OLG Frankfurt a. Main 09. November 2021
20 W 305/20
BGB §§ 1597, 1597a, 1598

Notariell beurkundete Vaterschaftsanerkennung: keine Verweigerung der Eintragung ins Geburtenregister bei Verdacht auf missbräuchliche Anerkennung

letzte Aktualisierung: 20.4.2022
OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.11.2021 – 20 W 305/20

BGB §§ 1597, 1597a, 1598
Notariell beurkundete Vaterschaftsanerkennung: keine Verweigerung der Eintragung ins
Geburtenregister bei Verdacht auf missbräuchliche Anerkennung

Ist die Vaterschaftsanerkennung eines deutschen Mannes betreffend das Kind einer ghanaischen
Mutter notariell beurkundet worden, kann das Standesamt die Eintragung in das Geburtenregister
nicht mit der Begründung verweigern, es bestehe der Verdacht der missbräuchlichen Anerkennung
der Vaterschaft (Festhalten an OLG Frankfurt, Beschluss vom 19.9.2019 – 20 W 311/18).

Gründe

I.
Die oben aufgeführte Kindesmutter hat das betroffene Kind, die Beteiligte zu 1.) (im Folgenden:
Betroffene), am XX.XX.2019 in Stadt1 geboren. Sie ist ghanaische Staatsangehörige.
Bereits zuvor, nämlich am 30.08.2019, hatte der Kindesvater zu notarieller Urkunde des Notars
A, Stadt1, UR-Nr. …/19 …, die Vaterschaft anerkannt. Die Kindeseltern hatten zu dieser
notariellen Urkunde weiter erklärt, die elterliche Sorge für das Kind gemeinsam übernehmen
zu wollen. Wegen der Einzelheiten dieser Urkunde wird auf Bl. 75 ff. d. A. Bezug genommen.
Der Kindesvater ist deutscher Staatsangehöriger.

Am 15.10.2019 gingen bei der Beteiligten zu 2.) (im Folgenden: Standesamt) die Unterlagen
zur Anmeldung der Geburt durch die Klinik1 in Stadt1 ein. Vorgelegt wurden neben den Geburtsurkunden
der Kindeseltern die Ausfertigung der oben bezeichneten notariellen Urkunde
vom 30.08.2019.

Mit Schreiben vom 03.12.2019 (Bl. 1 d. A.) hat die Beteiligte zu 3.) (im Folgenden: Standesamtsaufsicht)
dem Amtsgericht die Zweifelsvorlage des Standesamts vom 15.11.2019 (Bl. 2
ff. d. A.), auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, zur Entscheidung vorgelegt und erklärt,
sich dem Vortrag des Standesamts anzuschließen. Zur Begründung hat das Standesamt
ausgeführt, dass gemäß § 1597a BGB die Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung von
der beurkundenden Behörde oder der Beurkundungsperson auszusetzen sei, wenn konkrete
Anhaltspunkte für einen Missbrauch vorlägen. Davon sei hier auszugehen.
Dazu hat das Standesamt im Wesentlichen vorgetragen, die Kindesmutter habe sich bereits
seit längerem ohne Anmeldung und ohne Vorliegen bzw. Beantragung eines Aufenthaltstitels
für das Bundesgebiet in Stadt1 aufgehalten und sei ggf. von einer vollziehbaren Ausreisepflicht
bedroht. Sie habe angegeben, aus Italien zugezogen zu sein und habe eine italienische
Aufenthaltsgestattung aus familiären Gründen vorgelegt. Die Zeugung der Betroffenen
müsse demzufolge in Italien stattgefunden haben. Die Kindeseltern hätten laut Meldebescheinigung
bis kurz vor der Entbindung nicht in häuslicher Gemeinschaft gelebt; der Aufenthaltsort
der Kindesmutter sei bis vor der Entbindung Italien gewesen. Sie sei nachweislich vor Oktober
2019 in die Bundesrepublik eingereist. Vor Entbindung habe sie weder bei der zuständigen
Ausländerbehörde vorgesprochen noch habe sie versucht, einen gültigen Aufenthaltstitel
für das Bundesgebiet zu beantragen. Dies lege die Vermutung nahe, dass sie zu jenem Zeitpunkt
noch keinen Anspruch auf rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik habe erwerben
können. Der tatsächliche Aufenthalt der Kindesmutter sei ungeklärt. Bei unterschiedlichen
Behörden habe sie dazu jeweils abweichende Angaben gemacht. Es seien keine persönlichen
Bindungen bzw. Beziehungen zwischen den Kindeseltern zu erkennen. Der Kindesvater
habe bereits acht weitere Kinder ausländischer Frauen anerkannt. Sechs der acht Kinder des
anerkennenden Vaters würden in unterschiedlichen Meldeadressen leben. Keines lebe beim
Kindesvater. Alle diese Kinder hätten durch ihn die deutsche Staatsangehörigkeit erworben.
Es sei davon auszugehen, dass die verschiedenen Mütter dieser Kinder jeweils nur durch die
Vaterschaftsanerkennungen ein Aufenthaltsrecht im Inland erlangt hätten. Teilweise habe der
Kindesvater auch Kinder anerkannt, deren Kindesmutter verheiratet gewesen sei. Die Betroffene
solle überdies den Familiennamen der Kindesmutter erhalten, was für den Kulturkreis
der Eltern eher unüblich sei. Überdies betrage der Altersunterschied der Kindeseltern mehr
als 20 Jahre.

