Übertragung einer Buchgrundschuld durch einen Nichtberechtigten mit Einwilligung des Berechtigten
letzte Aktualisierung: 08.12.2022
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.9.2022 – 3 Wx 127/22
GBO §§ 39, 19; BGB § 185 Abs. 1
Übertragung einer Buchgrundschuld durch einen Nichtberechtigten mit Einwilligung des
Berechtigten
1. Die Übertragung einer Buchgrundschuld kann nur nach §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 3 BGB
i. V. m. § 873 Abs. 1 BGB durch deren Eintragung in das Grundbuch auf der Grundlage der
Einigung mit dem bisherigen Gläubiger wirksam erfolgen.
2. Die Übertragung kann auch durch einen Nichtberechtigten mit Einwilligung des Berechtigten
gemäß § 185 Abs. 1 BGB erfolgen. Mit der Abtretung der Grundschuld und der
Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) gibt der Zedent regelmäßig zu erkennen, dass sein
Rechtsnachfolger über das Grundpfandrecht frei verfügen können soll, z. B. durch Aufhebung
oder Weiterübertragung, und damit auch die Löschung oder Abtretung des übertragenen Rechtes
beantragen können soll.
3. Von einer Einwilligung auch ohne Voreintragung des Zessionars ist grundsätzlich auszugehen,
wenn der eingetragene Gläubiger des Buchgrundpfandrechts mit seiner Abtretungserklärung dem
Zessionar zugleich eine Bewilligung in der Form des
Die Einwilligung deckt grundsätzlich auch Kettenabtretungen ab.
4.
hat, im Grundbuch voreingetragen sein muss. Eingetragen sein muss der Inhaber des durch die
Verfügung betroffenen Rechts, nicht jedoch derjenige, der ihn vertritt oder über dessen Recht
verfügen kann.
G r ü n d e :
I.
Die Beteiligte zu 1. ist Eigentümerin des im Eingang des Beschlusses bezeichneten
Grundstücks. In Abteilung III des Grundbuchs war unter der lfd. Nr. 18 seit dem 29.
Oktober 1996 eine brieflose Grundschuld über 1.500.000 DM (766.937,82 €) mit 15%
Jahreszinsen und einer einmaligen Nebenleistung von 12 % für die W. H.
Aktiengesellschaft eingetragen. Deren Rechtsnachfolgerin ist seit dem 29. August 2003 die
D. P. Aktiengesellschaft.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2021, bei Gericht eingegangen am 23. Juli 2021, beantragte die
Beteiligte zu 2 die Eintragung einer Teilabtretung betreffend eines nachrangigen
Teilbetrags der Grundschuld i.H. von 230.000 € zzgl. Zinsen zu ihren Gunsten. In der dem
Antrag beigefügten notariell beglaubigten Abtretungsurkunde vom 21. März 2019, in der
die FMS durch die S. GmbH (im Folgenden: S.) vertreten wird und die auch eine
Eintragungsbewilligung enthält, ist Bezug genommen auf einen notariellen
Grundschuldabtretungsvertrag vom 04. März 2016, wonach die D. P. AG die Grundschuld
an die FMS abgetreten und deren Eintragung als neue Gläubigerin in das Grundbuch
bewilligt hat. Nach Aufforderung durch das Grundbuchamt wurde eine notariell beglaubigte
Vollmachtsurkunde der S., der Vertreterin der FMS, vorgelegt sowie eine beglaubigte
Abschrift des Grundschuldabtretungsvertrages vom 04. März 2016 nachgereicht.
Am 16. August 2021 erfolgten im Grundbuch in Abteilung III zu Ziff. 18 folgende
Eintragungen: Unter Umstellung auf Euro ist nebenstehendes Recht geteilt in: Ziff. 18.1.
536.937,82 € vorrangiges Grundpfandrecht, Ziff. 18.2. 230.000 € nachrangiges
Grundpfandrecht. Zu Ziffer 18.2. erfolgte folgende Eintragung: „230.000 € abgetreten mit
den Zinsen seit dem 29.10.1996 und der Nebenleistung an die C. AG“ (Beteiligte zu 2).
Am 24. November 2021 erfolgte in Abteilung II die Eintragung, dass die
Zwangsversteigerung angeordnet sei (AG K., … K …/21).
