Verschmelzung auf den Alleingesellschafter; Überschuldung des Alleingesellschafters; Erklärung gegenüber dem Registergericht
letzte Aktualisierung: 17.11.2020
OLG Hamm, Beschl. v. 3.11.2020– 27 W 98/20
UmwG §§ 120, 152
Verschmelzung auf den Alleingesellschafter; Überschuldung des Alleingesellschafters;
Erklärung gegenüber dem Registergericht
Bei einer Verschmelzung des Vermögens einer Kapitalgesellschaft auf ihren Alleingesellschafter ist
eine Erklärung, wonach die Verbindlichkeiten des Gesellschafters sein Vermögen nicht übersteigen,
nicht erforderlich. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe
1.
Die nach § 58 Abs. 1 1.V.m.
Entgegen der Rechtsauffassung des Registergerichts bedarf es für die Eintragung der Verschmelzung des Vermögens der Beteiligten zu 1.) mit dem Vermögen des Beteiligten zu 2.) als ihrem Alleingesellschafter keiner Erklärung, wonach die Verbindlichkeiten des Beteiligten zu 2.) sein Vermögen nicht übersteigen.
1.
Zwar trifft es zu, dass die Verschmelzung des Vermögens einer Kapitalgesellschaft auf den Alleingesellschafter geeignet ist, die Gläubiger der Kapitalgesellschaft zu gefährden, weil deren Haftungsfonds nunmehr auch dem unmittelbaren Zugriff der Gläubiger des Alleingesellschafters offen steht (so etwa Semler/Stengel, UmwG, 4. Auflage 2017,§ 120, Rn. 26; Lutter, UmwG, 6. Auflage 2019, § 120 Rn. 30).
2.
Den gesetzlichen Bestimmungen sind allerdings keine Regelungen dahingehend zu entnehmen, dass die Verschmelzung im Falle der Überschuldung des Alleingesellschafters unzulässig ist. Mit Blick hierauf fehlt es auch an einer gesetzgeberischen Vorgabe, die das Registergericht veranlassen müsste, in derartigen Fällen eine Erklärung des Alleingesellschafters darüber zu verlangen, dass bei ihm keine Überschuldung vorliegt (Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, 1. Auflage 2002, 186. Lieferung Stand 01.04.2011, § 120 Rn. 23.9).
Soweit Teile der Literatur vor diesem Hintergrund eine „bedauerliche Lücke im 'Gläubigerschutz" (Lutter, a.a.O., § 130 Rn. 30) monieren und deshalb eine Rechtsfortbildung dahingehend für geboten halten, dass die Überschuldung des Alleingesellschafters gleichwohl ein Verschmelzungshindernis darstellen und das Registergericht „entsprechend der h.M. zu
Der Gesetzgeber hat den wirtschaftlichen Zustand des Zielrechtsträgers anders als beim Fall der Ausgliederung vom Einzelunternehmen (
Hinzu kommt, dass der Alleingesellschafter als natürliche Person gerade nicht Adressat des Überschuldungstatbestandes ist und auch der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bei Verschmelzung des Vermögens einer Kapitalgesellschaft auf einen zumindest rechnerisch überschuldeten Alleingesellschafters nicht vorschnell erhoben werden kann. Denn der Alleingesellschafter haftet unbeschränkt und hat mit seinem Lebenseinkommen grundsätzlich für die Ansprüche nicht nur seiner Privatgläubiger, sondern auch der Gläubiger der Kapitalgesellschaft einzustehen, soweit er sich nicht durch ein Restschuldbefreiungsverfahren entschuldet (Böttcher/Habighorst/Schulte, Umwandlungsrecht, 2. Auflage 2019, § 120 Rn. 9).
Schließlich würde eine Prüfung, ob und welche Gläubiger im Falle der Verschmelzung benachteiligt werden könnten, den vom Registergericht zu erwartenden Prüfungsumfang auch deutlich überschreiten; entsprechende. wirtschaftliche Betrachtungen sind nicht hier, sondern im Insolvenzverfahren anzustellen, wobei der Gesetzgeber für dessen Verschleppung besondere haftungsrechtliche Folgen und
strafrechtliche Sanktionen vorsieht (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss v. 04.10.2005, Az. 8 W 426/05, Rn. 20;. Heckschen,
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 36 Abs.1 u. 3 GNotKG.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:03.11.2020
Aktenzeichen:27 W 98/20
Rechtsgebiete:
Umwandlungsrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
UmwG §§ 120, 152