Verjährung von Ansprüchen wegen Rechtsmängeln bei ohne Eintragung ins Grundbuch entstandenen sonstigen dinglichen Rechten
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 28.5.2015
BGH, 27.2.2015 - V ZR 133/14
BGB §§ 326 a. F., 438 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 2, 440 a. F.
Verjährung von Ansprüchen wegen Rechtsmängeln bei ohne Eintragung ins Grundbuch
entstandenen sonstigen dinglichen Rechten
a) Ansprüche nach
nach dem 1. Januar 2002 gemäß
b) Die Verjährungsfrist von 30 Jahren gemäß
entsprechend, wenn der Rechtsmangel in einem sonstigen dinglichen Recht besteht, das ohne
Eintragung in das Grundbuch entstanden und (vorübergehend) gegen einen gutgläubig
lastenfreien Erwerb geschützt ist.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Klägerin Ansprüche auf
Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach
zugunsten des Zweckverbands belastet sind. Diese Ansprüche
seien aber verjährt. Sie unterlägen ab dem 1. Januar 2002 der regelmäßigen
Verjährungsfrist nach
Nr. 1 BGB,
31. Dezember 2011, und sei bei Klageerhebung abgelaufen gewesen. Anders
als die Klägerin meine, sei auf den Anspruch nicht die Verjährungsfrist von
30 Jahren nach
betreffe nur dingliche Rechte, die bei Gefahrübergang im Grundbuch
eingetragen seien. Dazu gehöre das Abwasserleitungsrecht, um das es hier
gehe, nicht.
II.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im entscheidenden
Punkt nicht stand.
1. Im Ergebnis zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts.
Nach den im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Feststellungen
kann die Klägerin zwar weder Abtretung des Entschädigungsanspruchs
gemäß
auf diesen Anspruch, wohl aber Schadenersatz wegen Nichterfüllung
verlangen.
a) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 440
Abs. 1,
lastenfrei erworben. Sie waren aber mit dem auf Grund von § 9 Abs. 1 und 9
GBBerG, § 1 SachenR-DV kraft Gesetzes entstandenen Abwasserleitungsrecht
des Zweckverbands belastet. Eine solche Belastung ist ein Rechtsmangel (vgl.
Senat, Urteil vom 19. November 1999 - V ZR 321/98,
dadurch entstandenen Schaden hat die Beklagte der Klägerin zu ersetzen.
b) Die Beklagte ist aber nicht verpflichtet, der Klägerin den Entschädigungsanspruch
nach
aa) Sie ist allerdings Inhaberin dieses Anspruchs. Dieser steht nach § 9
Abs. 3 Satz 1 GBBerG dem Eigentümer des belasteten Grundstücks zu. Das ist
derjenige, dem das Grundstück bei Entstehen der Dienstbarkeit gehört (dazu
Senat, Urteil vom 7. November 2014 - V ZR 250/13,
Entstanden ist das Abwasserleitungsrecht des Zweckverbands am
11. Januar 1995 (vgl.
war seinerzeit die Beklagte.
bb) Der Anspruch muss jedoch nicht an die Klägerin abgetreten werden.
(1) Eine Verpflichtung zur Abtretung des Anspruchs nach § 9 Abs. 3
GBBerG kann sich im Wege der ergänzenden Auslegung des Kaufvertrags
oder seiner Anpassung infolge Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313
Abs. 1 und 2 BGB ergeben (Senat, Urteil vom 7. November 2014
- V ZR 250/13,
ohne eine solche Abtretung lückenhaft wäre. Daran fehlt es, wenn dem
Käufer – wie hier – wegen der Dienstbarkeiten ohnehin vertragliche Ansprüche
zustehen.
(2) Aus
ein Abtretungsanspruch ebenfalls nicht ableiten. Diese Vorschrift ist nicht anwendbar,
wenn – wie hier - ein Rechtsmangel bei Abschluss des Kaufvertrags
besteht und es nicht gelingt, ihn im Rahmen der Erfüllung des Vertrags zu beheben
(Senat, Urteil vom 13. Februar 2004 – V ZR 225/03,
1874).
