Zur Entbehrlichkeit der Voreintragung nach § 40 GBO
letzte Aktualisierung: 24.3.2021
KG Berlin, Beschl. v. 22.10.2020 – 1 W 1357/20
GBO §§ 39, 40
Zur Entbehrlichkeit der Voreintragung nach § 40 GBO
1. Die Voreintragung des Berechtigten ist nicht gemäß § 40 GBO entbehrlich, wenn der Erbe
ohne gleichzeitigen Eigentumsübergang eine Belastung des Grundstücks eintragen lassen will.
2. Anderes gilt, wenn nicht der Erbe, sondern ein Bevollmächtigter aufgrund einer von dem noch
als Eigentümer eingetragenen Erblasser erteilten transmortalen Vollmacht über das Grundstück
verfügt (Fortführung von Senat, Beschluss vom 2. August 2011 – 1 W 243/11, FGPrax 2011,
270).
Gründe
I.
Die eingetragene Eigentümerin des im Beschlusseingang bezeichneten Wohnungseigentums
ist am 29. Dezember 2019 verstorben. Sie hatte zu notarieller Urkunde vom 16. Mai 2014
(UR-Nr. 1.../2... des Notars ...... W...) ihrer Schwiegertochter B... G...x umfassende
Vollmacht erteilt, sie in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Die
Vollmacht sollte nach Ziffer I der Urkunde nicht durch den Tod der Vollmachtgeberin
erlöschen.
B...x G...x verkaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. Mai 2020 (UR-Nr. 1.../2...
des Notars ...x W...) unter Bezugnahme auf die Vollmacht vom 16. Mai 2014 das
Wohnungseigentum an den Beteiligten zu 2. Sie bewilligte die Eintragung einer
Eigentumsvormerkung zugunsten des Beteiligten zu 2 und erteilte diesem die Vollmacht,
das Wohnungseigentum schon vor seiner Eintragung als Eigentümer mit
Grundpfandrechten zu belasten. Zu notarieller Urkunde desselben Tages (UR-Nr. 1.../2...
des Notars ...x W...) bewilligte der Beteiligte zu 2 unter Bezugnahme auf die
Belastungsvollmacht die Eintragung einer Grundschuld zugunsten der Beteiligten zu 3. Die
Eigentumsvormerkung ist am 9. Juni 2020 im Grundbuch eingetragen worden. Nunmehr
beantragen die Beteiligten die Eintragung der Grundschuld.
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 13. Juli 2020 darauf hingewiesen, dass
vor der Eintragung der Grundschuld zunächst die Erben nach der eingetragenen
Eigentümerin im Grundbuch eingetragen werden müssten, wofür es eines entsprechenden
Antrags der Erben und des Nachweises der Erbfolge bedürfe.
Die Beteiligten sind unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des OLG Celle vom 16.
August 2019 (
2019, 189) der Ansicht, die Erben müssten nicht voreingetragen werden. Ihrer Beschwerde
vom 30. Juli 2020 hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (
beantragten Eintragung ist die Voreintragung der Erben nicht erforderlich.
Gemäß
sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. Die Vorschrift soll einerseits dem
Grundbuchamt die Legitimationsprüfung erleichtern, andererseits den eingetragenen
Berechtigten dagegen sichern, dass ungeachtet der Vermutungswirkung des
anderer unbefugt über das Recht verfügt (Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den
Reichs-Justizgesetzen, Band 5, S. 163). Gemäß
anzuwenden, wenn die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des
eingetragenen Berechtigten ist und die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts
eingetragen werden soll oder wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung des
Erblassers oder eines Nachlasspflegers begründet wird. Das gleiche gilt gemäß § 40 Abs. 2
GBO für eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines Testamentsvollstreckers, sofern
die Bewilligung gegen den Erben wirksam ist.
1.
Zutreffend ist das Grundbuchamt davon ausgegangen, dass keiner der gesetzlich
ausdrücklich geregelten Fälle des § 40 GBO erfüllt ist. § 40 Abs. 1, 1. Alt. GBO ist auch
nicht deshalb entsprechend anwendbar, weil es sich bei der einzutragenden Grundschuld
augenscheinlich um eine Finanzierungsgrundschuld handelt. Allerdings ist nach nahezu
allgemeiner Ansicht eine Voreintragung der Erben analog § 40 Abs. 1, 1. Alt. GBO
entbehrlich, wenn statt der Übertragung des Rechts zunächst nur eine
Eigentumsvormerkung eingetragen werden soll (BGH
Aufl., § 40 Rdn. 17; Zeiser in Hügel, GBO, 4. Aufl., § 40 Rdn. 20; Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht, Rdn. 142c). Diese Analogie rechtfertigt sich daraus, dass die Vormerkung
allein dazu dient, die endgültige Übertragung vorzubereiten und zu sichern, und sie in ihrem
rechtlichen Bestand von dem Bestand des gesicherten Übertragungsanspruchs abhängig ist
(Senat,
Übertragung oder Aufhebung des ererbten Rechts sei die Voreintragung der Erben weder
zur Vereinfachung der Buchführung noch durch die Interessen Dritter geboten, weshalb die
dem Erben entstehenden Eintragungskosten ohne Zweck seien (Hahn/Mugdan a.a.O. S.