Mit Schreiben vom 07. Februar 2022, eingegangen bei Gericht am 09. Februar 2022,
beantragte die Beteiligte zu 3, vertreten durch die S., die Eintragung der Abtretung der
Grundschuld i.H. von 766.937,82 € an sie. Zum Nachweis fügte sie jeweils notariell
beglaubigte Abschriften der Bevollmächtigung der S. sowie der
Grundschuldabtretungsverträge nebst Eintragungsbewilligungen vom 04. März 2016
zwischen der D. P. AG und der FMS, vom 21. Februar 2019 zwischen der FMS und der O.
S. GmbH sowie vom 17. Januar 2020 zwischen der O. S. GmbH und ihr bei.
Mit Zwischenverfügung vom 23. Februar 2022 wies das Grundbuchamt die Beteiligte zu 3
auf die bereits erfolgte Abtretung der Teil-Grundschuld i.H. von 230.000 € an die Beteiligte
zu 2 hin, sowie darauf, dass die Grundschuld in der Anlage zur Abtretungsurkunde vom
04. März 2016 nicht aufgeführt sei.
Daraufhin berichtigte und beschränkte die Beteiligte zu 3 mit Schreiben vom 24. März
2022, bei Gericht eingegangen am 25. März 2022, ihren Antrag auf Eintragung der
Abtretung der Grundschuld auf einen Betrag i.H. von 536.937,82 €. Beigefügt war eine
vervollständigte beglaubigte Abschrift des Abtretungsvertrages vom 04. März 2016. Die in
Bezug genommene korrekte Abtretungserklärung in zweifacher Ausfertigung war dem
Antrag nicht beigefügt
Zu Ziff. 18.1. erfolgte am 01. April 2022 folgende Eintragung: „536.937,92 € abgetreten mit
den Zinsen seit dem 29.10.1996 und der Nebenleistung an die O. T. GmbH in P. (Beteiligte
zu 3).
Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Mai 2022 teilte die Beteiligte zu 1
mit, bei der Einsichtnahme in die Grundbuchakten seien gravierende Pflichtverletzungen
offenbar geworden. Aus dem Eintragungsantrag vom 07. Februar 2022 sei ersichtlich,
dass die Eintragungen vom 16. August 2021 rechtswidrig erfolgt seien. Den mit diesem
Antrag überreichten Unterlagen sei zu entnehmen, dass die Gesamtgrundschuld bereits
am 21. Februar 2019 von der FMS an die O. S. GmbH abgetreten worden sei, so dass
erstere seitdem und damit auch im Zeitpunkt des Antrags vom 19. Juli 2021 nicht mehr
verfügungsbefugt gewesen sei. Dies hätte das Grundbuchamt vor der Eintragung am 01.
April 2022 überprüfen und auf eine Klärung hinwirken müssen. Nunmehr weise das
Grundbuch Unrichtigkeiten auf, weshalb eine Überprüfung von Amts wegen einzuleiten
sei.
Mit Verfügung vom 24. Mai 2022 wies das Grundbuchamt dies zurück. Jeweils bei
Antragstellung auf Eintragung der Abtretungen hätten bei der von ihm vorzunehmenden
formellen Prüfung keine Zweifel daran bestanden, dass die Verfügungsbefugnis in der
jeweiligen Höhe bzw. hinsichtlich der im Grundbuch vermerkten Abtretungen bei der FMS
gelegen habe. Soweit diese eine Abtretungserklärung ohne entsprechende Berechtigung
abgegeben habe, sei dies im formellen Grundbuchverfahren nicht zu prüfen gewesen.
Letztlich sei von der FMS der Gesamtbetrag i.H. von 1.500.000 DM abgetreten worden.
Die Beteiligte zu 1 hat unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 20. Mai 2022 die Ansicht
vertreten, der Grundbuchinhalt entspreche nicht der tatsächlichen Rechtslage. Es bestehe
zudem die Gefahr des gutgläubigen Erwerbs durch Dritte. Daraus folge die Verpflichtung
zur unmittelbaren Vornahme einer Berichtigung gemäß § 22 GBO i.V.m. § 894 BGB. Die
Antragstellerin könne nicht auf ein Vorgehen nach § 894 BGB verwiesen werden, weil sich
die Unrichtigkeit bereits eindeutig aus den bei dem Grundbuchamt eingereichten und den
diesem weiterhin vorliegenden Verträgen ergäbe, die zu den Einträgen am 16. August
2021 sowie der weiteren Eintragung am 01. April 2022 geführt hätten. Dem Grundbuchamt
hätte auffallen müssen, dass die Angabe unter Ziff. 3 des Antrags „Abschrift der
Grundschuldabtretungsverträge vom 21. Februar 2019 zwischen FMS und O. S. GmbH“
nicht mit den der Eintragung vom 16. August 2021 zu Grunde liegenden Unterlagen
korrespondierten, weil darin die FMS als Grundschuldgläubigerin und Zedentin angegeben
worden sei, obwohl diese seit dem 21. Februar 2019 nicht mehr Inhaberin der
Grundschuld und dementsprechend auch nicht mehr verfügungsbefugt gewesen sei.