(3) Auch der Schadensersatzanspruch scheidet als Grundlage eines Anspruchs
auf Abtretung des Entschädigungsanspruchs aus. Der Schaden, den
die Beklagte der Klägerin zu ersetzen hat, besteht in der Belastung der gekauften
Grundstücke mit dem Abwasserleitungsrecht, nicht in der Vorenthaltung des
Entschädigungsanspruchs. Daran ändert es nichts, dass der Entschädigungs-
anspruch gemäß
zu bemessen ist. Diese Übereinstimmung in der Berechnung führt nicht
dazu, dass der eingetretene Schaden durch die Abtretung des Anspruchs nach
darin, dass die Fälligkeit des Entschädigungsanspruchs nach § 9 Abs. 3 Satz 3
GBBerG weit hinausgeschoben war, was bei der Berechnung des durch die
Belastung der Grundstücke mit dem Leitungsrecht entstandenen Schadens
nicht zu berücksichtigen ist.
c) Aus den vorgenannten Gründen kann die Klägerin von der Beklagten
auch nicht Auskunft über die auf den Entschädigungsanspruch geleisteten Zahlungen
verlangen. Diese Zahlungen können zwar - wegen der Ausrichtung der
Entschädigung an der Beeinträchtigung des Eigentums - tatsächliche Anhaltspunkte
dafür geben, wie der Schaden zu berechnen ist, der der Klägerin entstanden
ist. Für die Berechnung des Schadens kommt es aber nicht darauf an,
was der Zweckverband der Beklagten auf Grund von
darauf, welche Einbuße die Klägerin durch die Dienstbarkeiten erlitten hat.
Diese bestimmt sich nach dem Umfang des entstandenen Rechts, nicht nach
einer hierüber etwa erteilten Anlagen- und Leitungsbescheinigung gemäß § 7
SachenR-DV (Senat, Urteil vom 9. Mai 2014 – V ZR 176/13,
Rn. 8).
2. Anders als das Berufungsgericht meint, ist der Anspruch der Klägerin
auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht verjährt.
a) Der Anspruch verjährt in einer Frist von 30 Jahren.
aa) Er unterlag bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 der regelmäßigen
Verjährungsfrist nach
Januar 2002 verjährt er gemäß
welche das geltende Recht für Ansprüche vorsieht, die inhaltlich dem altrechtlichen
Anspruch entsprechen. Das ist weder die regelmäßige noch die Verjährungsfrist
des
Rechte an einem Grundstück und auf die Gegenleistung, sondern die in
hier von Interesse, die Haftung des Verkäufers auf Schadensersatz wegen
Nichterfüllung auf Grund von Rechtsmängeln. Solche Ansprüche unterliegen
nach geltendem Recht weder der für den ursprünglichen Erfüllungsanspruch
vorgesehenen Verjährungsfrist gemäß
die für den dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung entsprechenden Anspruch
auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281
BGB gilt (je nach Gegenstand
ebenso wie der Anspruch auf Nacherfüllung, in den sich der Erfüllungsanspruch
mit der mangelhaften Lieferung umwandelt, der Verjährungsfrist des
Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, nämlich die Vorschriften
der §§ 320 bis 327 BGB a.F., verweist, ändert daran entgegen der von der
Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht
nichts. Das ist nämlich bei dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung
wegen eines Rechtsmangels nach geltendem Recht nicht anders (vgl. § 437 Nr.
3 BGB).
bb) Die Verjährungsfrist für Ansprüche wegen eines Rechtsmangels beträgt
nach
einem „sonstigen Recht, das im Grundbuch eingetragen ist, besteht“. Diese
Frist gilt für den Schadensersatzanspruch der Klägerin.
(1) Unmittelbar anwendbar ist sie allerdings nicht. Sie erfasst nach ihrem
Wortlaut Mängelansprüche nur, wenn der Mangel in einem sonstigen Recht
besteht, das bei Verjährungsbeginn im Grundbuch eingetragen ist. Daran fehlt
es hier. Zu dem nach
Zeitpunkt der Übergabe des Grundstücks war das Recht zwar entstanden,
aber nicht im Grundbuch eingetragen.
(2) Auf solche Rechte ist die Vorschrift indessen entsprechend anzuwenden.
Sie weist eine planwidrige Lücke auf, die plangemäß nur durch die entsprechende
Anwendung der Vorschrift auf außerhalb des Grundbuchs entstandene,
gegen den gutgläubig lastenfreien Erwerb geschützte dingliche Rechte zu
schließen ist.
(a) Die Anordnung einer Verjährungsfrist von 30 Jahren in § 438 Abs. 1
Nr. 1 BGB soll sicherstellen, dass der Käufer bei einem vollständigen oder teilweisen
Rechtsverlust auf Grund von Rechtsmängeln bei dem Verkäufer Rückgriff
nehmen kann. Das ist mit der in
vorgesehenen Verjährungsfrist für Mängelrechte von zwei Jahren nicht zu erreichen.