164 zum damaligen
bewerten, weil sich deren Bedeutung in der Sicherung des Übertragungsanspruchs erschöpft
und sie sowohl nach Durchführung der Eigentumsübertragung als auch bei Scheitern des
darauf gerichteten Vertrages bei entsprechendem Nachweis im Grundbuch im Wege der
Berichtigung zu löschen ist.
Bei einem Antrag auf Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld besteht keine
vergleichbare Rechts- und Interessenlage (Senat,
Finanzierungsgrundschuld wird zwar ebenfalls im sachlichen Zusammenhang mit der
(beabsichtigten) Übertragung eines Grundstücks eingetragen, jedoch ist hier die Eintragung
des Berechtigten nicht zwecklos, sondern durch Interessen Dritter geboten. Ebenso wenig
wie bei der Eigentumsvormerkung steht bei der Finanzierungsgrundschuld fest, dass die
Eintragung des Käufers im Grundbuch überhaupt oder gar „innerhalb verhältnismäßig
kurzer Zeit“ nachfolgen wird. Anders als die Eigentumsvormerkung wäre die Grundschuld
allerdings weder bei Erfüllung noch bei Scheitern des Übertragungsanspruchs als unrichtig
zu löschen. Sie bleibt eingetragen, ohne dass die Berechtigung des Bewilligenden aus dem
Grundbuch nachvollzogen werden kann.
2.
Handelt der Verfügende nicht aufgrund einer – vermeintlichen oder nachgewiesenen –
Erbenstellung (so der Sachverhalt zu der Entscheidung des Senats in
sondern als Inhaber einer von dem eingetragenen Eigentümer ausgestellten transmortalen
Vollmacht, so ist eine Ausnahme von dem Voreintragungsgebot des
entsprechend § 40 Abs. 1, 2. Alt, Abs. 2 GBO geboten. Diese Analogie knüpft nicht an den
Inhalt der einzutragenden Verfügung, sondern an die Person des – wirksam – Verfügenden
an (zutreffend Ott, a.a.O.).
Die für eine Analogie erforderliche Regelungslücke im Gesetz liegt offensichtlich vor. Der
Gesetzgeber wollte mit den Regelungen in § 40 GBO, die nicht die Übertragung oder
Aufhebung des Rechts (§ 40 Abs. 1, 1. Alt. GBO) betreffen, Fälle erfassen, in denen aus
irgendeinem Grunde die Person des Erben noch nicht feststeht, aber die Erklärung des
Verfügenden (Erblasser, Nachlasspfleger, Testamentsvollstrecker) für und gegen die Erben
bindend ist (Hahn/Mugdan a.a.O. S. 164, 165). Für diese Fälle sollte die Lage desjenigen,
der eine Eintragung verlangen kann, erleichtert werden (Hahn/Mugdan a.a.O.). Dabei hat
der Gesetzgeber die gesetzliche Regelung nicht auf den Fall beschränkt, dass tatsächlich die
Person des oder der Erben noch nicht bekannt ist, sondern im gesetzlichen Tatbestand
solche Fälle aufgeführt, in denen ein anderer als der zur Zeit der Eintragung berechtigte
Erbe die Bewilligung mit Wirkung für und gegen die Erben unabhängig von deren
Ermittlung und deren Willen abgeben konnte. Eine entsprechende Situation liegt aber auch
vor, wenn der Erblasser zwar nicht selbst bereits verfügt hat, jedoch transmortal einen
Dritten zur Verfügung über sein Vermögen oder – nach seinem Tod seinen Nachlass mit
Wirkung für und gegen die Erben bevollmächtigt hat. Dafür, dass der Gesetzgeber diese
Konstellation bedacht hat und nicht in gleicher Weise regeln wollte, sind keine
Anhaltspunkte ersichtlich.
Die gesetzlich geregelten Fälle und der ungeregelte Fall sind so vergleichbar, dass eine
unterschiedliche Behandlung nicht sachgemäß wäre (a.A. Dressler-Berlin, FGPrax 2020,
12f). Auch der Erwerber eines Grundstücks oder Rechts an einem Grundstück, der dieses
im Vertrauen auf eine notariell beurkundete transmortale Vollmacht des eingetragenen
Eigentümers erwerben will, hat ein berechtigtes Interesse daran, den Vollzug des Vertrages
betreiben zu können, ohne zuvor die Erben ermitteln und eintragen lassen zu müssen. Eine
solche einfache und zügige Abwicklung wird häufig aus der Sicht des Erblassers gerade der
Sinn der Erteilung einer transmortalen Vollmacht sein.
