Verbot der Vermietung an die für Unterbringung von Asylbewerbern zuständige Behörde in Gemeinschaftsordnung; Prüfungsmaßstab des Grundbuchamts bei Eintragung von Änderungen der Gemeinschaftsordnung
letzte Aktualisierung: 5.12.2024
KG, Beschl. v. 19.9.2024 – 1 W 410/23-448/23
WEG §§ 5, 7, 10, 13;
Verbot der Vermietung an die für Unterbringung von Asylbewerbern zuständige Behörde in Gemeinschaftsordnung;
Prüfungsmaßstab des Grundbuchamts bei Eintragung von Änderungen der Gemeinschaftsordnung
Eine Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, wonach
den Eigentümern die Vermietung ihres Sondereigentums an die für die Unterbringung von
Asylbewerbern zuständige (Landes-)Behörde untersagt wird, ist nicht offensichtlich unwirksam.
Das Grundbuchamt hat deshalb keinen Anlass, den Antrag auf Eintragung einer entsprechenden
Ergänzung der Gemeinschaftsordnung in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern zu
beanstanden.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1 war Eigentümerin des im Grundbuch von xxx Blatt xxx eingetragenen
Grundstücks. Sie teilte das Grundstück in 36 Wohnungseigentums- und drei
Teileigentumsrechte auf, was von dem Grundbuchamt am 7. Mai 2020 durch Schließung des
Grundstücksgrundbuchs und Anlegung der im Beschlusseingang bezeichneten Wohnungs- und
Teileigentumsgrundbücher vollzogen wurde.
Am 25. Januar 2021 wurde die Beteiligte zu 2 in Abt. I lfd. Nr. 2 des Teileigentumsgrundbuchs
Blatt xxx anstelle der Beteiligten zu 1 eingetragen.
Am 28. Juni 2023 bewilligten zwei Vertreterinnen der Beteiligten zur UVZ-Nr. xxx/2023 des
Notars xxx in Berlin die Eintragung von Änderungen der Gemeinschaftsordnung in den
Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern. U. A. enthält die Urkunde unter Punkt „I.
Änderung Nutzung“ folgende Bestimmung:
„Teil B § 2) Art und Umfang der Nutzungen) wird in Abs. 4 2. Unterabsatz wie folgt neu
gefasst: (…)
Insgesamt in allen Sondereigentumseinheiten ausgeschlossen ist die Vermietung an das
Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGESO) und vergleichbarer Behörden, Institutionen
und Träger zum Zwecke der Unterbringung von Asylbewerbern.“
Unter dem 25. Juli 2023 hat Notar xxx unter Beifügung seiner UVZ-Nr. xxx2023 deren Vollzug
in den Grundbüchern beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Verfügung vom 4. September
2023 unter Fristsetzung eine Abänderung der Urkunde für erforderlich erachtet, weil die oben
zitierte Bestimmung gegen
6. Dezember 2023, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 7. Dezember 2023 nicht
abgeholfen hat.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig,
lediglich Punkt 1 der angefochtenen Zwischenverfügung. Nur dagegen richtet sich das
Rechtsmittel, was nicht zu beanstanden ist, weil jedes in einer Zwischenverfügung aufgeführte
Eintragungshindernis eine Entscheidung im Sinne von
Erhebung der Beschwerde statthaft ist (Demharter, GBO, 33. Aufl., § 71, Rdn. 34).
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte
Eintragungshindernis besteht nicht, so dass insoweit kein Anlass für den Erlass der
Zwischenverfügung bestand, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.
a) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und Beschlüsse
aufgrund einer solchen Vereinbarung können nach den Vorschriften der §§ 10 ff WEG zum
Inhalt des Sondereigentums gemacht werden,
Vereinbarungen, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse,
die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines
Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen
sind,
Vereinbarungen in diesem Sinne sind die Verträge der Wohnungseigentümer, durch die sie ihr
Verhältnis untereinander regeln. Darum geht es vorliegend. Die Aufteilung des Grundstücks in
Wohnungs- und Teileigentumsrechte beruhte auf der Teilungserklärung der Beteiligten zu 1
vom 19. Juli 2019 – UR-Nr. xxx/2019 des Notars xxx in Berlin – und den sie ergänzenden
Erklärungen vom 10. September 2019 und 9. April 2020 - UR-Nr. xxx/2019 und xxx/2020
desselben Notars. Die Erklärungen enthielten eine Gemeinschaftsordnung, deren
Bestimmungen durch Bezugnahme in den jeweiligen Bestandsverzeichnissen der Grundbücher
zum Inhalt der Sondereigentumsrechte geworden ist, § 7 Abs. 4 S. 1 WEG.
