OLG Frankfurt a. Main 09. Juni 2005
20 W 305/02
KostO §§ 30, 49, 56, 156; BGB §§ 2197, 2211

Beschwerdebefugnis des Aktenverwahrers; Löschung einesTestamentsvollstreckervermerks

mögen als selbstständige Geschäfte die Vollzugsgebühr aus
§ 146 Abs. 1 KostO auszulösen. Die Entgegennahme einer
Genehmigungserklärung nach § 177 Abs. 1 BGB steht mit der
Urkundstätigkeit in so engem Zusammenhang, dass sie als
Bestandteil des Beurkundungsgeschäfts anzusehen ist. Der
Notar ist verpflichtet, die Genehmigung des Vertretenen beizubringen. Hierzu gehört ggfls. die Erinnerung an die noch
nicht vorgelegte Genehmigung, die Entgegennahme der
Genehmigung und die Überprüfung, ob diese wirksam und
geeignet ist, die Vollzugsreife herbeizuführen (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O.; OLG Zweibrücken, a. a. O.).
2. Für die Fertigung des Entwurfs der Genehmigungserklärung ist eine Gebühr nach §§ 145 Abs. 1, 38 Abs. 2 Nr. 1
KostO zu erheben. Die Fertigung des Entwurfs erfolgte hier
ausweislich der Bestimmung des Vertrages auf ausdrückliches Anfordern der vertragsschließenden Parteien. Zu den
Zustimmungserklärungen einzelner Teilnehmer zu einer bereits anderweitig beurkundeten Erklärung im Sinne des § 38
Abs. 2 Nr. 1 KostO zählt auch die Zustimmung des Vertretenen zur Erklärung eines vollmachtlosen Vertreters (vgl.
Rohs/Wedewer, KostO, Stand März 2005, § 38 Rdnr. 11; OLG
Zweibrücken, a. a. O.). Für die Einholung und Entgegennahme der Genehmigung kann daneben keine gesonderte Gebühr erhoben werden, weil es sich hierbei um ein gebührenfreies Nebengeschäft zur Fertigung des Entwurfs handelt,
§ 35 KostO. Für die (erste) Beglaubigung wird nach § 145
Abs. 1 Satz 4 KostO keine Gebühr erhoben.
Der Geschäftswert einer Zustimmungserklärung nach § 38
Abs. 2 Nr. 1 KostO ist gleich dem Wert der Erklärung, der
zugestimmt wird (vgl. Korintenberg/Schwarz, § 38 KostO
Rdnr. 25 m. w. N.), hier mithin dem Geschäftswert für die
Schenkung. Die Höhe der Hälfte der vollen Gebühr ist zutreffend ermittelt.
Ob dieAusführungen des Landgerichts zu § 147Abs. 2 KostO
zutreffen (vgl. hierzu OLG Köln, RNotZ 2003, 528, 529),
kann hier dahinstehen. Da die Tätigkeit des Notars bezüglich
der Genehmigungserklärung gebührenpflichtig nach §§ 145
Abs. 1, 38 Abs. 2 Nr. 1 KostO ist, sind dessen Voraussetzungen ohnehin nicht erfüllt.
22. KostO §§ 30, 49, 56, 156; BGB §§ 2197, 2211 (Beschwerdebefugnis des Aktenverwahrers; Löschung eines
Testamentsvollstreckervermerks)
1. Der für einen verstorbenen Notar bestellte Aktenverwahrer ist als Beteiligter eines Verfahrens nach § 156
KostO jedenfalls zur Einlegung einer weiteren Beschwerde gegen eine Entscheidung des Landgerichts
befugt, durch die die Kostenrechnung des Notars ermäßigt wurde.
2. Bei der Geschäftswertberechnung des Notars nach
§ 30 Abs. 1 KostO steht dem Notar Ermessen zu, das
vom Beschwerdegericht nur auf seine Gesetzmäßigkeit überprüft werden kann.
3. Für die Beurkundung einer eidesstattlichen Versicherung mit dem Ziel der Löschung eines Testamentsvollstreckervermerks ist ein Geschäftswert von 10 %
des betroffenen Grundbesitzes angemessen, wenn
wahrscheinlich die Frist für die Dauervollstreckung
verstrichen und das Amt des Testamentsvollstreckers
erloschen ist.
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 9.6.2005, 20 W
305/02
360 MittBayNot 4/2006Kostenrecht
Der Kostenschuldner war an einer Erbengemeinschaft beteiligt, zu
der Grundbesitz in O gehörte. Mit dem Ziel, die Löschung eines an
diesem Grundbesitz eingetragenen Testamentsvollstreckervermerks
