BGH 28. März 2025
V ZR 105/24
WEG §§ 20 Abs. 1 u. 4 Var. 2, 14 Abs. 1 Nr. 1, 19 Abs. 2 Nr. 1; BGB §§ 906, 1004 Abs. 1

Maßstab für unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers bei baulichen Veränderungen; Gestattung einer baulichen Veränderung durch Beschluss; Konsequenzen der Bestandskraft des Gestattungsbeschlusses ggü. Abwehransprüchen anderer Wohnungseigentümer

letzte Aktualisierung: 2.5.2025
BGH, Urt. v. 28.3.2025 – V ZR 105/24

WEG §§ 20 Abs. 1 u. Abs. 4 Var. 2, 14 Abs. 1 Nr. 1, 19 Abs. 2 Nr. 1; BGB §§ 906, 1004 Abs. 1
Maßstab für unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers bei baulichen Veränderungen;
Gestattung einer baulichen Veränderung durch Beschluss; Konsequenzen der Bestandskraft des
Gestattungsbeschlusses ggü. Abwehransprüchen anderer Wohnungseigentümer

1. Bei der Beurteilung, ob eine bauliche Veränderung (hier: Klimaanlage) einen Wohnungseigentümer
gegenüber anderen unbillig benachteiligt und deshalb nicht gestattet werden darf, sind im
Grundsatz nur die unmittelbar mit der baulichen Veränderung verbundenen Auswirkungen, nicht
aber Auswirkungen des späteren Gebrauchs (hier: tieffrequenter Schall) zu berücksichtigen. Anders
kann es nur sein, wenn bereits bei der Gestattung für die Wohnungseigentümer evident ist, dass der
spätere Gebrauch zwangsläufig mit einer unbilligen Benachteiligung eines oder mehrerer Wohnungseigentümer
einhergehen wird.
2. Die Bestandskraft eines Beschlusses, mit dem einem Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung
gestattet wird, schließt gegen den Bauwilligen gerichtete Abwehransprüche anderer
Wohnungseigentümer wegen Immissionen im räumlichen Bereich ihres Sondereigentums infolge
der Nutzung der baulichen Veränderung nicht aus.
3. Ein bestandskräftiger Gestattungsbeschluss hindert die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
nicht daran, die Nutzung der baulichen Veränderung auf der Grundlage der für die Hausordnung
eingeräumten Beschlusskompetenz zu regeln; derartige Nutzungsregelungen müssen nicht zugleich
mit der Gestattung beschlossen werden.

Entscheidungsgründe:

I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in ZMR
2024, 785 veröffentlicht ist, entspricht der angefochtene Beschluss ordnungsmäßiger
Verwaltung. Insbesondere werde die Klägerin nicht i.S.d. § 20 Abs. 4 Alt. 2
WEG unbillig benachteiligt. Die gestattete Klimaanlage halte die Grenzwerte der
Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) ein. Eine von der Klägerin
befürchtete Beeinträchtigung durch tieffrequenten Schall könne erst nach
der Installation der Klimaanlage festgestellt werden, weil es insoweit an einem
wissenschaftlich gesicherten Verfahren für die Prognose fehle. Deswegen bedürfe
es auch der Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens nicht,
da dieses Beweismittel ungeeignet sei. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der
Wohneinheit der Klägerin liege auch nicht so greifbar nahe, dass die GdWE dem
antragstellenden Wohnungseigentümer vor Beschlussfassung die Beschaffung
weiterer Informationen hätte aufgeben müssen. Sollte der Betrieb der Klimaanlage
nach der Installation unzumutbare Störungen verursachen, stehe der Klägerin
ein Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, § 1004 BGB zu.