Aufgrund der fehlenden dinglichen Berechtigung habe sie daher am 21. März 2019 weder
eine Aufteilung der Grundschuld vornehmen noch die neu gebildete Teil-Grundschuld über
230.000 € an die Beteiligte zu 2 abtreten können. Zudem entspreche auch die am 01. April
2022 vorgenommene Eintragung zu 18.1. nicht der dinglichen Rechtslage, weil eine
derartige Teil-Grundschuld über 536.937,82 € nie wirksam gebildet worden sei und
entsprechend als solche auch nicht den Gegenstand der Abtretung an einen Dritten habe
bilden können. Die unrichtige Eintragung habe bereits die Erteilung einer
Vollstreckungsklausel ermöglicht. Insbesondere wegen der Eintragung vom 01. April 2014
sei eine kurzfristige Entscheidung erforderlich, weil die überreichten Originalverträge
bereits mit der Begründung zurückgefordert worden seien, dass ein Antrag auf
Klauselumschreibung beabsichtig sei.
Am 27. Mai 2022 hat die Beteiligte zu 1, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigten,
beantragt,
1. die am 16. August 2021 in der III. Abteilung des Grundbuchs zu der unter lfd. Nr. 18
eingetragenen Grundschuld vorgenommene Eintragung der Aufteilung in ein
vorrangiges Grundpfandrecht i.H. von 536.937,82 € (18.1.) und ein nachrangiges
Grundpfandrecht i.H. von 230.000 € (18.2.) zu berichtigen bzw. hilfsweise einen
Widerspruch in das Grundbuch einzutragen;
2. die am 16. August 2021 in der III. Abteilung des Grundbuchs zu der unter lfd. Nr.
18.2. eingetragenen Grundschuld vorgenommene Eintragung der Abtretung der
nachrangigen Teil-Grundschuld an die Beteiligte zu 2 zu berichtigen bzw. hilfsweise
einen Widerspruch in das Grundbuch einzutragen;
3. die am 01.04.2022 in der Abteilung III. des Grundbuchs zu der unter der lfd. Nr.
18.1. eingetragenen Grundschuld vorgenommene Abtretung der vorrangigen Teil-
Grundschuld über 536.937,82 € an die O. T. GmbH zu berichtigen bzw. hilfsweise
einen Widerspruch in das Grundbuch einzutragen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht – Rechtspfleger – die Anträge und
Hilfsanträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die
jeweils zur Begründung der Eintragungsanträge vom 19. Juli 2021 und vom 07.
Februar/24. März 2022 erforderlichen Nachweise der Abtretung des vorrangigen bzw.
nachrangigen Teils hätten vorgelegen; es habe kein Anlass bestanden, im Zeitpunkt der
Antragstellung an der jeweiligen Verfügungsbefugnis in der abgetretenen Höhe zu
zweifeln. Zu dem jeweiligen Zeitpunkt der Antragstellung der Abtretungen bzw. Aufteilung
des Rechts sei das Grundbuch nicht unrichtig gewesen. Im Rahmen der Eintragung einer
Abtretung in das Grundbuch würden Vorabtretungen nicht einer erneuten Prüfung auf
Schlüssigkeit unterzogen. Soweit sich nachträglich herausstelle, dass eine Eintragung
durch einen Nichtberechtigten abgegeben worden sei, sie dieser Sachverhalt außerhalb
des Grundbuchs im zivilrechtlichen Weg zu klären. Gegebenenfalls sei auf diesem Wege
die (Ersetzung) der Bewilligung zur Änderung der Eintragung einzuholen.
Die Beteiligte zu 3 hat mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Juni 2022
die Ansicht vertreten, die Berechtigung der FMS zur Abtretung eines Teilbetrages der
Grundschuld an die Beteiligte zu 2 ergebe sich aus dem zwischen ihr, der O. S. GmbH,
und der FMS abgeschlossenen „FMS Administration Arrangement („Agreement“)“ vom 19.