zu erreichen, gab der Kostenschuldner zu Urkunde der amtlich bestellten Vertreterin des Kostengläubigers eine eidesstattliche Versicherung ab. Danach seien der Umfang der Testamentvollstreckung
sowie die als Testamentsvollstrecker benannten Personen durch
öffentliche Urkunden nicht mehr nachweisbar. Das Testament des
Erblassers, dessen elf Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft im
Grundbuch eingetragen waren, sei in den Kriegswirren des 2. Weltkriegs verloren gegangen, ebenso seien die Nachlass- und die Grundakten vernichtet worden. Die aus einem Grundbuchantrag bekannten
als einzige bestellten Testamentsvollstrecker seien 1945 bzw. 1951
verstorben, ihre Aufgaben seien im Mai 1945 beendet gewesen.
In der zu dieser Protokollierung erstellten (berichtigten) Kostenrechnung hat die amtlich bestellte Vertreterin des Kostengläubigers eine
10/10-Gebühr gemäß § 49 Abs. 1 KostO aus einem Geschäftswert von
1.353.660 DM berechnet. Dabei wurden 30 % des von dem Gutachterausschuss der Stadt O für unbebaute Grundstücke damals maßgeblichen Bodenrichtwertes berücksichtigt.
Der Kostenschuldner hat seine Notarkostenbeschwerde darauf gestützt, dass 4.804 qm der Gesamtfläche von 12.892 qm als Erholungsfläche mit einem geringeren Wert einzustufen seien. Wegen
Nutzungsrechten Dritter an den Baulichkeiten könnten nach § 6
SachenRBerG diese Ankaufsrechte geltend machen, weshalb die Gebäude auf den Grundstücken nicht der Erbengemeinschaft zu zurechnen seien. Überhaupt würden die Eigentümer nach der Wiedervereinigung nur mit einem Drittel des Grundstückswertes entschädigt.
Der Kostengläubiger ist der Beschwerde entgegengetreten mit dem
Vortrag, durch den Ansatz des Bodenrichtwertes für unbebaute
Grundstücke seien größere Wertdifferenzen zwischen den einzelnen
Grundstücken ausgeglichen worden. Für einen differenzierten
Wertansatz müsste eine Sachverhaltsaufklärung erfolgen. Auch der
Ansatz von 30 % des Beziehungswertes bei einem Rahmen von
10–50 % des Grundstückswerts als Beziehungswert sei angemessen,
da keine Verfügung ohne Löschung des Testamentsvollstreckervermerks möglich sei und die eidesstattliche Versicherung vorsorglich
auch für das Erbscheinsverfahren abgegeben worden sei. Im Rahmen
des Freibeweises könne dem Grundbuchamt auch die eidesstattliche
Versicherung des Kostenschuldners ausreichen für eine Löschung des
Testamentsvollstreckervermerks.
Das Landgericht hat in seinem Beschluss die beanstandete Kostenrechung auf 37,07 € ermäßigt und die weitere Beschwerde zugelassen.
Zur Begründung wird ausgeführt, maßgeblich für die Bestimmung
des Geschäftswertes nach § 30 Abs. 1 KostO sei das Ausmaß der
Einwirkung der eidesstattlichen Versicherung auf das Wirtschaftsgut.
Diese sei hier außerordentlich gering, da der Testamentsvollstreckervermerk nur noch in formeller Hinsicht bestanden habe, deshalb sei
eine Orientierung des Geschäftwertes am Grundstückswert nicht angemessen, vielmehr sei mangels eines sachgerechten Anhaltspunkts
der Gegenstandswert auf 5.000 DM festzusetzen.
Gegen diese Entscheidung hat der für den Kostengläubiger bestellte
Aktenverwahrer weitere Beschwerde eingelegt und die Auffassung
vertreten, der vom Landgericht angesetzte Geschäftswert sei ermessensfehlerhaft, da er der Bedeutung des betroffenen Wirtschaftsgutes
nicht gerecht werde und den Grundsätzen der Kostenordnung widerspreche. Auch bestehe kein Anlass zur Abweichung von 30 % des
Beziehungswertes als Mittelwert, wie er sich aus dem Ansatz von
10–50 % des Bezugsgegenstandes bei Verfügungsbeschränkungen
wie dem Testamentsvollstreckervermerk ergebe.
Aus den Gründen:
Die weitere zugelassene Beschwerde ist zulässig (§ 156
Abs. 2 KostO).
Die weitere Beschwerde konnte wirksam auch durch den