Durch das Vorliegen dieser Anzeichen seien - so meinen Standesamt und Standesamtsaufsicht
- konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung gegeben. Diese konkreten
Anhaltspunkte seien nicht entkräftet worden. So sei die Kindesmutter zum ersten Ter-
min am 30.10.2019 bei der Ausländerbehörde unentschuldigt nicht erschienen. Beim nachfolgenden
Termin habe die Befragung eklatante Abweichungen und Ungereimtheiten hinsichtlich
ihres konkreten und tatsächlichen Aufenthalts vor der Entbindung und zum jetzigen Zeitpunkt
gegeben. Die Kindesmutter habe bezüglich ihres Wohnorts im Rahmen der Vaterschaftsanerkennung
falsche Angaben gemacht. Sie beabsichtige, aufgrund der nicht bestehenden
familiären Beziehungen zwischen ihr und dem Kindesvater die Betroffene alleine
großzuziehen. Der beurkundende Notar habe in seiner schriftlichen Stellungnahme vom
31.10.2019 auf Anforderung des Standesamts angegeben (Bl. 10 ff. d. A.), dass die Kindeseltern
mit einer unvereidigten Dolmetscherin gemeinsam während des Termins erschienen
und gemeinsam die Räumlichkeiten verlassen hätten. Er habe aber weiter vorgebracht, als
Notar zu einer über die Identitätsfeststellung hinausgehenden Prüfung gemäß § 10 BeurkG
nicht verpflichtet zu sein, woraus sich ergäbe, dass er keine Anhörung im Sinne des § 1597a
BGB vorgenommen habe. Er habe vielmehr erklärt, dass er nicht beurteilen könne, ob in diesem
Fall eine rechtsmissbräuchliche Vaterschaftsanerkennung vorliege. Genau diese Zweifel
habe jedoch die Urkundsperson nach der Gesetzeslage im Vorfeld auszuräumen. Angesichts
der vorliegenden Anhaltspunkte hätte hier die Anerkennung der Vaterschaft ausgesetzt werden
müssen. Es bestehe seitens des Standesamts Unsicherheit, inwieweit eine solche Anerkennung
der Vaterschaft ungeprüft in das Geburtenregister einzutragen sei oder ob eine weitere
Prüfung erforderlich sein sollte und ggf. eine Aussetzung der zuständigen Ausländerbehörde
zur weiteren Ermittlung vorzulegen sei.

