OLG Hamm 22. August 1991
15 W 166/91
WEG § 5 Abs. 2; BGB § 140

Keine Sondereigentumsfähigkeit von Außenfenstern; Umdeutung einer unwirksamen Bestimmung einer Teilungserklärung

9. § 5 Abs. 2 WEG; § 140 BGB (Keine Sondereigentumsfähigkeit von Außenfenstern; Umdeutung einer unwirksamen Bestimmung einer Teilungserklärung)
1. Die Bestimmung einer Teilungserklärung, durch die die
Außenfenster dem Sondereigentumsbereich zugeordnet
werden, ist gern. § 5 Abs. 2 WEG unwirksam.
2. Eine solche Bestimmung kann im Einzelfall dahin umgedeutet werden, daß der jeweilige Wohnungs- bzw. Teileigentümer die Instandhaltungspflicht in bezug auf die
Außenfenster zu tragen hat.
OLG Hamm, Beschluß vom 22.8.1991 — 15 W 166/91 — mitgeteilt von Konrad Arps, Richter am OLG Hamm
Aus dem Tatbestand:
Bei der streitgegenständlichen Wohnungseigentumsanlage handelt
es sich um ein Einkaufszentrum, das aus 205 Wohnungs- und 30 Teileigentumseinheiten besteht. Die Beteiligte zu 2) ist Miteigentümerin
mehrerer Wohnungs- und Teileigentumseinheiten. Im vorliegenden
Verfahren streiten die Beteiligten darüber, ob die Kosten der Instandhaltung der Schaufensterscheiben der Ladenlokale von der Beteiligten zu 2) als Teileigentümerin oder von der Gemeinschaft aller
Wohnungs- und Teileigentümer zu tragen sind. Die Teilungserklärung
vom 29.7.1975 regelt dazu das folgende:
Ziffer 2.3.1 enthält eine nähere Regelung des Umfangs des Sondereigentums. Als Gegenstand des Sondereigentums sind dabei im
Rahmen eines umfangreichen Katalogs unter Buchstabe 1) auch die
Außenfenster und Rolläden aufgeführt. Nach Ziffer 3.6.1 sind die
Raumeigentümer verpflichtet, die im Sondereigentum stehenden
Gebäudeteile, Anlagen und Einrichtungen auf ihre Kosten soweit
instand zu setzen, daß das gemeinschaftliche Eigentum nicht beeinträchtigt und keinem der anderen Raumeigentümer über das bei
einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein
Nachteil erwächst. Hingegen sind die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile der Gebäude, Anlagen und Einrichtungen, das
Grundstück und der Außenanstrich der Türen, Fenster, Rolläden und
Fassaden nach Ziffer 3.6.2 der Teilungserklärung auf Kosten der
Raumeigentümergemeinschaft instand zu halten. Der Außenanstrich
für die Abschlußtüren der Wohnungs- und Teileigentumseinheiten
wird auf Kosten des jeweiligen Betroffenen instand gehalten.
Im Laufe das Jahres 1989 traten an den Schaufensterscheiben zweier
Ladenlokale, die im Sondereigentum der Beteiligten zu 2) stehen,
Schäden auf, die auf mutwillige Beschädigungen Dritter zurückzuführen waren. Diese beiden Ladenlokale standen nach Beendigung
der Mietverhältnisse betreffend ein Schuhgeschäft und eine Pizzeria
leer. Die Beteiligte zu 1) forderte die Beteiligte zu 2) schriftlich auf, die
Beschädigungen dieser Schaufensterscheiben beheben zu lassen.
Die Beteiligte zu 2) lehnte dies ab mit der Begründung, die Fenster
seien nach dem Gesetz notwendiger Bestandteil des gemeinschaftlichen Eigentums, so daß die Instandhaltung von der Gemeinschaft
zu tragen sei.
Die Beteiligte zu 1) hat daraufhin eine Firma mit der Ausführung der
Arbeiten beauftragt. Der Beteiligten zu 1) ist-von dieser Firma eine
Rechnung zum Gesamtbetrag von 2.430,81 DM erteilt worden.
In dem vorliegenden Verfahren nimmt die Beteiligte zu 1), aufgrund
des Verwaltervertrages in Verfahrensstandschaft für die übrigen
Wohnungs- und Teileigentümer handelnd, die Beteiligte zu 2) auf
Erstattung des vorgenannten Betrages nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit in Anspruch.