(damaligen) Aktenverwahrer eingelegt werden. Der die Akten
eines verstorbenen Notars verwahrende Notar nimmt an dessen Stelle, wie auch das verwahrende Amtsgericht und der
Notariatsverwalter, die Stellung eines Verfahrensbeteiligten in
den Verfahren nach §§ 156, 157 KostO ein, wenn auch der
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bisherige Notar oder seine Erben materiellrechtliche Inhaber
der Kostenforderung bleiben, die in dessen Amtszeit entstanden sind (Vetter in Schippel, BNotO, 7. Aufl., § 51 Rdnr. 64;
Eylmann/Vaasen, BNotO, 2. Aufl., § 51 Rdnr. 35; Arndt/
Lerch/Sandkühler, BNotO, 4. Aufl., § 51 Rdnr. 13). Als Verfahrensbeteiligter ist der aktenverwahrende Notar auch befugt, weitere Beschwerde einzulegen. Ob eine Beschwerdeeinlegung im Rahmen einer Anweisungsbeschwerde bzw. zu
Ungunsten des verstorbenen Notars bzw. seiner Rechtsnachfolgerin zulässig wäre (verneinend OLG Stuttgart, DNotZ
1971, 117, 118) kann hier dahingestellt bleiben, da diese Fallgestaltung hier nicht vorliegt, sondern mit der weiteren Beschwerde eine Erhöhung der vom Landgericht ermäßigten
Kostenrechnung angestrebt wird.
Die weitere Beschwerde hat auch im Umfang des Tenors in
der Sache Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung, da sie nicht berücksichtigt hat, dass der Notar den
Geschäftswert gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen bestimmt und das Erstbeschwerdegericht sein Ermessen
nicht an die Stelle der dem Notar eingeräumten Schätzungsbefugnis setzen darf. Vielmehr durfte die Kammer das vom
Notar ausgeübte Ermessen nur auf seine Gesetzesmäßigkeit
überprüfen, also dahin, ob die vom Notar angewandten rechtlichen Maßstäbe und Kriterien zutreffend und ob die angestellten Erwägungen ermessensfehlerfrei sind (OLG Düsseldorf, FGPrax 1995, 246, 247 = MittRhNotK 1995, 358;
Rohs/Wedewer, KostO, Stand April 2003, § 30 Rdnr. 3 a).
Darüber hinaus lässt die Begründung der Kammer nicht erkennen, dass und auf welcher tatsächlichen Grundlage von ihr
Ermessen ausgeübt wurde, da die Entscheidung keinen Sachverhalt enthält und trotz der Zitierung von § 30 Abs. 1 KostO
in Wahrheit der Regelwert nach § 30 Abs. 2 KostO a. F. zu
Grunde gelegt worden ist.
Wenn wie vorliegend kein bestimmter oder bestimmbarer
Wert oder ein nach objektiven Merkmalen schätzbarer Wert
den Gegenstand der eidesstattlichen Versicherung bildet, ist
der Geschäftswert für die Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung nach § 49 Abs. 1 KostO gemäß § 30 Abs. 1, nur notfalls gemäß § 30 Abs. 2 KostO zu bestimmen (Rohs/Wedewer,
§ 49 KostO Rdnr. 7, Stand April 2000; Korintenberg/Lappe/
Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl., § 49 Rdnr. 6). Tatsächlicher
Anhaltspunkt für die Ermessensbildung sind der Wert des
durch das Geschäft betroffenen Wirtschaftsguts und das Ausmaß, in welchem dieses durch das Geschäft betroffen wird.
Das durch die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung
betroffene Wirtschaftsgut ist der Grundbesitz in O, an dem der
Testamentsvollstreckervermerk eingetragen ist. Bei dessen
Bewertung gelten auch für den Notar die Grundsätze des § 19
KostO, insbesondere § 19 Abs. 2 Satz 1 KostO. Zu Recht hat
der Kostengläubiger die Auskunft des Grundbuchamtes über
den Bodenrichtwert laut Gutachterausschuss als amtlich bekannte Tatsache seiner Wertermittlung zugrunde gelegt. Der
Einwand des Kostenschuldners, der Gebäudewert sei nicht zu
berücksichtigen, geht ins Leere, da nur der Bodenwert angesetzt worden ist. Soweit der Kostenschuldner geltend gemacht
hat, bei 4.804 qm handele es sich um Erholungsflächen, für
