Amtspflicht des Notars bei Beurkundungen mit grunderwerbsteuerlichem Bezug
letzte Aktualisierung: 23.3.2022
OLG Hamm, Urt. v. 15.9.2021 – 11 U 5/21
BNotO § 19 Abs. 1; GrEStG §§ 18, 19
Amtspflicht des Notars bei Beurkundungen mit grunderwerbsteuerlichem Bezug
1. Nimmt ein Notar zur Erfüllung seiner Anzeigepflicht gem.
Erklärung eines Urkundsbeteiligten in einen notariellen Kaufvertrag auf, folgt allein hieraus keine
Haftung gegenüber den Urkundsbeteiligten, weil die Regelung des
nicht drittschützend ist.
2. Eine Anzeigepflicht des steuerpflichtigten Urkundsbeteiligten nach § 19 GrEStG besteht
unabhängig von und neben der Anzeigepflicht des Notars.
3. Weder aus § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG noch aus
Amtspflicht des Notars, über etwaige (grunderwerbs-)steuerliche Folgen des zu beurkundenden
Geschäfts zu belehren.
4. Der Notar kann aber haften, wenn er dennoch falsch über Fragen des Steuerrechts belehrt oder
wenn er aufgrund besonderer Umstände Anlass zu der Besorgnis haben muss (erweiterte
Belehrungspflicht), einem Beteiligten drohe ein Schaden, weil er fälschlicherweise annimmt, die sich
aus dem beurkundenden Geschäft ergebenden steuerlichen Fragen seien geklärt, und der Notar den
Beteiligten nicht auf die Fehlvorstellung hinweist.
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt den Beklagten zu 1) als Notar und den Beklagten zu 2) als dessen
amtlich bestellten Vertreter auf Schadensersatz wegen festgesetzter Grunderwerbssteuern
und der ihm aufgrund eines Steuerstrafverfahrens entstandenen Kosten in Anspruch.Der
Kläger beabsichtigte mit einem Geschäftspartner drei gewerblich genutzte Grundstücke
(G01, G02 und G03) in Z zu erwerben. Der Erwerb sollte über eine
Unternehmensgesellschaft abgewickelt werden. Alleiniger Gesellschafter der P UG war
ursprünglich der erstinstanzlich vernommene Zeuge A. Der Kläger erwarb am 11.01.2016
mit notariellem Vertrag des Beklagten zu 1) - entgegen der ursprünglichen Vorstellung des
Klägers einer vollständigen Anteilsübernahme - zunächst nur vier von sechs
Gesellschaftsanteilen der UG. Mit seinem Geschäftspartner, dem Zeugen B, vereinbarte er
ein Treuhandverhältnis über zwei der erworbenen Anteile, welches in der Weise begründet
wurde, dass die Geschäftsanteile zunächst an den Zeugen B abgetreten wurden, dann ein
Treuhandvertrag vereinbart und dem Kläger die Geschäftsanteile zur treuhänderischen
Verwaltung rückabgetreten wurden. Sodann erwarb die P UG, nunmehr bestehend aus
dem Zeugen A und dem Kläger, ebenfalls am 11.01.2016 durch notariellen Kaufvertrag des
Beklagten zu 1) die Immobilien in Z. Nach dem Erwerb fielen Grunderwerbssteuern an, die
durch die UG beglichen wurden.Vor Eintragung der P UG als Eigentümerin der
Grundstücke in das Grundbuch beurkundete der Beklagte zu 2) am 12.02.2016 als amtlich
bestellter Vertreter des Beklagten zu 1) zunächst einen Vertrag über eine Erhöhung des
Stammkapitals der UG, was dazu führte, dass der Zeuge A 3 Anteile und der Kläger 6
Anteile der Gesellschaft hielt. Mit einem weiteren, von dem Beklagten zu 2) beurkundeten
Vertrag vom 29.03.2016, Urk.Nr.u01/2016, erwarb der Kläger die restlichen
Gesellschaftsanteile der P UG von Herrn A. Der Vertrag enthält unter Ziff.I.4 folgende
Erklärung: „Im Hinblick auf die steuerlichen Beistandspflichten des Notars gegenüber der
Finanzverwaltung auf dem Gebiet der Grunderwerbssteuer erklärt der Veräußerer, die
Gesellschaft hat keinen Grundbesitz.“ Des Weiteren enthält die Urkunde unter Zif. IV.5 den
Hinweis: „Hat die Gesellschaft Grundbesitz, ist Grunderwerbssteuer zu zahlen, wenn alle
Geschäftsanteile in der Hand des Erwerbers oder mit ihm verbundenen Unternehmen
vereinigt sind.“ Unter Ziff. IV.6 ist ausgeführt, dass der Notar zur steuerlichen Beurteilung
der Vereinbarung nicht in der Lage ist und eine Beratung durch einen Angehörigen der
steuerberatenden Berufe empfohlen hat. Wegen der Einzelheiten wird auf den
Übertragungsvertrag v. 29.03.20216, Urk.Nr. u01/16, Bl.12 ff d.A., verwiesen. Der Beklagte
zu 2) hatte dem Kläger vor der Beurkundung einen entsprechenden Vertragsentwurf
übersandt. Im Beurkundungstermin wurde die Erklärung unter Ziff.I.4 des
Übertragungsvertrags erörtert. In diesem Zusammenhang führte der Beklagte zu 2) ein
Gespräch mit seinem Bürovorsteher. Des Weiteren hatte der Beklagte zu 2) vergeblich
versucht, einen ihm bekannten Steuerberater zu erreichen, um zu klären, ob durch den
Erwerb der Gesellschaftsanteile im konkreten Fall Grunderwerbssteuern anfallen würden,
wobei die zeitliche Abfolge der Ereignisse streitig ist.Nach Abschluss des
Anteilsübertragungsvertrags wurden gegen den Klägers per Steuerbescheid vom
20.07.2016 des Finanzamts Essen-Süd Grunderwerbssteuern in Höhe von 81.250,00 € mit
der Begründung festgesetzt, dass sich durch den Übertragungsvertrag v. 29.03.2016 die
Anteile an der grundbesitzenden UG in seiner Hand vereinigt hätten. Ferner wurde gegen
den Kläger ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet, welches gem. § 153a
Abs.2 StPO gegen Zahlung von 3.000,00 € eingestellt wurde. An den mit der Verteidigung
beauftragten Rechtsanwalt zahlte der Kläger ein vereinbartes Honorar von 4.873,48 €.