Das Amtsgericht hat durch Beschluß den Antrag zurückgewiesen.
Das Landgericht hat unter Abänderung der amtsgerichtlichen
Entscheidung dem Antrag der Beteiligten zu 1) stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere
Beschwerde der Beteiligten zu 2).
Aus den Gründen:
Die sachlichen Ausführungen des Landgerichts halten
rechtlicher Nachprüfung stand.
Dabei geht das Landgericht zunächst rechtsfehlerfrei davon
aus, daß die Bestimmung der Ziffer 2.3.1 der Teilungserklärung, die unter Buchstabe 1) unter anderem die Fenster dem
Sondereigentumsbereich des jeweiligen Wohnungs- bzw.
Teileigentümers zuweist, rechtlich unwirksam ist. Nach § 5
Abs.2 WEG sind Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand
oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Die Vorschrift setzt
damit eine zwingende Grenze für die Regelung einer Vereinbarung bzw. der ihr nach § 8 WEG gleichstehenden Teilungserklärung: Ein nach § 5 Abs. 2 WEG nicht sondereigentumsfähiger Gebäudeteil kann auch nicht durch die Teilungserklärung dem Sondereigentum zugeordnet werden. Daß
Fenster jedenfalls mit ihrer Außenseite gem. § 5 Abs.2
WEG zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehören, entspricht nahezu einhelliger Auffassung (OLG Köln, NJW 1981,
585; OLG Frankfurt, Rpfleger 1983, 64; LG Lübeck, NJW 1986,
2514; LG Frankenthal, DWE 1988, 31; OLG Oldenburg, WEZ
1988, 281; OLG Hamburg, OLGZ 1989, 164, 166; Weitnauer
DNotZ 1977, Sonderbeilage S. 31, 39-sowie WEG, 7. Aufl., § 5
Rdnr. 9; Palandt-Bassenge, BGB, 50. Aufl., §1 BGB, Rdnr. 11;
Deckert, Die Eigentumswohnung, Gruppe-3 / S. 27). Soweit
im Kommentar von Bärmann/Pick/Merle (WEG, 6. Aufl.,
Rdnr.36) die Auffassung vertreten wird, die Schaufensterscheiben von Läden könnten zum Sondereigentum gehören,
vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen, weil die
Fenster auch in diesem Fall Bestandteil der Außenfassade
des Gebäudes sind und damit notwendig im gemeinschaftlichen Eigentum stehen müssen. Im übrigen wird lediglich
die Frage streitig behandelt, ob und in welchem Umfang die
Innenseite der Fenster und der Innenanstrich zum Sondereigentum gehören können (so insbesondere Bärmann/Pick/
Merle, a.a.O.). Diese Frage kann hier jedoch offenbleiben.
Denn im vorliegenden Fall handelt es sich um Verbundglasscheiben, die wegen einer von außen erfolgten Beschädigung insgesamt ersetzt werden mußten. Nach dem Wortlaut
der Bestimmung Ziffer 3.6.1. der Teilungserklärung obliegt
danach die Instandhaltungspflicht hinsichtlich der ersetzten Fensterscheiben nicht der Beteiligten zu 2), weil diese
nicht zum Sondereigentum gehören.
Daran anknüpfend hat das Landgericht ausgeführt, die
Regelung der Teilungserklärung sei gem. § 140 BGB dahin
.umzudeuten, daß die Beteiligte zu 2) jedenfalls die Kosten
für Instandhaltungsmaßnahmen an den Schaufensterscheiben der Ladenlokale zu tragen habe. Die näher begründete
Auffassung des Landgerichts unterliegt unter diesem Gesichtspunkt der uneingeschränkten Nachprüfung durch das
Gericht der weiteren Beschwerde. Denn die Regelungen der
Teilungserklärung sind nach den §§ 10 Abs.2, 5 Abs.4, 8
Abs.2 WEG, 874 BGB durch Bezugnahme bei der Anlegung
der Wohnungsgrundbücher zum dinglichen Inhalt des mit
dem jeweiligen Miteigentumsanteil verbundenen Sondereigentums geworden. Die .Feststellung des im Grundbuch
Eingetragenen unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts (BGHZ 59, 205, 2Ö8).