II.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Die Kompetenz der Wohnungseigentümer, einem Sondereigentümer
eine bauliche Veränderung - hier: den mit einer Kernbohrung durch die im Gemeinschaftseigentum
stehende Außenfassade verbundenen Einbau des Split-
Klimageräts - durch Beschluss zu gestatten, folgt aus § 20 Abs. 1 WEG (näher
Senat, Urteil vom 9. Februar 2024 - V ZR 244/22, NJW 2024, 1030 Rn. 12 ff.).
Beschließen die Wohnungseigentümer die Gestattung einer baulichen Veränderung,
die ein Wohnungseigentümer verlangt, ist der Beschluss auf die Klage eines
anderen Wohnungseigentümers nur für ungültig zu erklären, wenn die beschlossene
Maßnahme die Wohnanlage grundlegend umgestaltet (§ 20 Abs. 4
Alt. 1 WEG) bzw. einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber
anderen unbillig benachteiligt (§ 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG) oder der Beschluss
an einem anderen (allgemeinen) Beschlussmangel leidet. Ob ein Anspruch auf
die Gestattung - nach § 20 Abs. 2 oder Abs. 3 WEG - bestand, ist bei einer Anfechtungsklage
gegen einen dem Verlangen eines Wohnungseigentümers stattgebenden
Beschluss ohne Bedeutung (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 2024
- V ZR 33/23, NJW 2024, 1419 Rn. 9).

2. Daran gemessen begegnet der Gestattungsbeschluss keinen Bedenken.
a) Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht unter Bezugnahme
auf die Ausführungen des Amtsgerichts eine grundlegende Umgestaltung der
Wohnanlage i.S.d. § 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG. Gegen diese revisionsrechtlich ohne-
hin nur beschränkt nachprüfbare Würdigung (vgl. Senat, Urteil vom 11. Oktober
2024 - V ZR 22/24, NJW-RR 2025, 13 Rn. 11) wendet sich die Revision auch
nicht.

b) Eine unbillige Benachteiligung i.S.d. § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG verneint
das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei.

aa) Gemäß § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG dürfen bauliche Veränderungen, die
einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig
benachteiligen, nicht beschlossen und gestattet und können auch nicht verlangt
werden. Eine unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers setzt
voraus, dass die beabsichtigte Maßnahme bei wertender Betrachtung und in Abwägung
mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen
Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht abverlangt werden
dürfte (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 2024 - V ZR 244/22, NJW 2024, 1030
Rn. 44 mwN). Demgegenüber genügt es nicht schon, dass sich ein verständiger
Durchschnittseigentümer nach der Verkehrsanschauung nachvollziehbar durch
die bauliche Veränderung beeinträchtigt fühlen kann. Auch Umstände, die
zwangsläufig mit der Maßnahme verbunden sind, können für sich allein nicht zur
Bejahung eines unbilligen Nachteils führen. Maßgeblich ist insoweit eine objektive
Sicht (vgl. Senat, Urteil vom 11. Oktober 2024 - V ZR 22/24, NJW-RR 2025,
13 Rn. 16 f.). Letztlich muss die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung
der Wohnungseigentümer führen, indem die Nachteile einem
oder mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet werden
als den übrigen (BT-Drucks. 19/18791 S. 66).

bb) In diesem Zusammenhang besteht weitgehend Einigkeit, dass auch
die Auswirkungen des späteren bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer baulichen
Veränderung - hier vor allem: die mit dem Betrieb der Klimaanlage verbundenen
Immissionen - in die wertende Betrachtung, ob eine unbillige Benachteiligung
i.S.d. § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG vorliegt, einfließen (vgl. etwa LG Frankfurt am
Main, ZWE 2024, 378 Rn. 13; Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 373,
379; MüKoBGB/Rüscher, 9. Aufl., § 20 WEG Rn. 35; Grüneberg/Wicke, BGB,
84. Aufl., § 20 WEG Rn. 21; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 20
Rn. 93a; Neumann in Münchener Handbuch des Wohnungseigentumsrechts,
8. Aufl., § 17 Rn. 93; Leidner, ZWE 2024, 380, 381; Häublein, ZWE 2022, 372,
373). Dabei wird teilweise angenommen, dass schon aus dem Risiko erheblicher
Lärmstörungen eine unbillige Benachteiligung folgen könne (vgl. LG Frankfurt am
Main, ZWE 2024, 378 Rn. 15 ff.; Hügel/Elzer, WEG, 4. Aufl., § 20 Rn. 157;
Pramataroff-Bordt, FD-MietR 2024, 813727; Drasdo, NJW-Spezial 2024, 514).
Andere wollen, wie das Berufungsgericht, nur solche Auswirkungen berücksichtigen,
die zwangsläufig und untrennbar mit dem Betrieb einer Klimaanlage verbunden
sind (vgl. Leidner, ZWE 2024, 380, 381 f.; Häublein ZWE 2022, 372,
373); teilweise wird darauf verwiesen, dass sich nachteilige Immissionen in aller
Regel nach Inbetriebnahme regeln lassen und es deshalb keinen Grund gibt,
schon die Installation des Geräts zu verhindern (vgl. AG Ludwigshafen, ZWE
2022, 371 Rn. 12; Häublein ZWE 2022, 372, 373).