Mittlerweile ist über das Vermögen des Klägers ein Insolvenzverfahren vor dem
Amtsgericht Essen (Az.: 162 IN 101/21) anhängig. Durch Beschluss des Insolvenzgerichts
vom 25.06.2021 wurde zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse ein vorläufiger
Insolvenzverwalter bestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom
25.06.2021, Az.: 162 IN 101/21, Bl.250 f d.A., verwiesen.Der Kläger hat vor dem
Landgericht geltend gemacht, der Beklagte zu 2) habe ihn über die
grunderwerbssteuerliche Zurechenbarkeit der Immobilien falsch beraten. Hierzu hat er
behauptet, der Beklagte zu 2) habe ihn wegen der Frage der steuerlichen Bewertung des
Erwerbsvorgangs nicht an einen Steuerberater verwiesen, statt dessen habe er unter
Ziff.I.4 des Vertrags die steuerrechtlich unrichtige Erklärung beurkundet, nach der die
Gesellschaft über keinen Grundbesitz verfüge. Zur Klärung der steuerlichen Relevanz des
Geschäfts habe der Beklagte zu 2) während des Beurkundungstermins mit seinem
langjährigen Bürovorsteher telefoniert. Danach habe der Beklagte zu 2) erklärt, es komme
nicht auf den Erwerb sondern auf die Eintragung im Grundbuch an, der Vertrag könne
unter Ziff.I.4 „so bleiben“. Hätte der Beklagte zu 2) unter Ziff.I.4 eine richtige Erklärung
beurkundet, hätte er, der Kläger, am 29.03.2016 die Gesellschaftsanteile nicht erworben.
Die Gesellschaftsanteile wären dann auf einen Dritten übertragen worden, da er wegen
der Treuhandvereinbarung mit seinem Geschäftspartner ohnehin kein eigenes
wirtschaftliches Interesse an der vollständigen Übernahme der Gesellschaftsanteile gehabt
habe. Ihm, dem Kläger, sei im Zeitpunkt der Beurkundung des Vertrags bewusst gewesen,
dass bei einer grundbesitzenden Gesellschaft die Anteilsvereinigung in einer Hand erneut
die Grunderwerbssteuer auslöse. Des Weiteren hat er die Ansicht vertreten, zu dem
Steuerstrafverfahren sei es nur deshalb gekommen, weil der Beklagte zu 2) unter Ziff.I.4
des Vertrags v. 29.03.2016 eine unrichtige Erklärung beurkundet habe und beide
Beklagten entgegen ihrer Verpflichtung aus
gegenüber dem Finanzamt angezeigt hätten.Vor dem Landgericht hat der Kläger
beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an ihn gesamtschuldnerisch 89.123,48 € sowie
vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.554,93 € jeweils nebst Verzugszinsen
seit dem 11.10.2019 zu zahlen. Die Beklagten haben die Abweisung der Klage
beantragt.Sie haben behauptet, der Beklagte zu 2) habe im Beurkundungstermin vom
29.03.2016 ausdrücklich darauf hingewiesen, die steuerliche Situation nicht beurteilen zu
können. Das Gespräch mit dem Bürovorsteher habe sich allein auf die Frage bezogen, ob
die Angabe im Vertrag, dass die Gesellschaft über keinen Grundbesitz verfüge,
standesrechtlich beanstandungsfrei sei. Zu der Beurkundung des Anteilskaufs sei es trotz
der ungeklärten steuerrechtlichen Frage nur deshalb gekommen, weil es den
Vertragsparteien um eine zügige Abwicklung des Geschäfts gegangen sei. Hilfsweise
haben die Beklagten die Aufrechnung mit zwei Forderungen wegen offener
Rechtsanwaltsgebühren der Sozietät der Beklagten gegen die Klageforderung erklärt und
behauptet, die Forderungen seien an den Beklagten zu 2) abgetreten worden.
Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung der Parteien sowie nach uneidlicher
Vernehmung der Zeugen A und B abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der
Kläger habe gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz. Nach der
Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass keine Amtspflichtverletzung des
Beklagten zu 2) im Zusammenhang mit der Beurkundung des Vertrags zur Übertragung
der Gesellschaftsanteile auf den Kläger vorliege. Der Beklagte zu 2) habe ausdrücklich auf
die mögliche steuerliche Relevanz des Geschäfts hingewiesen und deutlich gemacht, dass
er hierüber nicht beraten könne. Der Notar schulde grundsätzlich keine Beratung über die
steuerlichen Folgen des beurkundeten Geschäfts. Soweit der Notar erkenne, dass das
Geschäft steuerliche Auswirkungen haben könnte, die von den Parteien nicht gewollt
seien, müsse er empfehlen, steuerrechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Dieser
Verpflichtung habe der Beklagte zu 2) genügt. Dass der Beklagte zu 2) positive Kenntnis
von der Grunderwerbssteuerpflicht gehabt und den Kläger nicht darauf hingewiesen habe,
sei nicht ersichtlich. Es habe sich auch nicht ergeben, dass der Beklagte zu 2) Erklärungen
zu den steuerlichen Auswirkungen des Geschäfts abgegeben habe. Der Beklagte zu 2) sei
auch nach dem Telefonat mit dem Bürovorsteher und der danach folgenden Erklärung, der
Passus „die Gesellschaft habe keinen Grundbesitz“ könne unverändert im Vertragstext
verbleiben, nicht verpflichtet gewesen, erneut auf die Notwendigkeit einer
steuerrechtlichen Beratung zu verweisen. Der vorherige Hinweis auf etwaige, ihm nicht
bekannte steuerrechtliche Folgen des Geschäfts sei ausreichend gewesen. Der Beklagte
zu 2) habe zudem hinreichend deutlich gemacht, dass er mit seinem Bürovorsteher
lediglich die für die Beurkundung notwendigen Angaben habe klären wollen. Eine notarielle
Amtspflichtverletzung durch die unterbliebene Mitteilung der Beurkundung gegenüber der
Finanzverwaltung liege nicht vor, da diese Anzeigepflicht nicht gegenüber dem Kläger
bestehe.Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.Er macht geltend,
entgegen dem angefochtenen Urteil hätten die Beklagten im Zusammenhang mit der
Beurkundung und Abwicklung des Übertragungsvertrags v. 29.03.2016 ihm gegenüber
bestehende notarielle Amtspflichten verletzt. Dadurch, dass der Beklagte zu 2) eine zu
steuerlichen Zwecken abgegebene Erklärung des Zeugen A unter Ziff.I.4 falsch in die
Urkunde aufgenommen habe, habe dieser gegen die erweiterte Belehrungspflicht
verstoßen sowie gegen die Pflichten zur wahrheitsgemäßen Bezeugung und Vermeidung
eines falschen Anscheins. Mit den notariellen Amtspflichten sei es unvereinbar, wenn
geschützte Dritte durch die Tätigkeit des Notars in die Gefahr eines folgenschweren
Irrtums gerieten. Die Beurkundung der unrichtigen Angabe des Zeugen A im vorliegenden
Fall habe bei der Finanzverwaltung den falschen Anschein erweckt, er und der Zeuge A
hätten Grunderwerbssteuern hinterziehen wollen. Hätte der Beklagte zu 2) richtig darauf
hingewiesen, dass die Gesellschaft im Sinne des GrEStG grundbesitzend sei, hätten er
und der Zeuge A von der Beurkundung Abstand genommen. Im Übrigen sei es Aufgabe
des Notars die Urkunde so abzufassen, dass sie den Interessen der Parteien entspreche.
Dem Beklagten zu 2) sei klar gewesen, dass die Beteiligten den doppelten Anfall der
Grunderwerbssteuer hätten vermeiden wollen. Daher sei der Beklagte zu 2) gehalten
gewesen, keine erkennbar unrichtigen Aussagen in Bezug auf den Grundbesitz der
Gesellschaft zu beurkunden, der für den Anfall der Grunderwerbssteuer relevant sein
könne. Entgegen dem angefochtenen Urteil hätten sich die Pflichten des Beklagten zu 2)
im Zusammenhang mit der steuerlichen Problematik nicht darin erschöpft, auf die
Notwendigkeit einer fachlichen Beratung hinzuweisen. Der Beklagte zu 2) habe nämlich
einen steuerrechtlich relevanten Sachverhalt unrichtig beurkundet und die Rechtsfrage
hiernach als geklärt dargestellt. Daher hätten alle Beteiligten davon ausgehen dürfen, dass
kein Risiko des Anfalls der Grunderwerbssteuer durch die Anteilsvereinigung bestehe.
Hätte der Beklagte zu 2) die Erklärung des Zeugen A richtig beurkundet und den
Grundbesitz der Gesellschaft angegeben, hätten die Beteiligten gewusst, dass die
Grunderwerbssteuer erneut anfalle und die Beurkundung abgebrochen. Soweit das
Landgericht ausführe, die Mitteilungspflicht nach § 18 Abs.2 S.2 GrEStG habe nur
gegenüber der Finanzverwaltung bestanden, sei dies unzutreffend, dies gäbe die vom
Landgericht angeführte Rechtsprechung und Kommentarliteratur nicht her.Der Kläger
beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteil die Beklagten zu verurteilen, an ihn als
Gesamtschuldner 89.123,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 11.10.2019 zu zahlen, sowiedie Beklagten zu verurteilen, an ihn als
Gesamtschuldner vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.554,93 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2019 zu
zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Vertiefung und Wiederholung ihres
erstinstanzlichen Vortrags.Der Senat die die Parteien persönlich angehört. Wegen des
Ergebnisses der Parteianhörung wird auf den Berichterstattervermerk zur Sitzung vom
20.08.2021 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird
auf das angefochtene Urteil sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II.
Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Das Berufungsverfahren ist nicht durch die
Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters durch den Beschluss des Insolvenzgerichts
vom 25.06.2021 gem.
Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögens des Klägers auf
den vorläufigen Insolvenzverwalter angeordnet hat.Die zulässige Berufung des Klägers hat
allerdings keinen Erfolg.Das Landgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung
abgewiesen. Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Schadensersatzanspruch wegen
der Verletzung notarieller Amtspflichten im Zusammenhang mit der Beurkundung des
Anteilsübertragungsvertrags vom 29.03.2016 zu. Es lassen sich weder gem. §§ 39 Abs.4,
19 Abs.1 BNotO Verletzungen drittschützender Amtspflichten des Beklagten zu 2) als
Notarvertreter bei der Beurkundung des Vertrags am 29.03.2016 feststellen, für die der
Beklagte zu 1) als Gesamtschuldner nach § 46 S.1 BNotO haften würde, noch
Pflichtverletzungen beider Beklagten bei der Abwicklung des Vertrags.1. Der Kläger wirft
dem Beklagten zu 2) im Zusammenhang mit der Beurkundung des Übertragungsvertrags
in der Berufung noch vor, dieser habe Äußerungen des Zeugen A zum Grundvermögen
der P UG fehlerhaft gewürdigt und beurkundet und hierdurch einen falschen Anschein
gesetzt. Außerdem habe der Beklagte zu 2) mit dem Vertrag nicht das Interesse der
Parteien umgesetzt, den nochmaligen Anfall der Grunderwerbssteuer zu vermeiden.Soweit
der Kläger erstinstanzlich geltend gemacht hat, der Beklagte zu 2) habe es vor der
Beurkundung des Vertrags vom 29.03.2016 unterlassen, ihn wegen der steuerlichen
Bewertung des Geschäfts auf einen Steuerberater zu verweisen, und habe ihn statt
dessen selbst steuerlich beraten (Bl.6 ff d.A.), verfolgt er dieses Behaupten in der Berufung
nicht weiter. Auf der Grundlage der Aussage des Zeugen A hat das Landgericht zutreffend
und für den Senat bindend festgestellt, dass der Beklagte zu 2) den Beteiligten wegen der
steuerlichen Fragen ausdrücklich die Hinzuziehung eines Steuerberaters empfohlen
hat. Richtig ist allerdings, dass der Beklagte zu 2) unter Ziff.I.4 des Vertrags vom
29.03.2016 eine falsche Erklärung beurkundet hat. Dem Beklagten zu 2) war schon
aufgrund seiner Tätigkeit als Notarvertreter vor dem 29.03.2016 bekannt, dass die P UG
die Grundstücke in Z durch den notariellen Kaufvertrag des Beklagten zu 1) vom
11.01.2016 erworben hatte. Dieser Sachverhalt sowie der Umstand, dass die P UG am
29.03.2016 im Grundbuch noch nicht als Eigentümerin eingetragen war, ist dem Beklagten
zu 2) im Beurkundungstermin nochmals durch den Zeugen A mitgeteilt worden. Dennoch
hat der Beklagte zu 2) mit Blick auf die steuerlichen Beistandspflichten des Notars die
Erklärung des Veräußerers beurkundet, die Gesellschaft habe keinen Grundbesitz. Damit
hat der Beklagte zu 2) nicht nur die Erklärung des Zeugen A vom Wortlaut her unrichtig in
den Vertrag aufgenommen und beurkundet, er hat die Erklärung des Zeugen A auch
rechtlich falsch gewürdigt.Mit der unrichtigen Beurkundung der Erklärung des Zeugen A
hat der Beklagte zu 2) schuldhaft gegen die ihm als Notar obliegenden Pflichten
gegenüber der Finanzverwaltung verstoßen. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass
er mit der Beurkundung der inhaltlich unrichtigen Erklärung auch gegen die ihm gegenüber
dem Kläger obliegenden Pflichten verstoßen hat.a) Die Beurkundung der Erklärung des
Zeugen A unter Ziff.I.4 des Übertragungsvertrags ist ersichtlich im Zusammenhang mit der
Anzeigepflicht des Notars aus
verpflichtet, konkret bezeichnete Rechtsvorgänge, die von grunderwerbssteuerlicher
Relevanz sein können, dem Finanzamt anzuzeigen. Die Anzeige erfolgt mittels
Verwendung eines Vordrucks, dem eine Abschrift der Urkunde beizufügen ist, §§ 18 Abs.1
S.2, 20 GrEStG (Behrens/Wachter, GrEStG, 1. Aufl., § 18 Rn.166; Eylmann/Vaasen
/Bremkamp, BNotO/BeurkG, 4. Aufl.,
§ 18 Abs.2 S.2 GrEStG die Übertragung von Anteilen von Kapitalgesellschaften und
Gesellschaften bürgerlichen Rechts, soweit ihnen inländische Grundstücke „gehören“, und
zwar unabhängig davon, ob 95 % der Anteile übertragen werden oder weniger
(Behrens/Wachter, GrEStG, 1. Aufl., § 18 Rn.133, 135, 136). Der Notar muss deshalb die
Urkundsbeteiligten dazu befragen, ob der Gesellschaft ein Grundstück gehört und deren
Erklärung in der Urkunde festhalten (Behrens/Wachter, GrEStG, 1. Aufl., § 18 Rn.138 f).Ob
ein Grundstück zum Vermögen der Gesellschaft gehört, richtet sich ausschließlich nach
spezifisch grunderwerbssteuerrechtlichen Maßstäben. Auf rein bürgerlich-rechtliche oder
rein wirtschaftliche Gesichtspunkte kommt es nicht an. Ein Grundstück gehört nach den
anzulegenden Maßstäben zum Vermögen der Gesellschaft, wenn es ihr im Zeitpunkt der
Steuerentstehung, d.h. in dem Zeitpunkt, in dem die Anteilsvereinigung eintritt, aufgrund
eines unter § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG fallenden Erwerbsvorgangs
oder aufgrund eines Zustands, der dem Ergebnis der in § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 oder
Abs. 3a GrEStG beschriebenen Tatbeständen entspricht, grunderwerbssteuerrechtlich
zuzurechnen ist. Dies ist u.a. der Fall, wenn die Gesellschaft aufgrund eines
Verpflichtungsgeschäfts i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG einen unbedingt wirksamen
Anspruch auf Übereignung des Grundstücks erworben hat (Behrens/Wachter, GrEStG, 1.