Die Fragestellung ist allerdings im Ausgangspunkt nicht
dahin zu fassen, ob die Bestimmung der Teilungserklärung
in eine von der dispositiven Gesetzesvorschrift des § 16
Abs. 2 WEG abweichende Regelung über die Kostentragung
des jeweiligen Wohnungs- und Teileigentümers für Instandhaltungsmaßnahmen an den Fenstern als Bestandteil des
gemeinschaftlichen Eigentums umgedeutet werden kann.
Die Frage muß vielmehr dahin gehen, ob im Wege der Umdeutung angenommen werden -kann, daß in bezug auf die
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Fenster die Instandhaltungspflicht selbst (mittelbar damit
auch die Kostenlast) auf den jeweiligen Wohnungs- bzw. Teileigentümer übertragen worden ist. Denn die Umdeutung ist
gerade darauf gerichtet, dem rechtsgeschäftlich erklärten
Willen in einer anderen rechtlichen Gestaltung zur Wirksamkeit zu verhelfen. Die Voraussetzungen einer Umdeutung
sind im vorliegenden Fall deshalb in erster Linie im Hinblick
darauf zu prüfen, ob der jeweilige Wohnungs- bzw. Teileigentümer in bezug auf die Instandhaltung der Außenfenster so
zu stellen ist, als wäre Sondereigentum insoweit wirksam
begründet worden. Dies bedeutet aber, daß bereits die Instandhaltungspflicht als solche ihn betrifft. Hätte er lediglich die Kosten zu tragen, bliebe die Bestimmung über das
Ob und Wie der Instandhaltung Teil der Verwaltung des
gemeinschaftlichen Eigentums, die in erster Linie durch
Beschlußfassung in der Eigentümerversammlung wahrzunehmen und vom Verwalter umzusetzen ist. Auf eine dieser
Fragestellung entsprechenden Umdeutung zielt auch das
Begehren der Beteiligten zu 1), die gerade einen Schadensersatzanspruch als Sekundäranspruch geltend macht, weil
die Beteiligte zu 2) trotz entsprechender Aufforderung ihre
Instandhaltungspflicht nicht erfüllt habe.
Der Umdeutung geht allerdings die Auslegung vor (Pa/andt/
Heinrichs, a.a.O., § 140 Rdnr.4). Diese kann hier jedoch
nicht weiterführen. Die Regelung in Ziffer 3.6.1 der Teilungserklärung kann nicht dahin ausgelegt werden, daß dem
jeweiligen Wohnungs- bzw. Teileigentümer die Instandhaltungspflicht in bezug auf die Fenster auch unabhängig von
ihrer Sondereigentumsfähigkeit auferlegt werden sollte.
Denn diese Regelung beschränkt sich inhaltlich auf die
Wiedergabe dessen, wozu jeder Wohnungs- bzw. Teileigentümer nach § 14 Nr. 1 WEG ohnehin kraft Gesetzes verpflichtet ist. Es kann deshalb nicht angenommen werden, daß
durch diese Bestimmung eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Regelung (§ 10 Abs. 2 WEG) getroffen
werden sollte. Dies schließt eine darüber hinausgreifende
Auslegung aus.
Da die gesetzlichen Vorschriften der §§ 21, 16 Abs. 2 WEG
betreffend die Instandhaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums dispositiver Natur sind, kann eine Vereinbarung
oder Teilungserklärung eine davon abweichende Regelung
treffen. Im Rahmen der Umdeutung nach § 140 BGB stellt
sich deshalb die ausschlaggebende Frage dahin, ob anzunehmen ist, daß eine solche Regelung bei Kenntnis der
Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts (hier: Zuordnung der Fenster zum Sondereigentum) gewollt sein würde. Diese Prüfung unterliegt inhaltlich denselben Beschränkungen wie
eine Auslegung der Teilungserklärung als Grundbuchinhalt.