die die Stadt O nur 40 DM/qm zu zahlen bereit sei, durfte der
Kostengläubiger trotzdem an dem für sämtliche Grundstücke
in dem fraglichen Bereich festgelegten Bodenrichtwert festhalten, denn es gehört zum Wesen des Richtwertes, dass es
sich um einen Durchschnittswert handelt, der Schwankungen
im Einzelfall sowohl nach oben als auch nach unten einbezieht. Solange der Kostenschuldner seine Angaben nicht
durch von der Richtwertkarte des SachverständigenausschusKostenrecht
ses abweichende amtliche Auskünfte bzw. ein Sachverständigengutachten o. ä belegt hatte, musste ihnen der Kostengläubiger nicht folgen.
Zwar ist die Kammer zu Recht davon ausgegangen, dass der
eingetragene Testamentsvollstreckervermerk bei der vorliegenden Fallgestaltung nur noch von geringer tatsächlicher
Bedeutung sein konnte, weil wahrscheinlich im Fall der
Dauertestamentsvollstreckung die dreißigjährige Frist nach
dem Erbfall gemäß § 2210 BGB verstrichen bzw. das Amt der
letzten bekannten Testamentsvollstrecker durch deren Tod
gemäß § 2225 BGB erloschen ist. Dies rechtfertigte es aber
nicht, im Rahmen der Bewertung nach § 30 Abs. 1 KostO den
Wert des betroffenen Grundbesitzes völlig außer Acht zu lassen. Mit der weiteren Beschwerde wird zutreffend beanstandet, dass auch bei einer nur „formal“ bestehenden Verfügungsbeschränkung in die Bewertung noch einzufließen hat,
wie wertvoll das Wirtschaftsgut ist, das davon betroffen ist.
Auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise hat die hier
beurkundete eidesstattliche Versicherung einen Wert, der in
Relation steht zu dem Wert des Grundeigentums, dessen
Verkehrsfähigkeit durch die eidesstattliche Versicherung als
Mittel zur Löschung des Testamentsvollstreckervermerks
erreicht werden soll.
Nach dem System der Kostenordnung bestimmt sich der
Geschäftswert einer Löschungsgebühr nach dem Wert der
gelöschten Eintragung, und zwar nicht nach dem gegenwärtigen Wert des gelöschten Rechts, sondern dem Wert, den die
Eintragung hätte, wenn sie in dem Zeitpunkt erfolgt wäre, in
dem sie nunmehr gelöscht wird. So ist z. B. bei Grundpfandrechten für die Löschung der Nennbetrag maßgeblich, auch
wenn sie nicht mehr valutiert sind (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, § 68 KostO Rdnr. 4 f.; Rohs/Wedewer, § 68
KostO Rdnr. 6, 6 b, Stand Dezember 2004). Auch bei der
Löschung und Aufgabe wiederkehrender Rechte nach § 24
KostO gilt dieser Grundsatz, ohne dass es darauf ankäme, ob
das Recht in diesem Zeitpunkt noch einen wirtschaftlichen
Wert hat oder gegenstandslos geworden ist (Korintenberg/
Lappe/Bengel/Reimann, § 24 KostO Rdnr. 80). Aus § 70 Abs. 1
Satz 2 KostO, wonach auch bei der Löschung gegenstandsloser Rechte das Grundbuchamt einem Beteiligten eine Löschungsgebühr auferlegen kann, die nicht auf die Mindestgebühr beschränkt ist, ergibt sich, dass der Gesetzgeber selbst
gegenstandslosen Rechten einen Wert beimisst. Nach der
Rechtsprechung ist für die Löschung einer Auflassungsvormerkung als Geschäftswert regelmäßig der volle Wert des
Grundstücks im Zeitpunkt der Löschung anzusetzen (BayObLG, Rpfleger 1986, 31). Den Wert der Löschung eines faktisch gegenstandslosen Vorkaufsrechts hat das OLG Zweibrücken (Beschl. v. 13.7.1990, 3 W 67/90, KostRspr Nr. 17 zu
§ 68 KostO) noch mit 20 % des Grundstückswertes angesetzt.
Auch die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks fällt
unter § 68 KostO, ihr Wert richtet sich also nach dem Wert der
Eintragung im Zeitpunkt der Löschung, was bedeutet, dass jedenfalls ein Bruchteil des Wertes des betroffenen Grundbesitzes maßgeblich ist. Für die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks wären 10–50 % % des Grundstückswertes