cc) Letzteres hält der Senat für zutreffend. Daraus ergibt sich für die gerichtliche
Überprüfung der einem Wohnungseigentümer auf seine Kosten mehrheitlich
gestatteten baulichen Veränderung (§ 20 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Satz 1
WEG) Folgendes: Bei der Beurteilung, ob eine bauliche Veränderung einen Wohnungseigentümer
gegenüber anderen unbillig benachteiligt und deshalb nicht ge-
stattet werden darf, sind im Grundsatz nur die unmittelbar mit der baulichen Veränderung
verbundenen Auswirkungen - hier also die Kernbohrung durch die im
Gemeinschaftseigentum stehende Außenfassade sowie Art und Ort der Anbringung
des näher bezeichneten Klimageräts -, nicht aber Auswirkungen des späteren
Gebrauchs zu berücksichtigen. Anders kann es nur sein, wenn bereits bei
der Gestattung für die Wohnungseigentümer evident ist, dass der spätere Gebrauch
zwangsläufig mit einer unbilligen Benachteiligung eines oder mehrerer
Wohnungseigentümer einhergehen wird.

(1) Im Rahmen von § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG sind die gegenläufigen Interessen
von bauwilligem und überstimmtem Wohnungseigentümer abzuwägen
(s.o. Rn. 9). Dem wird es am ehesten gerecht, bei der gerichtlichen Überprüfung
der mehrheitlichen Gestattung einer baulichen Veränderung im Grundsatz nur
auf die unmittelbar mit der baulichen Veränderung als solche verknüpften Vorund
Nachteile abzustellen. Denn im Regelfall bestehen objektiv nachvollziehbare
Interessen des bauwilligen Wohnungseigentümers, der eine bauliche Veränderung
auf seine Kosten (§ 21 Abs. 1 Satz 1 WEG) durchführen möchte und deshalb
Gestattung verlangt. Heizt sich etwa eine Wohneinheit bei hierzulande üblichen
Temperaturen im Sommer derart auf, dass beispielsweise an gesunden
Schlaf nur schwer zu denken ist, oder ist eine Gewerbeeinheit mangels Anpassung
an moderne Standards kaum noch zu verpachten, kann es von Vorteil sein,
auf eigene Kosten bauliche Veränderungen zur Verbesserung der Situation anzugehen.
Ergeben sich allerdings aus der geplanten Maßnahme als solche nachteilige
Auswirkungen - bei Installation eines Klimageräts etwa aus Art und Ort der
Anbringung folgende Verschattungen - können und müssen diese im Vorfeld der
Gestattung gegen die Vorteile der baulichen Veränderung abgewogen werden.

(2) Haben die überstimmten Wohnungseigentümer (nur) Bedenken wegen
mit der späteren Nutzung verbundener Benachteiligungen, kann dem anderweitig
Rechnung getragen werden, und zwar auch dann, wenn der Gestattungsbeschluss
nicht angefochten wird.