Abzustellen ist danach auf den objektiven Sinn des im
Grundbuch Eingetragenen, so wie er sich für den unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt
(BGHZ 59, 205, 209). Umstände außerhalb der Urkunde, insbesondere subjektive Vorstellungen der teilenden Eigentümer, die nicht aus der Urkunde selbst heraus erkennbar
sind, müssen deshalb unberücksichtigt bleiben. Sachlich
muß bei der Umdeutung die Gemeinschaftsgebundenheit
berücksichtigt werden. Daraus folgt, daß bei der Umdeutung
auf die mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Zwecke unter
Berücksichtigung der Interessenlage aller Beteiligten abzustellen ist (BayObLG, MDR 1981, 145). Nach diesen Maßstäben hält auch der Senat die vom Landgericht vorgenommene Umdeutung für gerechtfertigt. Dafür sind die folgenden Erwägungen maßgebend, die weitgehend mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung übereinstimmen:
MittBayNot 1991 Heft 6
Die Zuordnung bestimmter Gebäudeteile und Einrichtungen
zum Sondereigentum in Ziffer 2.3.1 der Teilungserklärung
trägt ihren Sinn nicht in sich selbst, sondern stellt eine
zweckgebundene Regelung dar, an die eine Abgrenzung
der Verantwortungsbereiche des jeweiligen Wohnungs- bzw.
Teileigentümers einerseits und der Gemeinschaft andererseits anknüpft. Diese Zuweisung findet unter anderem
ihren Niederschlag in der Regelung der Instandhaltungspflichten in den Ziffern 3.6.1 und 3.6.2 der Teilungserklärung.
Diese Zuordnung enthält damit zugleich eine bestimmte, in
sich ausgewogene Verteilung der Lasten. Auf diese Weise
ist in der vorliegenden, gemischt genutzten Wohnungs- und
Teileigentumsanlage dem Umstand Rechnung getragen wor-,
den, daß bei den mit Ladengeschäften ausgestatteten Teileigentumseinheiten ein gegenüber den Wohnungseigentumseinheiten erhöhtes Glasbruchrisiko anfällt und Reparaturen im Einzelfall höhere Aufwendungen verursachen.
Durch' die Zuordnung der Fenster zum Sondereigentum
ist deshalb dieses erhöhte Glasbruchrisiko den Teileigentümern allein zugewiesen worden. Diese Regelung ist sachgerecht, da der Inhaber eines Ladengeschäfts auch über die
Schaufensterflächen um Kunden wirbt und das Glasbruchrisiko versicherbar ist. Für den ' unbefangenen Betrachter
ergibt sich aus den Regelungen der Teilungserklärung mit
Deutlichkeit, daß das Glasbruchrisiko von jedem Wohnungsbzw. Teileigentümer für sich allein zu tragen ist, so daß Glasbruchschäden nicht aus den gemeinschaftlich aufzubringenden Mitteln zu decken sind. Dafür spricht ferner die
Regelung in Ziffer 3.12,1 der Teilungserklärung über die von
dem Verwalter für Rechnung der Gemeinschaft abzuschließenden Versicherungen. Diese Bestimmung schließt nämlich eine Glasbruchversicherung nicht ein, die jedoch bei
wirtschaftlicher Betrachtung unabdingbar erforderlich gewesen wäre, wenn die Gemeinschaft das Glasbruchrisiko für
sämtliche Schaufensterscheiben der Ladengeschäfte hätte
tragen sollen. Das Interesse der Gemeinschaft aller Wohnungs- und Teileigentümer spricht deshalb in besonderem
Maße dafür, die in sich abgewogene Regelung der Teilungserklärung durch Umdeutung in eine gesetzlich zulässige
Regelung im Ergebnis aufrechtzuerhalten (so auch Bielefeld, DWE 1/1989, S. 2, 4).