Die Standesamtsaufsicht hat erklärt, dass angesichts dieser vom Standesamt belegten Sachlage
auch aus ihrer Sicht hinreichende Gründe für eine Aussetzung der Beurkundung der Vaterschaft
vorlägen.

Die Betroffene hat im erstinstanzlichen Verfahren vortragen lassen, die Kindesmutter habe
sich im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Aufgrund
der Tatsache, dass sie im Besitz eines Aufenthaltstitels eines Mitgliedstaats der Europäischen
Union (Bl. 79 d. A.) gewesen sei, hätte der beurkundende Notar die Voraussetzungen
des § 1597a BGB nicht prüfen müssen. Die Betroffene verweist insoweit auf Informationen
des Deutschen Notarvereins (Bl. 34 ff. d. A.). Im Zeitpunkt der Beurkundung hätten
überdies - so meint sie - die Tatbestandsmerkmale des § 1597a Abs. 2 BGB nicht vorgelegen.
Im Übrigen hat die Betroffene sich ergänzend auf einen Beschluss des erkennenden Senats
vom 19.09.2019, 20 W 311/18, berufen, der einen vergleichbaren Sachverhalt betroffen habe.
Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 97, 97R d. A.) hat das Amtsgericht das Standesamt
angewiesen, die Geburt der Betroffenen zu beurkunden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, dass eine wirksame Vaterschaftsanerkennung vorliege. Sie sei am
30.08.2019 vor dem beurkundenden Notar vorgenommen worden. Eine Aussetzung gemäß
§ 1597a BGB sei nicht erforderlich. Dabei könne dahinstehen, ob konkrete Anhaltspunkte für
einen Missbrauch vorlägen. Der Notar habe die Beteiligten vor der Beurkundung angehört.
§ 1597a BGB sehe keine nachträgliche Prüfung und Anhörung durch das Standesamt vor. Insoweit
schließe sich das Amtsgericht der Rechtsprechung des Senats im oben zitierten Beschluss
vom 19.09.2019 an.

Gegen diesen am 01.10.2020 zugestellten Beschluss hat die Standesamtsaufsicht mit am
21.10.2020 eingegangenem Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 115 d. A.) Beschwerde eingelegt
und eine Begründung angekündigt. Nachdem der Senat durch Beschluss vom
12.11.2020 (Bl. 118 ff. d. A.) im Verfahren … eine Vorlageverfügung des Amtsgerichts aufgehoben
und die Sache an das Amtsgericht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Abhilfeverfahrens
zurückgeben hatte, hat das Amtsgericht in der Folge, nachdem die Standesamts-
aufsicht zunächst keine Beschwerdebegründung vorgelegt hatte, durch Beschluss vom
23.12.2020 (Bl. 122R, 123 d. A.) der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Senat
wiederholt zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schreiben an das Amtsgericht vom 28.12.2020
(Bl. 127 ff. d. A.), dort eingegangen am 06.01.2021, hat die Standesamtsaufsicht ihre Beschwerde
begründet. Sie rügt die Rechtsanwendung durch das Amtsgericht und beantragt die
Aufhebung des beschwerten Beschlusses. Sie meint nach wie vor, dass eine Aussetzung der
Beurkundung gemäß § 1597a BGB erforderlich sei, da konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche
Anerkennung der Vaterschaft vorlägen. Der beurkundende Notar habe Anhaltspunkte
für eine missbräuchliche Anerkennung nicht überprüft. § 1597a BGB stelle kein Hindernis
für eine nachträgliche Prüfung dar.