(a) Die Bestandskraft eines Beschlusses, mit dem einem Wohnungseigentümer
eine bauliche Veränderung gestattet wird, schließt gegen den Bauwilligen
gerichtete Abwehransprüche anderer Wohnungseigentümer wegen Immissionen
im räumlichen Bereich ihres Sondereigentums infolge der Nutzung der baulichen
Veränderung nicht aus. Es ist deshalb zumindest irreführend, wenn teilweise die
Rede davon ist, dass der Beschluss über die Gestattung einer baulichen Veränderung
zugleich ihre Benutzung legitimiere (so Häublein ZWE 2022, 372, 373).
Die Nutzungsbefugnis folgt vielmehr daraus, dass die errichtete bauliche Anlage
zu Sondereigentum wird oder zu Gemeinschaftseigentum, dessen Nutzungen im
Fall von § 21 Abs. 1 Satz 2 WEG ebenfalls allein dem Bauwilligen gebühren (unzutreffend
daher AG Hamburg-St. Georg, ZWE 2022, 135 Rn. 16). Selbstverständlich
muss aber der die bauliche Anlage nutzende Wohnungseigentümer die
einschlägigen (gesetzlichen) Vorgaben - insbesondere zum Immissionsschutz -
einhalten (s.a. Hogenschurz in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 20 Rn. 93a). Von diesen
kann die GdWE durch einen Gestattungsbeschluss auch nicht befreien.

(b) Nutzt ein Wohnungseigentümer eine gestattete bauliche Veränderung
unter Missachtung von - beispielsweise - Lärmschutzbestimmungen oder führt
die Nutzung zu einem sonstigen Nachteil, der über das bei einem geordneten
Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1
Nr. 2 WEG), schützt ihn die vorherige (bestandskräftige) Gestattung der baulichen
Veränderung deshalb nicht vor sich daraus ergebenden (Unterlassungs)Ansprüchen
(vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 374; s.a. Senat, Urteil
vom 8. März 2019 - V ZR 330/17, NJW-RR 2019, 519 Rn. 25; Urteil vom 24. Januar
2020 - V ZR 295/16, NZM 2020, 664 Rn. 18).

(aa) Vielmehr können - wie das Berufungsgericht zutreffend sieht - Wohnungseigentümern,
die von der Nutzung einer gestatteten baulichen Veränderung
in ihrem Sondereigentum nachteilig betroffen sind, Abwehransprüche nach
§ 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG bzw. § 1004 Abs. 1 i.V.m. § 906 BGB zustehen. Um diese
Ansprüche durchzusetzen, bedarf es auch keines Tätigwerdens der oder eines
vorgelagerten Vorgehens gegen die GdWE; vielmehr kann der nachteilig in seinem
Sondereigentum betroffene Wohnungseigentümer sie unmittelbar gegen
den störenden Wohnungseigentümer geltend machen (vgl. Senat, Urteil vom
28. Januar 2022 - V ZR 106/21, NZM 2022, 378 Rn. 11; Urteil vom 11. Juni 2021
- V ZR 41/19, NZM 2021, 613 Rn. 15; Urteil vom 24. Januar 2020 - V ZR 295/16,
NZM 2020, 664 Rn. 18).

(bb) Es ist sodann Sache des störenden Wohnungseigentümers, die Störung
zu beheben; zu einer vollständigen Aufgabe der Nutzung oder sogar einer
Beseitigung einer gestatteten baulichen Veränderung wegen aus ihrer Nutzung
folgender nachteiliger Auswirkungen wird es dabei im Regelfall allerdings nicht
kommen, weil der Betrieb einer üblichen Anforderungen entsprechenden Klimaanlage
jedenfalls in gewissen Grenzen hingenommen werden muss. Zumeist
wird die Störungsabwehrklage nur dazu führen, dass die Einwirkungen zeitlich
begrenzt werden müssen, damit sie benachbarte Wohnungseigentümer nicht
i.S.d. § 906 BGB wesentlich beeinträchtigen (für häusliches Musizieren Senat,
Urteil vom 26. Oktober 2018 - V ZR 143/17, NJW 2019, 773 Rn. 14; zu Immissionen
durch Tabakrauch Senat, Urteil vom 16. Januar 2015 - V ZR 110/14, NZM
2015, 448 Rn. 18).

