Zum Schicksal der Zweckvereinbarung bei Abtretung der gesicherten Forderung ohne die Grundschuld
v.
Rechtsprechung
A.
Bürgerliches Recht
1. EGBGB Art.164; GBO § 29 (Vertretungsberechtigung der
allgäuer Alpgenossenschaften)
1. Die im Allgäu noch bestehenden Alpgenossenschaften
sind juristische Personen alten Rechts, wenn sich nicht
aus ihren Statuten eindeutig etwas anderes ergibt.
2. Die von diesen Alpgenossenschaften gewählten Alpmeister sind nach Maßgabe der jeweiligen Statuten
gesetzliche Vertreter.
3. Die Eigenschaft der Alpmeister als gesetzliche Vertreter
muß für Grundbucherklärungen durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden, etwa durch notarielle Beurkundung der Wahlversammlung.
= BayObLGZ 1991 Nr. 6 — mitgeteilt vonJohann Demharter,
Richter am BayObLG
2.
bei Abtretung der gesicherten Forderung ohne die Grundschuld)
Tritt der Gläubiger die durch eine Grundschuld gesicherte
Forderung ab, so steht dem Sicherungsgeber ein Anspruch
auf Rückgewähr der Grundschuld nur dann zu, wenn nach
den Gesamtumständen der Sicherungszweck entfallen ist.
BGH, Urteil vom 2.10.1990 — XI ZR 205/89 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Vorsitzender Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Die der B. R. AG (im folgenden B.) gegen den Kläger zustehenden Darlehensforderungen waren auf dem Grundstück des Klägers, Grundbuch des Amtsgerichts A. für 0., Band ., Blatt ..., FINr.... durch
folgende in Abteilung III, Nr.3-6 eingetragene Grundschulden
gesichert:
Nr.3: Grundschuld über DM 160.000,Nr.4: Grundschuld 'ohne Brief über DM 115.000,Nr.5: Grundschuld über DM 61.200,Nr.6: Grundschuld über DM 29.000,—.
Durch Vertrag vom 7.7.1983 verkaufte und übertrug die B. ihre Forderungen gegen den Kläger, die sie auf 435.822,42 DM bezifferte, an
H.-J. G., für den der Kläger damals als Steuerberater tätig war. Die zur
Sicherung bestellten Grundschulden verblieben jedoch bei der B.
Als G. und seine Unternehmensgruppe in der zweiten Jahreshälfte
1985 zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten, vereinbarten der Kläger und G. am 17.9.1985 u. a., daß sich G. bei der B. um
die Löschung der auf dem Grundstück des Klägers lastenden Grundschulden bemühen werde. Mit der Löschung sollten alle noch offenen Forderungen des Klägers aus seiner Steuerberatertätigkeit für G.
ausgeglichen sein. Die Freigabe der Sicherheiten scheiterte jedoch.
Die Grundschulden wurden von der B. an die Beklagte abgetreten.
Außerdem teilte die Beklagte dem Kläger durch Schreiben vom
30.7.1986 mit, G. habe die 1983 von der B. erworbenen Darlehensforderungen gegen den Kläger in einer inzwischen auf 540.403,86 DM
angewachsenen Höhe an sie abgetreten.
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Löschung der Grundschulden. Er bestreitet die Höhe der Forderungen und beruft sich auf
die zwischenzeitliche Aufrechnung mit Honorarforderungen gegen
G. Er macht geltend, daß der Beklagten allenfalls noch eine geringe
Restforderung zustehe. Auch diese sei jedoch durch die Grundschulden nicht gesichert, weil die B. nach dem Verkauf der Forderungen
ohne die Grundschulden keinen Anspruch auf die Sicherheiten mehr
gehabt habe. Die Sicherungsvereinbarung habe sich nur auf die Forderungen der B. gegen den Kläger bezogen. Mit dem Verkauf und der
isolierten Übertragung der Forderungen an G. sei der rechtliche:
Grund für die Einräumung der Grundschulden entfallen, so daß der
Kläger die Rückgewähr der Grundschulden beanspruchen könne.
Beklagte ist der Ansicht, daß die Verweigerung der Zustimmung zur
Löschung der Grundschulden im Hinblick auf die ihr zustehenden
Forderungen berechtigt sei.
Durch Teilurteil vom 23.3.1988 verurteilte das Landgericht die Beklagte zur Bewilligung der Löschung der oben aufgeführten Grundschulden. Soweit der Kläger die Feststellung beantragt hatte, daß die
Beklagte keine 23.311,09 DM übersteigende Forderung gegen den
Kläger habe, blieb der Rechtsstreit beim Landgericht anhängig. Das
Berufungsgericht hob das Teilurteil auf und verwies die Sache zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger hinsichtlich der unter Nr.4-6
in Abteilung III eingetragenen Grundschulden die Klage weiter. Die
Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg.