Die Änderung bzw. Ergänzung dieser Gemeinschaftsordnung haben die Beteiligten zu 1 und 2
am 28. Juni 2023 übereinstimmend zur UVZ-Nr. xxx/2023 des Notars xxx erklärt und die
Eintragung in den Grundbüchern bewilligt
b) Der Senat hat wiederholt entschieden, dass das Grundbuchamt eine gemäß §§ 19 GBO, 10
Abs. 1 S. 2, 5 Abs. 4 S. 1 WEG zur Eintragung bewilligte Vereinbarung über das Verhältnis der
Wohnungseigentümer untereinander nur beanstanden kann, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das
Grundbuch durch die Eintragung unrichtig würde, weil die Bestimmung unwirksam oder
unbeachtlich ist (Senat, September 2016 – 1 W 93/16 –
3. Aufl., §, Rdn. 60; Armbrüster, in: Bärmann, WEG, 15. Aufl., §, Rdn. 127). Als
Prüfungsmaßstab kommen dabei die
Gemeinschaftsordnung hiergegen verstößt, ist nicht offensichtlich.
aa) Grundsätzlich kann jeder Wohnungseigentümer mit seinem Sondereigentum nach Belieben
verfahren, es insbesondere vermieten,
kann aber das Recht auf Vermietung des Sondereigentums auch beschränkt oder für bestimmte
Fälle ganz ausgeschlossen werden (BGH,
wird vertreten, dass solche Vereinbarungen den in
standzuhalten hätten. Diskriminierende Vermietungsverbote in diesem Sinne seien unwirksam
(Suilmann, in: Bärmann, a.a.O., § 13, Rdn. 121). Beispielhaft werden dazu Regelungen genannt,
die es generell verbieten, eine Eigentumswohnung an Asylbewerber oder sonstige Ausländer zu
vermieten (Ehmann, ZWE, 2016, 342, 344, 349). Um eine solche Regelung geht es hier aber
nicht.
bb) Allerdings ist eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen
Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen
Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse,
die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer
Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der
Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu
vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen unzulässig, § 19
Abs. 1 Nr. 1 AGG.
Vorliegend käme allenfalls eine Diskriminierung wegen der ethischen Herkunft in Betracht, weil
es sich bei Asylbewerbern immer um Ausländer handelt, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Hingegen
vermag der Senat insoweit eine Diskriminierung nicht zu erkennen.
Die von dem Grundbuchamt beanstandete Regelung verbietet es den Eigentümern schon nicht,
ihr Sondereigentum unmittelbar an Asylbewerber zu vermieten, „sonstige Ausländer“ werden
erst gar nicht genannt. Tatsächlich werden nur Vermietungen an das beispielhaft bezeichnete -
allerdings bereits seit dem 1. August 2016 in Berlin nicht mehr zuständige, vgl. § 2 Abs. 1 Gesetz
zur Errichtung eines Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten vom 14. März 2016,
FlüLAErrG BE (GVBl. 93) - Landesamt für Gesundheit und Soziales zum Zwecke der
Unterbringung von Asylbewerber untersagt. In Berlin ist seither das Landesamt für
Flüchtlingsangelegenheit u.a. zuständig für die Beschaffung von Heim- und Wohnplätzen für
Asylbewerberinnen und Asylbewerber durch Verträge mit Dritten, Ziffer 2 der Anlage 1 zu § 2
Abs. 1 FlüLAErrG. Die Beschaffung solcher Wohnplätze wird Voraussetzung für die
Entscheidung über die Verpflichtung eines Asylbewerbers sein, in einer bestimmten Wohnung
zu wohnen oder in eine solche umzuziehen, § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 oder 2 AsylG.
Von der beanstandeten Regelung werden Asylbewerber somit allenfalls mittelbar betroffen und
auch nur solche, die nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu
wohnen und deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist. Nur diesen Asylbewerbern kann die
Verpflichtung auferlegt werden, eine bestimmte Wohnung zu beziehen, § 60 Abs. 2 S. 1 AsylG.
Eine Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft ist danach nicht offensichtlich,
sondern eher fernliegend.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:19.09.2024
Aktenzeichen:1 W 410/23-448/23
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Grundbuchrecht
WEG
WEG §§ 5, 7, 10, 13; BGB § 134