Der Käufer müsste nämlich 30 Jahre lang mit dem Verlust der Kaufsache
an einen Dritten rechnen, der aufgrund eines dinglichen Rechts die Herausgabe
der Kaufsache verlangen kann. Denn dessen Herausgabeanspruch verjährt
nach
aber ohne die Regelung in
Jahren ab Übergabe Rückgriff nehmen. Um diese sog. Eviktionsfalle zu vermeiden,
war schon in dem Gesetzentwurf eine dem heutigen § 438 Abs. 1 Nr. 1
Buchstabe a BGB entsprechende Sonderregelung vorgesehen (Entwurfsbegründung
in BT-Drucks. 14/6040 S. 227). Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens
hat der Gesetzgeber erkannt, dass eine vergleichbare „Gewährleistungsfalle“
auch bei anderen Rechten an Grundstücken bestehen kann.
Gedacht hat er an den eher seltenen Fall, dass zwischen der Beurkundung des
Kaufvertrags und der Übergabe des Grundstücks ein Recht an dem Grundstück
zur Eintragung gelangt, etwa weil ein schwebender Eintragungsantrag bei der
Einsicht in das Verzeichnis unerledigter Anträge (sog. Markentabelle) übersehen
oder weil nach der Beurkundung ein neuer Eintragungsantrag gestellt wurde.
In solchen Fällen rechtfertigt der Gesetzgeber die Anwendung der Verjährungsfrist
von 30 Jahren damit, dass diese Rechte den Käufer genauso beeinträchtigten
wie auf Herausgabe gerichtete dingliche Rechte, dass der Käufer
von dem Entstehen solcher Rechte nicht unterrichtet werde und dass er später
oft lange Zeit nichts von dem Recht erfahre (vgl. Beschlussempfehlung in BTDrucks.
14/7052 S. 196).
(b) Übersehen hat der Gesetzgeber, dass das gleiche Problem bei außerhalb
des Grundbuchs entstandenen nicht eingetragenen Rechten besteht,
die gegen einen gutgläubig lastenfreien Erwerb geschützt sind. Ihr Vorhandensein
kann der Käufer in aller Regel noch weniger erkennen als Rechte, die nach
der Beurkundung des Kaufvertrags zur Eintragung gelangen. Ein effektiver
Rückgriff des Käufers gegenüber dem Verkäufer wäre bei dem Eintritt eines
teilweisen Rechtsverlusts auf Grund solcher Rechte genauso wenig sichergestellt
wie bei den eingetragenen Rechten, wenn für seine Mängelansprüche die
kurze Verjährungsfrist von zwei Jahren nach
sachlicher Grund, dem Käufer einen effektiven Rückgriff gegen den Verkäufer
bei solchen Rechten zu versagen, ist nicht erkennbar.
(c) Die Regelung führte ohne eine entsprechende Anwendung auf solche
Rechte auch zu vom Zufall bestimmten, widersprüchlichen Ergebnissen. Nicht
eingetragene dingliche Rechte können jederzeit in das Grundbuch eingetragen
werden. Das gilt für dingliche Rechte aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des
Bürgerlichen Gesetzbuchs am 1. Januar 1900 und seinem Wiederinkrafttreten
in den neuen Bundesländern am 3. Oktober 1990 ebenso wie für die mit § 9
Abs. 1, 9 und 11 GBBerG, §§ 11, 14 SachenR-DV gesetzlich begründeten
Dienstbarkeiten (vgl. Art. 187 Abs. 1 Satz 2, Art. 233 § 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3,
andererseits). Weshalb dem Käufer der Rückgriff nur erhalten werden soll,
wenn diese zufällig zwischen dem Abschluss des Kaufvertrags und der Übergabe
des Grundstücks an den Käufer zur Eintragung gelangen, bei späterer
Eintragung aber nicht, erschließt sich nicht. Diese Unterscheidung wäre umso
unverständlicher, als die Vorschrift nach ihrem Wortlaut Mängelansprüche des
Käufers auch erfasst, wenn der Mangel in dem Fortbestand eines schon bei
Abschluss des Kaufvertrags eingetragenen sonstigen dinglichen Rechts besteht,
das der Verkäufer nach dem Vertrag zur Löschung bringen sollte, aber
bis zur Übergabe nicht zur Löschung hat bringen können. In solchen Fällen bedürfte
der Käufer des Schutzes der Verjährungsfrist von 30 Jahren nicht, den er
aber dennoch genießt. Er könnte sich gegen einen Rechtsverlust besser schützen
als bei dinglichen Rechten, die - wie hier - außerhalb des Grundbuchs entstanden,
nicht eingetragen und (vorübergehend) gegen einen gutgläubig lastenfreien
Erwerb geschützt sind und bei denen er auf den Schutz einer langen Verjährungsfrist
tatsächlich angewiesen ist.