Dieser Umdeutung steht nicht entgegen, daß sie einerseits
dazu führt, daß die wirtschaftliche Belastung der Beteiligten
zu 2) unverändert bleibt, während sie andererseits das in der
Teilungserklärung vorgesehene Sondereigentum nicht erhalten kann. Denn dies bedeutet nur ein formelles Zurückbleiben hinter dem in der Teilungserklärung vorgesehenen
Rechtszustand, ohne daß der wirtschaftliche Wert des Teileigentums der Beteiligten zu 2) dadurch berührt wird. Denn
die Beteiligte zu 2) könnte — insoweit im Gegensatz zu sonstigen Gebäudeteilen, die nach Ziffer 2.3.1 der Teilungserklärung ihrem Sondereigentum zugewiesen sind — mit den
Fenstern nicht nach ihrem Belieben verfahren. Nach Ziffer
3.5.1 der Teilungserklärung bedarf es zu einer Änderung der
baulichen und farblichen Gestaltung des Gebäudes der Zustimmung der Eigentümerversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit von 2/3. Dies gilt unter anderem auch für den
Außenanstrich der Fenster. Dieses Zustimmungserfordernis
wird weiter dadurch gesichert, daß Ziffer 3.6.2 der Teilungserklärung die Instandhaltungspflicht in bezug auf den
Außenbereich der Fenster in der Weise modifiziert, daß Maßnahmen in diesem Bereich vom Verwalter auf Kosten der
Gemeinschaft durchzuführen sind. Daraus folgt insgesamt,
daß nach dem Regelungszusammenhang der Teilungserklärung auch das (vorgesehene) Sondereigentum an den Fen261
Benutzungsrecht zu. Es kann deshalb dahingestellt bleiben,
ob die Regelung in Ziffer 2.3.1 derTeilungserklärung gegebenenfalls ergänzend auch dahin umzudeuten ist, daß der
Beteiligten zu 2) ein Sondernutzungsrecht an den Fenstern
eingeräumt ist.,
Unter diesen Umständen vermag sich der Senat den von
Deckert (a.a.O., Gruppe 3 / S.27) geäußerten Bedenken
gegen eine Umdeutung einer in bezug auf die Fenster gem.
§ 5 Abs. 2 WEG unwirksamen Regelung einer Teilungserklärung nicht anzuschließen. Jedenfalls im vorliegenden Fall
läßt der Regelungszusammenhang der Teilungserklärung
den mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten Zweck so
deutlich erkennen, daß eine hinreichende Grundlage für
eine Umdeutung gegeben ist.
Auch die von der weiteren Beschwerde erhobenen Bedenken
gegen eine Umdeutung greifen nicht durch. (Wird ausgeführt.)
Hinsichtlich des von der Gemeinschaft aufgewendeten
Betrages für die Reparatur der Fensterscheiben ist die
Beteiligte zu 2) aufgrund positiver Vertragsverletzung zum
Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet.
10. BGB § 1019 (Räumliche Entfernung zwischen dienendem
und herrschendem Grundstück bei einer Grunddienstbarkeit)
Der Umstand, daß eine räumliche Entfernung zwischen demdienenden und dem herrschenden Grundstück liegt,
schließt den für eine Grunddienstbarkeit erforderlichen Vorteil für das herrschende Grundstück jedenfalls dann nicht
aus, wenn sich auf diesem ein Gewerbebetrieb befindet.
LG Deggendorf, Beschluß vom 11.7.1991 — T 112/91 — mitgeteilt von Notar Dr. Dr. Herbert Grziwotz, Regen
(Leitsatz nicht amtlich)
Aus dem Tatbestand:
Mit notarieller Urkunde bewilligten die Eigentümer des Grundbesitzes FIStNr. 2089, Xaver und Helga X., für den Eigentümer des
im Grundbuch des AG Freyung eingetragenen Grundbesitzes
FIStNr. 414/2 in S. die Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts als
Grunddienstbarkeit.
Mit Zwischenverfügung lehnte das AG Viechtach vorerst die Eintragung ab mit der Begründung, das herrschende Grundstück stehe in
keinem räumlichen Verhältnis zum belasteten Grundstück. Eine
Nachbarschaft der beteiligten Grundstücke sei zwar nicht erforderlich, doch lasse eine Entfernung von über 30 km einen Vorteil für
das herrschende Grundstück nicht erkennen. Die Urkunde enthalte
hierzu nichts.
gen dürfte, wenn für das berechtigte Grundstück ein Vorteil
nicht bestünde. Die Zwischenverfügung hat daher den
Zweck, Tatsachen festzustellen, aus denen sich ergibt, daß
ein solcher Vorteil besteht. Dieses Verlangen des Grundbuchamtes ist nicht gerechtfertigt.