Die Betroffene tritt der Beschwerde ausweislich des Schriftsatzes ihres Verfahrensbevollmächtigten
vom 28.01.2021 (Bl. 132 ff. d. A.) entgegen und beantragt, sie zurückzuweisen
sowie anzuordnen, dass der Betroffenen die außergerichtlichen Kosten zu erstatten seien. Sie
verteidigt den angefochtenen Beschluss und verweist darauf, dass sich die Standesamtsaufsicht
in ihrer Beschwerdebegründung mit der einschlägigen Entscheidung des Senats vom
19.09.2019 in keiner Weise auseinandergesetzt habe.

Wegen des wechselseitigen Vorbingens der Beteiligten in erster und zweiter Instanz im Übrigen
und dessen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.
Die Beschwerde ist gemäß den §§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, 58 Abs. 1 FamFG statthaft und
auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Standesamtsaufsicht
ist als Verfahrensbeteiligte beschwerdeberechtigt, vgl. § 53 Abs. 2 PStG.
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss des
Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden.

Der Kindesvater der Betroffenen ist aufgrund des vorgelegten notariell beurkundeten Vaterschaftsanerkenntnisses
vom 30.08.2019 nach § 1592 Nr. 2 BGB als deren Vater anzusehen
und deshalb als solcher - hierauf bezogen sich ausweislich des Vorlageschreibens des Standesamts
vom 15.11.2019, Seite 4 (Bl. 5 d. A.) dessen Zweifel - in das Geburtenregister einzutragen,
woraus sich die Anordnung im angefochtenen Beschluss rechtfertigt.

Das Amtsgericht durfte sich insoweit zur Begründung auf den zitierten Beschluss des Senats
vom 19.09.2019, 20 W 311/18 (veröffentlicht etwa bei juris; vgl. hierzu auch Stockmann,
jurisPR-FamR 14/2020 Anm. 5; Staudinger/Seibl/Fischinger/
Hengstberger, BGB, 2021, § 134 Rz. 298c; Hessischer Verwaltungsgerichtshof InfAuslR 2021,
278, Tz. 27 bei juris) beziehen, der sich auf einen vergleichbaren Sachverhalt bezieht und der
von der Betroffenen in der ersten Instanz vorgelegt worden war. Standesamt und Standesamtsaufsicht
ist dieser Beschluss bekannt, wie sich aus dem Schreiben des Standesamts vom
12.06.2020 (Bl. 91 d. A.) ergibt. Beide Behörden waren im Übrigen an jenem Verfahren beteiligt.
Der Senat hält an der in jenem Beschluss dargelegten Rechtsauffassung fest.

Der Senat hat dort ausgeführt, dass gemäß § 1598 Abs. 1 BGB die Anerkennung der Vaterschaft
nur dann unwirksam ist, wenn sie den Erfordernissen nach § 1594 Abs. 2 bis 4 und
der §§ 1595 bis 1597 BGB nicht genügt oder entgegen § 1597a Abs. 3 BGB während der
Aussetzung der Beurkundung vor einer anderen beurkundenden Behörde gemäß § 1597a
Abs. 2 S. 1 BGB erfolgt ist. Bei § 1598 Abs. 1 BGB handelt es sich um eine Spezialregelung,
durch welche die Gründe, die zu einer Unwirksamkeit einer Vaterschaftsanerkennung führen
können, abschließend auf die dort ausdrücklich genannten Gründe bzw. Rechtsverletzungen
beschränkt werden. Mit dieser Regelung soll im Interesse der rechtspolitisch erwünschten
baldigen und endgültigen Klarstellung des Status des Kindes und einer diesbezüglichen
Rechtssicherheit die Anwendbarkeit aller anderen allgemeinen Unwirksamkeitsgründe ausgeschlossen
werden. Damit sind insbesondere die Regelungen des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen
Gesetzbuchs über die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit wegen Willensmängeln nach
§§ 116 bis 119 und 123 BGB sowie wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne
des § 134 BGB oder einer Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nicht anwendbar (vgl. dazu die
Nachweise im zitierten Beschluss, Tz. 17 bei juris).

