LG Bonn 04. September 2014
6 OH 7/14
GNotKG §§ 127 Abs. 1 S. 1, 130 Abs. 2 S. 3, Abs. 3; BGB §§ 133, 157, 242; FamFG § 81 Abs. 1 u. 2

Beratungstätigkeit des Notars

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 7.11.2014
LG Bonn , 4.9.2014 - 6 OH 7/14

GNotKG §§ 127 Abs. 1 S. 1, 130 Abs. 2 S. 3, Abs. 3; BGB §§ 133, 157, 242; FamFG § 81 Abs. 1 u. 2
Beratungstätigkeit des Notars

Der Gebührentatbestand gemäß KV - GKG Nr. 24200 setzt eine Beratung des Notars selber
voraus, die über eine allgemeine Information hinausgeht.

Landgericht Bonn, 6 OH 7/14
04.09.2014
Landgericht Bonn
6. Zivilkammer des Landgerichts
Beschluss
6 OH 7/14
Auftrag, Beratung
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften)
Der Gebührentatbestand gemäß KV – GKG Nr. 24200 setzt eine
Beratung des Notars selber voraus, die über eine allgemeine Information
hinausgeht.
Die Kostenrechnung des Notars M2 aus S vom 17.06.2014 –
Rechnungs-Nr.: $####### – wird aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Die außergerichtlichen Kosten der Antragsstellerin werden der
Staatskasse auferlegt.

Gründe:

I.
Die Antragsstellerin wandte sich an das Notariat des Antragsgegners wegen einer
möglichen schenkungsweisen Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an einer
Doppelhaushälfte an ihren Sohn. Sie besprach die Angelegenheit in den Räumlichkeiten
des Notariats am 09.04.2014 (nach Vortrag der Antragsstellerin) oder am 10.04.2014
(nach Vortrag des Antragsgegners) mit der Mitarbeiterin des Antragsgegners, Frau C
(nach Vortrag des Antragsgegners), oder mit der Mitarbeiterin des Antragsgegners, Frau M
(nach Vortrag der Antragsstellerin). Die Antragsstellerin übergab der Mitarbeiterin des
Antragsgegners in diesem Gespräch ein Dokument, aus welchem sich der Einheitswert
des Grundbesitzes ergab; hiervon fertigte die Mitarbeiterin eine Kopie für das Notariat. Der
nähere Inhalt des Gesprächs und des Auftrags der Antragsstellerin ist streitig. Während
die Antragsstellerin behauptet, dass sie lediglich um eine Auskunft gebeten habe, welche
Übertragungskosten im Falle eines Wertes des Grundstücks in Höhe des bekannten
Einheitswertes anfallen würden, behauptet der Antragsgegner, dass die Antragsstellerin
erkennbar um eine nähere Beratung hinsichtlich der Übertragung aufgesucht habe, wobei
zwar kein Entwurfs- oder gar Beurkundungsauftrag erteilt worden sei, aber das Anliegen
der Antragsstellerin so zu verstehen gewesen sei, dass sie eine Beratung gewünscht
habe, die u.A. auch die Einholung eines Grundbuchsauszugs notwendig gemacht habe.
Nach Sichtung des über das Gespräch von Frau C2 angefertigten Vermerks beauftragte
der Antragsgegner seine Mitarbeiterin, Frau M, am 10.04.2014, das elektronische
Grundbuch zu dem Objekt einzusehen, was diese auch tat. Am 11.04.2014 führte Frau M
im Auftrag des Antragsgegners ein Gespräch mit der Antragsstellerin, in welchem u.A.
Fragen der Absicherung bzw. Gegenleistung einer etwaigen Schenkung von Frau M
thematisiert wurden. Hierzu behauptet die Antragsstellerin, es sei ihr zu diesem Zeitpunkt
– erkennbar – immer noch zunächst um eine grobe Mitteilung der zu erwartenden Kosten
– auf Basis des mitgeteilten Einheitswerts – gegangen und nicht um eine bereits
detaillierte Beratung. Der Antragsgegner bat die Antragsstellerin bzw. ihren Sohn am
14.04.2014 um Angaben zum Verkehrswert des in Rede stehenden Grundbesitzes und
führte aus, dass er auf dieser Grundlage dann eine Gebührenschätzung über die Notarund
Gerichtsgebühren abgeben könne (Bl. ## d.A.).
Die Antragsstellerin ist der Ansicht, dass der Antragsgegner sie auf etwaig entstehende
Kosten durch eine etwaige Beratung hätte hinweisen müssen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass der Begriff der Beratung weit zu verstehen sei und
jede Kommunikation mit dem Ziel, ein Problem oder eine Aufgabe zu lösen oder zu
dessen Lösung beizutragen, von KV-GNotKG Nr. 24200 umfasst sei. Auch die Höhe der
Notargebühren könne ein tauglicher Beratungsgegenstand in diesem Sinne sein, zumal es
auf den Verkehrswert angekommen wäre, der zu ermitteln bzw. zu schätzen gewesen
wäre.

