OLG Jena 31. August 2011
6 W 188/11
HGB § 161

Zwingende Einheitlichkeit des Geschäftsanteils

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Dokumentnummer: 6w188_11
letzte Aktualisierung: 2.2.2012
Thüringer OLG, 31.8.2011 - 6 W 188/11
HGB § 161
Zwingende Einheitlichkeit des Geschäftsanteils
Der persönlich haftende Gesellschafter kann nicht gleichzeitig auch Kommanditist seiner Gesellschaft sein (Anschluss BGH, Urteil vom 10.6.1963, Az. II ZR 88/61, Az. II ZR 88/61, BB 1963,
1076-1077, WM 1963, 989-990).


Entscheidungen Thüringer Oberlandesgericht
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Erlassen am:
31.08.2011
(durch Übergabe an die
Geschäftsstelle)
6 W 18 8/11
HRA 102590
(Amtsgericht Jena)
Stark, JHSin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT
Beschluss
In der Handelsregistersache
V… GmbH & Co. … KG
hier: Löschungsverfahren gemäß § 395 FamFG
Beteiligte:
1.
V… GmbH & Co. … KG, vertreten durch die V… GmbH, diese vertreten
durch den Geschäftsführer, …
2.
V… GmbH , vertreten durch den Geschäftsführer, …
Rechtsanwälte …
hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena auf die
Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 6.4.2011 gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Jena - Registergericht - vom 3.3.2011,
Nichtabhilfeentscheidung vom 14.4.2011, durch
Präsident des Oberlandesgerichts Kaufmann,
Richterin am Oberlandesgericht Lossin-Weimer und
Richter am Oberlandesgericht Jahn
b e s c h l o s s e n:
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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 2) zu
tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Die Beteiligte zu 2) wurde am 3.7.2002 als persönlich haftende
Gesellschafterin der Beteiligten zu 1) in das Handelsregister eingetragen.
Am 30.1.2007 wurde sie auch als Kommanditistin eingetragen.
Mit Schreiben vom 10.1.2011 teilte das Registergericht den Beteiligten mit,
dass das Gericht beabsichtige, gemäß § 395 FamFG die Eintragung der
Beteiligten zu 2) als Kommanditistin zu löschen. Wegen der Einheit des
Anteils jedes Gesellschafters könne ei n persönlich haftender Gesellschafter
nicht gleichzeitig Kommanditist sein. Die Frist zur Geltendmachung eines
Widerspruchs setzte das Registergericht auf 1 Monat ab Zustellung des
Schreibens fest. Das Schreiben wurde der Beteiligten zu 2) am 13.1.2011
zugestellt. Am 19.1.2011 erhob sie Widerspruch gegen die beabsichtigte
Löschung. In ihrer Begründung vertrat sie die Auffassung, ihre Eintragung
als Komplementärin und gleichzeitig als Kommanditistin der Beteiligten zu 1)
sei zulässig. Nur aufgrund der von ihr als Kommanditistin geleisteten
Einlage sei sie am Vermögen und am Ergebnis der Beteiligten zu 1)
beteiligt, was sich aus § 5 Abs. 2 der Satzung der Beteiligten zu 1) ergebe.
Durch ihre Beteiligung als Kommanditistin sei ihre Haftung nicht beschränkt,
denn die als Kommanditistin beschränkte Haftung werde von der
unbeschränkten Haftung als Komplementärin konsumiert. Wegen der
weiteren Begründung wird Bezug genommen auf das
Widerspruchsschreiben, Bl. 63 f. der Registerakte. Durch Beschluss vom
3.3.2011 wies das Registergericht den Widerspruch zurück mit der
Begründung, ein Komplementär könne im Grundsatz nicht gleichzeitig
Kommanditist sein und ein Ausnahmefall liege nicht vor. Wegen der weiteren
Begründung wird Bezug genommen auf Bl. 69 f. der Registerakte. Gegen
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den Beschluss vom 3.3.2011, zugestellt am 14.3.2011, richtet sich die
Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 6.4.2011, eingegangen ebenfalls am
6.4.2011. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Ergänzend führt sie aus, eine Löschung würde dazu führen, dass das
Handelsregister mit der materiellen Rechtslage nicht mehr übereinstimme.
Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie am
14.4.2011 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1.
Die Beschwerde ist statthaft (§§ 395 Abs. 3, 393 Abs. 3 Satz 2, 58
Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht
zu beanstanden (vgl. §§ 63, 64 FamFG). Das Thüringer Oberlandesgericht
ist nach §§ 119 Abs. 1 Nr. 1b, 23a Abs. 2 Nr. 3 GVG i.V.m. § 11 Abs. 1
RPflG, § 374 Nr. 1 FamFG zuständig.
Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass der mit der Beschwerde
angefochtene Beschluss nicht am 2.3.2011, sondern am 3.3.2011 erlassen
wurde. Maßgeblich ist nicht das Datum, an dem der Rechtspfleger den
Beschluss unterzeichnet hat, sondern das Datum, an dem der Beschluss an
die Geschäftsstelle übergeben wurde (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG). Der
Senat geht davon aus, dass der entsprechende Vermerk sich auch auf
Abschriften des Beschlusses befindet.
2.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das Registergericht hat den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen. Die
Eintragung der Beteiligten zu 2) als Kommanditistin ist zu löschen. Entgegen
ihrer Auffassung ist die Eintragung als Kommanditistin hier unzulässig.
