OLG Naumburg 11. Februar 2010
1 U 84/09
BGB § 612 Abs. 2; BGB § 632 Abs. 2; BGB § 818 Abs. 2

Wertersatzes bei Werk- bzw. Dienstleistungen ohne vertragliche Grundlage i. d. R. in Höhe der üblichen bzw. angemessenen Vergütung

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Dokumentnummer: 1u84_09
letzte Aktualisierung: 11.2.2010
OLG Naumburg, 11.2.2010 - 1 U 84/09
BGB §§ 818 Abs. 2, 612 Abs. 2, 632 Abs. 2
Wertersatzes bei Werk- bzw. Dienstleistungen ohne vertragliche Grundlage i. d. R. in Höhe
der üblichen bzw. angemessenen Vergütung
1. Bei Werk- und Dienstleistungen, die ohne vertragliche Grundlage geleistet werden, ist als Wertersatz
im Sinne von § 818 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung (§§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB) oder wo eine
solche fehlt, eine angemessene Vergütung zu leisten.
2. Ob die Tätigkeit erfolgreich ist, d.h. zu einer entsprechenden Mehrung des Empfängervermögens
geführt hat, ist gleichgültig. Eine mangelhafte Tätigkeit ist allerdings objektiv weniger wert und daher mit
einem entsprechend geringeren Betrag anzusetzen. Ist die Tätigkeit infolge des Mangels nicht einmal
ansatzweise geeignet, dem anderen Vertragsteil Vorteile zu bringen, so ist sie bereits objektiv wertlos und
daher nicht zu vergüten.


