Kommentar
GNotKG/Harder, 3. Aufl. 2021, Nr.22201 KV Rn. 16).

Die Tätigkeit hängt auch nicht mit anderen gebührenpflichtigen Tätigkeiten zusammen, S. 126
Abs. 1 S. 1, 2 BN0tKG.

Eine bloße zeitliche Koinzidenz mit einer anderen Amtstätigkeit stellt keinen
tatbestandsausschließenden Zusammenhang dar (Korintenberg/Bormann, GNotKG, 22. Aufl.
2022, S. 126 Rn. 10). Maßgeblich ist die vom Notar von Amts wegen festzustellende objektive
Sach- und Rechtslage. Auf eine subjektive Verknüpfung durch die Rechtssuchenden kommt es
nicht an (Korintenberg/Bormann, a.a.O., S. 126 Rn. 10).

In Bezug auf die Verwahrung eines Freigabeversprechens nach S. 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 MaBV
wird der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages für zulässig erachtet (Rohs/Wedewer/
Wudy, GN0tKG, Nr. 22201 KV Rn. 35).
Auch daraus, dass im vorliegenden Fall Urkundsnotar und Vollzugsnotar auseinanderfielen,
ergibt sich, dass der Verwahrungstätigkeit der Zusammenhang zu einer anderen gebührenpflichtigen
Tätigkeit fehlt.

Soweit der Antragsteller meint, die Verwahrung des Freigabeversprechens wäre bereits mit der
Vollzugsgebühr und der Betreuungsgebühr abgegolten, trifft dies nicht zu. Die Vollzugsgebühr
erfasst nur die Anforderung und Prüfung des Freigabeversprechens. Dies sieht auch die von
dem Antragsteller zitierte Kommentierung (Korintenberg/Tiedtke, GNotKG, 22. Aufl. 2022,
Vorbem. 2.2.1.1. KV Rn. 48b) nicht anders. Denn in dieser Kommentierung heißt es:
„Die bloße Entgegennahme einer Verpflichtungserklärung nach S. 3 MaBV ist keine
gebührenpflichtige Vollzugstätigkeit.“

Zwar benötigte die Notarin gemäß S. 6 Ziffer 3 lit. c) des Bauträgervertrages das
Freigabeversprechen, um ihre Fälligkeitsmitteilung im Sinne des Gebührentatbestandes der Nr.
22200 Anm. Nr. 2 KV GNotKG vorzunehmen. Nicht erfasst von diesem Gebührentatbestand
ist aber Seite 3 die treuhänderische Überwachung und die Verwahrung des
Freigabeversprechens. Es ist insoweit nicht anders als bei der treuhänderischen Überwachung
nebst Verwahrung grundbuchtauglicher Pfandfreigaben bzw. Löschungsbewilligungen zu einem
auf Rechnung des Verkäufers abzulösenden Grundpfandrechts. Diese Tätigkeit löst ebenso eine
Treuhandgebühr nach Nr. GNOTKG 22201 KV GNotKG neben der Betreuungsgebühr – und
auch der Vollzugsgebühr – aus (Korintenberg/Tiedtke, a.a.O, Nr. 22201 KV Rn. lb;
Rohs/Wedewer/Wudy, a.a.O., Nr.22201 KV Rn. 13).

Der öffentlich-rechtliche Vertrag nach S. 126 GNotKG ist auch formwirksam zustande
gekommen. Zwar wird gewöhnlich der öffentlich-rechtliche Vertrag nach S. 126 GNotKG in
einem gesonderten Schriftstück geschlossen. Dies ist allerdings nicht zwingend erforderlich.
Auch einer ausdrücklichen Bezeichnung als öffentlich-rechtlicher Vertrag bedarf es nicht. Denn
anders als etwa S 3a Abs. 1 S.2 RVG oder S. 4 Abs. 1 S.2 StBVV, enthält S. 126 GNotKG
keineVorschrift, wonach die Kostenvereinbarung als öffentlich-rechtlicher Vertrag oder in
vergleichbarer Weise bezeichnet und von anderen Vereinbarungen deutlich abgesetzt sein
müsste. Demgemäß ist auch nicht erforderlich, dass der öffentlich-rechtliche Vertrag, wenn er in
ein anderes Rechtsgeschäft eingebettet ist, gesondert unterschrieben sein muss. Vereinzelt wird
es sogar für zulässig erachtet, wenn der öffentlich-rechtliche Vertrag in der notariellen Urkunde
des Notars selbst, also einer bezeugenden Urkunde des Notars über ein bestimmtes
Rechtsgeschäft, enthalten ist, etwa in einem Abschnitt „Gebührenvereinbarung“ oder „Kosten“
(Korintenberg/Bormann, a.a.O., S. 126, Rn. 16).