Aufl., § 1 Rn.509).Da die P UG aufgrund des von dem Beklagten zu 1) am 11.01.2016
beurkundeten Grundstückskaufvertrags einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums
hatte, hätte der Beklagte zu 2) mit Blick auf seine steuerliche Beistandspflicht die
Erklärung unter Zif.I.4 nicht - wie geschehen - formulieren und beurkunden dürfen, denn
das Grundstück war der UG nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags vom 11.01.2016
gem. § 1 Abs.1 Nr.1 GrEStG steuerrechtlich zuzuordnen. Es kommt nicht darauf an, ob der
Beklagte zu 2) möglicherweise durch seinen Bürovorsteher fehlerhaft über das geltende
Recht unterrichtet wurde. Die ihn treffenden Rechtspflichten musste der Beklagte zu 2) als
Notarvertreter kennen oder selbständig prüfen. Wenn er mangels steuerrechtlicher
Kenntnisse nicht in der Lage war, die Erklärung des Zeugen A rechtlich zu bewerten, war
er gehalten, die Erklärung zum (Nicht)Vorhandensein des Grundbesitzes wörtlich zu
beurkunden und sich anschließend fachlich beraten zu lassen, ob der Sachverhalt dem
Finanzamt anzuzeigen ist. Der Kläger kann jedoch aus der Beurkundung der unrichtigen
Erklärung im Zusammenhang mit der steuerlichen Beistandspflicht des Notars keine
Ansprüche gegen die Beklagten herleiten. Denn die seitens des Beklagten zu 2) verletzte
Amtspflicht hat in Bezug auf den Kläger keinen drittschützenden Charakter. Natur und
Zweck der hier in Rede stehenden Pflichten des Notars aus
Schutz der Interessen des Urkundsbeteiligten.Für die Pflicht des Notars, der
Finanzverwaltung grunderwerbssteuerlich relevante Vorgänge anzuzeigen, hat der
Bundesgerichtshof dies ausdrücklich entschieden (Urt. v. 21.11.1978, VI ZR 227/77, Tz.16-
20, juris, zu dem seinerzeit geltenden § 2 GrEStDV). Soweit der Notar die Anzeigepflicht
gegenüber der Finanzbehörde aus
Regelung aus
Haug/Zimmermann, Amtshaftung d. Notars, 4. Aufl., Rn.57, verneinend: Ganter/Hertel
/Wöstmann, Hdb. Notarhaftung, 3. Aufl., Rn,1528; Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO/BeurkG,
4. Aufl., § 19 BNotO, Rn.18; OLG München, Urt. v. 10.04.1997, 1 U 5533/96, juris; offen
gelassen BGH, Urt. v. 04.06.1982, V ZR 172/81, Tz.8, juris). In gleicher Weise wie die
Anzeigepflicht hat die damit einhergehende Amtspflicht des Notars, die mitzuteilende
Erklärung objektiv richtig abzufassen und zu beurkunden, keine drittschützende Wirkung
zu Gunsten der Urkundsbeteiligten. Die Pflicht, den Sachverhalt gegenüber dem
Finanzamt sachlich richtig zu erklären, geht nicht weiter, als die Pflicht, den Sachverhalt
anzuzeigen.Einen drittschützenden Charakter der den Notar als Folge der Anzeigepflicht
treffenden Pflicht, den Sachverhalt richtig zu erklären und zu beurkunden, kann der Kläger
nicht daraus herleiten, dass im vorliegenden Fall die Einleitung des Steuerstrafverfahrens
möglicherweise unterblieben wäre, wenn der Beklagte zu 2) eine rechtlich zutreffende
Erklärung beurkundet hätte. Dies wäre lediglich ein Reflex der dem Notar gegenüber der
Finanzverwaltung obliegenden Amtspflicht gewesen, der den Schutzbereich der
Amtspflicht nicht erweitert. Die vorliegende Fallkonstellation unterscheidet sich insoweit
von der seitens des Klägers zur Begründung des Drittschutzes herangezogenen
Verpflichtung des Notars, durch die Beurkundung einen falschen Anschein zu vermeiden.
Der Beklagte zu 2) hat mit der unter Ziff.I.4 beurkundeten Erklärung gerade keine
Bescheinigung ausgestellt, die der Vorlage an einen beliebigen Personenkreis dient (vgl.
Haug/Zimmermann, Amtshaftung d. Notars, 4. Aufl., Rn.52).Der Notar erfüllt mit der
Erklärung und Anzeige nach
gegenüber der Finanzverwaltung. Ihm entstehen durch die Erklärungs- und Anzeigepflicht
aus
weiteren steuerlichen Beratungs- und Betreuungspflichten (vgl. Behrens/Wachter, GrEStG,
1. Aufl., § 18 Rn.62). Der potentiell steuerpflichtige Urkundsbeteiligte wird daher durch die
Erklärungs- und Anzeigepflicht des Notars nach
eigenverantwortlichen Prüfung der steuerlichen Relevanz des Erwerbsvorgangs befreit.