Unwirksamkeitsgründe nach den in § 1598 Abs. 1 BGB ausdrücklich aufgeführten Vorschriften
waren jedoch dort und sind auch im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Zwar ist in § 1597a Abs. 1 BGB bestimmt, dass die Vaterschaft nicht gezielt gerade zu dem
Zweck anerkannt werden darf, die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder
den erlaubten Aufenthalt des Kindes, des Anerkennenden oder der Mutter zu schaffen, auch
nicht, um die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt
des Kindes durch den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes nach § 4
Abs. 1 oder Abs. 3 S. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu schaffen (missbräuchliche Anerkennung
der Vaterschaft).

Ob - wie in jenem Fall - auch vorliegend konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer derartigen
missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft vorliegen, ist im gegebenen Zusammenhang
aus Rechtsgründen jedoch unerheblich.

Der Senat hat in jenem Beschluss zur Begründung ausgeführt (Tz. 21 bei juris), dass der Gesetzgeber
mit der durch das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom
20.07.2017 (BGBl. I S. 2780) eingeführten Neuregelung des § 1597a BGB auf die vorausgegangene
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2013 reagiert hat, mit welcher
die durch das Gesetz zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom
13.03.2008 (BGBl. I S. 313) mit Wirkung zum 01.06.2008 neu eingeführte Regelung eines
behördlichen Rechts zur Anfechtung eines Vaterschaftsanerkenntnisses in § 1600 Abs. 1 Nr. 5
und Abs. 3 BGB a.F. für verfassungswidrig und nichtig erklärt worden war. Dabei hat der Gesetzgeber
bei der Neuregelung des § 1597a BGB bewusst einen präventiven Ansatz gewählt,
um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen bereits im Vorfeld mithilfe einer Missbrauchskontrolle
durch die Ausländerbehörde zu verhindern; damit soll erreicht werden, dass
die daran anknüpfenden statusrechtlichen Folgen erst gar nicht zur Entstehung gelangen
(vgl. BT-Drucks. 18/12415 S. 1/16). Zu diesem Zweck wurde deshalb eine Verpflichtung der
mit der Beurkundung von Vaterschaftsanerkenntnissen befassten Behörden und Notare zur
Aussetzung des Beurkundungsverfahrens eingeführt, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine
missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft im Sinne des § 1597a Abs. 1 BGB bestehen,
für deren Vorliegen zugleich - allerdings nicht abschließend - enumerativ in § 1597 Abs. 2
S. 2 Nr. 1-5 BGB typische Anzeichen aufgelistet werden. Zugleich ist das Bestehen konkreter
Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft nach Anhörung des Anerkennenden
und der Mutter der nach § 85a AufenthaltsG zuständigen Ausländerbehörde
mitzuteilen, welche sodann nach § 1597a Abs. 3 S. 4 BGB festzustellen hat, ob eine missbräuchliche
Anerkennung der Vaterschaft in diesem Sinne vorliegt und eine Beurkundung
deshalb zu unterbleiben hat. Ist diese Entscheidung der Ausländerbehörde unanfechtbar, so
ist die Beurkundung abzulehnen.