In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom
4.2.2010 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Zettel, den Richter am
Oberlandesgericht Grimm und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tiemann für Recht
erkannt:
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 26.6.2009 verkündete Schlussurteil des
Landgerichts Halle (9 O 527/04) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.960,09 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.2.2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen
Herausgabe des KfZ-Briefes für den PkW Mercedes Benz 450 SLC, Erstzulassung 4.6.1976,
Ident-Nr.: ...
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berufung des Beklagten gegen das am 26.6.2009 verkündete Schlussurteil des Landgerichts
Halle (9 O 527/04) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 9% und der Beklagte zu 91%; die Kosten des
Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.960,09 Euro festgesetzt.
I.
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
II.
Berufung und Anschlussberufung sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt
und begründet worden. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg, die Anschlussberufung ist
in vollem Umfang begründet.
Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einem Verfahrensfehler soweit das Landgericht nicht
über den vom Beklagten gestellten Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen K.
entschieden hat. Es fehlt bereits an einem zu bescheidenden Antrag. Im Zeitpunkt als der Antrag
im Schriftsatz vom 31.5.2007 (Bl. 27 III) gestellt wurde, lag überhaupt noch keine Entscheidung
des Gerichts über die Bestellung von T. K. vor. Diese erging vielmehr erst mit Beschluss vom
14.1.2008 (Bl. 51 III). Zum einen heißt es in § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO, dass der Antrag bei dem
Gericht zu stellen ist, das den Sachverständigen ernannt hat. Zum anderen beginnt die 2
Wochenfrist mit der Bekanntgabe der Bestellung. Da die Frist nachvollziehbar sein muss, kann
nicht auf einen Zeitpunkt vor der Bestellung abgestellt werden. Da innerhalb der Frist aus § 406
Abs. 2 ZPO nach Bekanntgabe des Beschlusses vom 14.1.2008 (17.1.2008 - EB Bl. 53 I) kein
Antrag gestellt wurde, bestand keine Veranlassung für das Landgericht insoweit eine
Entscheidung zu treffen. Sollte die Rüge in der Berufungsbegründung als Antrag gewertet
glaubhaft, dass er an der Einhaltung der Frist gehindert war (§ 406 Abs. 2 S. 2 ZPO).
Insbesondere macht er nicht glaubhaft, dass in der Person des Sachverständigen
Befangenheitsgründe bestehen, die über die hinausgehen, die der Beklagte im Schriftsatz vom
31.5.2007 vorgetragen hat, und die er innerhalb der Frist nach Bekanntgabe des Beschlusses vom
14.1.2008 dementsprechend auch hätte einwenden können. Im Übrigen wäre ein Antrag auch
unbegründet, weil dem Schriftsatz vom 31.5.2007 kein Ablehnungsgrund zu entnehmen ist.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 29.5.2006 rechtskräftig festgestellt, dass dem Kläger
hinsichtlich der streitgegenständlichen Arbeiten dem Grunde nach ein Anspruch aus
ungerechtfertigter Bereicherung zusteht. Es entspricht der h. M. in Rechtsprechung und Literatur,
dass sich bei Werk- und Dienstleistungen, die ohne vertragliche Grundlage geleistet werden, als
Wertersatz i. S. v. § 818 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung (§§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB)
oder, wo eine solche fehlt, eine angemessene Vergütung zu leisten ist (z. B. BGH NJW-RR
1986, 155; BGH NJW 2000, 1560, 1562; Staudinger/Lorenz BGB, Neubearbeitung 2007, § 818,
Rn. 26; MK-Schwab BGB, 5. Aufl. (2009), § 818, Rn. 82). Es kann daher der Ansicht der
Berufung nicht gefolgt werden, dass auf eine Werterhöhung des Fahrzeuges (die nach Ansicht
des Beklagten nicht eingetreten ist) abzustellen ist.
Ob die Tätigkeit erfolgreich ist, d. h. zu einer entsprechenden Mehrung des
Empfängervermögens (= Beklagter) geführt hat, ist gleichgültig. Eine mangelhafte Tätigkeit ist
allerdings objektiv weniger wert und daher mit einem entsprechend geringeren Betrag
anzusetzen. Ist die Tätigkeit infolge des Mangels nicht einmal ansatzweise geeignet, dem
anderen Vertragsteil Vorteile zu bringen, so ist sie bereits objektiv wertlos und nicht nach § 818
Abs. 2 BGB zu vergüten (MK-Schwab a. a. O., Rn. 83 m. w. N.).
Ausgehend von diesen Grundlagen ist die Berufung unbegründet:
Die Einwände der Berufung des Beklagten gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts zum
Umfang der durchgeführten Arbeiten greifen nicht durch. Nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme konnte das Landgericht verfahrensfehlerfrei davon ausgehen, dass das
abgerechnete Material auch verbaut wurde. Der Sachverständige hat eindeutig festgestellt, dass
hinsichtlich der von ihm ermittelten Arbeiten - mit Ausnahme der vom Landgericht auch nicht
berücksichtigten Arbeiten (Schottwände/Heckscheibe/Batterie) - der geltend gemachte
Materialaufwand insgesamt nachvollziehbar ist (Gutachten S. 20). Es verstößt vor diesem
Hintergrund nicht gegen § 286 ZPO den abgerechneten Materialaufwand als bewiesen
anzusehen, selbst wenn der Sachverständige bei seiner Anhörung (wie BB S. 5-18 III - zitiert)
einräumt, dass er nicht hundertprozentig sagen könne, ob alle Teile, wie sie sich aus den
Rechnungen ergeben, eingebaut worden sind. Dies liegt bei der Fülle der abgerechneten
Einzelteile in der Natur der Sache bei umfangreichen Arbeiten. Es genügt im vorliegenden Fall
daher die Feststellung des Sachverständigen, dass bestimmte Arbeiten vorgenommen wurden
und der abgerechnete Materialaufwand für diese Arbeiten nachvollziehbar ist. Nichts anderes
kann den Aussagen der Zeugen N., Pr. und Sch. im Termin vom 5.12.2005 (Bl. 56 ff. II)
entnommen werden. Zwar haben auch diese - naturgemäß - nicht jedes Einzelteil beschreiben