(d) Das mit
erreichen, wenn Mängelansprüche auch dann in 30 Jahren verjähren, wenn der
Mangel in einem außerhalb des Grundbuchs entstandenen, nicht eingetragenen
und gegen einen gutgläubig lastenfreien Erwerb geschützten dinglichen Recht
besteht.
b) Diese Frist begann, weil sie nicht kürzer ist als die bisherige, gemäß
Entstehen des Schadensersatzanspruchs. Das ist hier der Zeitpunkt, in dem
feststand, dass die Beklagte den Rechtsmangel nicht mehr würde beseitigen
können und deshalb eine Fristsetzung entbehrlich wurde (vgl. Senat, Urteil vom
19. November 1999 - V ZR 321/98,
hier nicht festgestellt, muss aber auch nicht festgestellt werden. Denn die Verjährung
konnte nicht vor dem Abschluss des Vertrags am 28. April 1997 beginnen
und war bei Einreichung der vorliegenden Klage am 4. März 2013 noch
nicht abgelaufen.
3. Die Klageabweisung ist entgegen der Ansicht der Beklagten nach den
für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Feststellungen auch nicht
aus einem anderen Grund gerechtfertigt.
a) Die Parteien haben zwar vereinbart, dass die Beklagte nicht für das
Nichtbestehen „altrechtlicher Dienstbarkeiten“ einzustehen hat. Mit diesem Haftungsausschluss
hat sich das Berufungsgericht nicht befasst. Er könnte im Revisionsverfahren
deshalb nur berücksichtigt werden, wenn die Vertragsurkunde
eindeutig wäre und eine weitere Sachaufklärung die Feststellung zusätzlicher
für die Auslegung relevanter Umstände nicht erwarten ließe (vgl. Senat, Urteil
vom 15. Juni 2012 – V ZR 198/11,
Dass die Haftung der Beklagten für das Nichtbestehen von Dienstbarkeiten wie
derjenigen zugunsten des Zweckverbands mit der genannten Regelung ausge-
schlossen werden sollte, ist zweifelhaft. Nach dem Text der Urkunde und dem
bislang erkennbar gewordenen Zweck der Regelung ist das nicht der Fall.
b) Ein Haftungsausschluss, der von der gesetzlichen Regelung abweicht,
die die beiderseitigen Interessen angemessen gewichtet, ist im Zweifel eng
auszulegen (Senat, Urteile vom 24. Januar 2003 - V ZR 248/02, NJW 2003,
1316, 1317 und vom 5. November 2010 - V ZR 228/09,
Rn. 17). Danach erfasst die angeführte Regelung Dienstbarkeiten nach § 9
GBBerG und § 1 SachenR-DV nicht.
aa) Altrechtlich ist eine Dienstbarkeit nach dem Wortsinn, wenn sie nach
einem nicht mehr geltenden und damit „alten“ Recht begründet worden ist. Zu
diesen alten Rechten gehören die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs
am 1. Januar 1900 geltenden Partikularrechte und das bis zum
2. Oktober 1990 geltende Recht der DDR. Nach geltendem Recht entstandene
Dienstbarkeiten sind dagegen keine altrechtlichen Dienstbarkeiten. Das gilt insbesondere
für die am 11. Januar 1995 und damit nur etwas mehr als zwei Jahre
vor dem Abschluss des Kaufvertrags entstandenen Dienstbarkeiten für wasserwirtschaftliche
Leitungen und Anlagen, um die es hier geht.
bb) Daran ändert der Umstand, dass sie durch Gesetz begründet worden
und nicht eingetragen sind, nichts. Das Motiv der Parteien für den Ausschluss
der Rechtsmängelhaftung für altrechtliche Dienstbarkeiten mag der Umstand
sein, dass diese Rechte oft nicht im Grundbuch eingetragen sind und - vorbehaltlich
abweichender landesrechtlicher Regelung - gegen einen gutgläubig lastenfreien
Erwerb geschützt sind (vgl.
aber gerade nicht auf die fehlende Eintragung, sondern auf die Bestellung
unter einem nicht mehr geltenden Recht abgestellt.