Aus den Gründen:
I....
II. Die Ausführungen des Berfungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
Einen Anspruch auf Aufhebung der Grundschulden könnte
der Kläger gegenüber der Beklagten aus
herleiten. Der Grundstückseigentümer, der einem Gläubiger
eine Sicherungsgrundschuld bestellt, hat aus dem Sicherungsvertrag bei Wegfall des Sicherungszwecks einen Anspruch auf Verzicht oder auf Aufhebung der Grundschuld.
Bei unwirksamer oder fehlender Sicherungsabrede ergibt
sich dieser Anspruch aus
Sicherungszweck der Grundschuld verabredet und der Partei
des Sicherungsvertrages war (BGH, Urteil vom. 25.10.1984 —
IX ZR 142/83,
nicht entfallen ist.
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht von einem Sicherungsvertrag ausgegangen. Nach der Darlegung des Klägers existierte zwar keine schriftliche Zweckerklärung. Doch hat
sich der Kläger unwidersprochen auf eine Sicherungsabrede
berufen. Aus dem Darlehensvertrag vom 20. 5.1980 läßt sich
MittBayNot 1991 Heft 2 71
zudem entnehmen, daß die Darlehensgewährung gegen die
Einräumung von Grundschulden erfolgen sollte. Ist eine
Grundschuld bestellt und - wie hier — zugunsten des
Sicherungsgebers valutiert, so kann auf eine wenigstens
konkludente Sicherungsabrede geschlossen werden
(Erman/Räfle, BGB, B. Aufl., § 1191 Rdnrn. 5 und 6). In der Praxis wird weitgehend davon abgesehen, den Inhalt des Sicherungsvertrages zusammengefaßt und vollständig schriftlich
niederzulegen. In diesen Fällen ergeben sich die Rechte und
Pflichten der Beteiligten aus dem Inhalt und dem Zweck des
Kreditverhältnisses, aus dem die durch die Grundschuld zu
sichernden Forderungen erwachsen (Staudinger/Scherübl,
BGB, 11.Aufl., § 1191 Rdnrn. 15 und 19). Unter den gegebenen
Umständen ist danach davon auszugehen, daß die Sicherungsabrede alle damaligen Forderungen der B. gegen den
Kläger in den Deckungsbereich der Grundschulden einbezog.
2. Dieser Sicherungszweck ist durch den Verkauf und die
isolierte Abtretung der Forderungen der B. gegen den Kläger
an G. durch den Vertrag vom 7.7.1983 nicht entfallen.
a) Die isolierte Forderungsabtretung ist nicht unwirksam, da
die Sicherungsabrede — jedenfalls soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist — in der Regel kein Abtretungsverbot im Sinne des
schuldrechtliche Verpflichtung begründet, die Zweckbindung der Grundschuld zu erhalten (BGH, Urteil vom 13.5.1982
— III ZR 164/80,
Banken; BGH, Urteil vom 4.7.1986 — V ZR 238/84, ZIP 1986,
1454/1456; Erman/Räfle a. a. O. § 1191 Rdnr. 55; Staudinger/
Scherübl a. a.O. § 1191 Rdnr. 38 und 39; a. A. MünchKomm/
Eickmann, § 1191 Rdnrn. 24 und 56). Durch die isolierte
Abtretung der Forderung stand der B. keine- sicherungsfähige Forderung gegen den Kläger mehr zu. Die Kaufpreisforderung der B. gegen G. war durch die Grundschulden
nicht gesichert, da entsprechende schriftliche Sicherungsvereinbarungen zwar von der B. vorbereitet, von dem Kläger
aber nicht unterzeichnet wurden.
b) Zwar kann mit der isolierten Abtretung der Forderung die
endgültige Erledigung des Sicherungszwecks verbunden
sein, was dazu führt, daß der Sicherungsgeber und Schuldner vom Sicherungsnehmer die Rückgewähr der Grundschulden verlangen kann (BGH,
Erman/Räfle a. a. O. § 1191 Rdnr. 55). Es ist jedoch auch möglich, daß keine Zweckerledigung eintritt und daß die bei der
isolierten Forderungsabtretung in der Hand des bisherigen
Gläubigers verbleibende Grundschuld trotzdem die abgetretene - Forderung weiter sichert. Dies hängt davon ab, ob von
den Beteiligten — möglicherweise auch stillschweigend —
eine entsprechende Sicherungsvereinbarung getroffen
wurde.