Dies entspricht auch der gesetzlichen Konzeption des GrEStG. Den Steuerschuldner trifft
gem. § 19 GrEStG in den dort normierten Fällen eine eigene, nicht vom Notar zu
erledigende Verpflichtung, die steuerlich relevanten Vorgänge der Finanzbehörde
mitzuteilen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Katalog der anzeigepflichtigen
Rechtsgeschäfte nach
verpflichtet ist, alle in Person des Steuerpflichtigen relevanten Erwerbsvorgänge
anzuzeigen (vgl. § 19 Abs.1 S.2 GrEStG). Die Anzeigepflicht des Urkundsbeteiligten nach
§ 19 GrEStG besteht deshalb unabhängig von und neben der Pflicht des Notars aus § 18
GrEStG (vgl. Behrens/Wachter, GrEStG, 1. Aufl., § 19 Rn.22). Aus diesem Grund kann der
Urkundbeteiligte nicht darauf vertrauen, dass er seiner Pflicht aus § 19 GrEStG schon
dann nachgekommen ist, wenn der Notar seine Amtspflichten gegenüber der
Finanzverwaltung erfüllt hat.b) Der Senat kann nicht feststellen, dass der Beklagte zu 2)
während des Beurkundungstermins weitere Amtspflichten verletzt hat, die dem Schutz des
Klägers dienen.aa) Zwar ist der Notar gem. § 17 Abs.1 BeurkG verpflichtet, eine
rechtswirksame, dem Parteiwillen entsprechende Urkunde zu errichten. Dem Beklagten zu
2) war im Zeitpunkt der Beurkundung auch positiv bekannt, dass die Vertragsparteien die
Übertragung der Gesellschaftsanteile ohne den erneuten Anfall der Grunderwerbssteuer
erreichen wollten, sonst hätte er sich nicht um ein Gespräch mit dem Steuerberater
bemüht. Dennoch war der Beklagte zu 2) nicht verpflichtet, eine diesem Willen
entsprechende Vertragsurkunde zu entwickeln.Nach den zutreffenden Ausführungen des
Landgerichts ergibt sich nämlich weder aus § 17 Abs.1 S.1 BeurkG noch aus der
allgemeinen Betreuungspflicht gem. § 14 Abs.1 S.2 BNotO eine allgemeine Amtspflicht
des Notars über etwaige (grunderwerbs)steuerliche Folgen des Geschäfts zu belehren.
Dem Notar kommen nicht die Aufgaben eines Steuer- oder Wirtschaftsberaters zu (vgl.
Senat, Urt. v. 27.07.2012, 11 U 74/11, Tz.26, juris; BGH, Urt. v. 21.11.1979, VI ZR 227/77,
Tz.23 u. 25, juris). Deshalb durfte der Beklagte zu 2) einen rechtlich geeigneten Vertrag
zur Übertragung der Gesellschaftsanteile entwerfen, ohne auf die steuerlichen Interessen
der Beteiligten Rücksicht zu nehmen. Er war lediglich verpflichtet, die Vertragsparteien
wegen der Prüfung der steuerlichen Konsequenzen des Vertrags an einen Steuerberater
verweisen. Dies hat der Beklagte nach den für den Senat gem. § 529 Abs.1 Nr.1 ZPO
bindenden und nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen
Urteil auch getan. Im Übrigen ist der beurkundete Vertrag vom 29.03.2016 dem Kläger vor
dem Beurkundungstermin als Entwurf übersandt worden. Die Empfehlung, mangels
steuerrechtlicher Kenntnisse des Notars, einen Rat eines Steuerberaters einzuholen,
ergibt sich ausdrücklich aus Ziff.IV.6 des Vertrags.bb) Der Beklagte zu 2) haftet dem
Kläger auch nicht aufgrund einer tatsächlich erfolgten falschen steuerlichen Beratung im
Beurkundungstermin.Obgleich der Notar zur steuerlichen Beratung nicht verpflichtet ist,
steht es ihm frei, eine solche vorzunehmen. In einem solchen Fall liegt die steuerliche
Beratung innerhalb seiner Amtstätigkeit mit der Folge, dass er für die Richtigkeit der
erteilten Auskunft haftet (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.1982, V ZR 217/81 Tz.15). Der Notar
haftet in diesem Fall auch dann, wenn die Belehrung unvollständig war und der Betroffene
deshalb in die Gefahr eines folgenschweren Irrtums geraten ist (BGH, Urt. v. 24.09.1996,
IX ZR 322/95, Tz.3; Senat, Urt. v. 27.07.2012, 11 U 74/11, Tz.26, juris).Es kann indes nicht
festgestellt werden, dass der Beklagte zu 2) den Kläger steuerlich beraten hat. Dafür
ergeben sich weder aus dem Ergebnis der persönlichen Anhörung des Klägers vor dem
Senat noch aus den auf der Grundlage der Aussage des Zeugen A getroffenen
Feststellungen des Landgerichts greifbare Anhaltspunkte. Der Beklagte zu 2) hat nach der
Aussage des Zeugen A vor dem Landgericht vielmehr im Zusammenhang mit der Frage,
ob die Erklärung unter Ziff.I.4 des Vertrags so beurkundet werden kann, wie im Entwurf
vorgesehen, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser Punkt möglicherweise
steuerliche Konsequenzen habe, die er nicht überblicke und über die er deshalb nicht
beraten könne.