II.
Der zulässige Antrag gemäß § 127 Abs. 1 S. 1 GNotKG ist begründet.
Die Kostenrechnung des Antragsgegners ist aufzuheben, weil die Voraussetzungen des
Gebührentatbestands von KV-GNotKG Nr. 24200 (und auch von KV-GNotKG Nr. 21301)
nicht vorliegen. Auch die Auslagen (Grundbucheinsicht, Post- und
Telekommunikationspauschale) sind nicht ansatzfähig, da diese nicht erforderlich waren.
Voraussetzung einer gemäß KV-GNotKG Nr. 24200 abrechenbaren Beratungstätigkeit ist
eine Beratung durch den Notar selber, worauf die Bezirksrevisorin zu Recht hinweist (S. 6
der Stellungnahme vom 14.08.2014, Bl. ## d.A.). Beratungsgebühren entstehen nur bei
Beratung durch den Notar. Beraten Mitarbeiter des Notars, entsteht dafür keine Gebühr
(Fackelmann, Notarkosten nach dem neuen GNotKG, 1. Auflage, Rn. 282). Dies gilt
gleichermaßen für KV-GNotKG Nr. 24200, als auch für KV-GNotKG Nr. 21301. Für
KV-GNotKG Nr. 21301 ergibt sich dies schon aus dem klaren Wortlaut „hat der Notar
persönlich oder schriftlich beraten“. Aber auch für KV-GNotKG Nr. 24200 gilt nach der
zutreffenden Auffassung von Fackelmann dasselbe (vgl. auch ähnlich: „Streifzug durch
das GNotKG, 10. Auflage, Rn. 256: „wird der Notar auschließlich beratend tätig“). Nach
dem eigenen Sachvortrag des Antragsgegners erfolgte eine Beratung der Antragsstellerin
allenfalls durch seine Mitarbeiterin Frau M bzw. Frau C, nicht aber durch den
Antragsgegner selber. Der einzige Kontakt zwischen dem Antragsgegner selber und der
Antragsstellerin war auch nach dem eigenen Sachvortrag des Antragsgegners die e-mail
vom 22.04.2014, womit der Antragsgegner um Angaben zwecks Schätzung des
Verkehrswerts des Objekts bat. Diese Anfrage beinhaltete keine Beratung i.S.v.
KV-GNotKG Nr. 24200. Soweit die Rechtsansicht des Antragsgegners dahingehend zu
verstehen sein sollte, dass der insoweit erteilte Hinweis, dass für die Berechnung der
Notar- und Gerichtsgebühren der Verkehrswert des etwaig zu übertragenen Grundbesitzes
maßgeblich sei, eine gebührenpflichtige Beratung darstelle, ist dem nicht zu folgen. Eine
kostenpflichtige Beratungsleistung ist nicht schon darunter zu verstehen, dass der Notar
bloße Informationen bzw. Auskünfte zu allgemeinen Rechtsfragen gibt. Derartige
Tätigkeiten hat der Notar als Organ der Rechtspflege grundsätzlich kostenfrei zu
erbringen. Eine Beratung setzt vielmehr eine individuelle Auseinandersetzung mit einem
konkreten Sachverhalt voraus (Streifzug durch das GNotKG, 10. Auflage, Rn. 237). Der
Hinweis des Antragsgegners darauf, dass die Notar- und Gerichtsgebühren nach dem
Verkehrswert des zu übertragenden Grundbesitzes berechnet werden, ist allgemeiner
Natur und stellt keine individuelle Auseinandersetzung mit einem konkreten Sachverhalt
dar. Folglich löste auch dieser Hinweis keine Gebühr gemäß KV-GNotKG Nr. 24200 aus.
Eine gebührenpflichtige Beratungsleistung des Antragsgegners liegt damit nach seinem
eigenen Sachvortrag nicht vor.
Ohne dass es noch darauf ankäme, ist darauf hinzuweisen, dass Einiges dafür spricht,
dass zudem auch schon kein hinreichender Auftrag für eine isolierte Beratung i.S.v.
KV-GNotKG Nr. 24200 vorgelegen haben dürfte. Zutreffend geht der Antragsgegner im
Grundsatz zwar davon aus, dass entscheidend ist, ob seine Mitarbeiter die Äußerungen
und das Anliegen der Antragsstellerin nach dem objektiven Empfängerhorizont
(§§ 133, 157, 242 BGB analog, vgl. Leiß in Fackelmann/Heinemann, GNotKG, 1. Auflage, KV Nr.
24200, Rn. 23) so verstehen durften und mussten, dass eine isolierte Beratung gewollt war
und dass hierfür ggf. die Einholung eines Grundbuchauszugs und die Ermittlung bzw.
Schätzung des Verkehrswerts notwendig waren. Aber es spricht nach dem beiderseitigen
Sachvortrag Einiges dafür, dass die Antragsstellerin bei dem ersten Gespräch hinreichend