c) Im vorliegenden Fall sind die zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen dahin auszulegen, daß die Sicherungsfunktion der Grundschulden auch nach der isolierten
Abtretung für die abgetretenen Forderungen fortbestehen
sollte. Davon geht offenbar auch das Berufungsgericht im
Ergebnis aus, wenn seine Ausführungen auch eine Auslegung in tatsächlicher Richtung vermissen lassen. Aufgrund
des unstreitigen Sachverhalts und der übrigen Feststellungen im Berufungsurteil ist der Senat jedoch in der Lage, die
erforderliche Auslegung selbst vorzunehmen. Das gilt auch
dann, wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht
kommen (
_der B. abgeschlossenen Forderungskaufvertrag vom 7.7.1983
ist zu entnehmen, daß die B: die Sicherungsfunktion der
Grundschulden für das dem Käger gewährte Darlehen durch
den kreditierten Forderungsverkauf an G. jedenfalls nicht als
erledigt ansah. Das geht insbesondere aus Abschnitt III der
Vereinbarung hervor, wonach die Grundschulden der B. als
Sicherheit für alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen dienen sollten, die die B. gegenüber Herrn G. aus der
Finanzierung des Forderungsverkaufs hatte. Die Sicherungsfunktion der Grundschulden bestand auch mit der stillschweigenden Zustimmung des Klägers weiter. Der Kläger
ist über die Einzelheiten der isolierten Forderungsabtretung
informiert gewesen. Sie entsprach auch seinen Wünschen,
da sie ihm die Möglichkeit der Aufrechnung mit Honorar.
forderungen gegen G. eröffnete. Der Kläger ging in Ziffer 3
der Vereinbarung vom 17.9.1985 mit G. offensichtlich selbst
von der fortbestehenden Sicherungsfunktion der Grundschulden aus. Das wird aus der darin von G. gegenüber dem
Kläger eingegangenen Verpflichtung deutlich, sich um die
Löschung der auf dem Grundstück des Klägers lastenden
Grundschulden zu bemühen, was nur durch die Bezahlung
des Kaufpreises für die abgetretenen Forderungen durch G.
hätte geschehen können. Die Vereinbarungen der Beteilig.
ten liefen offenbar darauf hinaus — worauf die Beklagte in
der Revisionsinstanz hingewiesen hat —, daß an G. auch die
— weiter als Sicherheit dienenden — Grundschulden abgetreten werden sollten, sobald er den für die abgetretenen
Forderungen vereinbarten Kaufpreis an die B. entrichtet
hatte.
3. BGB §§ 812; 818 Abs. 1, 2 (Keine Pflicht des Bereicherungsschuldners zur Beseitigung von zwischenzeitlich eingetragenen Belastungen)
1. Hat der Bereicherungsschuldner ein rechtsgrundlos
erlangtes Grundstück mit Grundpfandrechten belastet,
so ist er nach
die Belastung vor der Herausgabe des Grundstücks zu
beseitigen. Er hat vielmehr Wertersatz nach § 818 Abs. 2
BGB zu leisten.
2. Die Anwendung des
daß der Bereicherungsgläubiger Wertersatz nur Zug um
Zug gegen Befreiung des Bereicherungsschuldners von
der durch das Grundpfandrecht gesicherten schuldrecht•.
lichen Verbindlichkeit verlangen darf.
BGH, Urteil vom 26.10.1990 — V ZR 22/89 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Vorsitzender Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 4.3.1985 verkaufte der Kläger den Beklagten ein Gaststättengrundstück zum Preise von 30.000 DM. Die Beklagten verpflichteten sich zur Renovierung und Eröffnung einer
Gaststätte bis zum 15.5.1986. In derselben Urkunde wurde die Auflassung erklärt; zugleich wurde von den Beklagten die Eintragung einer
beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sowie einer Grunddienstbarkeit in das Grundbuch bewilligt, wonach auf dem Grundstück weder Bier noch andere alkoholische oder alkoholfreie Getränke hergestellt, gelagert oder vertrieben werden durften. Dazu vereinbarten die
Parteien, daß der Kläger als Berechtigter, auf die Ausübung der
Dienstbarkeiten solange verzichtet, wie die Beklagten ihren Verpflichtungen aus einem am selben Tag abgeschlossenen Getränkebezugsvertrag, der Bestandteil des Grundstückskaufvertrages war,
nachkommen.
Nach Umschreibung des Eigentums belasteten die Beklagten das
Grundstück mit zwei Grundschulden im Nennbetrag von zusammen
220.000 DM. Im Februar 1987 widerriefen sie den Getränkebezugsvertrag unter Berufung auf die Vorschriften des Abzahlungsgesetzes.
MittBayNot 1991 Heft 2
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:02.10.1990
Aktenzeichen:XI ZR 205/89
Erschienen in: Normen in Titel:BGB §§ 1192, 1169