Februar 2019. Im Zuge der Abtretungsvereinbarung vom 21. Februar 2019 sei die FMS
darin umfassend bevollmächtigt und ermächtigt worden, die neu gebildete Teilgrundschuld
an die Beteiligte zu 2 abzutreten.
Gegen den Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer Beschwerde. Sie meint, sie
habe die Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S. des § 22 GBO dargelegt. Diese sei durch die
dem Grundbuchamt vorliegenden Dokumente auch nachgewiesen. Der Inhalt des
Grundbuchs stehe in Ansehung eines dinglichen Rechts mit der wirklichen materiellen
Rechtslage nicht im Einklang. Die Beteiligte zu 2 habe keine nachträgliche Teil-
Grundschuld erwerben können, weil die FMS die Abtretung als Nichtberechtigte
vorgenommen habe. Da die Beteiligte zu 2 gestützt auf ihr vermeintliches Recht die
Zwangsversteigerung betreibe und ihr, der Beteiligten zu 1, erheblicher Schaden drohe,
könne die Zulässigkeit des Antrags nicht zweifelhaft sein. Weiter sei zu beachten, dass ein
Rechtsschutzbedürfnis für ein Vorgehen nach § 894 BGB nicht bestehe, wenn der
Unrichtigkeitsnachweis durch vorliegende Urkunden geführt werden könne.
Die Beteiligte zu 3 hat unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Schriftsatz vom 20. Juni
2022 darum gebeten, der Beschwerde nicht abzuhelfen.
Mit Beschluss vom 01. August 2022 hat das Amtsgericht - Rechtspfleger – der
Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen und die
Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung
hat es ergänzend ausgeführt: Es liege kein Fall der Grundbuchberichtigung gem. § 22
GBO bzw. der Eintragung eines Amtswiderspruchs gem.
habe den Nachweis einer Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht geführt. Es seien nicht alle
Möglichkeiten ausgeräumt worden, die der Richtigkeit der begehrten berichtigten
Eintragung entgegenstehen könnten. Dies gelte auch hinsichtlich der von der Beteiligten
zu 3 behaupteten Ermächtigung und Bevollmächtigung der FMS durch die O. S. GmbH.
Auch die hilfsweise beantragte Eintragung eines Widerspruchs komme nicht in Betracht.
Eine solche komme nur in Frage, wenn sich die Unrichtigkeit erst nachträglich ergebe.
Zudem sei die Eintragung nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften erfolgt. Das
Grundbuchamt habe keine Möglichkeit, die am 20. Mai 2022 beantragte Entscheidung zu
treffen. Soweit die Wirksamkeit der Abtretungserklärungen angezweifelt würden, sei dies
ggfs. im Prozesswege vor einem Zivilgericht zu klären.
Die Beteiligte zu 1 hat ergänzend vorgetragen, dass bei der hier vorliegenden
Buchgrundschuld eine Abtretung gegenüber Dritten nur durch Eintragung in das
Grundbuch wirksam werde (
vorliegend aber nicht in das Grundbuch eingetragen worden seien. Es lägen Verstöße
gegen
Ferner sei in dem „Agreement“ nur von Verwaltung des Portfolios die Rede.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m
richtet sich zum einen gegen die Ablehnung der Berichtigung der Eintragungen vom 16.
August 2021 und 01. April 2022 gemäß § 22 GBO durch das Grundbuchamt (§ 71 Abs. 1
GBO). Zum anderen richtet sie sich gegen die Ablehnung der Eintragung von
Widersprüchen hinsichtlich der erfolgten Eintragungen (§ 71 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 53
GBO). Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig (
keinen Erfolg.
Das Grundbuchamt hat zu Recht die Berichtigung der drei Eintragungen sowie die -
hilfsweise beantragte - Eintragung von Widersprüchen abgelehnt.
1. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Eintragungen vom 16. August 2021 und
vom 01. April 2022 in Abteilung III zu Ziff. 18 nach § 22 GBO liegen nicht vor.