Über das präventive Aussetzungsverfahren hinausgehende Rechtsfolgen hat der Gesetzgeber
aber gerade nicht vorgesehen. Insbesondere wird in der Spezialregelung des § 1598 Abs. 1
BGB bei der Aufzählung der Unwirksamkeitsgründe nur auf die Absätze 3 und 4 des § 1597a
BGB verwiesen, nicht jedoch auf dessen Absatz 1. Zudem wurde ein zusätzliches Verfahren
zur Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung
im Sinne des § 1597a Abs. 1 BGB durch das Standesamt bei der Eintragung des
Vaters in das Geburtenregister nicht vorgesehen. Dabei ist der Gesetzesbegründung eindeutig
zu entnehmen, dass es sich hierbei nicht um ein bloßes Versehen des Gesetzgebers gehandelt
haben kann. Denn in der Begründung zur entsprechenden Änderung des § 1598 BGB
im Entwurf des Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht ist ausdrücklich erläutert,
dass die Unwirksamkeit in diesem Zusammenhang auf die Fälle der Verletzung der
Verfahrensvorschriften der Abs. 3 und 4 des § 1597a BGB beschränkt sein soll. Wörtlich ist
dort weiter ausgeführt: „Hat dagegen die Ausländerbehörde oder die Auslandsvertretung
festgestellt, dass eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung oder Zustimmung nicht vorliegt
oder hat die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson keine konkreten Anhaltspunkte
für einen Missbrauch festgestellt und ist deshalb die Beurkundung vorgenommen worden,
so bleiben die Anerkennung und die Zustimmung auch dann wirksam, wenn später konkrete
Anhaltspunkte dafür bekannt werden, dass sie entgegen Abs. 1 missbräuchlich gewesen
sein könnten.“ Nach der derzeit bestehenden Gesetzeslage bleiben die Vaterschaftsanerkennung
und die hierzu erteilte Zustimmung somit auch dann wirksam, wenn konkrete Anhaltspunkte
für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft gemäß § 1597a Abs. 1
BGB erst nach Vornahme der Beurkundung zu Tage treten oder der diesbezügliche Sachverhalt
vom Standesamt anders als durch die Urkundsperson beurteilt wird (vgl. dazu die Nachweise
bei Senat, a.a.O., Tz. 22 bei juris). Das zweistufige Verfahren vor der Urkundsperson
und der Ausländerbehörde betrifft ausschließlich den Zeitraum vor der Eintragung im Geburtenregister
(vgl. auch Grziwotz DNotZ 2019, 692, 694).

Allerdings ist auf die mangelnde Effektivität der derzeit bestehenden gesetzlichen Regelung
zur Verhinderung von Vaterschaftsanerkenntnissen zum Zwecke der Erreichung aufenthaltsrechtlich
motivierter Ziele bereits in Literatur und Rechtsprechung mehrfach mit überzeugenden
Argumenten hingewiesen worden (vgl. auch insoweit die Nachweise bei Senat, a.a.O.,
Tz. 23 bei juris; weitere Nachweise bei Stockmann, a.a.O.; Grziwotz DNotZ 2019, 692).
Gleichwohl ist nach der bestehenden Gesetzeslage die im vorliegenden Fall bereits erfolgte,
formell ordnungsgemäß beurkundete und nach § 1598 Abs. 1 BGB nicht unwirksame Anerkennung
der Vaterschaft vom Standesamt in das Geburtenregister einzutragen, so dass auf
die vorliegende Zweifelsvorlage eine entsprechende Anweisung zu erfolgen hatte.