können. Den Aussagen ist aber zu entnehmen, dass Arbeiten an dem Fahrzeug durchgeführt
wurden. Die Aussagen stehen mithin nicht im Gegensatz zu den Feststellungen des
Sachverständigen K. Da der Sachverständige K. seine Feststellungen nach der Vernehmung der
Zeugen getroffen hat und sich beide Beweisergebnisse nicht widersprechen, hätte die Berufung
nunmehr konkret darlegen müssen, welche Teile nicht eingebaut wurden. Der Hinweis auf die
Schriftsätze vom 19.5.2005 (Bl. 112-121 I) und 3.1.2006 (Bl. 81-89 II) ist schon deshalb
unzureichend, weil sie sich entweder überhaupt nicht (19.5.2005) oder nur teilweise (3.1.2006)
mit dem späteren Beweisergebnis auseinandersetzen. Letztlich kann zugunsten des Beklagten
ff. II) hergeleitet werden (auf den sich die Berufung zudem auch nicht bezieht). Das Landgericht
(LGU S. 7) geht zutreffend davon aus, dass der Auftrag für das schriftliche Gutachten nicht den
Gegenstand hatte zu beurteilen, ob die streitgegenständlichen Arbeiten durchgeführt und das
Material eingebaut wurde. Gegenstand des Gutachtens war letztlich die Ermittlung des
Aufwandes um einen exzellenten bzw. sehr guten Restaurierungszustand zu erreichen. Dies hatte
mit den streitgegenständlichen Arbeiten, die im Zeitpunkt der Begutachtung bereits durchgeführt
waren, nicht unmittelbar etwas zu tun.
Zu den abgerechneten Arbeitsstunden hat der Sachverständige K. ausgeführt, dass beim
Hersteller (Mercedes) die Arbeitsstunde in 12 Arbeitswerte (AW) unterteilt wird. Aus dem in der
Rechnung genannten AW Betrag von 2,56 Euro folgt ein abgerechneter Stundensatz von (netto)
30,72 Euro, was dem vom Hersteller empfohlenen Wert entspricht (Gutachten S. 8/21). Gegen
diese Feststellungen wendet sich die Berufung nicht. Soweit sie auch insoweit rügt, dass die
abgerechnete Stundenzahl nicht bewiesen sei, gelten die Ausführungen zum Material in gleicher
Weise.
Von dem abgerechneten Arbeitslohn ist kein Abzug von 10% (460,47 Euro) zu machen. Wie der
Senat im Urteil vom 29.5.206 festgestellt hat, bestand gerade keine vertragliche Abrede
zwischen dem Beklagten und dem Erblasser also auch nicht hinsichtlich einer Vergütung zum
Freundschaftspreis. Wie bereits ausgeführt, schuldet der Beklagte im Rahmen von § 818 Abs. 2
BGB mithin die übliche bzw. die angemessene Vergütung. Insoweit hat der Sachverständige
dargelegt, dass der abgerechnete Satz von 2,56 Euro/AV dem vom Hersteller empfohlenen Wert
entspricht.
Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht weiter hinsichtlich des Abzuges i. H. v. 400,- Euro
für Nacharbeiten am Schweller (LGU S. 9). Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen
Gutachten (S. 13 unten) den Austausch der Einstiegsbleche festgestellt. Dass die Schweller
abgedichtet werden müssen (dazu Anhörung Bl. 138 III), kann unterstellt werden. Der Beklagte
hat gegen den Kläger indes keinen Gewährleistungsanspruch, sondern ein Mangel würde zu
einer Reduzierung der angemessenen Entschädigung führen. Der Sachverständige hat bei seiner
Anhörung (a. a. O.) dargelegt, dass es sich nur um einen geringfügigen Mangel handelt, der die
Zulassungsfähigkeit des Fahrzeuges nicht infrage stellte, so dass sich eine Verringerung der
angemessenen Entschädigung nicht objektivieren ließe. Die Anschlussberufung daher auch
hinsichtlich eines Betrages von 400,- Euro begründet.
Der Beklagte schuldet auch die in den Rechnungen der Autoservice St. GmbH ausgewiesene
Umsatzsteuer. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UstG liegt ein steuerbarer Umsatz vor, wenn ein
Unternehmer im Inland eine Lieferung oder sonstige Leistung im Rahmen seines Unternehmens
ausführt. Ob es sich bei dem Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB um nicht steuerbaren
Schadensersatz oder um eine steuerbare sonstige Leistung handelt, hängt davon ab, ob die
Zahlung mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht, damit ein
Leistungsaustausch stattgefunden hat (BGHZ 178, 16; BGHZ33 [Rn. 57]). Dies ist vorliegend
eindeutig, weil im Verhältnis zwischen dem Erblasser und der GmbH ein Leistungsaustausch
stattgefunden hat, der Erblasser steuerpflichtig war und die GmbH zur Abführung verpflichtet
ist. Aus diesem Grund spielt es auch keine Rolle, ob der Umsatzsteuerbetrag bereits gezahlt
wurde, weil die GmbH über die gesetzliche Steuerforderung nicht verfügen, sie insbesondere
nicht erlassen kann.
Der Vortrag des Beklagten zum Einwand der Entreicherung (BB S. 6 - Bl. 19 IV -) ist nicht recht
verständlich. Der Wert der Arbeiten (incl. des Materials) befindet sich nach wie vor im
Vermögen des Beklagten, was sich schon darin zeigt, dass der Sachverständige zu dem Ergebnis
gelangt (S. 25), dass durch die Arbeiten des Erblassers eine Wertsteigerung von jedenfalls
Beklagten kein Gewährleistungsrecht zusteht, sondern eventuelle Mängel im Rahmen der
angemessenen Entschädigung i. S. v. 818 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen sind. Dabei hat der
Sachverständige die Qualität der Arbeiten jeweils beurteilt und als jedenfalls durchschnittlich
bewertet. Damit ist weder nachvollziehbar, worüber das Landgericht noch hätte Beweis erheben
sollen, noch ergibt sich aus den Feststellungen des Sachverständigen, dass die Arbeiten
mangelhaft waren.
Die Berufung des Beklagten ist damit zurückzuweisen. während die Anschlussberufung in
vollem Umfang Erfolg hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Parteien
haben im Senatstermin übereinstimmend klargestellt, dass der im Rubrum des erstinstanzlichen
Urteils genannte K. A. zu keinem Zeitpunkt Partei des Rechtsstreits war.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen.
Streitwert: Berufung 6.099,62 Euro
Anschlussberufung 860,47 Euro
6.960,09 Euro

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Naumburg

Erscheinungsdatum:

11.02.2010

Aktenzeichen:

1 U 84/09

Rechtsgebiete:

Bauträgervertrag und Werkvertrag

Normen in Titel:

BGB § 612 Abs. 2; BGB § 632 Abs. 2; BGB § 818 Abs. 2