Das Grundbuch ist unrichtig, wenn sein Inhalt in Ansehung eines Rechts an dem
Grundstück nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt, § 894 BGB. Liegt - wie
hier - eine Bewilligung des Betroffenen nicht vor, § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO in Verbindung
mit § 19 GBO, kann das Grundbuch nur berichtigt werden, wenn die Unrichtigkeit
nachgewiesen ist, § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO. An den Nachweis sind strenge Anforderungen
zu stellen. Der Antragsteller hat nicht nur darzutun, dass das Grundbuch hinsichtlich der
derzeitigen Eintragung unrichtig ist; er hat vielmehr darüber hinaus alle ernsthaft in Frage
kommenden Möglichkeiten auszuräumen, die der beantragten Löschung entgegenstehen
könnten. Ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Lediglich ganz entfernt
liegende, nur theoretische Überlegungen müssen nicht widerlegt werden. Soweit es nicht
um bei dem Grundbuchamt offenkundig bekannte Umstände geht, ist der Nachweis der
Unrichtigkeit in der Form des § 29 Abs.1 GBO, mithin durch öffentliche oder öffentlich
beglaubigte Urkunden zu führen (Senat, Beschluss vom 06. September 2021 – I-3 Wx
125/21, Rn. 9, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 5. Februar 2019 – 15 W 297/18, Rn. 3,
juris; OLG München, Beschluss vom 12. Mai 2016 – 34 Wx 424/15, Rn. 15, juris;
Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 369).
1.1. Die Eintragungen vom 16. August 2021 sind nicht unrichtig.
Die Beteiligte zu 2 ist Gläubigerin eines nachrangigen Teils der streitgegenständlichen
Grundschuld i.H. von 230.000 € zzgl. Zinsen und Nebenleistungen.
Sie hat diesen Teil von der eingetragenen Berechtigten, der D. P. AG als
Rechtsnachfolgerin der W. H. AG erworben.
Zutreffend nimmt die Beteiligte zu 1 an, dass die Übertragung einer Buchgrundschuld nur
nach
Grundbuch auf der Grundlage der (formlos möglichen) Einigung mit dem bisherigen
Gläubiger wirksam erfolgen kann (BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 – V ZB 107/10, Rn.
11; Grüneberg/Herrler, 81. Aufl. 2022, § 1154 BGB Rn. 10, 13; § 1191 Rn. 8; vgl. KG
Berlin,
1.1.1. Bisherige Gläubigerin war allein die eingetragene W. H. AG bzw. deren
Rechtsnachfolgerin, die D. P. AG. Abtretungsberechtigt ist der wahre, nicht in seiner
Verfügungsbefugnis beschränkte Gläubiger im Zeitpunkt der Vollendung des
Rechtserwerbs (vgl. Grüneberg/Herrler, a.a.O., § 1154 Rn. 4; § 873 Rn. 11). Die nicht
eingetragenen „Zwischenerwerber“ im Rahmen der Abtretungskette haben die
Grundschuld nicht erworben. Denn der Erwerb einer Buchgrundschuld ohne Eintragung
derselben in das Grundbuch ist ausgeschlossen (MüKoBGB/Lieder, 8. Aufl. 2020, § 1191
Rn. 110; BeckOGK/Kiehnle, 1.5.2022, BGB § 1154 Rn. 40).
Allerdings ist die Übertragung einer Buchgrundschuld auch durch einen Nichtberechtigten
mit Einwilligung des Berechtigten gemäß § 185 Abs. 1 BGB möglich. Eine solche
Einwilligung kann auch konkludent erklärt werden.
Mit der Abtretung einer Grundschuld und der Eintragungsbewilligung gibt der Zedent
regelmäßig zu erkennen, dass sein Rechtsnachfolger über das Grundpfandrecht frei
verfügen können soll, z.B. durch Aufhebung oder Weiterübertragung und damit auch die
Löschung oder Abtretung des übertragenen Rechtes beantragen können soll (Senat,
Beschluss vom 17.05.2010 - I-3 Wx 94/10,
§ 1154 Rn. 40; vgl. MüKoBGB, a.a.O., § 1154 Rn. 31).