cc) Solchen Rechten können die mit
14 SachenR-DV begründeten Dienstbarkeiten auch nicht gleich gestellt werden.
Sie sichern zwar eine Mitbenutzung fremder Grundstücke nachträglich ab, die
vor dem 3. Oktober 1990 in der DDR bestanden hat. Sie sind aber gerade deshalb
begründet worden, weil die bei dem Wirksamwerden des Beitritts am
3. Oktober 1990 vorübergehend aufrechterhaltenen Mitbenutzungsrechte bis zu
ihrem Wegfall wegen der Vielzahl der Fälle nicht auf rechtsgeschäftlichem Wege
durch Dienstbarkeiten würden ersetzt werden können und weil sehr viele
Leitungen und Anlagen gar nicht durch Mitbenutzungsrechte abgesichert waren
(Begründung der Regelung in BT-Drucks. 12/6228 S. 74 f.). An den ehemals
volkseigenen Grundstücken war eine solche Absicherung rechtlich auch nicht
möglich (Senat, Urteile vom 14. November 2003 - V ZR 72/03,
1395 f. und vom 23. Januar 2015 - V ZR 318/13, juris Rn. 31). Hinzu kommt,
dass mit den Dienstbarkeiten gleichzeitig ein Entschädigungsanspruch begründet
wurde, der demjenigen zusteht, dem das Grundstück bei deren Entstehen
gehört (Senat, Urteil vom 7. November 2014 - V ZR 250/13,
Rn. 9). Ein schlichter Haftungsausschluss ohne Regelung zu dem Entschädigungsanspruch
liegt deshalb, anders als bei altrechtlichen Dienstbarkeiten,
eher fern.
III.
Das Berufungsurteil kann keinen Bestand haben. Die Sache ist mangels
der erforderlichen Feststellungen nicht entscheidungsreif. Sie ist deshalb zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dafür weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
1. a) Ein Anspruch auf Schadensersatz bestünde nach
nicht, wenn die Klägerin den Rechtsmangel gekannt haben sollte. Kenntnis erfordert
positive Gewissheit. Anders als nach dem geltenden § 442 Abs. 1 Satz 2
BGB genügt (grob) fahrlässige Unkenntnis nicht. Die Kenntnis der Klägerin
kann deshalb nicht damit begründet werden, dass Käufer von Grundstücken im
Beitrittsgebiet allgemein mit dem Vorhandensein nicht eingetragener dinglicher
Rechte rechnen mussten. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der
Beklagten auch nicht aus dem Urteil des Senats vom 7. November 2014 (V ZR
250/13,
darin nicht die Kenntnis des Käufers von einem konkreten Recht begründet,
sondern lediglich die Zuordnung des Entschädigungsanspruchs nach § 9 Abs. 3
GBBerG an denjenigen gerechtfertigt, der bei Begründung der Dienstbarkeit
Eigentümer des belasteten Grundstücks war.
b) Kenntnis ist ferner nicht schon gegeben, wenn der Käufer Kenntnis
von Anknüpfungstatsachen - hier etwa dem Vorhandensein von Kanaldeckeln
oder Anlagen, die auf Abwasserleitungen hindeuten - hatte. Es muss vielmehr
hinzukommen, dass er auch die rechtlichen Folgen solcher ihm bekannter Tatsachen
kennt (BGH, Urteil vom 29. Mai 1954 – II ZR 163/53,
345). Dabei wäre hier zu berücksichtigen, dass die Dienstbarkeiten nicht schon
durch
von § 1 Satz 1 SachenR-DV, durch den
GBBerG bezeichneten Abwasserentsorgungsleitungen und -anlagen erstreckt
wurde. Mit dieser Erstreckung sind Dienstbarkeiten nicht zur Absicherung jeder
Abwasserleitung, sondern nur für Abwasserleitungen und Anlagen zur Fortleitung
von Abwasser begründet worden, die zur öffentlichen Abwasserentsorgung
gehören. Keineswegs eindeutig sind schließlich Lage und Umfang solcher
Rechte (vgl. zum Schutzstreifen bei Wasserleitungen: Senat, Urteil vom
9. Mai 2014 - V ZR 176/13,
2. Für die Auslegung des Haftungsausschlusses kann zwar auf außerhalb
der Urkunde liegende Umstände zurückgegriffen werden (vgl. Senat, Urteil
vom 5. Juli 2002 - V ZR 143/01,
Grundsatz, dass ein Haftungsausschluss im Zweifel eng auszulegen ist, ändert
das aber nichts.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:27.02.2015
Aktenzeichen:V ZR 133/14
Rechtsgebiete:
Kaufvertrag
Allgemeines Schuldrecht
BGB §§ 326 a. F., 438 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 2, 440 a. F.