als Beziehungswert anzusetzen (Korintenberg/Lappe/Bengel/
Reimann, § 30 KostO Rdnr. 8, 91, § 65 Rdnr. 8, 4).
Diese Grundsätze lassen sich nach Ansicht des Senats auch
auf die Bewertung der eidesstattlichen Versicherung des Kostenschuldners übertragen, die die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks zum Ziel hatte. Danach ist für den Geschäftswert jedenfalls von einem Bruchteil des betroffenen
Grundstückswertes auszugehen. Diesen setzt der Senat jedoch nur auf 10 % als der untersten Grenze des Wertrahmens
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Kostenrecht
an, um der geringen Bedeutung Rechnung zu tragen, die dem
Testamentsvollstreckervermerk und mittelbar also auch der
eidesstattlichen Versicherung des Kostenschuldners für die
Verkehrsfähigkeit des Grundbesitzes noch zukam. Der Ansatz
des Mittelwertes von 30 % entsprechend der beanstandeten
Kostenrechnung war bei der bereits dargelegten hohen Wahrscheinlichkeit, dass die Testamentsvollstreckung längst beendet war, nicht angemessen. Insofern hat der Kostengläubiger
die besonderen Umstände wie die rechtlichen Folgen des langen Zeitablaufs seit Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks nicht bei seiner Ermessensausübung berücksichtigt,
indem er allein aufgrund der Wirkung als Verfügungsbeschränkung schematisch den Mittelwert von 10–50 % angesetzt hat. Andererseits steht die Tatsache, dass der Kostenschuldner jedenfalls der eidesstattlichen Versicherung bedurfte, um eine Löschung im Grundbuch zu erreichen und
nicht vorgetragen hat, dass es zu einer Löschung wegen
Gegenstandslosigkeit nach § 84 GBO gekommen ist, einer
weiteren Reduzierung entgegen.
23. KostO § 16; GmbHG § 5 Abs. 3 Satz 2 (Erhebung von
Notarkosten einer unwirksamen Beurkundung bei kostenfreiem Nachbesserungsanspruch)
Auch wenn eine Beurkundung eine unrichtige Sachbehandlung i. S. v. § 16 KostO darstellt, dürfen Kosten erhoben werden, wenn sie auch bei richtiger Behandlung
der Sache entstanden wären. Der Kostenschuldner, dem
aus der unwirksamen Beurkundung ein Anspruch auf
kostenfreie Nachbeurkundung erwächst, wäre eklatant
bevorteilt, wenn die Kosten der ersten Beurkundung nicht
zu erheben wären. Er darf nicht nach seinem Belieben von
einer Nachbeurkundung Abstand nehmen, um im Nachhinein die Kosten der ursprünglich gewünschten Beurkundung zu vermeiden.
KG, Beschluss vom 22.7.2005, 9 W 60/05
Aus den Gründen:
Die weitere Beschwerde ist gemäß § 156 Abs. 2 KostO, § 27
FGG zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Allerdings stellte die Beurkundung des Vertrages eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne von § 16 KostO dar, weil die
Abtretung eines GmbH-Anteils vereinbart wurde, der entgegen § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG nicht durch 50 € teilbar war.
Dieses offensichtliche Versehen macht nicht nur diese Abtretung, sondern den Vertrag insgesamt nichtig, auch wenn die
Zweifelsregelung des § 139 BGB durch Ziffer IV. § 2 Abs. 3
Satz 1 des Vertrages abbedungen worden ist, denn ohne die
Abtretung des mehrheitlichen GmbH-Anteils hätten die Vertragsparteien weder die Veräußerung des weiteren GmbH-Anteils und der stillen Beteiligung an der GmbH gewollt, noch
die Verpflichtung des bisherigen Mehrheitsgesellschafters
zum Erwerb eines Grundstückes aus dem GmbH-Vermögen.
Die salvatorische Klausel des Vertrages kann daher nicht zum
Tragen kommen.
Gleichwohl darf der Notar die Kosten des Vertrages erheben,
weil sie auch bei richtiger Behandlung der Sache entstanden
wären. Bei entsprechendem Hinweis des Beschwerdegegners