Ob die Abgabe der zur Vornahme des dinglichen Geschäfts erforderlichen materiellrechtlichen
Erklärungen zusammen mit den für die Eintragung in das Grundbuch
erforderlichen Erklärungen durch den Verfügenden zugleich dessen Einwilligung zu
weiteren Verfügungen durch den anderen Teil schon vor der Eintragung der
Rechtsänderung im Grundbuch enthält, ist durch Auslegung des Rechtsgeschäfts zu
ermitteln. Von einer Einwilligung ist grundsätzlich auszugehen, wenn der eingetragene
Gläubiger eines Buchgrundpfandrechts mit seiner Abtretungserklärung dem Zessionar
zugleich eine Bewilligung in der Form des
Zedent gibt damit zu erkennen, dass er keine Rechte in Bezug auf das Grundpfandrecht
mehr geltend macht und das Gläubigerrecht ohne Einschränkungen auf den Zessionar
überträgt, so dass kein Interesse erkennbar ist, welches der Zedent noch an den von dem
Zessionar getroffenen Verfügungen über das abgetretene Grundpfandrecht haben könnte
(BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 – V ZB 107/10, Rn. 15 f., juris; Senat, Beschluss vom
20. Dezember 1995 – 3 Wx 413/95, Rn. 5, juris). Dies gilt auch bei einer Kette von
Erwerbern, z.B. bei mehrfacher Abtretung einer Buchgrundschuld (vgl. Demharter, GBO,
32. Aufl. 2021, § 19 Rn. 73).
So liegt der Fall hier:
Die Einwilligung der eingetragenen Gläubigerin mit weiteren Verfügungen über die
streitgegenständliche Grundschuld insgesamt durch die FMS i.S. des § 185 Abs. 1 BGB
ergibt sich aus dem Grundschuldabtretungsvertrag vom 04. März 2016 (Bl. 185 ff. GA).
Dieser enthält neben der Abtretungserklärung eine Eintragungsbewilligung. Der Vertrag
wurde öffentlich beglaubigt (§ 129 BGB; UR Nr. 545/2016 des Notars Hönle aus München,
Bl. 188 GA), so dass die Eintragungsbewilligung in der nach
erforderlichen Form vorlag. Gründe, die gegen eine damit konkludent erteilte umfassende
Verfügungsbefugnis der FMS über die Grundschuld auch vor deren Eintragung in das
Grundbuch sprechen, sind nicht ersichtlich und von der Beteiligten zu 1 auch nicht
vorgetragen.
Von dieser Verfügungsbefugnis war es gedeckt, dass die FMS die S. durch Servicing
Vertrag vom 19. Februar 2019 mit der Verwaltung („Servicing“) u.a. der
streitgegenständlichen Grundschuld beauftragte und sie in diesem Zusammenhang
bevollmächtigte, sie hinsichtlich der Verfügung über die Grundschuld und hinsichtlich der
Abgabe und dem Vollzug von Eintragungsbewilligungen zu vertreten.
Von der Verfügungsbefugnis gedeckt war es ferner, dass die Grundschuld durch die S. als
Vertreterin der FMS geteilt und durch Teil-Abtretungserklärung vom 21. März 2019 ein
nachrangiger Teil von 230.000 € nebst auf diesen Teil entfallenden Zinsen und
Nebenleistungen an die Beteiligte zu 2 abgetreten und insoweit die Eintragungsbewilligung
erteilt wurde.
1.1.2. Der Vollzug dieser Abtretung durch die Eintragung der Teilung der Grundschuld
sowie der Beteiligten zu 2 als neue Gläubigerin des nachrangigen Teils in das Grundbuch
am 16. August 2021 war demnach insgesamt von der Einwilligung der eingetragenen
Gläubigerin i.S. des § 185 Abs. 1 BGB gedeckt.
1.1.3. Die eingetragene Gläubigerin war im Zeitpunkt der Eintragung auch noch
Berechtigte hinsichtlich der Gesamtgrundschuld und auch nicht in ihrer
Verfügungsbefugnis beschränkt. Für die dingliche Rechtslage kommt es nicht darauf an,
dass die FMS zwischenzeitlich weitere Abtretungen hinsichtlich der Grundschuld erklärt
hat - am 03. Juni 2016 an die P. Holding (später aufgehoben) und am 21. Februar 2019 an
die O. S. GmbH -, da diese mangels Eintragung in das Grundbuch allein schuldrechtliche
Wirkung hatten und nur im Verhältnis zum jeweiligen Vertragspartner Ansprüche
begründen konnten. Damit kommt es auch nicht darauf an, ob die O. S. GmbH ihrerseits
die FMS in einem „FMS Administration Agreement“ vom 19. Februar 2019 mit der
Weiterübertragung der Grundschuld im eigenen Namen auf ihre Rechnung ermächtigt hat.