Es ergibt sich auch nicht, dass eine steuerliche Beratung durch oder im Zusammenhang
des Gesprächs zwischen dem Beklagten zu 2) und dem Bürovorsteher C erfolgt ist. Es
lässt sich nicht feststellen, dass das Gespräch mit dem Bürovorsteher einen anderen
Zweck hatte, als dass sich der Beklagte zu 2) Klarheit verschaffen wollte, welche Pflichten
ihn selbst im Zusammenhang mit der steuerlichen Beistandspflicht aus
treffen. Eine Auskunft des Beklagten zu 2) nach dem Gespräch, dass sich aus dem
Geschäft keine grunderwerbssteuerrechtlichen Folgen für die Urkundsbeteiligten ergeben,
ist gerade nicht erfolgt. Die vermeintliche Klärung der grunderwerbssteuerlichen Fragen
hat der Kläger – ebenso wie die Zeugen A und B - lediglich infolge des Gesprächs
unterstellt.cc) Für die unzutreffende Annahme des Klägers, die steuerlich relevanten
Fragen seien durch das Gespräch mit dem Bürovorsteher geklärt, haften die Beklagten
auch nicht unter dem Aspekt der erweiterten Betreuungspflicht.Die erweiterte
Betreuungspflicht trifft den Notar dann, wenn er aufgrund besonderer Umstände Anlass zu
der Besorgnis haben muss, einem Beteiligten drohe ein Schaden, weil dieser wegen
mangelnder Kenntnis der Rechtslage oder von Sachumständen, welche die Bedeutung
des zu beurkundenden Rechtsgeschäfts für seine Vermögensinteressen beeinflussen, sich
einer Gefährdung seiner Interessen nicht bewusst ist (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.1982, V ZR
217/81, Tz.15; BGH; Urt. v. 07.02.1991, IV ZR 24/90, Tz.26, juris; Eylmann/Vaasen/Frenz,
BNotO/BeurkG, 4. Aufl.,
Aufl., Rn.554). Nicht erforderlich ist, dass der Notar die drohende Gefährdung kennt,
ausreichend ist, dass er nach den Umständen Anlass zu einer entsprechenden Vermutung
haben muss (BGH, Urt. v. 07.02.1991, IV ZR 24/90, Tz.26, juris; Haug/Zimmermann,
Amtshaftung d. Notars, 4. Aufl., Rn.556).Der Senat kann nicht feststellen, dass der
Beklagte zu 2) aufgrund besonderer Umstände, insbesondere aufgrund seines eigenen
Verhaltens, einen Anhalt dafür haben musste, der Kläger könne annehmen, die sich aus
dem zu beurkundenden Geschäft ergebenden steuerlichen Fragen seien geklärt.Im Vorfeld
der Beurkundung hat der Beklagte zu 2) keinen Zweifel daran gelassen, dass er über die
steuerlichen Konsequenzen des zu beurkundenden Geschäfts nicht beraten kann. Dies
ergibt sich eindeutig aus dem notariellen Vertrag selbst, der dem Kläger als Entwurf
zugeleitet worden ist, sowie aus dem nach Angaben des Zeugen A ausdrücklich erteilten
Hinweis des Beklagten zu 2) im Beurkundungstermin.Der Senat kann auch nicht
feststellen, dass der Beklagte zu 2) aus dem Verlauf des Beurkundungstermins auf eine
derartige Vorstellung des Klägers hätte schließen müssen. Der genaue Verlauf des
Beurkundungstermins ist trotz Anhörung der Parteien und Einvernahme der Zeugen vor
dem Landgericht offen geblieben. Dies geht zu Lasten des Klägers, dem der Nachweis der
Verletzung der erweiterten Betreuungspflicht durch Beklagten zu 2) obliegt. Es kann offen
bleiben, ob sich dem Beklagten zu 2) hätte aufdrängen müssen, dass der Kläger die
Frage, ob das beabsichtigte Geschäft die Grunderwerbssteuer ein weiteres Mal auslöst,
für geklärt hielt, wenn diese Frage bei Verlesen der Ziff.I.4 des Vertrags aufgekommen
wäre, der Beklagte zu 2) sodann wegen dieser Frage versucht hätte, einen Steuerberater
zu erreichen, nach dem erfolglosen Versuch das Gespräch mit dem Bürovorsteher geführt
und dann erklärt hätte, der Vertrag könne unverändert beurkundet werden. Denn ein
solcher Geschehensablauf ergibt sich weder aus dem angefochtenen Urteil noch ist er aus
anderen Gründen der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen. Der Schilderung des
Klägers zu den Details des Ablaufs des Beurkundungstermins fehlt es schon deshalb an
Überzeugungskraft, weil der Kläger im Prozess teilweise widersprüchlich, teilweise
nachweislich falsch vorgetragen hat. Sein Behaupten, der Beklagte zu 2) habe im
Beurkundungstermin steuerrechtlich beraten, ohne die Hinzuziehung eines Steuerberaters
zu empfehlen, hat sich in Ansehung der Aussage des Zeugen A als falsch erwiesen. Dem
Senat ist auch nicht entgangen, dass der Vortrag des Klägers im Senatstermin, nach dem
ihm im Zeitpunkt der Beurkundung nicht bekannt gewesen sein will, dass die Übernahme
aller Gesellschaftsanteile einer grundbesitzenden Gesellschaft die
Grunderwerbssteuerpflicht auslöst, im Widerspruch zu dem anderslautenden Vortrag in der
Klageschrift steht (Bl.9 d.A.). Vor allem aber ist der Beklagte zu 2) dem Behaupten des
Klägers zum Ablauf des Beurkundungstermins sowohl vor dem Landgericht als auch vor
dem Senat mit Substanz entgegen getreten. Der Beklagte zu 2) hat ausgeführt, deutlich
kommuniziert zu haben, dass es bei dem Gespräch mit dem Bürovorsteher wegen der
notariellen Beistandspflichten gegenüber der Finanzverwaltung und der Frage nach dem
Anfall der Grunderwerbssteuer um zwei unterschiedliche Komplexe gegangen sei. Der
zeitliche Ablauf sei entgegen dem Behaupten des Klägers so gewesen, dass er erst mit
dem Bürovorsteher die standesrechtlichen Fragen und sodann im Sinne einer
Serviceleistung den Versuch unternommen habe, wegen der ersichtlich ungeklärt
gebliebenen steuerlichen Frage einen Steuerberater zu erreichen. Dieser vom Beklagten
zu 2) geschilderte Ablauf des Beurkundungstermins entspricht auch dem Inhalt der
Vertragsurkunde, die unter Ziff. IV.6 nochmals ausdrücklich den Hinweis enthält, dass der
Notar zu einer steuerlichen Beurteilung der Vereinbarung nicht in der Lage ist und die von
den Urkundsbeteiligten ohne Hinweis darauf unterschrieben worden ist, dass der Beklagte
zu 2) entgegen dieser Bestimmung eine steuerrechtliche Beratung erbracht hat. Der vom
Kläger anders dargestellte zeitliche Ablauf, der ein Fehlverständnis der
Handlungsabsichten des Beklagten zu 2) möglicherweise hätte begründen können, konnte
durch die vor dem Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme nicht verifiziert werden.