deutlich machte, dass sie zunächst nur eine allgemeine Auskunft darüber begehrte, in
welcher Höhe Notar- und Gerichtsgebühren für die Übertragung des Grundbesitzes
anfallen würden, auf der Basis, dass der Einheitswert entsprechend des übergebenen
Schriftstücks als zutreffender Verkehrswert zu unterstellen ist. Die Antragsstellerin
argumentiert durchaus nachvollziehbar damit, dass sie dieses Dokument übergab, weil sie
auf dieser Basis eine Auskunft begehrte und dass es auch kaum nachvollziehbar ist,
warum dieses Dokument von der Mitarbeiterin des Antragsgegners kopiert wurde, wenn es
von vornherein unerheblich gewesen sein sollte für die Bearbeitung des Anliegens der
Antragsstellerin. Es ist nicht zu beanstanden und durchaus sachgerecht, dass der Notar
bzw. seine Mitarbeiter im Falle eines solchen Anliegens darauf hinweisen, dass die Kosten
tatsächlich sachgerecht nur auf Basis des geschätzten Verkehrswerts ermittelt werden
können (wie dies mit e-mail vom 14.04.2014 geschah), aber maßgeblich wäre zunächst
der erteilte Auftrag. Es steht allein dem Auftraggeber zu, seinen Auftrag zu ändern und
nicht dem Auftragnehmer, den Auftrag nach eigenem Gutdünken zu interpretieren,
jedenfalls nicht, wenn in der einen Variante Kostenfreiheit und in der anderen Variante
Kostenpflichtigkeit besteht – wie hier der Fall wäre. Es ist auch durchaus plausibel, dass
die Antragsstellerin zunächst nur eine einfache Auskunft auf Basis des Einheitswerts
haben wollte, um eine „grobe Richtschnur“ zu erhalten – in Kenntnis bzw. Erwartung
dessen, dass die tatsächlichen Kosten nicht unerheblich höher sein würden. Sofern der
erteilte Auftrag sich nur darauf erstreckt haben sollte, dass um Auskunft über die
hypothetischen Notar- und Gerichtskosten auf Basis des Einheitswerts als Verkehrswert
nachgesucht wurde, wäre hierfür keine Gebühr gemäß KV-GNotKG Nr. 24200 angefallen,
weil dies eine allgemeine Information ohne hinreichend individuelle Auseinandersetzung
mit einem konkreten Sachverhalt dargestellt hätte (s.o.). Die telefonischen Hinweise von
Frau M (Nießbrauch/Wohnungsrecht/Rückübertragungsvorbehalt) wären jedenfalls nicht
vom erteilten Auftrag umfasst gewesen, soweit sich der Auftrag nur auf eine Auskunft über
die zu erwartenden Notar- und Gerichtskosten (sei es auf Basis des Einheitswerts oder auf
Basis des Verkehrswerts) bezogen haben sollte.
Für die Erteilung einer Auskunft über die Höhe der Notar- und Gerichtskosten auf Basis
des Verkehrswerts (und erst recht auf Basis des Einheitswerts) war die Einholung eines
Grundbuchauszugs nicht erforderlich und damit auch nicht konkludent beauftragt. Ein
solcher wäre allenfalls im Rahmen eines Entwurfsauftrags erforderlich gewesen (womit
dann nach den zutreffenden Ausführungen der Bezirksrevisorin nicht die Gebühr
KV-GNotKG Nr. 24200, sondern KV-GNotKG Nr. 21301 einschlägig gewesen wäre), der
auch nach dem eigenen Sachvortrag des Antragsgegners nicht vorlag.
Mangels überhaupt einschlägigen Gebührentatbestands ist auch die Post- und
Telekommunikationspauschale nicht ansatzfähig.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Die etwaigen außergerichtlichen Kosten der Antragsstellerin sind nach billigem Ermessen
der Staatkasse aufzuerlegen (§ 130 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 GNotKG, § 81 Abs. 1 u. 2 FamFG).
Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst, da keine Gerichtsgebühr anfällt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Bonn

Erscheinungsdatum:

04.09.2014

Aktenzeichen:

6 OH 7/14

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Kostenrecht

Normen in Titel:

GNotKG §§ 127 Abs. 1 S. 1, 130 Abs. 2 S. 3, Abs. 3; BGB §§ 133, 157, 242; FamFG § 81 Abs. 1 u. 2