1.1.4. Die erforderliche Einigung bestand auch bis zum Eintragungszeitpunkt fort. Es ist
nicht ersichtlich und von der Beteiligten zu 1 auch weder dargelegt noch nachgewiesen,
dass die von der eingetragenen Gläubigerin konkludent erteilte Einwilligung i.S. des § 185
Abs. 1 BGB von den Zwischenabtretungen beeinträchtigt worden wäre.
Damit lag eine wirksame Verfügung der (nichtberechtigten) FMS über den nachrangigen
Teil der Grundschuld i.H. von 230.000 € mit Einwilligung der berechtigten Gläubigerin vor.
Die Eintragung der Beteiligten zu 2 in Abteilung III zu Ziff. 18.2. als Gläubigerin der
nachrangigen Grundschuld stimmt mit der wahren Rechtslage überein.
1.2. Die Eintragung der Beteiligten zu 3 als Gläubigerin des vorrangigen Grundschuldteils
i.H. von 536.937,82 € zzgl. Zinsen und Nebenleistungen vom 01. April 2022 ist ebenfalls
nicht unrichtig.
Die Beteiligte zu 3 hat diesen Teil der Grundschuld von der eingetragenen Gläubigerin, der
D. P. AG als Rechtsnachfolgerin der W. H. AG erworben.
1.2.1. Der Erwerb erfolgte mit deren Einwilligung i.S. des § 185 Abs. 1 BGB durch
Abtretung der nichtberechtigten O. S. GmbH.
Diese leitete ihre Einwilligung von der FMS ab, die ihrerseits mit
Grundschuldabtretungsvertrag vom 04. März 2016 vollumfänglich von der eingetragenen
Gläubigerin mit der unbeschränkten Verfügung über die Grundschuld insgesamt
ermächtigt worden war (s.o. 1.1.1.).
Von dieser Ermächtigung war es gedeckt, dass die FMS die Grundschuld in der
„Grundschuldabtretungserklärung“ vom 21. Februar 2019 (Bl. 208 ff. GA) ihrerseits
insgesamt an die O. S. GmbH abtrat (Ziff. 2.1.) und dieser eine entsprechende
Eintragungsbewilligung erteilte (Ziff. 3).
Da die Abtretungserklärung vom 21. Februar 2019 nebst Eintragungsbewilligung mit
Urkunde Nr. 739/2019/R des Notars Dr. R. aus M. öffentlich beglaubigt wurde und somit
der Form des
FMS an die O. S. GmbH, ihrerseits unbeschränkt über die Grundschuld zu verfügen.
Dies erfolgte sodann mit der Grundschuldabtretungserklärung vom 17. Januar 2020, in der
die O. S. GmbH, vertreten durch den von ihr insoweit bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. P.
W. die in der Anlage 2 aufgeführte streitgegenständliche Grundschuld insgesamt an die
Beteiligte zu 3 abtrat (Ziff. 2.1.) und deren Eintragung als neue Gläubigerin in das
Grundbuch bewilligte (Ziff. 3.).
1.2.2. Eingetragen in das Grundbuch wurde aufgrund des Antrags der S. vom 24. März
2022 am 01. April 2022 sodann die Beteiligte zu 3 als Gläubigerin (nur) des vorrangigen
Grundschuldteils i.H. von 536.937,82 €.
Damit blieb die Eintragung hinter der Grundschuldabtretungserklärung vom 17. Januar
2020 zurück, wonach die in der Anlage 2 aufgeführte Grundschuld in voller Höhe
(1.500.000 €) übertragen werden sollte. Dies ist jedoch unschädlich.
Zwar muss grundsätzlich die Eintragung inhaltlich mit der Einigung übereinstimmen
(Grüneberg/Herrler, a.a.O., § 873 Rn. 12). Eine Eintragung ist unrichtig und ggfs. nach §
22 GBO zu berichtigen, wenn das eingetragene Recht mangels Übereinstimmung der
Buchung mit der dinglichen Einigung nach § 873 Abs. 1 BGB nicht entstanden und auch
nicht nach § 892 Abs. 1 BGB erworben worden ist. Dass die Eintragung hinter der
dinglichen Einigung zurückgeblieben ist, muss aber nicht die Unrichtigkeit des
Eingetragenen herbeigeführt haben, weil das Recht jedenfalls in dem eingetragenen
Umfang gewollt und damit entstanden sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 1985 –
V ZR 131/83, Rn. 19, juris). Anderes ist zugunsten der Beteiligten zu 1 nicht anzunehmen,
weil die Beweisregel des
Rechtsgeschäfts die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts zur Folge hat, wenn nicht
anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre, im
Grundbuchberichtigungsverfahren nach § 22 GBO nicht gilt. Selbst bei Anwendung des
der Regel den Willen der Beteiligten über das Entstehen wenigstens des Teilrechts
umfasst (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – V ZB 98/15, Rn. 25; vom 6. November
2014 – V ZB 131/13, Rn. 26, beide juris; Staudinger/C Heinze (2018) BGB § 873, Rn.