Nach der Rechtsprechung und der ganz herrschenden Meinung in der
Literatur kann - im Grundsatz - der persönlich haftende Gesellschafter nicht
gleichzeitig auch Kommanditist seiner Gesellschaft sein (BGH, Urteil vom
10.6.1963, Az. II ZR 88/61, Az. II ZR 88/61, BB 1963, 1076-1077, WM 1963,
989-990, juris Rn. 14; OLG Hamm, Beschlüsse vom 22.9.1981, Az. 15 W
219/81, juris; vom 1.12.1998, Az. 15 W 404/98, NJW-RR 1999, 760, juris Rn.
17; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, 3. Aufl., § 105 Rn. 77;
Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 161 Rn. 41; Schilling in Großkomm
HGB, 4. Aufl., § 161 Rn. 38; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 161
Rn. 4 aE;
Henssler/Strohn/Gummert, HGB, § 161 Rn. 7; Oetker/Oetker, HGB, 2. Aufl.,
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§ 161 Rn. 8; von Gerkan/Haas in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, 3.
Aufl., § 161 Rn. 18, § 105 Rn. 4a; Ensthaler/Fahse, GK-HGB, 7. Aufl., vor §§
161 ff. Rn. 2; Koller in Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 161 Rn. 1;
Stuhlfelner in HK-HGB, 7. Aufl., § 161 Rn. 1; a.A. MünchKommHGB/Priester,
3. Aufl., § 120 Rn. 93; MünchKommHGB/Grunewald, 2. Aufl., § 161 Rn. 4 f).
Denn der Gesellschaftsanteil eines einzelnen Gesellschafters ist notwendig
ein einheitlicher, der in der Hand eines Gesellschafters nicht einer
Aufspaltung oder einer verschiedenen rechtlichen Gestaltung zugänglich ist
(BGH, Urteil vom 11.4.1957, Az. II ZR 182/55, BGHZ 24, 106-115, juris Rn.
5). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.
Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit bei
speziellen Fallkonstellationen von diesem Grundsatz Ausnahmen
anzuerkennen sind. Eine solche Fallkonstellation liegt hier ersichtlich nicht
vor (zu etwaigen Ausnahmen und zum Meinungsstreit insoweit vgl.
MünchKommHGB/Karsten Schmidt, aaO, § 105 Rn. 77 m.w.N.), entgegen der
Auffasung der Beteiligten zu 2) auch nicht im Hinblick auf die Regelung in §
5 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages der Beteiligten zu 1), wonach die
persönlich haftende Gesellschafterin - die Beteiligte zu 2) - nicht
verpflichtet, aber berechtigt ist, eine Kapitaleinlage zu leisten. Gegenstand
dieser Regelung ist nicht - wie die Beteiligte zu 2) meint - die Einlage des
Kommanditisten, sondern die Einlage de r Ko mplementär -Gmb H.
Typischerweise übernimmt die Komplementär-GmbH in einer GmbH & Co.
KG keine Einlage und ist am Vermögen und Ertrag der Gesellschaft auch
nicht beteiligt (Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns/Lüke, Handbuch
GmbH&Co.KG, 20. Aufl., § 3 Rn. 99); für die Beteiligte zu 1) ist dies in § 5
Abs. 2 Satz 2 ihres Gesellschaftsvertrag festgelegt. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1
des Gesellschaftsvertrages der Beteiligten zu 1) ist die Komplementär-GmbH
aber berechtigt, eine Kapitaleinlage zu leisten. Eine etwaige Einlage der
Komplementär-GmbH in die KG kann aus ihrem ganzen oder einem Teil ihres
Vermögens bestehen. Die Komplementäreinlage wird aber n ic h t in das
Handelsregister eingetragen (Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns/Lüke,
aaO, § 3 Rn. 100).
Der Grundsatz von der Einheitlichkeit des Geschäftsanteils hindert aber
nicht, dass der persönlich haftende Gesellschafter mit Zustimmung der
übrigen Gesellschafter den Gesellschaftsanteil eines Kommanditisten
erwerben kann. In diesem Fall vereinigt sich mit dem Erwerb dieser Anteil
mit seinem bisherigen Anteil zu einem Gesellschaftsanteil, da in einer
Personalgesellschaft ein Gesellschafter immer nur mit einem Anteil – wenn
auch verschiedener Größe – an der Gesellschaft beteiligt sein kann (BGH,
Urteil vom 10.6.1963, aaO, juris Rn. 14; Schleswig-Holsteinisches OLG,
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Urteil vom 31.1.1991, Az. 5 U 88/88, juris; BayObLG, Beschluss vom
29.1.2003, Az. 3Z BR 5/03; ZIP 2003, 1443-1444, juris Rn. 13). Dadurch,
dass sich der erworbene Kommanditanteil endgültig in einen
Komplementäranteil umwandelt, geht er endgültig unter (BGH, Urteil vom
1.6.1987, Az. II ZR 259/86, BGHZ 101, 123-130, NJW 1987, 3184-3186, juris
Rn. 19; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, aaO, § 105 Rn. 77; Hopt in
Baumbach/Hopt, aaO, § 124 Rn. 16;
Henssler/Strohn/Gummert, HGB, § 161 Rn. 7; Oetker/Weitemeyer, aaO, §
105 Rn. 32; Oetker/Oetker, aaO, § 161 Rn. 8; Koller in Koller/Roth/Morck,
aaO, § 177 Rn. 3). Demnach blieb die Beteiligte zu 2) mit dem Erwerb des
Kommanditanteils persönlich haftende Gesellschafterin und wurde damit
nicht auch Kommanditistin.
III.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 2) nach § 84
FamFG zu tragen.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 4, 88 Abs. 2 Satz 3, 30 Abs. 2
Satz 1 KostO.
Kaufmann
Lossin-Weimer
Jahn
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Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Jena

Erscheinungsdatum:

31.08.2011

Aktenzeichen:

6 W 188/11

Normen in Titel:

HGB § 161