(3) Es bedarf entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht im Hinblick
auf mögliche Immissionen auch keiner flankierenden Nutzungsregelungen schon
bei Fassung des Gestattungsbeschlusses, um den Anforderungen von § 20
Abs. 4 Alt. 2 WEG oder allgemein ordnungsmäßiger Verwaltung gerecht zu werden.
Vielmehr kann die GdWE solche Regelungen, hinsichtlich derer ihr grundsätzlich
ein Ermessensspielraum zusteht und die den nach § 14 WEG zulässigen
Gebrauch konkretisieren (vgl. Senat, Urteil vom 8. Mai 2015 - V ZR 163/14, NZM
2015, 595 Rn. 14), ebenso nach Fertigstellung und Inbetriebnahme einer baulichen
Veränderung durch Bestimmungen der Hausordnung treffen, wenn sich das
als erforderlich erweisen sollte (vgl. zu Ruhezeiten Senat, Beschluss vom
10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 293 f.). Ein bestandskräftiger
Gestattungsbeschluss hindert die GdWE nicht daran, die Nutzung der baulichen
Veränderung auf der Grundlage der für die Hausordnung eingeräumten Beschlusskompetenz
(§ 19 Abs. 2 Nr. 1 WEG) zu regeln; derartige Nutzungsregelungen
müssen nicht zugleich mit der Gestattung beschlossen werden.

(4) Für dieses Verständnis von § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG streitet nicht zuletzt
der Gesetzeszweck.

(a) Der Gesetzgeber des am 1. Dezember 2020 in Kraft getretenen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes
(WEMoG) wollte dem vorhandenen
Sanierungsbedarf von Wohnungseigentumsanlagen begegnen. Die zuvor bestehenden
Hürden für eine bauliche Veränderung sollten abgesenkt und es sollte
den Wohnungseigentümern ermöglicht werden, den baulichen Zustand ihrer Anlagen
einfacher an die sich stetig ändernden Gebrauchsbedürfnisse anzupassen.
-
Drucks. 19/18791 S. 26 f.). Die Erreichung dieses Ziels würde erschwert, wenn
eine von der Mehrheit gestattete bauliche Veränderung im Rahmen der Prüfung
von § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG auch an Auswirkungen der späteren Nutzung zu
messen wäre. Eventuell schwierige Prognosen über gegebenenfalls bei dem Betrieb
auftretende Auswirkungen, die im Übrigen ganz maßgeblich vom späteren
Nutzungsverhalten des die Gestattung begehrenden Wohnungseigentümers abhängen
werden, würden der Mehrheit der Wohnungseigentümer zugewiesen und
ihnen damit vielfach die mit der Gesetzesänderung einhergehenden Vereinfachungen
wieder genommen. Die Berücksichtigung nur von unmittelbar mit der
baulichen Veränderung zusammenhängenden Auswirkungen wahrt hingegen die
Möglichkeit, die Maßnahme - auf das (Kosten-)Risiko des bauwilligen Sondereigentümers
(§ 21 Abs. 1 Satz 1 WEG) - zu gestatten, auch wenn die bauliche
Anlage später zur Vermeidung erst aus dem Betrieb folgender Nachteile nur eingeschränkt
genutzt werden können sollte.

(b) Die Intention des Gesetzgebers, für den bauwilligen Wohnungseigentümer
Rechtssicherheit zu schaffen (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 62), steht dieser
Herangehensweise nicht entgegen. Denn anders als nach bisherigem Recht
führt der nach dem WEMoG bestehende Beschlusszwang einerseits dazu, dass
die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen im Vorfeld informiert
werden. Auf der anderen Seite muss der bauwillige Wohnungseigentümer
nicht mehr befürchten, erfolgreich auf Unterlassung oder Beseitigung wegen unmittelbar
mit der (beabsichtigten) baulichen Veränderung an sich verbundener
Nachteile - also solchen, die nicht mit ihrer Benutzung zusammenhängen - in
Anspruch genommen zu werden, wenn er dem Beschlusszwang genügt und der
Gestattungsbeschluss bestandskräftig wird (vgl. zuletzt Senat, Urteil vom
21. März 2025 - V ZR 1/24, juris Rn. 23 ff.). Von seinen immissionsschutzrechtlichen
Pflichten entbindet der Gestattungsbeschluss den bauwilligen Wohnungseigentümer
aber nicht (s.o. Rn. 14).