Der vor dem Landgericht vernommene Zeuge A konnte den Ablauf des
Beurkundungstermins in diesem Punkt nicht mehr rekonstruieren, wobei das Landgericht
dessen Erinnerungslücken für authentisch hielt, während es der an dieser Stelle
anderslautenden Aussage des Zeugen B nicht zu folgen vermochte. An das
Beweisergebnis ist der Senat gem. § 529 Abs.1 Nr.1 ZPO gebunden. Das Urteil ist in
diesem Punkt von der Berufung nicht angegriffen worden, es ergeben sich auch sonst
keine Anhaltspunkte, die Zweifel an dem landgerichtlichen Beweisergebnis
rechtfertigen.Der Senat kann auch nicht feststellen, dass für den Beklagten zu 2)
Veranlassung bestand zu hinterfragen, weshalb die Urkundsbeteiligten trotz der aus seiner
Sicht ungeklärten steuerrechtlichen Problematik den Beurkundungstermin fortsetzen
wollten. Denn der Wunsch nach einer unverzüglichen Beurkundung des
Übertragungsvertrags lässt sich nicht allein mit der Vorstellung der Urkundsbeteiligten
erklären, die aufgekommene steuerrechtliche Frage sei abschließend geklärt. Das
gesamte Geschehen legt mit einer ebenso großen Wahrscheinlichkeit nahe, dass alle
Beteiligten mit der Beurkundung des Vertrags in Ansehung und in Kenntnis bestehender
steuerlichen Risiken einverstanden waren, weil sie - sei einvernehmlich oder jeder für sich
- die Möglichkeit gesehen haben, auf der Grundlage der unter Ziff.I.4 beurkundeten
Erklärung des Vertrags das konkret beabsichtigte Geschäft ohne Unterrichtung der
Finanzverwaltung durchzuführen. Eine solche Motivation erklärt beispielsweise zwanglos,
weshalb der Beklagte zu 2) in Kenntnis des Kaufvertrags vom 11.01.2016 den
Übertragungsvertrag vom 29.03.2016 entworfen hat, ohne sich mit dem Umfang seiner
Pflichten gegen über der Finanzverwaltung auseinandersetzen. Ein solcher Sacherhalt
erklärt auch, weshalb der Kläger den Entwurf des Übertragungsvertrags entgegen der
darin enthaltenen ausdrücklichen Empfehlung nicht einem Steuerberater zur Prüfung
vorgelegt und sich auch nach Abschluss des Vertrags in keiner Weise um die Erfüllung
eigener steuerlicher Anzeigepflichten nach § 19 GrEStG gekümmert hat.
2. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten auch keine Ansprüche aus §§ 19 Abs.1 S.1,
39 Abs.4, 46 BNotO wegen der unterbliebenen Weiterleitung des Übertragungsvertrags
vom 29.03.2016 nach dessen Beurkundung an das zuständige Finanzamt zu.Soweit die
Beklagten eigene Anzeigepflichten gegenüber der Finanzverwaltung aus
verletzt haben, kann der Kläger hieraus schon deshalb keine Ansprüche herleiten, weil die
sich aus
drittschützend ist. Den Kläger trifft vielmehr nach § 19 GrEStG eine eigene Verpflichtung,
steuerlich relevante Sachverhalte gegenüber der Finanzbehörde anzuzeigen, die er nicht
stillschweigend auf die Beklagten abwälzen kann, da der Inhalt der Anzeigepflichten aus §
18 u. § 19 GrEStG nicht deckungsgleich ist. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung
von Wiederholungen auf die Ausführungen unter Ziff. II.1.a) des Urteils verwiesen.Eine
Haftung der Beklagten ergibt sich auch nicht wegen der Verletzung besonderer
Vollzugspflichten aus
nicht in Rede stehende Verpflichtung des Notars, Urkunden an das Registergericht oder an
das Grundbuchamt weiterzuleiten. Nach § 24 Abs.1 S.1 BNotO haftet der Notar wegen der
Verletzung selbständiger Vollzugstätigkeiten dann, wenn er solche Tätigkeiten
übernommen hat. Dass die Beklagten gegenüber dem Kläger die Verpflichtung
übernommen haben, den Vertrag zur Erfüllung der steuerlichen Obliegenheiten des
Klägers an die Finanzverwaltung weiterzuleiten, ist weder vorgetragen noch sonst aus der
Akte ersichtlich.3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr.10, 711 ZPO.Die Revision ist nicht
zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen dem
Vorbringen des Klägers in dem Schriftsatz vom 27.08.2021 hat der Senatsvorsitzende dem
Kläger nicht die Zulassung der Revision in Aussicht gestellt. Der Senat hat schon im
Termin vom 20.08.20201 die Auffassung vertreten, dass die Sache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist. Es handelt sich um eine
Einzelfallentscheidung, die der Senat, insbesondere zur Frage des Schutzbereichs der
notariellen Amtspflicht aus
Bundesgerichtshofs abzuweichen. Erörtert worden ist im Senatstermin lediglich die Frage,
ob zur Vermeidung des Risikos einer Nichtzulassungsbeschwerde eine einvernehmliche
Regelung des Rechtsstreits in Betracht kommt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:15.09.2021
Aktenzeichen:11 U 5/21
Rechtsgebiete:
Grunderwerbsteuer
Notarielles Berufsrecht
Beurkundungsverfahren
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BNotO § 19 Abs. 1; GrEStG §§ 18, 19