Der Senat hält auch für die vorliegende Sachverhaltsgestaltung an diesen begründenden
Ausführungen des Beschlusses vom 19.09.2019 fest. Die Beschwerde setzt sich - wie die Betroffene
im Beschwerdeverfahren zu Recht rügt - mit dieser Begründung denn auch in keiner
Weise auseinander, so dass es insoweit einer weitergehenden Begründung des Senats hier
nicht bedarf. Soweit Standesamt und Standesamtsaufsicht in erster Instanz einen wesentlichen
Unterschied zur Sachverhaltsgestaltung des Beschlusses vom 19.09.2019 darin gesehen
haben, dass vorliegend der Notar gegen seine Verpflichtung zur Prüfung gemäß § 1597a
BGB verstoßen habe - seinerzeit hatte die Notarin im Wesentlichen erklärt, sich an den Vorgang
nicht erinnern zu können (Tz. 4 bei juris) -, rechtfertigt dies zur Überzeugung des Senats
keine andere Beurteilung. Zum einen hat der Notar ausweislich seines Schreibens vom
31.10.2019 die ihm vorliegenden Unterlagen (Reisepass, Seite 1) und ihm gegenüber gemachten
Angaben (Seite 2) durchaus insoweit einer Prüfung unterzogen, als daraus der
Schluss auf einen Verdacht einer rechtsmissbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft nicht
erhärtet oder bestätigt wurden. Zum anderen ist in Kommentierung des zitierten Senatsbeschlusses
zu Recht darauf hingewiesen worden, dass seitens des Deutschen Notarinstituts
(vgl. DNotI-Report 2017,153) zwar vorgeschlagen werde, die Beteiligten zu Erklärungen betreffend
die in § 1597a Abs. 2 Satz 2 BGB aufgelisteten Fallgestaltungen zu veranlassen, das
Gesetz der Urkundsperson aber keine Verpflichtung auferlegt, den Sachverhalt zu ermitteln
oder entsprechende Nachfragen zu stellen (vgl. Stockmann, a.a.O.). Die auch hieraus zu ent-
nehmende mangelnde Effektivität der derzeit bestehenden gesetzlichen Regelung zur Verhinderung
von Vaterschaftsanerkenntnissen zum Zwecke der Erreichung aufenthaltsrechtlich
motivierter Ziele ändert aus den oben genannten Gründen an der rechtlichen Würdigung mithin
nichts.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren beruht
darauf, dass die Standesamtsaufsicht als Beschwerdeführerin kraft Gesetzes von der Tragung
von Gerichtskosten befreit ist, § 51 Abs. 1 Satz 2 PStG, und eine Auferlegung von Gerichtskosten
auf die obsiegende Betroffene in keiner Weise angemessen erscheint.

Der Senat hat in Anwendung des gesetzlichen Regelfalls der §§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, 84
FamFG die Erstattungsfähigkeit notwendiger Aufwendungen der Betroffenen im Beschwerdeverfahren
durch die beteiligte Standsamtsaufsicht (vgl. § 51 Abs. 2 PStG) angeordnet. Zwar
dürfte davon auszugehen sein, dass Letztere mit ihrer Beschwerdeeinlegung wie auch das
Standesamt mit seiner Zweifelsvorlage ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig geworden
sind, was ggf. Veranlassung geben kann, von dem oben angesprochenen gesetzlichen
Regelfall abzuweichen (vgl. etwa Beschluss vom 11.02.2021, 20 W 165/20, zitiert nach juris).
Dies ist jedoch nicht zwingend (vgl. dazu etwa Senat, Beschluss vom 02.05.2013, 20 W
248/12, zitiert nach juris). Es erscheint hier auch nicht angemessen, da der Senat die sich
auch hier stellende Rechtsfrage in der der Standesamtsaufsicht bekannten Entscheidung bereits
entschieden hat, diese jedoch mit ihrer Beschwerde konkrete Einwendungen hiergegen
nicht erhoben hat und offenkundig gegen die bezeichnete Entscheidung das zugelassene
Rechtsmittel nicht eingelegt hat.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den § 61
Abs. 1, 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

Der Senat lässt - wie im Verfahren 20 W 311/18 - gemäß den §§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, 70
FamFG die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss zu. An der seinerzeitigen Beurteilung
des Senats, dass die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, hat sich nichts geändert. Sie gilt
auch für den vorliegenden vergleichbaren Fall. Der bloße Umstand, dass Standesamt und
Standesamtsaufsicht, die auch seinerzeit beteiligt waren, von der Möglichkeit der Einlegung
einer Rechtsbeschwerde offenkundig keinen Gebrauch gemacht haben, rechtfertigt insoweit
keine andere Einschätzung.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Frankfurt a. Main

Erscheinungsdatum:

09.11.2021

Aktenzeichen:

20 W 305/20

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Kostenrecht
Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption

Normen in Titel:

BGB §§ 1597, 1597a, 1598