(5) Nur dann, wenn bereits bei der Gestattung der baulichen Veränderung
evident ist, sich also auf den ersten Blick aufdrängt, dass eine spätere Nutzung
zwangsläufig mit einer unbilligen Benachteiligung des von der Mehrheit überstimmten
Wohnungseigentümers einhergehen wird, steht § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG
der Gestattung der für sich genommen nicht zu beanstandenden baulichen Veränderung
entgegen. So ist es hier aber nicht. Weitere Feststellungen sind in diesem
Zusammenhang nicht zu treffen.

(a) Grundsätzlich wird eine in diesem Sinne evident unbillige Benachteiligung
durch Lärmimmissionen bei der Gestattung des Einbaus von Klimaanlagen
eher fernliegen. Sind solche Geräte für den heimischen Markt zugelassen, werden
sie im Regelfall anerkannten Standards genügen. So ist auch hier festgestellt
(§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen,
dass das in Rede stehende Gerät die Vorgaben der TA Lärm einhält, die sich im
Schwerpunkt mit mittel- und hochfrequentem Schall (Frequenzbewertung A) befassen
und auch im Wohnungseigentumsrecht als Anhaltspunkt herangezogen
werden können (vgl. zu § 14 WEG BeckOKG/Falkner [1.12.2024], § 14 WEG
Rn. 128 ff.; Hügel/Elzer, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 38 ff.; zu § 906 BGB Senat,
Urteil vom 13. Dezember 2019 - V ZR 152/18, NZM 2020, 811 Rn. 34 ff. mwN).

(b) Anders mag es allenfalls sein, wenn etwa die Anbringung so geplant
ist, dass sich eine Benachteiligung einzelner Wohnungseigentümer durch Immissionen
im Vergleich zu anderen objektiv aufdrängt, ohne dass dem Vorteile des
Bauwilligen gegenüber stünden. Denkbar könnte dies etwa sein, wenn ein Klimagerät
in unmittelbarer Nähe zum Schlafzimmerfenster des benachbarten Sondereigentümers
montiert werden soll, obwohl andere, für den Bauwilligen ebenso
geeignete und keinen anderen Wohnungseigentümer benachteiligende Möglichkeiten
der Anbringung bestehen. Solche Benachteiligungen macht die Klägerin
jedoch nicht geltend.

(c) Gestützt ist die Klage vielmehr auf eine Benachteiligung durch tieffrequenten
Schall. Eine solche drängt sich aber nicht auf den ersten Blick auf und
ist deshalb nicht im vorstehenden Sinne evident.

(aa) Die TA Lärm sieht unter Nr. 7.3 in Verbindung mit Nr. A.1.5 des Anhangs
zur TA Lärm und der DIN 45680, Ausgabe März 1997, samt des zugehörigen
Beiblatts 1 für Geräusche, die vorherrschende Energieanteile im Frequenzbereich
unter 90 Hz besitzen (tieffrequente Geräusche), eigene Mess- und Be-
Prognose tieffrequenter Geräusche enthalten die TA Lärm und die DIN 45680
dagegen, wie das Berufungsgericht richtig sieht, nicht, da das Auftreten tieffrequenter
Schallimmissionen sehr von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten und
damit von der Errichtung abhängt (vgl. OVG Münster, Urteil vom 23. August 2024
- 8 D 15/23.AK, juris Rn. 75 ff. mwN; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom
22. Oktober 2015 - 2 M 13/15, juris Rn. 30; HessVGH, Beschluss vom 10. April
2014 - 9 B 2156/13, juris Rn. 43; OVG Lüneburg, Beschluss vom 5. Januar
2011 - 12 LA 60/09, juris Rn. 7; VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 6. Dezember
2023 - 5 K 1335/20, juris Rn. 52; Feldhaus/Schenk/Tegeder in Feldhaus,
Bundesimmissionsschutzrecht, 2. Aufl., Bd. 4, B 3.6 (TA Lärm Nr. 7) Rn. 29 ff.;
aA wohl Müller-Wiesenhaken/Kubicek, ZfBR 2011, 217, 220). Schon deshalb
scheidet eine für die die Gestattung beschließenden Wohnungseigentümer evidente
unbillige Benachteiligung der Klägerin wegen tieffrequenten Schalls im
Vorfeld von Installation und Inbetriebnahme der Klimaanlage aus.