Dem ist nicht entgegenzuhalten, dass im Falle einer transmortalen Vollmacht die Person des
Erben ohnehin ermittelt werden müsse, um ausschließen zu können, dass der
Bevollmächtigte Alleinerbe geworden und die Vollmacht durch Konfusion erloschen sein
könnte (vgl. OLG Hamm,
Bevollmächtigten annimmt, aber eine generelle Nachweispflicht für deren Nichteintritt
ablehnt). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Vollmacht dem Alleinerben auch nach
dem Erbfall noch eine über die Erbenstellung hinausgehende Rechtsmacht verleiht, die
nicht erlischt (so Wendt,
jedenfalls für die Prüfung der Wirksamkeit der Bewilligung bedarf es keiner Aufklärung der
Erbfolge, weil gerade im Falle des Nachweises der Alleinerbenstellung der Erbe als solcher
ebenfalls zur Bewilligung der Eintragung berechtigt wäre (Böttcher,
argumentierend mit dem Fortbestand der Legitimationswirkung der Vollmacht: OLG
München,
Die Person des Erben muss bei Verwendung einer transmortalen Vollmacht auch nicht
deshalb ermittelt werden, weil ausgeschlossen werden müsste, dass der Erbe minderjährig
ist und zu der Verfügung über das Grundstück eine Genehmigung nach
erforderlich ist. Die familiengerichtliche Genehmigung ist in diesen Fällen nicht erforderlich
(
ermöglichten Verfügungen über das ererbte Grundvermögen ist auch nicht geboten. Die
Vertretungsmacht aus der transmortalen Vollmacht beschränkt sich auf den Nachlass.
Dieser ist dem Erben von vornherein nur mit der Beschränkung angefallen, dass der
Bevollmächtigte darüber bis zu einem etwaigen Widerruf der Vollmacht noch verfügen
kann. Für den Erben verhält es sich nicht anders, als wenn der Erblasser selbst noch zu
Lebzeiten die Eintragung einer Verfügung über das Grundstück bewilligt hätte.
3.
Die Analogie zu § 40 Abs. 1, 2. Alt., Abs. 2 GBO führt dazu, dass bei einer Belastung des
Grundstücks ohne gleichzeitige Auflassung der Erbe voreingetragen werden muss, wenn er
(aufgrund seiner Erbenstellung) selbst verfügt, währen der im Namen des Erben handelnde
Vertreter, der seine Vollmacht von dem Erblasser erhalten hat, ohne eine solche
Voreintragung des Erben verfügen kann. Dieser Unterschied ist jedoch durch Sinn und
Zweck des Voreintragungsgrundsatzes sachlich gerechtfertigt (a.A. Böttcher in Meikel
a.a.O., § 40 Rdn. 28; Cramer,
des § 40 Abs. 1, 1. Alt. GBO – gemäß
neuer Berechtigter grundbuchlich zu dokumentieren und damit das Verfahren des
Grundbuchamts zu erleichtern und die Interessen Dritter zu schützen. Die Legitimation
eines transmortal Bevollmächtigten leitet sich hingegen gerade nicht von dem noch nicht
eingetragenen Erben ab. Sie kann nicht durch die Eintragung des Erben, sondern nur durch
die Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden. Letztere wird weder für das Grundbuchamt
noch für Dritte durch eine Eintragung der Erben besser nachvollziehbar oder sicherer
dokumentiert.
Die unterschiedliche grundbuchliche Behandlung einer Bewilligung des Erben einerseits
und einer Bewilligung des Bevollmächtigten andererseits zwingt auch nicht dazu, für die
Frage der Voreintragung Nachweise zu erfordern, dass die Vollmacht nicht durch
Konfusion erloschen ist. Die transmortale Vollmacht wird gerade ausgestellt, um dem
Bevollmächtigten das Handeln ohne Nachweis der Erbfolge zu ermöglichen. Sie bleibt
Eintragungsgrundlage, wenn der Bevollmächtigte sie als solche verwendet, jedenfalls
solange nicht der Nachweis, dass er Alleinerbe des eingetragenen Eigentümers geworden ist,
in der Form des
Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde besteht kein Anlass für eine Zulassung der
Rechtsbeschwerde.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:22.10.2020
Aktenzeichen:1 W 1357/20
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
BWNotZ 2020, 357-360
Normen in Titel:GBO §§ 39, 40