wäre der Geschäftsanteil des Mehrheitsgesellschafters entsprechend den Vorgaben des GmbHG geteilt und ein Anteil
von 21.850 € (statt 21.840 €) abgetreten worden; dies ist
MittBayNot 4/2006
vom Beschwerdegegner unwidersprochen vorgetragen worden und unterliegt nach der damaligen Interessenlage der
Vertragsparteien auch keinem Zweifel. Damit aber wäre der
Vertrag wirksam zustande gekommen.
Die Auffassung im angefochtenen Beschluss und in den
Beschlüssen des 1. Zivilsenats des Kammergerichts vom
27.2.1970 (DNotZ 1970, 437) und 18.12.2001 (ZNotP 2002,
187 = MDR 2002, 690), die (hypothetischen) Erklärungen der
Beteiligten bei richtiger Belehrung müssten bei der Prüfung
der Kausalität der unrichtigen Sachbehandlung für die Entstehung der fraglichen Kosten außer Betracht bleiben, vermag
den erkennenden Senat nicht zu überzeugen. § 16 KostO stellt
mit der Formulierung „Kosten, die bei richtiger Behandlung
der Sache nicht entstanden wären“ gerade auf den hypothetischen Geschehensablauf ab. Das Argument (im Beschluss
vom 27.2.1970), der Notar dürfe nichts verlangen, was er als
Schadensersatz wieder zurückgewähren müsste, geht ins
Leere: Der Auftraggeber kann die Kosten einer Neubeurkundung durch einen anderen Notar grundsätzlich nicht als Schaden geltend machen, wenn er dem Urkundsnotar keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben hat (vgl. BGH, NJW
2002, 1655 = DNotZ 2002, 539 = MittBayNot 2002, 528).
Auch die Erwägung des 1. Zivilsenats, der Grundsatz, dass
bei unrichtiger Sachbehandlung nur die gegenüber der richtigen Sachbehandlung entstandenen Mehrkosten nicht zu erheben sind, solle lediglich sicherstellen, dass die Beteiligten
durch die unrichtige Sachbehandlung keinen Vorteil erlangen,
hat kein entscheidendes Gewicht. Dem Kostenschuldner erwächst aus der unwirksamen Beurkundung immerhin der Anspruch gegen den Urkundsnotar auf kostenfreie Nachbeurkundung (vgl. BGH, a. a. O.) und er wäre eklatant bevorteilt,
wenn gleichzeitig die Kosten der ersten Beurkundung nicht zu
erheben wären. Er hätte aber auch dann schon einen Vorteil
aus der unrichtigen Sachbehandlung, wenn er im Nachhinein
die Kosten der ursprünglich gewünschten Beurkundung vermeiden könnte, indem er nach seinem Belieben von einer
Nachbeurkundung Abstand nimmt. Eben dies hat die Beschwerdeführerin getan; ein wirksamer Neuabschluss des
Vertrages ist nicht etwa an einer einseitigen Weigerung der
Verkäufer gescheitert.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin musste der
Beschwerdegegner eine Beurkundung nicht von einer vorherigen Zustimmung ihrer Aktionärsversammlung bzw. einer
Rücksprache mit ihrem Vorstandsvorsitzenden abhängig machen, nachdem ihr Vorstandsmitglied bei der Beurkundung
erklärte, die Kaufpreise zu beschaffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 131 KostO, 13 a Abs. 1
Satz 1 FGG. Die Voraussetzungen einer Vorlage an den BGH
gemäß § 28 Abs. 2 FGG liegen nicht vor. Der Senat weicht
mit seiner Auslegung von § 16 KostO nicht von einer Entscheidung des BGH oder eines anderen OLG ab. Im Fall des
OLG Stuttgart (JurBüro 1976, 493) wäre es bei richtiger Behandlung gerade nicht zu einer Beurkundung gekommen und
die Beschlüsse des BGH (DNotZ 1961, 430), des OLG
Düsseldorf (DNotI-Report 1994, Heft 22, 7) sowie des OLG
Hamm (MittBayNot 2000, 59) befassen sich nicht mit Kausalitätsfragen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Frankfurt a. Main

Erscheinungsdatum:

09.06.2005

Aktenzeichen:

20 W 305/02

Rechtsgebiete:

Kostenrecht
Testamentsvollstreckung

Erschienen in:

MittBayNot 2006, 360

Normen in Titel:

KostO §§ 30, 49, 56, 156; BGB §§ 2197, 2211