(bb) Hinzu kommt, dass sich zwischen der von der Klägerin und ihrem
Ehemann genutzten Wohnung und dem Penthouse des bauwilligen Wohnungseigentümers
drei Stockwerke befinden und in dem Gestattungsbeschluss eine
Anbringung auf Dämpfsockeln vorgesehen ist. Es drängt sich vor diesem Hintergrund
nicht auf den ersten Blick auf, dass die Sondereigentumseinheit der Klägerin
gleichwohl wegen der behaupteten Übertragung tieffrequenten Schalls über
das Mauerwerk bei der späteren Nutzung im Vergleich zu anderen unbillig betroffen
sein wird. Der Einholung des von der Klägerin beantragten Sachverständigengutachtens
bedurfte es in diesem Zusammenhang folgerichtig nicht.

(cc) Schließlich hat auch die von der Revision unter Verweis auf entsprechenden
Klägervortrag vorgebrachte gesundheitliche Konstitution der Klägerin
(und ihres Ehemannes) außer Betracht zu bleiben; denn das Vorliegen einer unbilligen
Benachteiligung gegenüber anderen Wohnungseigentümern - und damit
auch die Frage, ob eine aus der späteren Nutzung der baulichen Veränderung
folgende unbillige Benachteiligung evident ist - ist objektiv zu beurteilen (s.o.
Rn. 9). Daraus, dass der Gesetzgeber den Belangen behinderter Wohnungseigentümer
im Zusammenhang mit der Neuregelung baulicher Veränderungen besondere
Beachtung geschenkt hat (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66), ergibt sich
nichts anderes. So ist zwar der im gesamtgesellschaftlichen Interesse erstrebten
Privilegierung bestimmter Kategorien von in § 20 Abs. 2 WEG geregelten Maßnahmen
- unter anderem zur Förderung der Barrierefreiheit - bei der Prüfung, ob
§ 20 Abs. 4 WEG einer Beschlussfassung über eine bauliche Veränderung entgegensteht,
im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen
(für die grundlegende Umgestaltung i.S.d. § 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG bereits Senat,
Urteil vom 9. Februar 2024 - V ZR 33/23, NJW 2024, 1419 Rn. 16). Die gesundheitliche
Vorbelastung eines Wohnungseigentümers allein führt aber nicht dazu,
dass Auswirkungen, die sich nicht aus der baulichen Veränderung an sich, sondern
erst aus ihrem späteren Gebrauch ergeben, als evident unbillig benachteiligend
i.S.d. § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG zu beurteilen und deshalb schon bei der Gestattung
zu berücksichtigen wären. Auch in diesem Zusammenhang können widerstreitende
Interessen insbesondere durch zeitliche Nutzungsbeschränkungen
zum Ausgleich gebracht werden, wenn und soweit sich das im laufenden Betrieb
als erforderlich erweisen sollte (s.o. Rn. 18).

c) Entgegen der Auffassung der Revision musste die GdWE dem bauwilligen
Wohnungseigentümer vor Beschlussfassung schließlich auch nicht die Beschaffung
weiterer Informationen zu eventuellen (evidenten) Benachteiligungen
durch den späteren Gebrauch des Klimageräts aufgeben. Dahinstehen kann, ob
unzureichende Informationen überhaupt zu einer Anfechtbarkeit eines Gestattungsbeschlusses
führen können (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 23. Aufl., § 20
Rn. 125 f., 130 f. mwN). Hier lagen den Wohnungseigentümern bei Beschlussfassung
jedenfalls nähere (technische) Angaben zu dem Klimagerät sowie zu Ort
und Art seiner Anbringung vor.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Brückner RiBGH Göbel ist wegen Hamdorf
Urlaubs an der elektronischen
Signatur gehindert.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

28.03.2025

Aktenzeichen:

V ZR 105/24

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Dingliches Vorkaufsrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG §§ 20 Abs. 1 u. 4 Var. 2, 14 Abs. 1 Nr. 1, 19 Abs. 2 Nr. 1; BGB §§ 906, 1004 Abs. 1