196). So verhält es sich auch hier: Für den Ausnahmefall von § 139 Halbsatz 2 BGB
kommt es dabei auf den Willen an, den die O. S. GmbH und die Beteiligte zu 3 im
Zeitpunkt der Abtretungserklärung - hypothetisch - gehabt hätten, wenn sie damals mit der
Nichteintragung eines Teiles der gewollten Vereinbarung gerechnet hätten (vgl. BGH, Urteil
vom 15. Februar 1985 – V ZR 131/83, Rn. 19, juris). Da es sich in der Abtretungserklärung
vom 17. Januar 2020 um eine Sammelabtretung zahlreicher in Anlagen im Einzelnen
aufgeführter Grundpfandrechte handelt, ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien
im Zweifel sämtliche in den Anlagen aufgeführten Grundpfandrechte im weitestmöglichen
Umfang übertragen wollten. Für etwas anderes ist jedenfalls nichts ersichtlich und von der
Beteiligten zu 1 auch weder vorgetragen noch gemäß
1.2.3. Bezüglich des vorrangigen Grundbuchteils i.H. von 536.937,82 € war die
eingetragene Gläubigerin im Zeitpunkt der Eintragung vom 01. April 2022 auch
Berechtigte, da hinsichtlich dieses Teils zu diesem Zeitpunkt noch keine dinglich wirksame
Verfügung erfolgt war.
1.2.4. Die Einigung im Zeitpunkt der Eintragung bestand fort. Es ist nichts dafür ersichtlich,
dass die Einwilligung der eingetragenen Gläubigerin (§ 185 Abs. 1 BGB) nicht mehr
gegeben war.
Damit stimmt auch die Eintragung der Beteiligten zu 3 in Abteilung III zu Ziff. 18.1. als
Gläubigerin des vorrangigen Grundschuldteils im Grundbuch mit der wahren Rechtslage
überein.
2. Zu Recht hat das Amtsgericht auch die hilfsweise beantragte Eintragung von
Widersprüchen abgelehnt. Dies würde gemäß
das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung
vorgenommen hätte, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist.
Wie oben ausgeführt, liegt eine Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht vor, so dass es nicht
darauf ankommt, ob das Grundbuchamt die Eintragungen unter Verletzung gesetzlicher
Vorschriften vorgenommen hat.
Da die Beteiligte zu 1 dies ausdrücklich rügt, sei dennoch bemerkt, dass ein Verstoß
gegen den Voreintragungsgrundsatz nicht vorliegt:
derjenige, der die Eintragung nach § 19 GBO bewilligt hat, im Grundbuch voreingetragen
sein muss. Eingetragen sein muss der Inhaber des durch die Verfügung betroffenen
Rechts, nicht jedoch derjenige, der ihn vertritt oder über dessen Recht verfügen kann
(BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 – V ZB 107/10, Rn. 22, juris).
III.
1. Hinsichtlich der Gerichtskosten war eine Kostenentscheidung entbehrlich, weil sich die
Kostentragungspflicht der Beteiligten zu 1 bereits aus §§ 25 Abs. 1, 22 Abs. 1 GNotKG
ergibt.
Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten ergeht in
entsprechender Anwendung des § 84 FamFG. Es ist nichts dafür ersichtlich, warum aus
Gründen der Billigkeit von dem Grundsatz der Kostentragungspflicht des unterlegenen
Rechtsmittelführers abgewichen werden sollte (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Die Beteiligte
zu 2 hat sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.
2. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GBO nicht vorliegen.
3. Die Festsetzung des Geschäftswerts richtet sich nach §§ 61 Abs.1, 53 Abs. 1 GNotKG.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:19.09.2022
Aktenzeichen:3 Wx 127/22
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Grundpfandrechte
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GBO §§ 39, 19; BGB § 185 Abs. 1