Vorliegend war die streitige Kostenvereinbarung ebenfalls in einer notariellen Urkunde
enthalten, namentlich in S. 10 des Bauträgervertrages. Auch ist in dieser Klausel bestimmt, dass
eine Gebühr vereinbart ist. Es tag jedoch die Besonderheit vor, dass der Urkundsnotar des
Bauträgervertrages gerade nicht Partei der Kostenvereinbarung war. Vielmehr war insoweit nur
der Antragsteller beteiligt, und zwar einerseits als Schuldner der vereinbarten Gebühr und
andererseits als Auftraggeber der Verwahrungstätigkeit. Mangels Beteiligung der Notarin (als
Gläubigerin der vereinbarten Gebühr und Beauftragte der Verwahrungstätigkeit) kann die
Vereinbarung in S. 10 des Bauträgervertrags nur als Angebot des Antragstellers an die Notarin
auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nach S. 126 GNotKG mit dem einschlägigen
Inhalt des S. 10 qualifiziert werden.

Die Notarin nahm den Vertrag konkludent mit Vollzug sowie schriftlich durch Unterschrift auf
dem Notarvertrag und durch Überendung desselben mit Schreiben vom 28.04.2022 an den
Antragsteller an.

Nach S. 126 Abs. 2 GNotKG i.V.m. S. 126 Abs. 2 S. 1 BGB muss der öffentlich-rechtliche
Vertrag von dem Notar und dem Rechtssuchenden zwar grundsätzlich auf derselben Urkunde
unterzeichnet werden. Werden über den öffentlich-rechtlichen Vertrag mehrere gleichlautende
Urkunden aufgenommen (bzw. ausgetauscht), so genügt es jedoch, wenn jeder Vertragsteil die
für den anderen Vertragsteil bestimmte Urkunde unterschreibt, S. 126 Abs. 2 GNotKG i.V.m.
S. 126 Abs. 2 S.2 BGB. Die schriftliche Annahme ist auch nicht deshalb verspätet, weil die
Notarin die Verwahrungstätigkeit bereits aufgenommen hatte. Der öffentlich-rechtliche Vertrag
muss grundsätzlich vor Vornahme der in Rede stehenden notariellen Amtstätigkeit
abgeschlossen werden. Allerdings kann ein diesbezügliches Versäumnis unverzüglich nachgeholt
werden (Korintenberg/Bormann, a.a.O, S. 126 Rn. 15). Mit dem Schriftformerfordernis des S.
126 Abs. 2 GNotKG ist gerade kein Ausschlusszeitpunkt für den Abschluss der Vereinbarung
verknüpft. Auch der Schutzzweck der Schriftform des S. 126 Abs. 2 GNotKG erfordert eine
derartige Verknüpfung nicht. Dies zumal das Angebot vom Antragsteller stammt und dieser
bereits durch notarielle Beurkundung seines Angebotes durch den Vertragsnotar hinreichend
gewarnt und aufgeklärt ist. Somit reicht es aus, wenn die Notarin dem Antragsteller noch im
laufenden Verfahren ein gegengezeichnetes Exemplar zukommen lässt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Leipzig

Erscheinungsdatum:

24.01.2023

Aktenzeichen:

02 OH 51/21

Rechtsgebiete:

Kostenrecht

Normen in Titel:

GNotKG § 126