Grundsätzlich gilt: Ein Eintragungshindernis kann auch
darin bestehen, daß die Eintragung zur Unrichtigkeit des
Grundbuchs führen würde (vgl. Kuntze/Ert//Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 3. Aufl., § 18 Rdnr. 12). Das Grundbuchamt ist verpflichtet, das Grundbuch möglichst mit der
wirklichen Rechtslage in Einklang zu halten, damit dieses
seinen Zweck erfüllen kann. Es ist deshalb gehalten, nicht
dabei mitzuwirken, daß im Grundbuch falsche Eintragungen
erfolgen. .
Im vorliegenden Fall geht es ... darum, ob — trotz Vorliegens aller Eintragungsvoraussetzungen — das Grundbuch nach der beantragten Eintragung eventuell einen der
Wirklichkeit nicht entsprechenden Rechtszustand wiedergeben würde, indem es eine Grunddienstbarkeit bescheinigt, die materiell-rechtlich, wegen Fehlens eines Vorteils
für das berechtigte Grundstück, nicht besteht. Hier kann
der Eintragungsantrag nur beanstandet werden, wenn die
Unrichtigkeit der beantragten Eintragung mit Sicherheit
feststeht.
Aus der notariellen Urkunde ergibt sich, daß das Wegerecht
zur Steinbruchausbeutung bestellt wird. Aus der Urkunde ergibt sich weiter, daß das herrschende Grundstück mit einem
Gebäude bebaut ist. Tatsachen, die gegen einen Vorteil des
herrschenden Grundstücks sprechen, sind nicht ersichtlich.
Lediglich der Umstand, daß eine räumliche Entfernung
zwischen den beiden Grundstücken liegt, begründet noch
keine Anhaltspunkte, die gegen einen Vorteil sprechen. Es
fehlen also Tatsachen, aus denen sich ergibt, daß die Eintragung die Unrichtigkeit des Grundbuchs herbeiführen würde.
Die bloße Möglichkeit, die beantragte Grunddienstbarkeit
könne wegen Fehlens eines Vorteils für das berechtigte
Grundstück unwirksam sein, steht der Eintragung nicht
entgegen.
Gegenstand der Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung ist das in ihr angenommene Eintragungshindernis,
nicht die Entscheidung über den Eintragungsantrag selbst.
Die Sache muß deshalb zur Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Grundbuchamt zurückgegeben werden,
wobei o. g. Rechtsausführungen zu berücksichtigen sind.
11. BGB §§ 2271, 2065, 133 (Umfang derAbänderungsbefugnis eines Ehegatten beim gemeinschaftlichen Testament)
Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Sind in einem gemeinschaftlichen Testament der jeweils
überlebende Ehegatte als (befreiter) Vorerbe und Dritte
jeweils als Nacherben des erstversterbenden Ehegatten eingesetzt, so können die Ehegatten auch für diesen Fall dem
überlebenden Ehegatten die Neuregelung der Erbfolge für
den beiderseitigen Nachlaß überlassen, wenn sie die Berufung des Dritten zum Nacherben des erstversterbenden
Ehegatten ausdrücklich oder stillschweigend an die Bedingung knüpfen, daß der überlebende Ehegatte nicht
anders von Todes wegen verfügt. Bei Fehlen einer ausdrücklichen entsprechenden Änderungsermächtigung ist bei der
Prüfung der Frage, ob dem überlebenden Ehegatten ausnahmsweise derart weitgehende Änderungsbefugnisse
zustehen sollten, Zurückhaltung geboten.
Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag beanstandet, weil die -Eintragung der Grunddienstbarkeit nicht erfolBayObLG, Beschluß vom 27.5.1991 — BReg. 1 Z 24/91 —,
mitgeteilt von Johann Demharter, Richter am BayObLG
Der Rechtspfleger beim Amtsgericht Viechtach hat der Erinnerung
nicht abgeholfen und diese dem zuständigen Richter vorgelegt, der
die Sache dem Landgericht zur Entscheidung zugeleitet hat.
Aus den Gründen:
Die nach Nichtabhilfe durch das Amtsgericht als Beschwerde
zu behandelnde Erinnerung (§ 11 II S.5 RPfIG) ist zulässig
und begründet.
MittBayNot 1991 Heft 6

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

22.08.1991

Aktenzeichen:

15 W 166/91

Erschienen in:

MittBayNot 1991, 260-262

Normen in Titel:

WEG § 5 Abs. 2; BGB § 140